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Document 52019AE0097

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Eine konstruktivere Rolle für die Zivilgesellschaft bei der Umsetzung von Umweltvorschriften“ (Sondierungsstellungnahme)

EESC 2019/00097

ABl. C 47 vom 11.2.2020, p. 50–57 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

11.2.2020   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 47/50


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Eine konstruktivere Rolle für die Zivilgesellschaft bei der Umsetzung von Umweltvorschriften“

(Sondierungsstellungnahme)

(2020/C 47/07)

Berichterstatter: Arnaud SCHWARTZ

Mitberichterstatter: István KOMORÓCZKI

Befassung

Europäische Kommission, 18.12.2019

Rechtsgrundlage

Artikel 304 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

Sondierungsstellungnahme

Beschluss des Präsidiums

11.12.2018

Zuständige Fachgruppe

Fachgruppe Landwirtschaft, ländliche Entwicklung, Umwelt

Annahme in der Fachgruppe

1.10.2019

Verabschiedung auf der Plenartagung

30.10.2019

Plenartagung Nr.

547

Ergebnis der Abstimmung

(Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

152/3/1

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1.

In ihrem Ersuchen um diese Stellungnahme hat die Europäische Kommission festgestellt, dass in einer organisierten Zivilgesellschaft die „Arbeitgeber, Arbeitnehmer und anderen Vertreter für die Umsetzung von zentraler Bedeutung“ sind. Der EWSA stimmt dem zu und betont wie schon in früheren Stellungnahmen (1) (2), dass die Umweltvorschriften aufgrund des auf allen institutionellen Ebenen fehlenden politischen Willens nicht ordnungsgemäß umgesetzt werden. Das hat nichts damit zu tun, dass die Zivilgesellschaft ihre Rolle nicht ausreichend oder nicht konstruktiv wahrnehmen würde.

1.2.

Der EWSA ersucht die Kommission daher, auf EU-Ebene einen besseren Rahmen für die Einhaltung der Vorschriften zu entwickeln. Dazu ist ein transparenterer und konsequenterer Umgang mit Beschwerden und Verstößen erforderlich, aber auch die Erhöhung der personellen und finanziellen Mittel (z. B. im Rahmen des mehrjährigen Finanzrahmens, MFR). Das Ziel besteht darin, die Umweltvorschriften der EU zu erläutern, zu überprüfen, ob sie richtig umgesetzt werden, sie zu evaluieren und ggf. die Gerichte bei ihrer Arbeit zu unterstützen.

1.3.

Der EWSA befürwortet die Überprüfung der Umsetzung der Umweltpolitik (EIR), die unerlässlich ist, um eine Vielzahl von Umweltinformationen zu Themen wie Nachhaltigkeit, Klimawandel und Lebensqualität in Europa bereitzustellen. Allerdings erwartet er, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten ihren Verpflichtungen nachkommen und die Standpunkte der zivilgesellschaftlichen Organisationen in der EIR und den länderspezifischen Berichten aufgreifen.

1.4.

Der EWSA ersucht die Kommission außerdem darum, die zivilgesellschaftlichen Organisationen sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene systematischer an künftigen Eignungsprüfungen der Umweltvorschriften der EU sowie an künftigen EIR-Prozessen zu beteiligen. Diese Beteiligung sollte frühzeitig, schon bei der Festlegung der Evaluierungskriterien, stattfinden, je nach Ebene — EU, national oder lokal — in Zusammenarbeit mit dem EWSA oder vergleichbaren Ausschüssen.

1.5.

Der EWSA ersucht die Kommission, dafür Sorge zu tragen, dass die Mitgliedstaaten harmonisierte, grüne und nachhaltige Steuersysteme auf der Grundlage des Verursacherprinzips entwickeln, einführen und anwenden. Auf diese Weise werden die Ressourcen systematisch an Akteure umverteilt, die die Verschmutzung von Boden, Wasser und Luft vermeiden. Dieses Prinzip sollte auch für Gemeinden und andere Gebietskörperschaften gelten.

1.6.

Zivilgesellschaftliche Umweltorganisationen und KMU sollten verstärkt einbezogen werden, um Informationen für Arbeitnehmer bereitzustellen und Bildung sowie Ausbildung im Umweltbereich zu gestalten und so ein grundlegendes öffentliches Verständnis dieser Frage zu gewährleisten. Diese Zusammenarbeit sollte von den Mitgliedstaaten gefördert und finanziert werden. Pflichtunterricht zu Klima- und Umweltthemen (Alter 6–18) sollte in allen Ländern Bestandteil der nationalen Lehrpläne sein. Im Umweltbereich tätige zivilgesellschaftliche Organisationen sollten ab 2020 an den theoretischen oder praktischen Arbeiten verbindlich beteiligt werden.

1.7.

Auf politischer Ebene fordert der EWSA alle Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, zumindest ein Ministerium für Umweltschutz einzurichten, damit das Umweltrecht größere Beachtung findet und besser koordiniert und durchgesetzt werden kann.

1.8.

Zur Reduzierung unseres ökologischen Fußabdrucks und zur Stärkung der nachhaltigen Entwicklung fordert der EWSA die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, Strategien für ein umweltorientiertes öffentliches Beschaffungswesen umfassend umzusetzen. Die Europäische Kommission sollte dies regelmäßig und unmittelbar überwachen und darüber hinaus vorschreiben, dass die Organisationen der Zivilgesellschaft bei umweltorientierten öffentlichen Ausschreibungen und bei der Auswertung der Angebote konsultiert werden. Außerdem sollte die Kommission vorschlagen, dass EU-Mittel eingesetzt werden können, um die positiven Auswirkungen des umweltorientierten öffentlichen Beschaffungswesens zu stärken.

1.9.

Die EU muss dazu beitragen, lokale Entwicklungsmodelle einzurichten und auf dem Gebiet der EU einen weitreichenden Umweltschutz zu fördern. Aus diesem Grund muss die EU-Präsenz auf lokaler Ebene sichtbarer werden. Es geht darum, dass die EU-Mittel sinnvoll ausgegeben und die einschlägigen öffentlichen und privaten Interessenträger an der ordnungsgemäßen Umsetzung der Umweltvorschriften und der Umweltordnungspolitik beteiligt werden. Damit könnten auch Menschen und Organisationen in entlegenen Regionen der EU unterstützt und als wichtiger Teil der EU behandelt werden. Die Kommission sollte außerdem sicherstellen, dass genügend gut ausgebildete Mitarbeiter für den Zugang zu Informationen und zur Justiz sorgen, insbesondere auf dem Gebiet der Inspektion, damit die ordnungsgemäße Umsetzung überwacht werden kann.

1.10.

Der EWSA weist darauf hin, dass die Europäische Kommission im Rahmen der internationalen Handelsverhandlungen nicht nur die EU-Wirtschaft fördern und schützen, sondern gleichzeitig auch unsere zentralen Umwelt- und Sozialstandards sichern und konsequent vertreten muss. Dies ist nicht nur ein Weg, die Wettbewerbsfähigkeit und Außenwahrnehmung der EU zu verbessern und die Zukunft ihrer Bevölkerung und Hoheitsgebiete zu sichern, sondern auch eine Gelegenheit, anderen Teilen der Welt eine demokratischere und nachhaltigere Umweltordnungspolitik auf der Grundlage einer stärkeren Einbeziehung der zivilgesellschaftlichen Organisationen zu zeigen.

1.11.

Der EWSA schlägt die Einrichtung eines dreigliedrigen Gremiums (Kommission, Mitgliedstaaten und zivilgesellschaftliche Organisationen) vor, in dem Streitigkeiten beigelegt und/oder von zivilgesellschaftlichen Organisationen angesprochene Probleme erörtert werden, bevor es zu einem Umweltschaden kommen kann oder ein Rechtsbehelf eingelegt wird. Des Weiteren sollte es ein unabhängiges wissenschaftliches EU-Beratungsgremium geben, das der Kommission Empfehlungen geben kann, wenn eine zivilgesellschaftliche Organisation ein Problem meldet. Außerdem sollte die Kommission ihre Entscheidungen mit Gründen versehen.

1.12.

Die Mitgliedstaaten und die Kommission sollten die Umweltschutzorientierung der KMU und zivilgesellschaftlichen Organisationen nach 2020 stärker politisch, finanziell und fachlich unterstützen.

2.   Allgemeine Bemerkungen

2.1.    Die Rolle der Zivilgesellschaft in der Verwaltung, Umsetzung und Bewertung des Umweltrechts

Hintergrund

2.1.1.

Frans Timmermans, Erster Vizepräsident der Kommission, hat im Dezember 2018 in seinem Ersuchen um Sondierungsstellungnahme an den EWSA-Präsidenten festgestellt, dass die „Zivilgesellschaft — Arbeitgeber, Arbeitnehmer und andere Vertreter — für die Umsetzung von zentraler Bedeutung sind“. Als Stimme der organisierten Zivilgesellschaft bringt der EWSA die an der Basis der EU-Gesellschaft vertretenen Meinungen zu den im erwähnten Schreiben genannten Themen zum Ausdruck.

2.1.2.

In den letzten Jahren hat der EWSA mehrere einschlägige Stellungnahmen (3) (4) verabschiedet, die die Kommission berücksichtigen sollte.

2.1.3.

Angesichts des weltweit zunehmenden Umweltbewusstseins der Bürger (5) weist der EWSA die Kommission darauf hin, dass eines der größten Hemmnisse für eine bessere Umsetzung der Umweltvorschriften im mangelnden politischen Willen auf lokaler, nationaler und EU-Ebene liegt. Dies schlägt sich auch in Form unzureichender personeller und finanzieller Mittel nieder (z. B. im Rahmen des mehrjährigen Finanzrahmens). Diese sind jedoch nötig, um die Umweltvorschriften zu begründen und ihre ordnungsgemäße Umsetzung sicherzustellen, ggf. die Gerichte bei ihrer Arbeit zu unterstützen (6) und die Umweltvorschriften zu evaluieren. Anders gesagt ist die unzureichende Umsetzung der Umweltvorschriften nicht darauf zurückzuführen, dass die Zivilgesellschaft ihre Rolle nicht ausreichend oder nicht konstruktiv wahrgenommen hätte. Nach Meinung des EWSA liegt die Schuld in erster Linie bei den Gesetzgebern, die sich schlichtweg nicht genug darum gekümmert haben.

2.1.4.

Nicht zuletzt erachtet der EWSA eine stärkere Rolle der organisierten Zivilgesellschaft in der Governance, Umsetzung und Bewertung der EU-Umweltvorschriften als wesentlich, um die UN-Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, SDG) — angefangen bei SDG 1 — zu erreichen und die globalen Klimaschutzvereinbarungen in die Praxis umzusetzen. Dementsprechend macht der EWSA die zuständigen Behörden auf eine Reihe von allgemeinen, sektorbezogenen bzw. themenspezifischen Verbesserungen aufmerksam, die in dieser Stellungnahme aufgezeigt werden.

Zugang zu Informationen

2.1.5.

Der EWSA befürwortet nachdrücklich die Überprüfung der Umsetzung der Umweltpolitik, die unerlässlich ist, um eine Vielzahl von Umweltinformationen zu Themen wie Nachhaltigkeit, Klimawandel und Lebensqualität in Europa bereitzustellen. Er erwartet, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten ihren Verpflichtungen nachkommen und die Standpunkte der zivilgesellschaftlichen Organisationen in der EIR und den länderspezifischen Berichten aufgreifen.

2.1.6.

Der EWSA ersucht die Kommission darum, die Mitgliedstaaten aufzufordern, einen Mechanismus einzuführen, der den Zugang zu Umweltinformationen innerhalb eines Zeitraums von einem Monat ermöglicht (Übereinkommen von Aarhus (7)). Es ist nicht mehr hinnehmbar, dass die Öffentlichkeit mitunter länger als ein Jahr warten muss, bevor sie auf diese Informationen zugreifen kann.

2.1.7.

Der EWSA fordert die Kommission außerdem auf, über die sozialen Medien besser, regelmäßiger und wirksamer über die Ziele der EU-Richtlinien zu informieren und für diese zu werben. Die zivilgesellschaftlichen Organisationen könnten dies unterstützen. Kontinuierliche Bildung und Ausbildung in Umweltthemen sind von zentraler Bedeutung.

Partizipation

2.1.8.

Der EWSA ersucht die Kommission darum, zivilgesellschaftliche Organisationen sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene systematischer an künftigen Eignungsprüfungen der Umweltvorschriften der EU sowie an künftigen EIR-Prozessen zu beteiligen. Diese Beteiligung sollte in Zusammenarbeit mit dem EWSA und vergleichbaren Ausschüssen auf nationaler und lokaler Ebene frühzeitig, schon bei der Festlegung der Evaluierungskriterien, stattfinden.

2.1.9.

Der EWSA bekräftigt seinen in den früheren einschlägigen Stellungnahmen (8) (9) vorgebrachten Standpunkt, dass eine wirksame Umsetzung der Umweltschutzmaßnahmen u. a. von der aktiveren Einbindung der Zivilgesellschaft (Arbeitgeber, Arbeitnehmer und sonstiger Interessenträger) abhängt. In diesem Sinne wiederholt der EWSA seine Forderung nach einer umfangreicheren und strukturierteren Beteiligung der zivilgesellschaftlichen Organisationen, um die EIR-Initiativen zu stärken. Zum Beispiel müssen zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich auf nationaler Ebene für Umweltschutz einsetzen, und Wissenschaftsgemeinschaften Gelegenheit bekommen, ihr Sachwissen und ihre Erkenntnisse in die Länderberichte sowie in die länderspezifischen strukturierten Dialoge und die einschlägigen Folgemaßnahmen einzubringen.

2.1.10.

Dasselbe gilt für die Handelsverhandlungen der EU: Die Europäische Kommission muss im Rahmen der internationalen Handelsverhandlungen nicht nur die EU-Wirtschaft fördern und schützen, sondern gleichzeitig auch unsere zentralen Umwelt- und Sozialstandards sichern und konsequent vertreten. Dies ist nicht nur ein Weg, die Wettbewerbsfähigkeit und Außenwahrnehmung der EU zu verbessern und die Zukunft ihrer Bevölkerung und Hoheitsgebiete zu sichern, sondern auch eine Gelegenheit, anderen Teilen der Welt eine demokratischere und nachhaltigere Umweltordnungspolitik auf der Grundlage einer stärkeren Einbeziehung der zivilgesellschaftlichen Organisationen zu zeigen.

2.1.11.

Zivilgesellschaftliche Organisationen sind häufig aufgefordert, gesellschaftliche Anliegen in Bezug auf die Kosten und Nachteile der Umsetzungsmaßnahmen zu vertreten und vorzubringen. Daher schlägt der EWSA vor, dass zivilgesellschaftliche Organisationen schon frühzeitig einbezogen werden sollten, damit sie an Anhörungen mitwirken und maßgebend zu Konfliktlösungen beitragen können. Der EWSA ist der Auffassungen, dass mit der Konfliktlösung zu einem früheren Zeitpunkt des Verfahrens begonnen werden sollte.

2.1.12.

Der EWSA schlägt die Einrichtung eines dreigliedrigen Organs (Kommission, Mitgliedstaaten und zivilgesellschaftliche Organisationen) vor, in dem Streitigkeiten beigelegt und/oder von zivilgesellschaftliche Organisationen angesprochene Probleme erörtert werden, bevor es zu einem Umweltschaden kommen kann oder ein Rechtsbehelf eingelegt wurde. Des Weiteren sollte es ein unabhängiges wissenschaftliches EU-Beratungsgremium geben, das der Kommission Empfehlungen geben kann, wenn eine zivilgesellschaftliche Organisation ein Problem meldet. Außerdem sollte die Kommission ihre Entscheidungen mit Gründen versehen.

Zugang zur Justiz

2.1.13.

Unter erneutem Verweis auf eine frühere Stellungnahme (10) fordert der EWSA die Kommission auf, den Zugang der Zivilgesellschaft zur Justiz zu verbessern (z. B. indem zivilgesellschaftliche Organisationen das Recht erhalten, den Europäischen Gerichtshof anzurufen, sowie durch Ernennung von Fachrichtern und Fachstaatsanwälten auf EU-, nationaler und regionaler Ebene).

2.1.14.

Der EWSA ist der Auffassung, dass der Zugang zur Justiz auch dadurch verbessert werden sollte, dass Einzelpersonen die Möglichkeit erhalten, den Europäischen Gerichtshof direkt anzurufen (wie beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) der Fall), wenn die Umsetzung von EU-Recht in nationales Recht gefährdet ist und der nationale Rechtsweg ausgeschöpft ist.

2.1.15.

In Anbetracht der häufig unverhältnismäßigen Langsamkeit der Justiz fordert der EWSA die Kommission auf, eine Art einstweilige Verfügung für Umweltangelegenheiten, die keine Notfälle sind, in Betracht zu ziehen, an die sich die Mitgliedstaaten halten müssen, sodass bis zu einer erstinstanzlichen Gerichtsentscheidung die betreffenden Arbeiten ausgesetzt werden müssen, wenn eine unmittelbare Bedrohung für die Umwelt besteht.

2.1.16.

Außerdem ersucht der EWSA die Kommission, einen entsprechenden Mechanismus einzurichten, damit für Umweltvergehen gezahlte Strafgelder in Maßnahmen investiert werden, die auf den Umweltschutz gerichtet sind.

2.2.    Vorschläge der Zivilgesellschaft zur Rolle von KMU, Arbeitgebern, Gewerkschaften und Umweltorganisationen bei der Umsetzung von Umweltvorschriften

Die Rolle von KMU bei der Umsetzung von Umweltvorschriften

2.2.1.

Der EWSA ist, wie er in einer früheren Stellungnahme (11) festgestellt hat, skeptisch, da er sich, ganz wie auch die Europäische Kommission, darüber im Klaren ist, dass die unzulängliche Anwendung der Mechanismen zur Sicherung des Vollzugs des Umweltrechts und einer wirksamen Umweltordnungspolitik bedauerlicherweise unlauterem Wettbewerb und wirtschaftlichen Schäden Vorschub leistet.

2.2.2.

KMU und insbesondere Kleinstunternehmen machen 99,8 % der Unternehmen in Europa aus: Sie werden entweder durch die Anzahl der Mitarbeiter oder über den Umsatz bzw. die Bilanzsumme definiert. (12) KMU leisten einen beträchtlichen Beitrag zu Wertschöpfung und Beschäftigung mit entsprechenden Umweltauswirkungen. Zwar haben die einzelnen KMU im Allgemeinen nur begrenzte personelle und finanzielle Mittel, es liegt aber im Interesse aller, sie zu mobilisieren und zu ermutigen, sich stärker mit den Umweltschutzvorschriften zu befassen. Die Fähigkeiten der KMU und ihre Mitwirkung an Innovation, Erneuerung, Schaffung von Arbeitsplätzen und Förderung des sozialen Fortschritts sind sehr wichtig, um die UN-Nachhaltigkeitsziele und die globalen Klimaziele des Übereinkommens von Paris zu erreichen. Es gibt eine Reihe weiterer wichtiger Bereiche wie Gesundheit, Landwirtschaft, verarbeitendes Gewerbe, Tourismus und Gastgewerbe, Dienstleistungen und Wirtschaft allgemein, in denen es unerlässlich ist, Umweltstandards zu entwickeln und zu harmonisieren, die nachhaltige Entwicklung zu sichern und den Klimawandel zu bekämpfen. Vor diesem Hintergrund müssen die Kommission, die Mitgliedstaaten und zivilgesellschaftliche Organisationen unbedingt stärker mit KMU zusammenarbeiten.

2.2.3.

Der EWSA fordert die Kommission auf, dafür Sorge zu tragen, dass die Mitgliedstaaten harmonisierte, grüne, nachhaltige und umweltfreundliche Steuersysteme auf der Grundlage des Verursacherprinzips entwickeln, einführen und anwenden. Auf diese Weise werden die Ressourcen systematisch an Akteure umverteilt, die die Verschmutzung von Boden, Wasser und Luft bekämpfen. Dieses Prinzip sollte auch für Gemeinden und andere Gebietskörperschaften gelten.

Die Rolle der Gewerkschaften und Arbeitgeber bei der Umsetzung von Umweltvorschriften

2.2.4.

Der EWSA fordert die Kommission auf, die Kurse, die Gewerkschaften und/oder Arbeitgeber zur Schulung von Mitarbeitern in Umweltrecht und seiner Umsetzung organisieren, zum Teil zu subventionieren.

2.2.5.

Zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich für Umweltbelange engagieren, und KMU sollten verstärkt in die Aufklärung der Arbeitnehmer und die Gestaltung von Bildung und Ausbildung im Umweltbereich zur Schaffung eines grundlegenden öffentlichen Verständnisses dieser Frage einbezogen werden. Diese Zusammenarbeit sollte von den Mitgliedstaaten finanziert werden. Pflichtunterricht zu Klima- und Umweltthemen (Alter 6–18) sollte in allen Ländern Bestandteil der nationalen Lehrpläne sein. Im Umweltbereich tätige zivilgesellschaftliche Organisationen sollten ab 2020 an den theoretischen oder praktischen Arbeiten verbindlich beteiligt werden.

Die Rolle zivilgesellschaftlicher Organisationen, die sich für Umweltbelange engagieren, bei der Umsetzung von Umweltvorschriften

2.2.6.

Der EWSA ersucht die Kommission darum, dafür Sorge zu tragen, dass die Kosten für die Mitwirkung von nicht gewinnorientierten zivilgesellschaftlichen Organisationen an EU- und nationalen Verfahren sowie an der Governancestruktur, der Umsetzung und Evaluierung der Umweltvorschriften aus dem EU-Haushalt finanziert werden.

2.2.7.

Allgemein sollten die Mitgliedstaaten und die Kommission die Umweltschutzorientierung der KMU und zivilgesellschaftlichen Organisationen nach 2020 stärker politisch, finanziell und fachlich unterstützen.

2.2.8.

Zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich für Umweltbelange einsetzen, sollten auf regionaler Ebene an Entscheidungen über die Verwendung von EU-Mitteln für Projekte mit Auswirkungen auf die Umwelt mitwirken können. Darüber hinaus sollten zivilgesellschaftliche Organisationen leichteren Zugang zu diesen Mitteln haben.

2.2.9.

Außerdem sollten zivilgesellschaftliche Organisationen aus dem Umweltsektor bei der Ausarbeitung der Jahresberichte der Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit Umweltrichtlinien (z. B. der Vogelschutz- und Habitat-Richtlinie) oder dem Zustand der Umwelt im jeweiligen Land beraten und mitwirken können. Die Kommission sollte ferner stärker darauf achten, dass die Mitgliedstaaten diese Berichte pünktlich herausgeben (denn manche werden nicht innerhalb der in Artikel 16 der Habitat-Richtlinie (13) oder Artikel 9 der Vogelschutzrichtlinie (14) vorgesehenen Fristen vorgelegt).

2.3.    Vorschläge der organisierten Zivilgesellschaft zu ihrer Rolle bei der Umsetzung von Umweltvorschriften in den Bereichen Abfall, Luftqualität und biologische Vielfalt

Die Rolle der Zivilgesellschaft bei der Umsetzung der Umweltvorschriften im Bereich Abfall

2.3.1.

Der EWSA ist zutiefst darüber besorgt, dass dem Bericht der Kommission zufolge die Hälfte der EU-Staaten Gefahr läuft, die 50 %-Zielvorgabe für das Recycling von Siedlungsabfällen bis 2020 nicht zu erreichen (15).

2.3.2.

Der EWSA fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, das Verbrennen und Vergraben recycelbarer Abfälle schrittweise einzustellen. Es ist höchste Zeit, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten ihren Verpflichtungen im Hinblick auf den Umweltschutz nachkommen und es nicht zulassen, dass Lobbys die dringend erforderliche nachhaltige und abfallfreie Kreislaufwirtschaft bremsen.

2.3.3.

In diesem Zusammenhang fordert der EWSA alle Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, eine maßgebliche Rolle im Interesse des Umweltschutzes zu übernehmen und diesen in den Vordergrund zu rücken. Die Kommission sollte die Mitgliedstaaten darum ersuchen, im Rahmen ihrer Regierungsstruktur ein Ministerium für Umweltschutz und nachhaltige Entwicklung einzurichten, mit dessen Hilfe sie die EU-Umweltvorschriften besser koordinieren und durchsetzen können.

2.3.4.

Zur besseren Verwirklichung der Abfallziele und zur Unterstützung dieses Prozesses durch bessere Bildung und Ausbildung sollten die Mitgliedstaaten nach Ansicht des EWSA außerdem unbedingt entschiedene Bildungs- und Informationskampagnen über Abfallvermeidung und -bewirtschaftung einleiten, die sich an die breite Öffentlichkeit sowie Primar- und Sekundarschulen richten. Damit die gesamtgesellschaftliche Verantwortung für den Umweltschutz besser hervorgehoben wird, sollten die Kommission und die Mitgliedstaaten verstärkt und regelmäßig online über die zielgerichteten Maßnahmen von KMU und regierungsunabhängigen Organisationen im Bereich Abfallentsorgung und -bewirtschaftung berichten. Unter Hinweis auf das Beispiel des Wettbewerbs „Grüne Hauptstadt Europas“ (2019: Oslo (16)) schlägt der EWSA vor, dass die Kommission ab 2020 nationalen Umwelt-NGOs die nötigen Finanzmittel zur Verfügung stellt, um jährlich drei ländliche Kommunen (Städte) in den Mitgliedstaaten mit vergleichbaren grünen Preisen für ihre Umweltleistung auszuzeichnen. Es wird sich natürlich eher um einen symbolischen als einen hochdotierten Preis handeln, doch die Berichterstattung in lokalen und nationalen Medien wird das Interesse an dem Thema schüren.

2.3.5.

Steuern, steuerliche Sanktionen, Befreiung von bestimmten Steuern und Steuervergünstigungen sind wichtige wirtschaftspolitische und wachstumssteuernde Anreize staatlicherseits, die die Interessenträger motivieren bzw. davon abhalten können, Abfall zu reduzieren, zu entsorgen, zu vernichten oder als wertvolle Ressource zu behandeln. Im Hinblick auf die Einbeziehung der KMU in eine effizientere Bewirtschaftung von Abfallressourcen und die Förderung einer besseren Luftqualität schlägt der EWSA vor, dass die Mitgliedstaaten höhere Steuern für die Deponierung von Abfall erheben, die Müllverbrennung deutlich reduzieren oder sogar verbieten, verursacherbezogene Abfallgebührensysteme (Pay-as-you-throw) einführen und Strafen für verunreinigte recycelbare Stoffe verhängen. Die Einführung von grünen (oder umweltorientierten) Steuern oder einmaligen Steuererleichterungen für KMU, die Innovationen im Bereich der Bewirtschaftung und Wiederverwertung von Abfällen entwickeln, wäre äußerst sinnvoll.

2.3.6.

Der EWSA befürwortet uneingeschränkt die in der Abfallrahmenrichtlinie (17) genannten grundlegenden Ziele, wonach mit Abfall so umzugehen ist, dass keine Bedrohung für die menschliche Gesundheit und kein Schaden für die Umwelt entsteht und dass insbesondere Wasser, Luft, Boden, Pflanzen und Tiere nicht gefährdet werden, keine Geräusch- oder Geruchsbelästigung verursacht wird und das Landschaftsbild oder Orte von besonderem Interesse nicht beeinträchtigt werden. Als Folgemaßnahme sollte die Kommission die EU-Abfallgesetzgebung und -politik ergänzen und einen Mix von Mülltrennungsmethoden entwickeln (getrennte Sammlung in den einzelnen Haushalten, Sammelstellen, Deponien, öffentliche Abfallsammelaktionen) und nationale Deponienetze einrichten. Durch obligatorische Einführung (und Durchsetzung) von Pfandsystemen für Einwegverpackungen (PET, Aluminium, Glas), intelligente Nutzung von Sperrmüll (Wertstoffzentren), Ausweitung der separat gesammelten Abfälle (Textilien, biologisch abbaubarer Müll und gefährliche Abfälle) und verstärkte Förderung der Kompostierung in Haushalten und Gemeinden sowie finanzielle und technische Unterstützung bei der Nutzung des Komposts sinkt der Entsorgungsdruck.

2.3.7.

Zivilgesellschaftliche Organisationen und interessierte KMU (hauptsächlich Abfallbewirtschaftungsfirmen) sollten umfassender in die Gestaltung und die nationale Umsetzung des einschlägigen Umweltrechts einbezogen werden. Die Mitgliedstaaten sollten ein System für die finanzielle Unterstützung von KMU einrichten, denen eine aktive Rolle bei der Sammlung, dem Recycling und der Aufwertung von Abfällen und generell in der Kreislaufwirtschaft zukommt.

2.3.8.

Zur Reduzierung unseres ökologischen Fußabdrucks und zur Stärkung der nachhaltigen Entwicklung fordert der EWSA die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, Strategien für ein umweltorientiertes öffentliches Beschaffungswesen umfassend umzusetzen. Die Europäische Kommission sollte dies regelmäßig und unmittelbar überwachen und darüber hinaus vorschreiben, dass die in den Mitgliedstaaten tätigen Organisationen der Zivilgesellschaft bei umweltorientierten öffentlichen Ausschreibungen und bei der Auswertung der Angebote einbezogen werden. Außerdem sollte die Kommission vorschlagen, dass EU-Mittel eingesetzt werden können, um die positiven Auswirkungen des umweltorientierten öffentlichen Beschaffungswesens zu stärken.

2.3.9.

Die EIR (18) mit den relevanten Informationen sollte regelmäßig veröffentlicht werden. In der am 4. April 2019 veröffentlichten EIR wurde auf eine Studie hingewiesen, in der die gesellschaftlichen Gesamtkosten für die aktuell lückenhafte Umsetzung der Umweltpolitik auf jährlich 55 Mrd. EUR geschätzt werden. (19)

2.3.10.

Der Peer-to-Peer-Austausch von Experten zwischen den Umweltagenturen und lokalen Gebietskörperschaften der Mitgliedstaaten hat in den letzten zwei Jahren gut funktioniert und das Bewusstsein der Interessenträger geschärft. Es sollte in den Mitgliedstaaten jedoch viel mehr online über neue Ideen und übernommene bewährte Verfahren berichtet werden, d. h. sichergestellt werden, dass die Inhalte und Ergebnisse der Expertentreffen regelmäßig veröffentlicht werden. Eine bessere Beteiligung der nationalen zivilgesellschaftlichen Organisationen und KMU kann zu einer engeren technischen und wirtschaftlichen Zusammenarbeit sowie einer schnelleren Erkennung von Chancen für KMU führen. Der EWSA fordert die Kommission nachdrücklich auf, jedes Jahr die internationalen Umwelttermine (20) zu veröffentlichen, um die lokalen Interessenträger in den Mitgliedstaaten in die Verantwortung zu nehmen und ihre Handlungsfähigkeit zu stärken, wenn es darum geht, Interessenträger, Unternehmen, zivilgesellschaftliche Organisationen und Behörden für die Organisation von Abfallsammlungen, Reinigungsaktionen oder Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität zu mobilisieren oder dabei finanziell zu unterstützen.

Die Rolle der Zivilgesellschaft bei der Umsetzung der Umweltvorschriften im Bereich Luft

2.3.11.

Aufgrund wachsender Gesundheits- und Umweltprobleme sollten die Mitgliedstaaten die Luftqualität insgesamt verbessern und regierungsunabhängige Organisationen und Unternehmen aktiver in den Prozess der Vermeidung von Verschmutzung einbeziehen. Die Beheizung von Privathaushalten mit Kohle und feuchtem Holz, das Verbrennen von gewerblichem Abfall (z. B. Kunststoffe, Textilien), Garten- und anderem Müll im Freien, alte Fahrzeuge mit Motoren mit höherem Schadstoffausstoß, die zivile und militärische Luftfahrt (21), der Straßen- und Seeverkehr, Hochsee- und Fluss-Kreuzfahrtschiffe sowie manche Praktiken in Industrie und Landwirtschaft führen zu erheblicher Luftverschmutzung.

2.3.12.

Der EWSA begrüßt nachdrücklich, dass die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) verbindliche Vorschriften für den Umweltschutz umfasst, um die nachhaltige Entwicklung zu fördern (Artikel 11 AEUV), Verbraucher zu schützen (Artikel 12), den Tierschutz zu gewährleisten (Artikel 13) usw. Der EWSA ersucht die Kommission, diese Bereiche weiter zu verbessern und z. B. neue GAP-Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität und zur Reduzierung von Emissionen einzuführen. Um indes die Kostenlast für Kleinbetriebe und Landwirte abzumildern, sollte die EU den Beschluss über die Einrichtung einer angemessenen Infrastruktur für alternative Kraftstoffe umfassend umsetzen (22) (gemäß der Richtlinie 2014/94/EU über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (23)).

2.3.13.

Um die Luftverschmutzung durch alte Fahrzeuge zu reduzieren, sollte die Kommission den grenzüberschreitenden Verkauf von Gebrauchtfahrzeugen, die älter als fünf Jahre sind, untersagen. Die Reduzierung des Güterverkehrs auf der Straße, die Verbesserung der Bedingungen für den Gütertransport auf der Schiene, dem Seeweg und Binnenwasserstraßen sowie die Einrichtung von Umweltzonen in bewohnten Gebieten sind wichtige Faktoren für die Reduzierung der Luftverschmutzung. Im Hinblick auf die Vermeidung von Luftverschmutzung und Geräuschbelastung bedarf es weiterer Anstrengungen und des Einsatzes nationaler Finanzmittel, um veraltete Dieselmotoren zwischen 2022 und 2027 durch Elektroantriebe oder zumindest emissionsärmere Motoren zu ersetzen.

2.3.14.

Zur Verbesserung der Luftqualität sollte die Kommission die Mitgliedstaaten dabei unterstützen, ihre Schienenfahrzeuge zu modernisieren, Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Bahnstrecken abzubauen, die elektronisch erhobene, streckenabhängige Maut für Lkw auf alle Straßen auszudehnen und eine verstärkt emissionsabhängige Mautdifferenzierung einzuführen. Die Mitgliedstaaten sollten — auf der Grundlage eines regelmäßigen Dialogs mit NGOs und einschlägigen KMU — in Großstädten Straßenbenutzungsgebühren einführen (einschließlich einer Citymaut bis 2025) und in Städten mehr Fußgängerzonen, größere Parks und andere Grünanlagen einrichten. Regierungsunabhängige Organisationen und KMU sollten regelmäßig einbezogen und online konsultiert werden, wenn diese Zonen geplant und eingeführt werden.

2.3.15.

Der EWSA fordert die Kommission nachdrücklich auf, neue Vorschriften über die Nutzung von mehr erneuerbarer Energie zu prüfen, um den Anteil der erneuerbaren Energien in den Bereichen Stromversorgung und Heizung zu erhöhen. Sowohl NGOs als auch KMU sollten konkret in die Ausarbeitung neuer nationaler Energiepläne eingebunden werden, durch die der Energieverbrauch, insbesondere in Form fossiler Brennstoffe, reduziert wird. Die Mitgliedstaaten sollten konkrete und umsetzbare Vorschläge in dieser Hinsicht erörtern; ebenfalls sollten bewährte Verfahren berücksichtigt und mit den notwendigen finanziellen Mitteln gefördert werden. Die Mitgliedstaaten sollten für einen regelmäßigen Austausch über besonders bewährte Verfahren im Umweltbereich sorgen.

Die Rolle der Zivilgesellschaft bei der Umsetzung der Umweltvorschriften im Bereich biologische Vielfalt

2.3.16.

Insbesondere wenn es um die Auswirkungen auf die biologische Vielfalt geht, hält der EWSA es für wesentlich, dass die Mitgliedstaaten in einer frühen Phase öffentliche Konsultationen durchführen, wenn alle Optionen noch gegeben sind und die Möglichkeit für eine echte Analyse von Alternativen besteht. Es obliegt hauptsächlich den Mitgliedstaaten und den zuständigen Behörden, dafür Sorge zu tragen, dass Bauunternehmer diese Anforderung ernst nehmen und dass frühzeitig öffentliche Konsultationen stattfinden.

2.3.17.

Damit die zivilgesellschaftlichen Organisationen mit der Kommission sinnvoll kommunizieren können — z. B. wenn Umweltvorschriften nicht eingehalten wurden oder eine Gefahr für die biologische Vielfalt besteht —, sollten die Funktionsweise der Kommission (insbesondere die Entscheidungsfindung) und ihre Erwartungen (welche Informationen benötigt werden) klar dargelegt werden.

2.4.    Vorschläge der Zivilgesellschaft zur Umsetzung von Umweltvorschriften und die Rolle der Kommission als Hüterin der Verträge

2.4.1.

Der EWSA fordert die Kommission auf, den nationalen Parlamenten Bemerkungen zu übermitteln, wenn ein Mitgliedstaat Gesetzesvorschriften zur Umsetzung der EU-Umweltvorschriften in einzelstaatliches Recht erlässt.

2.4.2.

Außerdem fordert der EWSA die Kommission auf, auf Ersuchen Dritter Stellung zu nehmen und den betroffenen Parteien diese Stellungnahme zu übermitteln, wenn eine nationale Bestimmung, mit der EU-Umweltvorschriften der EU umgesetzt werden, vor einem obersten Gericht angefochten wird.

2.4.3.

Der EWSA ersucht die Kommission, die Mitgliedstaaten darauf hinzuweisen, dass es im EU-Recht den Begriff der übermäßigen Umsetzung nicht gibt und in den Umweltvorschriften der EU vorgesehen ist, kontinuierlich Maßnahmen zu ergreifen, um den Zustand der Umwelt zu verbessern. Daher sind hier Rückschritte nach dem EU-Recht unzulässig.

2.4.4.

Der EWSA fordert die Kommission außerdem auf, den Mitgliedstaaten zu erläutern, dass die Umweltvorschriften der EU zwar bei den Regelungen des Sekundärrechts Ausnahmen zulassen, diese Ausnahmen von den Staaten allerdings strikt eingeschränkt werden müssen, sodass sie nicht den Zielen der EU zuwiderlaufen.

2.4.5.

Der EWSA bestärkt die Kommission darin, weiterhin Leitlinien zu erstellen, um die Auslegung und Anwendung des sekundären Umweltrechts insbesondere in zwei Bereichen zu erleichtern:

a)

Berücksichtigung von Gesundheitsfragen bei Umweltverträglichkeitsprüfungen,

b)

Definition von Feuchtgebieten anhand ihrer Multifunktionalität.

2.4.6.

Die EU muss dazu beitragen, lokale Entwicklungsmodelle einzurichten und durchzusetzen und den Umweltschutz zu fördern. Daher muss die Kommission regelmäßiger in den Mitgliedstaaten Kontrollen vor Ort durchführen, um zu gewährleisten, dass die EU-Mittel sinnvoll ausgegeben und die einschlägigen öffentlichen und privaten Interessenträger die Umweltvorschriften und Umweltordnungspolitik richtig umsetzen. Damit könnte auch dem generellen Erfordernis entsprochen werden, Menschen und Organisationen in entlegenen Regionen der EU zu unterstützen und als wichtigen Teil der EU zu behandeln. Die Kommission sollte außerdem sicherstellen, dass in jedem Mitgliedstaat genügend gut ausgebildete Mitarbeiter für den Zugang zu Informationen und zur Justiz sorgen, vor allem im Bereich Inspektion, damit die ordnungsgemäße Umsetzung der Umweltvorschriften überwacht werden kann.

2.4.7.

Der EWSA fordert die Kommissionspräsidentin auf, das für Umweltschutz zuständige Mitglied der Kommission mit größeren Befugnissen auszustatten, insbesondere im Hinblick auf Gesundheits- und Umweltthemen. Dieses Mitglied der Kommission sollte sich außerdem gezielt und eingehender mit der Koordination von Entwicklungen in ländlichen Gebieten, der Verbesserung der Lebensqualität überall und der Sicherstellung der Einhaltung der EU-Umweltvorschriften durch EU-Unternehmen befassen. In der Wettbewerbswirtschaft der Zukunft muss der Schwerpunkt auf einer Wirtschaft des Schönen liegen, auf allem, was schön und gut ist: kulturellen, künstlerischen, ökologischen, lokalen Aktivitäten, die die Lebensqualität verbessern. Eines unserer grundlegenden Ziele sollte es sein, unser Glück und unser allgemeines Wohlergehen zu mehren (Growth of Domestic Happiness). Das wiederum steht in engem Zusammenhang mit einer gesünderen Wirtschaftsweise und bedingt bessere sowie nachhaltigere wirtschaftliche, gesellschaftliche und ökologische Werte, die regenerierbar sind.

Brüssel, den 30. Oktober 2019

Der Präsident

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Luca JAHIER


(1)  EWSA-Stellungnahme „Aktionsplan der EU für einen besseren Vollzug des Umweltrechts und eine bessere Umweltordnungspolitik“ (ABl. C 283 vom 10.8.2018, S. 83).

(2)  EWSA-Stellungnahme zum Thema „Umsetzung des EU-Umweltrechts in den Bereichen Luftqualität, Wasser und Abfall“ (ABl. C 110 vom 22.3.2019, S. 33).

(3)  EWSA-Stellungnahme „Aktionsplan der EU für einen besseren Vollzug des Umweltrechts und eine bessere Umweltordnungspolitik“ (ABl. C 283 vom 10.8.2018, S. 83).

(4)  EWSA-Stellungnahme zum Thema „Umsetzung des EU-Umweltrechts in den Bereichen Luftqualität, Wasser und Abfall“ (ABl. C 110 vom 22.3.2019, S. 33).

(5)  https://glocalities.com/latest/reports/environmental-concern.

(6)  EWSA-Stellungnahme zum Thema „Umsetzung des EU-Umweltrechts in den Bereichen Luftqualität, Wasser und Abfall“ (ABl. C 110 vom 22.3.2019, S. 33) (Schlussfolgerungen 1.5).

(7)  https://ec.europa.eu/environment/aarhus/.

(8)  Stellungnahme des EWSA zur „Überprüfung der Umsetzung der EU-Umweltpolitik“ (ABl. C 345 vom 13.10.2017, S. 114).

(9)  EWSA-Stellungnahme zum Thema „Umsetzung des EU-Umweltrechts in den Bereichen Luftqualität, Wasser und Abfall“ (ABl. C 110 vom 22.3.2019, S. 33).

(10)  EWSA-Stellungnahme „Aktionsplan der EU für einen besseren Vollzug des Umweltrechts und eine bessere Umweltordnungspolitik“ (ABl. C 283 vom 10.8.2018, S. 83).

(11)  EWSA-Stellungnahme „Aktionsplan der EU für einen besseren Vollzug des Umweltrechts und eine bessere Umweltordnungspolitik“ (ABl. C 283 vom 10.8.2018, S. 83).

(12)  https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=celex:32003H0361.

(13)  Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206 vom 22.7.1992, S. 7).

(14)  Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl. L 20 vom 26.1.2010, S. 7).

(15)  COM(2019) 149 final.

(16)  http://ec.europa.eu/environment/europeangreencapital/index_en.htm.

(17)  Richtlinie 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien (ABl. L 312 vom 22.11.2008, S. 3), http://ec.europa.eu/environment/waste/framework/.

(18)  https://ec.europa.eu/transparency/regdoc/rep/1/2019/DE/COM-2019-149-F1-DE-MAIN-PART-1.PDF.

(19)  http://ec.europa.eu/environment/eir/pdf/study_costs_not_implementing_env_law.pdf.

(20)  https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_environmental_dates.

(21)  EWSA-Stellungnahme „Emissionshandelssystem für Luftverkehrstätigkeiten“ (ABl. C 288 vom 31.8.2017, S. 75).

(22)  EWSA-Stellungnahme „Aktionsplan zur Infrastruktur für alternative Kraftstoffe“ (ABl. C 262 vom 25.7.2018, S. 69).

(23)  Richtlinie 2014/94/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2014 über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (ABl. L 307 vom 28.10.2014, S. 1), https://eur-lex.europa.eu/legal-content/de/ALL/?uri=CELEX%3A32014L0094.


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