17.11.2009 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 277/85 |
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung eines Rahmens für die Einführung intelligenter Verkehrssysteme im Straßenverkehr und für deren Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern“
(KOM(2008) 887 endg. — 2008/0263 (COD))
(2009/C 277/17)
Berichterstatter: Josef ZBOŘIL
Der Europäische Rat beschloss am 29. Januar 2009, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 95 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:
Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung eines Rahmens für die Einführung intelligenter Verkehrssysteme im Straßenverkehr und für deren Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern
KOM(2008) 887 endg. - 2008/0263 (COD).
Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft nahm ihre Stellungnahme am 15. April 2009 an. Berichterstatter war Herr ZBOŘIL.
Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 453. Plenartagung am 13./14. Mai 2009 (Sitzung vom 13. Mai) mit 183 gegen 3 Stimmen bei 6 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:
1. Schlussfolgerungen und Empfehlungen
1.1. Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss begrüßt die Initiative der Europäischen Kommission und erachtet die Gewährleistung eines zuverlässigen, funktionalen, effizienten und sicheren Verkehrssystems für den Straßenverkehr (einschl. der in diesem Bereich erbrachten Dienste) als unerlässlich.
1.2. Im Hinblick auf die Durchführung des Aktionsplans für intelligente Verkehrssysteme (IVS) stimmt der Ausschuss der Annahme dieses Richtlinienvorschlags zu, da in ihm der für die Koordinierung intelligenter Verkehrssysteme erforderliche Rechtsrahmen festgelegt, gleichzeitig aber auch die notwendige Flexibilität für die Wahrung des Subsidiaritätsprinzips und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit geboten wird.
1.3. Zur Sicherstellung der Befahrbarkeit der Verkehrswege und des störungsfreien Verkehrsablaufs müssen kontinuierlich und unterbrechungsfrei die aktuellsten Straßeninformationen und -daten über Ereignisse und Vorfälle zur Verfügung stehen, die den freien Verkehr an einem bestimmten Punkt bzw. in einem bestimmten Streckenabschnitt vollständig oder teilweise behindern. IVS müssen genaue, zuverlässige und einheitliche Straßenverkehrsdaten in Echtzeit bieten, um den Nutzern eine freie Wahl zu ermöglichen.
1.4. Nach Meinung des Ausschusses müssen eine gemeinsame Standardkategorisierung der Ereignisse und Vorfälle, die den störungsfreien Verkehrsablauf, die Befahrbarkeit der Verkehrswege, die Sicherheit oder den Verkehrsfluss beeinträchtigen (z.B. ALERT-C-Standard), eingerichtet und für den Austausch von Verkehrsdaten und -informationen ein gemeinsames XML-Datenübertragungsformat festgelegt werden. Außerdem müssen Regeln für den Aufbau eines genormten georeferenzierten Straßenverkehrsnetzes ausgearbeitet werden, um eine einheitliche digitale Lokalisierung der Ereignisse und Vorfälle zu ermöglichen, sowie für die Erfassung der Informationen über das Straßennetz, den Straßenkörper und das Zubehör.
1.5. Die Erhebung der erforderlichen Daten sowie ihre Verarbeitung und ihre Weiterleitung an die Endnutzer-Zielgruppe sollten in einem System erfolgen, das die Fahrer nicht über Gebühr noch zusätzlich belastet, sondern ihnen ganz im Gegenteil den größten Komfort bietet, wodurch wiederum die Straßenverkehrssicherheit erhöht wird.
1.6. Der Ausschuss empfiehlt den raschen Aufbau einer IVS-Struktur auf nationaler Ebene gekoppelt an die Festlegung konkreter Funktionen für IVS sowie die Konzipierung von Mindestnormen, um die zu den transeuropäischen Verkehrsnetzen (TEN-T) zählenden Strecken zur Gewährleistung der erforderlichen konkreten Funktionen mit den entsprechenden Telematiksystemen auszurüsten.
1.7. Der Ausschuss weist darauf hin, dass EU, Mitgliedstaaten und Privatwirtschaft für den Bau der Infrastruktur auch die entsprechenden Finanzmittel bereitstellen müssten. Die Betriebskosten sollten über die Einnahmen aus bereits bestehenden Abgaben, Steuern oder Mautgebühren finanziert werden. Es gilt, die Bestimmungen und Anforderungen an die Verkehrszentralen in den Mitgliedstaaten zu präzisieren, die für die Erhebung, Verarbeitung, Übertragung, Veröffentlichung und Verbreitung sowie den grenzüberschreitenden Austausch der Verkehrsdaten und -informationen verantwortlich sind.
1.8. IVS beruhen auf der zunehmenden Nutzung eines enormen Datenvolumens. Für ihre Verwirklichung muss daher eine langfristige Perspektive konzipiert werden, für die nicht nur die derzeitigen Anwendungen, sondern auch die mögliche künftige Entwicklung der Systeme sowie die Rolle und Verantwortung der verschiedenen Akteure berücksichtigt werden müssen. In bestehenden IVS muss der Schutz personenbezogener Daten ordnungsgemäß gewährleistet werden. In der Richtlinie wie auch in dem Aktionsplan müssen Vorschriften verankert werden, um Datenmissbrauch durch den Einsatz technischer, technologischer, organisatorischer und rechtlicher Mittel im Einklang mit den europäischen und nationalen Rechtsvorschriften vorzubeugen (1).
1.9. Der Ausschuss empfiehlt, in den Aktionsplan geeignete Instrumente zur Förderung des Einsatzes moderner Informationstechnologien im Verkehrswesen aufzunehmen, beispielsweise in Form eines Wettbewerbs zur Auszeichnung intelligenter Fahrzeuge.
2. Einleitung — Inhalt des Kommissionsdokuments
2.1. Wie in der Halbzeitbilanz zum Verkehrsweißbuch der Europäischen Kommission dargelegt, werden Innovationen eine zentrale Rolle spielen, wenn es darum geht, für mehr Nachhaltigkeit im Straßenverkehr (Sicherheit, Effizienz, Umweltfreundlichkeit, nahtlose Anbindung) zu sorgen. Dabei wird es insbesondere auf die Anwendung von Informations- und Kommunikationstechnologien, also von intelligenten Verkehrssystemen (IVS), ankommen.
2.2. Die zunehmende Überlastung unseres Verkehrssystems (bis 2020 wird im Straßengüterverkehr ein Anstieg um 55 % und im Straßenpersonenverkehr um 36 % erwartet) und der damit verbundene Energieverbrauch wie auch die daraus erwachsenden negativen Folgen für die Umwelt (bis 2020 werden die verkehrsbedingten CO2-Emissionen um weitere 15 % steigen) erfordern einen innovativen Ansatz, wenn man dem zunehmenden Bedarf und den wachsenden Anforderungen an Beförderung und Mobilität gerecht werden will. Herkömmliche Maßnahmen wie der Ausbau der bestehenden Verkehrsnetze werden nicht in erforderlichem Umfang durchführbar sein. Somit gilt es, neue Lösungen zu finden.
2.3. Allerdings vollzieht sich die Einführung von IVS-Lösungen langsamer als erwartet, und im Allgemeinen erfolgt ihre Einführung eher bruchstückhaft. So ist ein Flickenteppich nationaler, regionaler und lokaler Lösungen entstanden, ohne dass eine wirkliche Harmonisierung stattgefunden hätte. Eine Folge davon ist, dass IVS auf ineffiziente Weise eingesetzt werden, so dass sie nicht wirksam zur Verwirklichung der (verkehrs)politischen Ziele und zur Bewältigung der wachsenden Herausforderungen beitragen können, vor denen der Straßenverkehr steht.
2.4. Zu den spezifischen Zielen gehören die Verbesserung der System-Interoperabilität, die Gewährleistung eines nahtlosen Zugangs, die Förderung der Kontinuität der Dienste und die Schaffung eines effizienten Kooperationsmechanismus zwischen allen IVS-Akteuren. Entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip gilt eine (Rahmen-)Richtlinie als das am besten geeignete Mittel zur Erreichung des beabsichtigten Zwecks.
2.5. Die technischen Einzelheiten der Durchführung, also Verfahren und Spezifikationen, werden jedoch von der Kommission mit Unterstützung eines aus Vertretern der Mitgliedstaaten bestehenden Ausschusses festgelegt. Unbeschadet der Aufgaben dieses Ausschusses wird die Kommission eine Europäische IVS-Beratergruppe einsetzen, zu deren Sitzungen Vertreter der relevanten IVS-Akteure (IVS-Diensteanbieter, Nutzerverbände, Verkehrs- und Anlagenbetreiber, Industrie, Sozialpartner, Berufsverbände) eingeladen werden. Aufgabe der Gruppe wird es sein, die Kommission in wirtschaftlichen und technischen Aspekten der Implementierung und Verbreitung von IVS in der EU zu beraten. Die IVS-Beratergruppe wird Beiträge bereits bestehender Foren (eSaftey-Forum, ETRAC usw.) zusammentragen.
2.6. Gegenstand dieses Richtlinienvorschlags sind IVS-Anwendungen und -Dienste für den Straßenverkehr, einschließlich Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern. Für den Straßenverkehr gibt es eine Reihe von Vorschriften, insbesondere die Richtlinie 2004/52/EG über die Interoperabilität elektronischer Mautsysteme in der Gemeinschaft, die Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr und die Richtlinie 2007/46/EG zur Schaffung eines Rahmens für die Genehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge. Für die Kohärenz mit den Arbeiten der einschlägigen Ausschüsse wird Sorge getragen.
2.7. Die vorgeschlagene Richtlinie untermauert mehrere der (mikroökonomischen) Ziele der Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung. Vor allem wird sie der Verbreitung und effektiven Nutzung von IVS förderlich sein. Darüber hinaus wird sie zur Verwirklichung folgender Ziele beitragen:
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Förderung aller Formen von Innovation: grenzüberschreitender Wissenstransfer zum effektiven Einsatz von IVS; |
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Ausbau, Verbesserung und Vernetzung der Teile der europäischen Infrastruktur sowie Vollendung der vorrangigen grenzüberschreitenden Projekte, Prüfung der Zweckdienlichkeit geeigneter Entgeltregelungen für die Nutzung der Infrastruktur; |
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Förderung einer nachhaltigen Ressourcennutzung und Stärkung der Synergien zwischen Umweltschutz und Wachstum, insbesondere Förderung der Entwicklung von Konzepten für die Internalisierung externer Kosten; |
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Verstärkung und Optimierung der FuE-Investitionen, insbesondere seitens der Privatwirtschaft: Schaffung besserer Rahmenbedingungen für den Einsatz innovativer IVS-Lösungen. |
2.8. In der von der Kommission im Juli 2008 angenommenen Mitteilung zur Ökologisierung des Verkehrs (KOM(2008) 433 endg.) ist in Kapitel 4 ein Aktionsplan für intelligente Verkehrssysteme im Straßenverkehr vorgesehen. Der Aktionsplan soll von einer Legislativinitiative begleitet werden und ein gemeinsames Konzept dafür darlegen, wie vorhandene Technologien auf den Markt und zum Einsatz gebracht werden können. Im Übrigen bedeutet eine effizientere Nutzung der vorhandenen Infrastruktur, dass weniger neue Infrastruktur benötigt wird, so dass die Zersplitterung von Lebensräumen und Bodenversiegelung vermieden werden.
2.9. Der vorliegende Vorschlag fügt sich des Weiteren in die EU-Strategie für nachhaltige Entwicklung ein, da einige der zentralen Probleme angegangen werden, bei denen im Zuge der Überprüfung der Agenda im Jahr 2005 klar geworden war, dass es stärkerer Impulse bedürfe. Das gemeinsame Anliegen besteht im Wesentlichen darin, den Verkehr nachhaltiger zu machen, um beispielsweise das Ziel einer Verbesserung des Verkehrsnachfragemanagements zu verwirklichen und — was die Straßenverkehrssicherheit anbelangt — dem Ziel näher zu kommen, die Zahl der Straßenverkehrstoten bis 2010 (gegenüber dem Jahr 2000) zu halbieren. Weitere Aspekte, die indirekt thematisiert werden, sind die Reduzierung des Energieverbrauchs in der EU und — damit verbunden — die Begrenzung der Auswirkungen des Klimawandels. Darüber hinaus unterstützt die vorgeschlagene Richtlinie die Umsetzung der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 des Rates über den Schutz von Tieren beim Transport und damit zusammenhängenden Vorgängen (Navigationssysteme).
2.10. Mit diesem Richtlinienvorschlag wird ein Rahmen für die Durchführung des IVS-Aktionsplans vorgegeben. Die den Mitgliedstaaten durch die Richtlinie auferlegten Verpflichtungen werden von der Kommission unterstützt, indem diese — mit Blick auf eine EU-weite koordinierte Einführung interoperabler IVS — im Wege des Ausschussverfahrens gemeinsame Spezifikationen festlegt. Die entsprechenden Arbeiten werden von der Kommission mit Unterstützung eines Europäischen IVS-Ausschusses durchgeführt. Damit wird auch ein Rahmen für den Informationsaustausch mit den Mitgliedstaaten geschaffen. Im vorgeschlagenen IVS-Aktionsplan wird dargelegt, welche Bereiche im Hinblick auf eine beschleunigte und koordinierte EU-weite Einführung von IVS-Anwendungen und -Diensten für vorrangig erachtet werden.
2.11. Der IVS-Aktionsplan stützt sich auf eine Reihe laufender Initiativen der Kommission, u.a. den Aktionsplan für die Güterverkehrslogistik (2), den Aktionsplan zur Mobilität in der Stadt (3), den Aufbau des Galileo-Systems (4), das Maßnahmenpaket zur Ökologisierung des Verkehrs (5), die Initiative i2010 „Intelligentes Fahrzeug“ (6), die Initiative eSafety (7), das 7. Forschungsrahmenprogramm (8), den Dienst eCall (9), die Europäischen Technologieplattformen und ihre strategischen Forschungspläne (10) sowie die Initiative CARS 21 (11).
3. Allgemeine Bemerkungen
3.1. Der Ausschuss befürwortet die Initiative der Europäischen Kommission und erachtet die Gewährleistung eines zuverlässigen, funktionalen, effizienten und sicheren Verkehrssystems für den Straßenverkehr (einschl. der in diesem Bereich erbrachten Dienste) als unerlässlich. Mit der koordinierten Einführung intelligenter Verkehrssysteme können der störungsfreie Verkehrsablauf und die Befahrbarkeit der Verkehrswege in den einzelnen Mitgliedstaaten wie auch in der gesamten EU so rasch und umfassend wie möglich sichergestellt werden.
3.2. Im Hinblick auf die Durchführung des Aktionsplans für intelligente Verkehrssysteme (IVS) stimmt der Ausschuss der Annahme dieses Richtlinienvorschlags zu, da in ihm der für die Koordinierung intelligenter Verkehrssysteme erforderliche Rechtsrahmen festgelegt, gleichzeitig aber auch die notwendige Flexibilität für die Wahrung des Subsidiaritätsprinzips und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit geboten wird.
3.3. Die Verwirklichung der in dem Richtlinienvorschlag dargelegten Ziele, d.h. die Sicherstellung einer höheren Funktionalität, Zuverlässigkeit, Effizienz und Sicherheit des Straßenverkehrs, ist für eine größere wirtschaftliche und soziale Stabilität in den einzelnen Mitgliedstaaten wie auch in der EU insgesamt von grundlegender Bedeutung. Die Einführung von IVS wirkt sich auch auf die Entwicklung der Regionen aus, insbesondere derjenigen, in denen das Straßenverkehrsaufkommen über das Aufnahmevolumen des bestehenden Straßennetzes hinausgeht. Die Regionen sollten bei der Umsetzung der Richtlinie und der Durchführung des Aktionsplans eine wichtige Rolle für den Austausch von Erfahrungen und bewährter Verfahren spielen.
3.4. In dem Richtlinienvorschlag sind keinerlei detaillierten Bestimmungen enthalten, um die effiziente Verbreitung der IVS im Straßenverkehrsnetz der einzelnen Mitgliedstaaten durch konkrete Kontrollmechanismen sicherzustellen, ungeachtet der Finanzhilfen der Europäischen Kommission und der oben genannten Vorhaben (wie EasyWay).
3.5. Zur Sicherstellung der Befahrbarkeit der Verkehrswege und des störungsfreien Verkehrsablaufs müssen kontinuierlich und unterbrechungsfrei die aktuellsten Straßeninformationen und -daten über Ereignisse oder Vorfälle zur Verfügung stehen, die den freien Verkehr an einem bestimmten Punkt bzw. in einem bestimmten Streckenabschnitt vollständig oder teilweise behindern.
3.6. IVS müssen zuverlässige, einheitliche und ausreichend genaue Straßenverkehrsdaten in Echtzeit bieten sowie Informationen über den Intermodalverkehr enthalten, um den Nutzern die freie Wahl zwischen den anderen verfügbaren Verkehrsträgern zu lassen.
3.7. IVS beruhen auf der zunehmenden Nutzung eines enormen Datenvolumens. Für ihre Verwirklichung muss daher eine langfristige Perspektive konzipiert werden, für die nicht nur die derzeitigen Anwendungen, sondern auch die mögliche künftige Entwicklung der Systeme sowie die Rolle und Verantwortung der verschiedenen Akteure berücksichtigt werden müssen. Zum Schutz der Privatsphäre sollte die Verarbeitung der Daten der identifizierten Personen rechtlich und technisch dahingehend geregelt werden, dass eine Übermittlung der ermittelten personenbezogenen Daten nur zu rechtlich genau festgelegten Zwecken im Einklang mit den Rechtsvorschriften der EU und ihrer Mitgliedstaaten erfolgen darf.
3.8. Grundvoraussetzung hierfür ist die Gewährleistung einer konsequenten Datenanonymisierung beim ursprünglichen Datenlieferanten. Die IVS-Beratergruppe muss mit dem Europäischen Datenschutzbeauftragten zusammenarbeiten und ihn zu diesen Fragen konsultieren; eine unmittelbare Vertretung des Datenschutzbeauftragten in der IVS-Beratergruppe sollte erwogen werden.
3.9. Das europäische Satellitennavigationssystem Galileo sollte keine Alleinstellung erhalten; vielmehr gilt es, die Zusammenarbeit mit sämtlichen verfügbaren Satellitennavigationssystemen zu suchen.
3.10. Zur Sicherstellung der Verfügbarkeit von Verkehrsinformationen und -daten über zeitlich begrenzte oder unbegrenzte Einschränkungen des störungsfreien Verkehrsablaufs und der Befahrbarkeit der Verkehrswege und deren Austausch müssen eine gemeinsame Standardkategorisierung der Ereignisse und Vorfälle im Straßennetz, die den störungsfreien Verkehrsablauf, die Befahrbarkeit der Verkehrswege, die Sicherheit oder den Verkehrsfluss beeinträchtigen, sowie ein einheitliches XML-Datenübertragungsformat festgelegt werden.
3.11. Eine weitere wichtige Voraussetzung ist die Vereinheitlichung der Parameter für den Aufbau eines genormten georeferenzierten Straßenverkehrsnetzes, um eine einheitliche digitale Lokalisierung der Ereignisse und Vorfälle zu ermöglichen, sowie für die Erfassung der Informationen über das Straßennetz, den Straßenkörper und das Zubehör. Hierfür sollten die besten bewährten Verfahren der Mitgliedstaaten zur Anwendung kommen. Diesbezüglich sind auch Systeme zur Straßenbewirtschaftung von Bedeutung, um kontinuierlich einen guten Straßenzustand zu gewährleisten.
3.12. Die Erhebung der erforderlichen Daten sowie ihre Verarbeitung und ihre Weiterleitung an die Endnutzer-Zielgruppe sollten in einem System erfolgen, das die Fahrer nicht über Gebühr noch zusätzlich belastet, sondern ihnen ganz im Gegenteil den größten Komfort bietet, wodurch wiederum die Straßenverkehrssicherheit erhöht wird, auch im Hinblick auf die Alterung der Bevölkerung. In der Richtlinie sollte daher auch die Art des Informationsträgers für die IVS-Nutzer festgelegt werden, um die Funktionalität, Effizienz und Sicherheit im Straßenverkehr zu optimieren und gleichzeitig die Unfallquote so weit wie möglich zu senken.
3.13. Zu den IVS zählen auch die verkehrsbezogenen Informationssysteme von Polizei, Feuerwehr und Rettung, von Infrastrukturbetreibern und Wetterdiensten sowie Informationssysteme, in die die Autofahrer Daten eingeben. Die Verkehrsinformationen und -daten aus all diesen Systemen müssen grundlegender Bestandteil des Inhalts von Verkehrsinformationen sein.
3.14. Neben den Verfahren zur Sicherstellung eines reibungsloseren Verkehrsablaufs und einer besseren Befahrbarkeit der Verkehrswege muss auch das Straßennetz weiterentwickelt werden, und zwar durch den Neubau von Straßen (vor allem dort, wo das Straßennetz noch nicht vollständig ausgebaut ist) sowie durch die Instandsetzung und -haltung bestehender Straßen, um ausreichende Straßenkapazitäten unter Berücksichtigung der Gegebenheiten vor Ort und der Umweltbedingungen sicherzustellen. IVS müssen nicht nur in die neu errichteten TEN-T, sondern auch in das vorhandene Straßennetz integriert werden.
4. Besondere Bemerkungen
4.1. Mit der Richtlinie und dem Aktionsplan sollten folgende konkrete Ziele verwirklicht werden, die von allen Mitgliedstaaten in der ersten Phase erreicht werden können:
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Gewährleistung der Erhebung und Verarbeitung von Verkehrsinformationen und -daten über die aktuelle Verkehrslage auf dem Hoheitsgebiet des jeweiligen Mitgliedstaates auf nationaler Ebene; |
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Gewährleistung des grenzübergreifenden Austauschs von Verkehrsinformationen und -daten über die aktuelle Verkehrslage in den TEN-T in Echtzeit; |
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Gewährleistung der Verfügbarkeit grundlegender unentgeltlicher Informationsdienste für die Autofahrer in Form einer öffentlichen Dienstleistung. |
4.2. Im Rahmen dieser Verfahren dienen Verkehrsinformationen und -daten über zeitlich begrenzte oder unbegrenzte Einschränkungen des störungsfreien Verkehrsablaufs und der Befahrbarkeit der Verkehrswege an einem bestimmten Punkt bzw. in einem bestimmten Streckenabschnitt:
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der Überprüfung und Kontrolle der Mechanismen zur Beseitigung der Gründe für die Einschränkung des störungsfreien Verkehrsablaufs und der Befahrbarkeit der Verkehrswege bis zu deren endgültigen Aufhebung; |
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der Unterrichtung aller Verkehrsteilnehmer (alle Autofahrer einschl. der Fahrer von Notfallfahrzeugen usw.) über Ort, Dauer, Ausmaß und Gründe der Einschränkung des störungsfreien Verkehrsablaufs und der Befahrbarkeit der Verkehrswege; |
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dem Straßenverkehrsmanagement zur Sicherstellung des störungsfreien Verkehrsablaufs und der Befahrbarkeit der Verkehrswege ausgehend von Informationen über Verkehrsbehinderungen (Verkehrsmanagement an dem betroffenen Punkt des Verkehrsnetzes, Umleitung auf Alternativstrecken usw.); |
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der Analyse wiederkehrender Ursachen für Einschränkungen des störungsfreien Verkehrsablaufs und der Befahrbarkeit der Verkehrswege an einem bestimmten Punkt bzw. in einem bestimmten Streckenabschnitt mit dem Ziel, Maßnahmen für deren Begrenzung bzw. Beseitigung vorzuschlagen und umzusetzen. |
4.3. Bei den vorgelegten Vorschlägen werden die Funktionen ausgeklammert, die intelligente Verkehrssysteme übernehmen sollten; es gibt nicht einmal einen Hinweis darauf, wann diese auf Expertenebene festgelegt werden. Es handelt sich lediglich um zu allgemein gefasste Rahmendokumente; dies könnte zu einem uneinheitlichen Vorgehen in Bezug auf Verantwortungs- und Aufgabenbereiche führen.
Der Ausschuss schlägt daher vor, u.a. folgende IVS-Funktionen festzulegen:
4.4.1. Operative Informationssysteme: Datenerfassung und -verarbeitung durch diese Systeme im Rahmen der Tätigkeit von Behörden, Organisationen und Einrichtungen (Polizei, Feuerwehr, Rettung); mehrere Elemente dieser Rohdaten können als Verkehrsinformationen über die aktuelle Verkehrslage herangezogen werden;
4.4.2. Daten- und Informationserfassung mittels Telematikanwendungen: Gewährleistung der Überwachung bestimmter Merkmale einzelner Teile des Verkehrssystems in über Sensoren erfassten Streckenabschnitten durch den Einsatz von Telematiksystemen (IVS);
4.4.3. Verkehrsmanagement und -steuerung: Ausgehend von der Bewertung konkreter Verkehrsinformationen und automatisch über Sensoren oder auf Grund der Intervention des Betreibers gewonnener Daten steuern intelligente Verkehrssysteme den Verkehr in einem bestimmten Streckenabschnitt mittels geeigneter Instrumente (elektronische Gebots- oder Verbotsverkehrsanzeigen mit wechselndem Text, LED-Pfeile oder -Anzeigen usw.);
4.4.4. Überwachung: Dank gemeinsam genutzter Überwachungskamerasysteme können Straßenverkehrsbehörden, -organisationen und -einrichtungen den Verkehr auf dem Bildschirm überwachen;
4.4.5. Bereitstellung von Informationen: Verkehrsinformationen und -daten über zeitlich begrenzte oder unbegrenzte Einschränkungen des Verkehrsflusses und der Befahrbarkeit der Verkehrswege werden veröffentlicht und an alle Kunden und Nutzer des Verkehrsnetzes weitergeleitet. Die Informationen werden von Behörden oder privaten Unternehmen über traditionelle und allgemein zugängliche Medien und Informationstechnologien in Form von Informationsdiensten vor (pre-trip) oder während der Fahrt (on-trip) verbreitet;
4.4.6. Kontrolle und Sanktionen: Über Telematiksysteme wird überprüft, ob einschlägige Verpflichtungen (z.B. Entrichtung von Mautgebühren) und die Straßenverkehrsordnung eingehalten werden, wobei im Falle der schwersten Verstöße (wie Geschwindigkeitsüberschreitung, Rotlichtverstoß, Überschreitung des zulässigen Höchstgewichts und Fahrzeugdiebstahl) im Einklang mit den Straßenverkehrsordnungen der Mitgliedstaaten und ihrer etwaigen harmonisierten Fassung auf EU-Ebene anschließend Sanktionen verhängt werden können (12).
4.4.7. Technische Kontrolle während des Betriebs: Die Telematiksysteme gewährleisten auch die Betriebszuverlässigkeit der einzelnen Bestandteile des Systems, insbesondere die automatische Ermittlung von Problemen und das Einleiten von Deeskalations- oder Sicherungsverfahren.
4.5. Der Ausschuss empfiehlt daher die Festlegung europäischer Mindestnormen (oder eines Beispielkatalogs), um die zu den transeuropäischen Verkehrsnetzen (TEN-T) zählenden Strecken mit grundlegenden „Standard“-Telematiksystemen zur Datenerhebung, zur Verkehrsüberwachung und zum Verkehrsmanagement auszurüsten:
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Überwachungskamerasysteme; |
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Systeme zur Überwachung des Verkehrsflusses, zur Ermittlung von Staus und zur Verkehrszählung; |
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Systeme für Verkehrsanzeigen mit wechselndem Text und Anlagen für betriebsbezogene Informationen; |
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im Straßennetz integriertes Wetterinformationssystem; |
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dynamische Verkehrssteuerung; |
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Notrufsystem. |
4.6. Auf der Grundlage derartiger Systeme und der Informationen aus den Verkehrsmanagementsystemen können der Verkehrsablauf und die Befahrbarkeit der Verkehrswege in Echtzeit einschl. der Berechnung der Fahrzeit zu wichtigen Fahrzielen bewertet werden.
4.7. Der Ausschuss warnt vor etwaigen Problemen in Bezug auf die Nachrüstung der Fahrzeuge mit der für IVS erforderlichen Spezialausrüstung; bei der Konzipierung der Systemarchitektur muss die erforderliche Kompatibilität sichergestellt werden. Die Infrastruktur und die Fahrzeugsysteme müssen auf offenen Plattformen beruhen. Dies gilt nicht nur für die Systeme und die Technologie, sondern auch für die über sie angebotenen Dienste.
4.8. Intelligente Verkehrssysteme werden zweifelsohne auf eine ganze Reihe verfügbarer Informations- und sonstiger Technologien zugreifen. Im Rahmen einer koordinierten Vorgehensweise für IVS sollte die EU auch die Zielbereiche nennen, die bis zur Praxistauglichkeit entwickelt werden müssen. Außerdem müssten EU, Mitgliedstaaten und Privatwirtschaft für den Bau der Infrastruktur auch die entsprechenden Finanzmittel bereitstellen. Die Investitions- und Betriebskosten sollten über Einnahmen aus bestehenden Abgaben, Steuern bzw. Mautgebühren finanziert werden.
4.9. Die Kommissionsvorschläge enthalten auch zahlreiche praktische Bestimmungen für die Einführung von IVS in den wichtigsten Bereichen des Aktionsplans; in diesen Fahrplänen muss auch der Zeitaufwand berücksichtigt werden, der für die Schulung der Endnutzer, d.h. der Fahrer erforderlich ist, um sie mit den verschiedenen Bestandteilen des Systems vertraut zu machen. Dies sollte mittels Werbung und Sensibilisierung für diese neuen Technologien erfolgen, wobei auch auf unkonventionelle Methoden gesetzt werden sollte (z.B. über die Förderung der Entwicklung intelligenter Fahrzeuge in Form eines Wettbewerbs zur Auszeichnung intelligenter Fahrzeuge).
Brüssel, den 13. Mai 2009.
Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses
Mario SEPI
(1) Siehe Stellungnahme 4/2004 der Artikel-29-Datenschutzgruppe zum Thema Verarbeitung personenbezogener Daten aus der Videoüberwachung, WP 89 vom 11.2.2004 (http://ec.europa.eu/justice_home/fsj/privacy/docs/wpdocs/2004/wp89_de.pdf) sowie Entschließung der Artikel-29-Datenschutzgruppe zum Thema Rechtsdurchsetzung, WP 101 vom 25.11.2004 (http://ec.europa.eu/justice_home/fsj/privacy/docs/wpdocs/2004/wp101_de.pdf).
(2) KOM(2007) 607 endg.
(3) Die Europäische Kommission wird dieses Dokument im Laufe des Jahres 2009 vorlegen.
(4) Siehe http://ec.europa.eu/dgs/energy_transport/galileo.
(5) KOM(2008) 433 endg.
(6) KOM(2007) 541 endg.
(7) Siehe www.esafetysupport.org.
(8) Siehe http://cordis.europa.eu/fp7/home_de.html.
(9) Siehe www.esafetysupport.org/en/ecall_toolbox.
(10) Siehe http://cordis.europa.eu/technology-platforms.
(11) KOM(2007) 22 endg.
(12) Siehe Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Erleichterung der grenzübergreifenden Durchsetzung von Verkehrssicherheitsvorschriften“ (TEN/348) vom 17.9.2008, Berichterstatter: Herr SIMONS., ABl. C 77 vom 31.3.2009, S. 70-72.