26.11.2014   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 424/52


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament zum Konzept der EU zur Bekämpfung des illegalen Artenhandels

COM(2014) 64 final

2014/C 424/08

Berichterstatter:

Antonio POLICA

Die Europäische Kommission beschloss am 7. März 2014, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 304 AEUV um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament zum Konzept der EU zur Bekämpfung des illegalen Artenhandels

COM(2014) 64 final.

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Landwirtschaft, ländliche Entwicklung, Umweltschutz nahm ihre Stellungnahme am 22. Mai 2014 an.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 499. Plenartagung am 4./5. Juni 2014 (Sitzung vom 5. Juni) mit 167 Stimmen gegen 1 Stimme bei 2 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1

Der EWSA hält den rasanten Anstieg des illegalen Handels mit wildlebenden Arten (illegaler Artenhandel) in den letzten Jahren für eine neue Bedrohung der Europäischen Union unter wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Gesichtspunkten sowie unter dem Aspekt des Gesundheitsschutzes der Öffentlichkeit wie der heimischen Tier- und Pflanzenarten. Daher befürwortet der EWSA die Initiative des Europäischen Parlaments und der Kommission zur Erarbeitung einer umfassenden und koordinierten Strategie für die wirksamere Bekämpfung solcher Verbrechen.

1.2

Nach Auffassung des EWSA muss die Strategie von der Stärkung und Koordinierung der bereits bestehenden internationalen Übereinkommen (insbesondere CITES (1)), Gesetze, Regelungen, Maßnahmen und Instrumente ausgehen und eine stärkere Integration aller betroffener Bereiche bezwecken wie Umweltschutz, Zollkontrollen, Justiz, Bekämpfung der organisierten Kriminalität usw. Außerdem muss eine wirksamere Zusammenarbeit zwischen den Ursprungs-, Transit- und Zielmarktländern wildlebender Arten erreicht werden.

1.3

Der Ausschuss ist davon überzeugt, dass eine verstärkte Koordinierung nur dann greifen kann, wenn sie auf einem angemessenen und einheitlichen Ansatz für Ausbildung und Sensibilisierung für alle auf Ebene der EU und der Mitgliedstaaten im Kampf gegen den illegalen Artenhandel beteiligten Behörden basiert.

1.4

Der EWSA misst der Rolle der Zivilgesellschaft bei der Bekämpfung des illegalen Artenhandels sowohl in den Ursprungs- wie in den Zielmarktländern zentrale Bedeutung bei. Insbesondere hält der Ausschuss die aktive und bewusste Beteiligung der Verbraucher und des Privatsektors für wichtig und unterstützt die Einführung eines Systems für Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit.

1.5

Nach Auffassung des Ausschusses müssen den Bevölkerungskreisen in den Drittländern, die an solchen Aktivitäten beteiligt sind, neue und bessere Möglichkeiten einer nachhaltigen Entwicklung und Beschäftigung geboten werden.

1.6

Der illegale Artenhandel stellt aufgrund der zu erzielenden Erträge und der geringen Gefahr von Strafen ein rasch wachsendes Phänomen dar. In puncto Gewinnerwartung entspricht diese Art von Verbrechen dem Menschen-, Waffen- oder Drogenhandel, wobei jedoch für die Bekämpfung des illegalen Artenhandels deutlich weniger Mittel bereitgestellt werden und ihr viel geringere Bedeutung beigemessen wird. Darüber hinaus gibt es auch in der EU keinen einheitlichen Strafbemessungsrahmen, was dazu führt, dass die illegalen Tätigkeiten in Länder mit geringer Strafandrohung oder geringer Effizienz der Tätigkeit der zuständigen Behörden verlagert werden.

1.7

Der EWSA macht daher deutlich, dass der illegale Artenhandel zu den einschlägigen Verbrechen im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Geldwäsche und Korruption zählen muss und fordert die Einführung wirklich wirksamer, verhältnismäßiger und abschreckender Sanktionen wie die Verhängung der Höchststrafe von mindestens vier Jahren Haft.

2.   Einleitung

2.1   Kontext: Angaben zum illegalen Artenhandel

2.1.1

Der illegale Artenhandel ist ebenso wie der Menschen-, Drogen- und Waffenhandel eine Form des schweren organisierten Verbrechens (2).

2.1.2

Die Wilderei hat 2013 derart zugenommen, dass die in den vergangenen drei Jahrzehnten realisierte Erholung der Population bedrohter Arten wie Elefanten, Tiger und Nashörner zunichte gemacht wird. Sie gefährdet ernsthaft die Erhaltung der biologischen Vielfalt und die nachhaltige Entwicklung.

2.1.3

Der illegale Holzeinschlag macht bis zu 30 % des weltweiten Holzhandels aus und trägt zu mehr als 50 % zur Abholzung tropischer Wälder in Zentralafrika, im Amazonasgebiet und in Südostasien bei. Er beraubt die indigenen Bevölkerungsgruppen wichtiger nachhaltiger Entwicklungsmöglichkeiten.

2.1.4

Es wird davon ausgegangen, dass der Wert der illegalen Fischerei etwa 19 % des angegebenen Werts der Fänge entspricht.

2.1.5

Der Anstieg des illegalen Handel ist auf die wachsende Nachfrage an Wildtierprodukten wie Elfenbein, Nashorn-Horn und Tigerknochen vor allem in einigen Ländern Asiens (z. B. China, Vietnam) zurückzuführen.

2.1.6

Die EU ist einer der wichtigsten Zielmärkte für illegale Wildtier- und Wildpflanzenprodukte (3) und ist für den Umschlag illegaler Ware aus Afrika, Lateinamerika und Asien von zentraler Bedeutung.

2.2   Direkte und indirekte Auswirkungen des illegalen Artenhandels

2.2.1

Der illegale Artenhandel ist eine der Hauptursachen für den weltweiten Verlust biologischer Vielfalt: jedes Jahr werden hunderte Millionen von Exemplaren seltener Tier- und Pflanzenarten ihrer natürlichen Umgebung entnommen und auf Schwarzmärkten verkauft.

2.2.2

Der illegale Holzeinschlag ist die Ursache für die Abholzung der wichtigsten Waldbestände der Erde, den Verlust biologischer Vielfalt, die Zunahme der Treibhausgasemissionen sowie die Auseinandersetzungen über die Kontrolle von Gebieten und Ressourcen — und für wirtschaftliche Einbußen der indigenen Gemeinschaften.

2.2.3

Die illegale Fischerei führt zu Überfischung der Bestände, zerstört marine Lebensräume, verzerrt den Wettbewerb und schwächt die Küstengemeinden, insbesondere in den Entwicklungsländern.

2.2.4

Die Gefahr des Aussterbens wildlebender Tiere und Pflanzen wird verstärkt durch weitere Faktoren wie eine nicht nachhaltige Bodenbewirtschaftung, Klimaveränderungen, exzessive Ausbeutung von Heilpflanzen und ein intensiver Tourismus (zumal wenn es sich um einen „Jagd- und Raubtiertourismus“ handelt).

2.2.5

Der globalisierte Verbrauch ist eine große Gefahr für Umwelt und biologische Vielfalt. Ökosysteme werden geschädigt und die Überlebensfähigkeit heimischer Arten wird geschwächt (4).

2.2.6

Der illegale Artenhandel stellt auch eine Bedrohung für die öffentliche Gesundheit und für die heimischen Tier- und Pflanzenarten dar. Illegal in die EU verbrachte Tierarten werden nicht von den zuständigen Veterinärdiensten überprüft, was zur Einschleppung von Seuchen führen kann, die insbesondere Zuchttiere betreffen. Die Umgehung angemessener Pflanzengesundheitskontrollen setzt wildlebende und gezüchtete heimische Pflanzenarten der erheblichen Gefahr einer Ansteckung durch neue Pathogene aus. Schätzungen zufolge sind 75 % der ansteckenden neuen Infektionskrankheiten tierischen Ursprungs und gehen zum Großteil auf wildlebende Arten zurück. Der illegale Handel mit solchen Arten steigert das Risiko weltweiter Epidemien wie Vogelgrippe (H5N1) und SARS (5).

2.3   Rechtlicher Rahmen

2.3.1

Das Übereinkommen von Washington (CITES) von 1973 regelt den Handel bezüglich Ausfuhr, Wiederausfuhr, Einfuhr, Transit, Umladung oder jeden sonstigen Besitz gefährdeter Arten freilebender Tiere und Pflanzen. Das Übereinkommen zielt ab auf die weltweite Erhaltung und nachhaltige Nutzung der Tier- und Pflanzenbestände.

2.3.2

In der von der UN-Kommission für Verbrechensverhütung und Strafrechtspflege am 26. April 2013 angenommenen Resolution wird der illegale Artenhandel als „schweres organisiertes Verbrechen“ eingestuft, das von weltweit organisierten kriminellen Banden begangen wird.

2.3.3

Die Feststellung, dass einige Milizen ihre Aktivitäten mit dem illegalen Artenhandel finanzieren, haben den Generalsekretär (Bericht S/2013/297) und den Sicherheitsrat der UNO (Resolution 2121 (2013) dazu veranlasst, Wilderei und illegalen Artenhandel als einen Frieden und Sicherheit in der Region gefährdenden Faktor für die Instabilität in Zentralafrika anzusehen. Außerdem hat der Sicherheitsrat im Januar 2014 erstmals gezielte Sanktionen gegen am illegalen Artenhandel Beteiligte in der Demokratischen Republik Kongo und der Zentralafrikanischen Republik verhängt.

2.3.4

Im Juni 2013 haben sich die Staats- oder Regierungschefs der G8-Länder dafür ausgesprochen, Maßnahmen zur Bekämpfung des illegalen Handels mit geschützten oder gefährdeten wildlebenden Arten zu ergreifen und regionale und internationale Grenzkontrollen zur Bekämpfung von Korruption und grenzüberschreitender organisierter Kriminalität politisch und finanziell zu unterstützen.

2.3.5

Das Europäische Parlament hat in seiner Entschließung vom 15. Januar 2014 (2013/2747 (INI)) die Kommission aufgefordert, einen EU-Maßnahmenplan zur Bekämpfung des illegalen Artenhandels aufzulegen und eindeutige Fristen und Ziele für eine Strategie zum Eingreifen sowohl in den EU-Mitgliedstaaten als auch auf internationaler Ebene zu nennen.

2.3.6

Mit der Londoner Erklärung (6) vom Februar 2014 wurden neue und anspruchsvollere Ziele für die Bekämpfung des illegalen Artenhandels gesteckt. Dazu gehören die Änderung des geltenden Rechts, um Wilderei und illegalen Handel mit Wildtieren als „schwere Straftaten“ einzustufen, auf die Nutzung bedrohter Arten zu verzichten, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit auszubauen und die Koordinierung der Netze zur Bekämpfung des illegalen Artenhandels zu stärken (7).

2.3.7

In der Schlusserklärung des EU-Afrika-Gipfels vom 2./3. April 2014 werden gemeinsame Aktionen zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens einschließlich des illegalen Artenhandels vorgesehen.

3.   Antworten auf die im Zuge der Konsultation gestellten Fragen

3.1   Ist die in der EU derzeit existierende politische und rechtliche Rahmenregelung zur Bekämpfung des illegalen Artenhandels angemessen?

3.1.1

Nach Auffassung des EWSA ist der gegenwärtig in den EU-Mitgliedstaaten geltende Rechtsrahmen — auch aufgrund der geringen vorgesehenen Strafen — noch nicht ausreichend, um Verbrechen gegen die Umwelt wirksam zu bekämpfen.

3.2   Sollte die EU ihr Konzept für die Bekämpfung des illegalen Artenhandels durch einen neuen EU-Aktionsplan verbessern, wie vom Europäischen Parlament gefordert?

3.2.1

In der gegenwärtigen internationalen Lage scheint die Erarbeitung von Rechtsvorschriften, die für die Mitgliedstaaten bindend sind, unabdingbar zu sein. Dabei sollten einheitliche Kriterien für eine wirksame Kontrolle und Überwachung — auch mittels einer Abstimmung mit den spezifischen Vorschriften zum strafrechtlichen Schutz wildlebender Arten — festgelegt werden.

3.2.2

Der EWSA befürwortet die Annahme eines Maßnahmenplans wie bereits für andere Formen des organisierten Verbrechens wie Waffen- oder Menschenhandel angenommen.

3.3   Wie könnte die EU das politische Engagement zur Bekämpfung des illegalen Artenhandels auf allen Ebenen verbessern? Welche diplomatischen Instrumente wären zur Gewährleistung der Kohärenz zwischen unterschiedlichen internationalen Initiativen am besten geeignet?

3.3.1

Der EWSA begrüßt die stärkere diplomatische Einbeziehung der vom illegalen Handel mit Wildtieren und -pflanzen betroffenen Länder (vor allem der Ursprungs, Transit- und Zielmarktländer). Dies hat unlängst zur Unterzeichnung von gemeinsamen Absichtserklärungen zum Ergreifen entschlossener und dringlicher Maßnahmen zur Beseitigung der Nachfrage nach aus bedrohten Arten gewonnenen Produkten sowie ihres Angebots geführt (8). Der Ausschuss hofft, dass die internationale Gemeinschaft Maßnahmen ergreift, die den illegalen Markt austrocknen können, die Anwendung eines gemeinsamen Rechtsrahmens sicherstellen und eine nachhaltige Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen unter Einbeziehung lokaler Gemeinschaften fördern.

3.3.2

Der EWSA fordert die EU dazu auf, sich für eine Strategie zur globalen Bekämpfung des illegalen Artenhandels — angefangen bei der Neudefinition der Ziele der UN-Agenda für die Zeit nach 2015 — einzusetzen.

3.4   Auf welche internationalen Instrumente sollte sich die EU konzentrieren, um die Strafverfolgung im Bereich des illegalen Artenhandels und die Regierungsführung zu verbessern?

3.4.1

Der Ausschuss ist der Überzeugung, dass der illegale Artenhandel an den Grenzübergängen mittels Koordinierung der zuständigen nationalen Behörden durch einheitliche Vorschriften, Vorgehensweisen und Zielsetzungen wirksamer überwacht, abgehört und kontrolliert werden könnte. Es wäre zweckmäßig, wenn die EU Maßnahmen zur Erleichterung von Synergien, Zusammenarbeit und gemeinsame Aufklärungsmaßnahmen der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten fördert, um die Aktivitäten und Vorgehensweisen zu vereinheitlichen. Diesbezüglich sollten auch Maßnahmen zur Unterstützung der neuen Partnerländer (z. B. vorübergehende Zusammenarbeit) vorgesehen werden.

3.4.2

Eine neue Front des illegalen Handels stellt hingegen der Internethandel dar, der ohne Beeinträchtigung des legalen Handels nur schwer gefiltert werden kann. Der Ausschuss nimmt mit Interesse einige bewährte Verfahren zur Kenntnis, wie z. B. die Vereinbarung zwischen dem staatlichen italienischen Forstkorps (corpo forestale) und den beiden wichtigsten Internet-Anzeigenportalen (eBay und Subito.it). Darin wird vorgesehen, dass den Verbrauchern mehr Informationen zur Verfügung gestellt werden, außerdem können verdächtige Anzeigen zügig entfernt werden. Die Vereinbarung sieht auch eine Kontrolle der Einträge mittels Filterung vor. Dabei können nur Anzeigen veröffentlicht werden, die die Rückverfolgbarkeit der zum Verkauf angebotenen Waren gewährleisten.

3.4.3

Das internationale Engagement muss mit der Forderung einhergehen, beim Abschluss von Freihandelsabkommen mit Drittländern auf die Wahrung der multilateralen Abkommen im Bereich Umwelt und Handel mit Forst- und Fischereiprodukten hinzuweisen. Die Ziele des CITES-Übereinkommens über den internationalen Handel mit wildlebenden Tier- und Pflanzenarten müssen unbedingt verfolgt werden. Damit unternehmen die Signatarstaaten konkrete Maßnahmen gegen den Schmuggel und den illegalen Handel mit einigen vom Aussterben bedrohten Arten.

3.4.4

Das Gewicht der Teilnehmer des Internationalen Konsortiums für die Bekämpfung von Artenschutzvergehen (ICCWC) (9), u. a. CITES, Interpol, das Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC), die Weltzollorganisation und die Weltbank, kann die Wirksamkeit der Maßnahmen zur Verbesserung der Kapazitäten für Rechtsdurchsetzung und die Erfüllung der Übereinkommen zur Kontrolle des Handels mit wildlebenden Tieren und Pflanzen gewährleisten. Das Konsortium sollte bei den Maßnahmen zur Information, zur Zusammenarbeit mit den zuständigen nationalen Behörden und nicht zuletzt bei der Schulung der für die Kontrollen zuständigen Beamten und Bediensteten vor Ort auf die besten europäischen Fachkräfte zurückgreifen.

3.4.5

Die Durchsetzung und Stärkung des Rechtsstaats in den Ursprungsländern wildlebender Arten gehört zusammen mit der Korruptionsbekämpfung zu den Grundvoraussetzungen für die Ausmerzung des illegalen Artenhandels. Der EWSA spricht sich diesbezüglich für eine direkte Beteiligung der EU auch in finanzieller Hinsicht aus, um den Aufbau einer entsprechenden Justiz (Strafverfolgung und Gerichte) zusammen mit Maßnahmen zur Sensibilisierung lokaler Behörden zu fördern.

3.5   Welche Instrumente sind für EU-Maßnahmen zur Kontrolle der internationalen und europäischen Nachfrage nach illegalen Produkten wildlebender Tiere und Pflanzen am besten geeignet? Welche Rolle könnten Zivilgesellschaft und Privatwirtschaft in diesem Zusammenhang spielen?

3.5.1

Die erfolgreiche Bekämpfung des illegalen Artenhandels macht eine zweifache Intervention erforderlich: zum einen gilt es, das Angebot mittels Abschreckung und Sanktionierung von Straftaten zu reduzieren; zum anderen muss die Nachfrage ausgetrocknet werden. Der EWSA hält diesbezüglich die aktive und bewusste Beteiligung des Privatsektors und der Verbraucher für grundlegend.

3.5.2

Der EWSA unterstützt die in der Londoner Erklärung verkündete notwendige Einführung spezifischer Maßnahmen für ein bewusstes Handeln des Privatsektors. Er spricht sich aus für die Einführung eines Systems zur Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit, das die Rechtsmäßigkeit und die (ökonomische, ökologische und für die lokalen Gemeinschaften soziale) Nachhaltigkeit des Handels mit Wildfauna und -flora gewährleistet. Diesbezüglich können die geltenden Regelungen für den Handel mit Kaviar oder mit Tropenholz (10) als Richtschnur gelten.

3.5.3

Der EWSA hält es auch für notwendig, die Zivilgesellschaft und die Verbraucher bezüglich der schweren Umweltschäden aufgrund des illegalen Handels und seiner Auswirkung auf die kommenden Generationen zu informieren und zu sensibilisieren. Der EWSA erklärt sich erneut bereit, diesbezügliche Initiativen der EU sowohl auf institutioneller Ebene (in Schulen, Museen etc.) als auch mittels Netzen, Konferenzen, Anzeigen, Dokumentationen innerhalb und außerhalb der Union zu unterstützen. Er kann dabei auf das im EWSA bestehende Netzwerk wirtschaftlicher und sozialer Akteure in den Beziehungen der EU zu Afrika zurückgreifen.

3.6   Wie kann die EU bestmöglich dazu beitragen, den Auswirkungen des illegalen Artenhandels auf Frieden und Sicherheit zu begegnen?

3.6.1

Nach Ansicht des EWSA muss in diesem Zusammenhang besonders den Arten Aufmerksamkeit gelten, die aufgrund ihres hohen Werts in den Blickpunkt der organisierten Kriminalität geraten, wovon eine Bedrohung für die innere Sicherheit und sogar für den Weltfrieden ausgeht. Diesbezüglich müssen in Zusammenarbeit mit Europol, Interpol und anderen Organisationen und Foren sowie mit den wichtigsten betroffenen Ländern geeignete Maßnahmen auf europäischer und globaler Ebene vorgesehen werden.

3.6.2

Der EWSA verkennt nicht, dass die jüngeren weltweiten Epidemien wie Vogelgrippe (H5N1) oder SARS eine indirekte Folge des illegalen Artenhandels sind. Deshalb können besagte Systeme der Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit zusammen mit angemessenen Veterinär- und Pflanzenschutzkontrollen zur Verhinderung des Auftretens und der weltweiten Ausbreitung solcher Epidemien beitragen.

3.7   Wie könnten die EU-Instrumente für Zusammenarbeit den Aufbau von Artenschutzkapazitäten und Maßnahmen zur Bekämpfung des illegalen Artenhandels in Entwicklungsländern besser fördern?

3.7.1

Initiativen der internationalen Zusammenarbeit im umfassenderen Kontext von Handelsabkommen bzw. Partnerschaftsvereinbarungen mit Drittländern können für die Ausmerzung des illegalen Artenhandels entscheidend sein.

3.7.2

NGO können bei Sensibilisierungskampagnen und der Unterstützung von Maßnahmen zur Austrocknung der Nachfrage eine zentrale Rolle spielen. Sie sind das Bindeglied zwischen den Institutionen und den betreffenden Bevölkerungsgruppen.

3.7.3

Der EWSA macht deutlich, dass den Menschen, die in Drittländern am illegalen Artenhandel beteiligt sind, neue und bessere Entwicklungsmöglichkeiten geboten werden müssen, auch im Zuge einer Überführung unerlaubter Aktivitäten in legale Tätigkeiten wie den nachhaltigen Tourismus (11).

3.8   Welche Maßnahmen könnten getroffen werden, um die Qualität der Daten über Artenschutzdelikte in der EU zu verbessern, damit politische Entscheidungen besser ausgerichtet werden können?

3.8.1

Der EWSA ist der Auffassung, dass die Erhebung, Aggregierung und Auswertung der Informationen über Straftatbestände (Datenbank) durch die internationalen Sicherheitsbehörden (Europol, Interpol, UNODC) dazu beitragen kann, die Strategien des internationalen Verbrechens besser zu verstehen und kriminellen Aktivitäten vorzubeugen.

3.8.2

In diesem Bereich kann TRAFFIC (12) bei der Sensibilisierung der internationalen Gemeinschaft und der Verbreitung der Daten und Informationen über den internationalen Handel bei den betreffenden Behörden und Interessenvertretern eine wichtige Rolle spielen.

3.9   Welche Maßnahmen könnten getroffen werden, um die Strafverfolgung durch Umweltbehörden, Polizei, Zoll und Staatsanwaltschaften in den Mitgliedstaaten und die Zusammenarbeit zwischen diesen Behörden in Fällen illegalen Artenhandels zu verbessern? Wie könnten Gerichte sensibilisiert werden?

3.9.1

Da Umweltdelikte eng mit Korruption und Schwarzgeldströmen verbunden sind, macht der Ausschuss deutlich, dass der illegale Artenhandel bezüglich der Maßnahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Korruption zu den einschlägigen Straftatbeständen gehören muss. Er befürwortet deshalb die Anwendung von Leitlinien, die den Einsatz entsprechender Finanzierungsinstrumente beschreiben (z. B. die Sorgfaltsprüfung (due diligence), bezüglich der wirksamen Rückverfolgbarkeit der unionsinternen und internationalen Transaktionen).

3.9.2

Der EWSA spricht sich für die Einführung tatsächlich wirksamer, verhältnismäßiger und abschreckender Sanktionen aus, um den groß angelegten illegalen Artenhandel des internationalen organisierten Verbrechens zu bekämpfen. Die EU-Rechtsvorschriften müssen deshalb sicherstellen, dass der illegale Artenhandel in den Mitgliedstaaten zu den „schweren Straftaten“ gehört, bei denen eine Höchststrafe von mindestens vier Jahren Haft verhängt wird.

3.9.3

Der EWSA hält es für grundlegend, alle an der Bekämpfung des illegalen Artenhandels beteiligten Behörden zu sensibilisieren und für eine angemessene Schulung der Kontrollberechtigten, aber auch der zuständigen Gerichte zu sorgen. Diese Aktivitäten müssen zu den neuen Koordinierungsverfahren zwischen den einzelstaatlichen Behörden in der EU gehören, an denen nach Möglichkeit auch die Behörden von Drittstaaten beteiligt werden.

3.10   Wie könnten auf Ebene der EU und in den Mitgliedstaaten existierende Instrumente zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität gezielter zur Bekämpfung des illegalen Artenhandels genutzt werden? Welche zusätzlichen Maßnahmen sollten in Betracht gezogen werden, z. B. in Bezug auf Sanktionen? Welchen Beitrag könnten Europol und Eurojust in dieser Hinsicht leisten?

Es ist zu wünschen, dass diese Verbrechen für Europol zu einer Priorität für die Strafverfolgung werden, die, wie von der Kommission aufgezeigt, mit einer strategischen Koordinierung der Polizeibehörden der Mitgliedstaaten einhergeht, damit sowohl die Straftatbestände des Fangs, des Einschlags, des Besitzes, des Handels und der Vermarktung geschützter Wildtiere und -pflanzen als auch der illegale Handel mit Teilen und Erzeugnissen wirksam verfolgt wird.

Brüssel, den 5. Juni 2014

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Henri MALOSSE


(1)  Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten frei lebender Tiere und Pflanzen (CITES, 1973).

(2)  Von der UN-Kommission für Verbrechensverhütung und Strafrechtspflege angenommene und vom UN-Wirtschafts- und Sozialrat gebilligte Resolution der Vereinten Nationen.

(3)  In den letzten Jahren wird auch in den EU-Mitgliedstaaten ein Anstieg des illegalen Handels mit seltenen Vogel-, Korallen-, Fisch- und Schildkrötenarten verzeichnet.

(4)  So hat z. B. in Asien die steigende Nachfrage nach Kaschmirwolle zur Ausweitung der Zucht domestizierter Arten geführt. Dadurch wurde der Lebensraum wildlebender pflanzenfressender Arten (Antilopen, Wildpferde und -esel) immer stärker verringert, die die Ernährungsgrundlage der großen heimischen Raubtiere bilden (z. B. Wolf oder Schneeleopard). Untersuchung „Globalization of the Cashmere Market and the Decline of Large Mammals in Central Asia“, veröffentlicht in „Conservation Biology“.

(5)  Quelle: Bericht des WWF — http://awsassets.panda.org/downloads/wwffightingillicitwildlifetrafficking_lr.pdf

(6)  Unterzeichnet von den Staats- oder Regierungschefs, Ministern oder Vertretern von 46 Staaten im Rahmen der Konferenz über den illegalen Wildtierhandel am 12./13. Februar 2014.

(7)  Die Netze zur Bekämpfung des illegalen Artenhandels (wildlife enforcement networks) sind zwischenstaatliche regionale Initiativen zum Austausch von Informationen und bewährten Verfahren in diesem Bereich: http://www.cites.org/eng/news/pr/2013/20130307_wen.php

(8)  Londoner Erklärung vom 14. Februar 2014.

(9)  International Consortium on Combating Wildlife Crime.

(10)  Im Rahmen von CITES gibt es ein System zur allgemeinen Kennzeichnung und Identifizierung von Kaviar, dessen Einfuhr nur nach der Genehmigung durch die zuständigen Behörden möglich ist (www.cites.org/common/resource/reg_caviar.pdf). Was den Handel im Forstsektor betrifft, wird im Unionsrecht das Ziel verfolgt, den Handel mit Tropenholz mittels nationaler Systeme zur Rückverfolgbarkeit unattraktiv zu machen und die staatliche Bewirtschaftung in den Partnerländern zu stärken. Seit März 2013 ist die Einfuhr von Holz und Holzerzeugnissen aus illegalem Einschlag aus jedem Land der Welt verboten. Die Behörden der Mitgliedstaaten sind gehalten, den Handel mit Holz zweifelhaften Ursprungs zu überprüfen und ggf. zu sanktionieren.

(11)  Das Modell des nachhaltigen Tourismus sieht sowohl die Erhaltung der natürlichen Umgebung, in der er stattfindet, als auch den Unterhalt der angestammten Bevölkerung vor. Es muss sichergestellt sein, dass sie ein Einkommen erzielen kann. Ökologischer Tourismus wird dabei behilflich sein, dass viele Länder die Armut überwinden, viele Familien überleben und die Natur und die Fauna geschützt und gewahrt werden.

(12)  http://www.traffic.org/