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Amtsblatt
der Europäischen Union

DE

Serie C


C/2024/939

29.1.2024

Klage, eingereicht am 29. November 2023 — Republik Polen / Bundesrepublik Deutschland

(Rechtssache C-730/23)

(C/2024/939)

Verfahrenssprache: Deutsch

Parteien

Klägerin: Republik Polen (vertreten durch B. Majczyna und S. Żyrek als Bevollmächtigte)

Beklagte: Bundesrepublik Deutschland

Anträge der Klägerin

Die Republik Polen beantragt,

festzustellen, dass die Bundesrepublik Deutschland dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Verträgen verstoßen hat, dass sie illegal Abfälle in die Republik Polen verbracht hat,

der Bundesrepublik Deutschland die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Klagegründe und wesentliche Argumente

Mit ihrer Klage wirft die Republik Polen der Bundesrepublik Deutschland vor, ihren Verpflichtungen aus der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 über die Verbringung von Abfällen (1) nicht nachgekommen zu sein.

Polen stützt seine Klage auf die drei nachfolgenden Klagegründe:

1.

Klagegrund: Verstoß gegen die Pflicht, dafür zu sorgen, dass illegal verbrachte Abfälle innerhalb von 30 Tagen zurückgenommen werden (Art. 24 Abs 2 der Verordnung Nr. 1013/2006)

Mit seinem ersten Klagegrund rügt Polen einen Verstoß Deutschlands gegen dessen Pflicht aus Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1013/2006 für die Rücknahme illegal verbrachter Abfälle innerhalb von 30 Tagen zu sorgen.

Polen ist der Ansicht, dass es sich bei der Verbringung von Abfällen aus dem deutschen Hoheitsgebiet zu sechs Standorten in Polen (Tuplice, Stary Jawor, Sobolew, Gliwice, Sarbia und Bzowo) um illegale Verbringungen handele, für die deutsche Veranlasser verantwortlich seien. Trotz der Mitteilung der polnischen Behörden über die illegale Verbringung und die Gründe hierfür hätten weder diese Veranlasser noch die deutschen Behörden dafür gesorgt, dass die Abfälle innerhalb von 30 Tagen nach Deutschland zurückgeführt worden seien. Auch hätten die deutschen Behörden mit Polen keine andere Frist für die Rückfuhr der Abfälle vereinbart.

2.

Klagegrund: Verstoß gegen die Pflicht, Abfälle als in Anhang IV der Verordnung Nr. 1013/2006 aufgeführte Abfälle anzusehen (Art. 28 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1013/2006)

Mit dem zweiten Klagegrund rügt Polen einen Verstoß Deutschlands gegen Art. 28 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1013/2006 in Bezug auf die Verbringung von Abfällen aus dem deutschen Hoheitsgebiet an vier Standorte in Polen (Sobolew, Gliwice, Sarbia, Bzowo).

Hinsichtlich dieser Verbringungen bestünden zwischen Polen und Deutschland Differenzen über die Einstufung der verbrachten Abfälle. Polen vertrete die Auffassung, dass es sich bei den verbrachten Abfällen um Bauabfälle und gemischte Siedlungsabfälle handele, die daher dem Notifizierungsverfahren nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1013/2006 hätten unterworfen werden müssen. Deutschland sei hingegen der Ansicht, dass es sich um Abfälle im Sinne des Anhangs III handele, die dem vereinfachten Informationsverfahren nach Art. 18 der Verordnung Nr. 1013/2006 unterlägen. Aufgrund dieser Differenzen sei Deutschland nach Art. 28 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1013/2006 verpflichtet, die betreffenden Abfälle als in Anhang IV der Verordnung Nr. 1013/2006 aufgeführte Abfälle anzusehen. Dieser Pflicht sei Deutschland nicht nachgekommen.

3.

Klagegrund: Verstoß gegen die Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit (Art. 4 Abs. 3 EUV)

Mit seinem dritten Klagegrund macht Polen schließlich geltend, Deutschland habe durch das Nichtergreifen von Maßnahmen zur Aufklärung des mit der illegalen Verbringung von Abfällen zusammenhängenden Sachverhalts gegen seine Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit aus Art. 4 Abs. 3 EUV verstoßen.

Deutschland habe während des Verfahrens für den Informationsaustausch und die Koordinierung von Maßnahmen zwischen den beiden Staaten eine Reihe von Versäumnissen begangen. Diese Versäumnisse und die fehlende aktive Mitwirkung Deutschlands hätten es Polen erschwert, den Sachverhalt festzustellen, es unmöglich gemacht, die volle Wirksamkeit der Bestimmungen der Verordnung Nr. 1013/2006 zu gewährleisten und dazu geführt, dass illegal verbrachte Abfälle mehrere Jahre lang an den sechs in Rede stehenden Standorten in Polen verblieben seien.


(1)  Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Verbringung von Abfällen (ABl. 2006, L 190, S. 1).


ELI: http://data.europa.eu/eli/C/2024/939/oj

ISSN 1977-088X (electronic edition)