Bankenunion und Europäisches Finanzaufsichtssystem
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Bankenunion
Die Bankenunion ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer echten Wirtschafts- und Währungsunion. Sie ermöglicht die einheitliche Anwendung von EU-Bankenvorschriften in den teilnehmenden Ländern. Die neuen Beschlussverfahren und Instrumente helfen dabei, mehr Transparenz, Einheitlichkeit und Sicherheit am Bankenmarkt zu schaffen.
Warum brauchen wir eine Bankenunion?
Die Notwendigkeit einer Bankenunion ergab sich aus der 2008 eingetretenen Finanzkrise und der darauffolgenden Staatsschuldenkrise. Es zeigte sich, dass Probleme, die durch die enge Verflechtung zwischen den öffentlichen Haushalten und dem Bankensektor entstanden, leicht auf andere EU-Länder übergreifen und dort zu finanziellen Verwerfungen führen können. Dies gilt vor allem für eine Währungsunion wie den Euroraum.
Durch die Bankenunion gewinnt das europäische Bankwesen an:
Transparenz, | da gemeinsame Regeln und administrative Standards für die Aufsicht über Banken sowie für deren Sanierung und Abwicklung einheitlich angewandt werden, |
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Einheitlichkeit, | da inländische und grenzüberschreitende Bankgeschäfte gleich behandelt werden und die finanzielle Solidität der Banken von ihrem jeweiligen Sitzland entkoppelt wird, |
Sicherheit, | da die Bankenaufsicht frühzeitig einschreitet, wenn Banken in Schwierigkeiten geraten – um sie vor dem Ausfall zu bewahren und erforderlichenfalls für ihre effiziente Abwicklung zu sorgen. |
Elemente der Bankenunion
Die Bankenunion setzt sich aus den folgenden zwei Säulen zusammen:
- Einheitlicher Aufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism – SSM)
- Einheitlicher Abwicklungsmechanismus (Single Resolution Mechanism – SRM)
Diese beiden Säulen ruhen auf dem Fundament des einheitlichen Regelwerks, das für alle Länder der EU gilt.
Einheitlicher Aufsichtsmechanismus
Der SSM ist ein noch recht junges Aufsichtssystem für europäische Banken. Er setzt sich aus der EZB und den nationalen Aufsichtsbehörden der am SSM teilnehmenden Länder zusammen.
Einheitlicher AufsichtsmechanismusEinheitlicher Abwicklungsmechanismus
Der SRM soll vor allem sicherstellen, dass zahlungsunfähige Banken effizient abgewickelt werden können, damit die Kosten für die Steuerzahler und die Realwirtschaft möglichst gering bleiben. Durch den Ausschuss für die einheitliche Abwicklung (Single Resolution Board – SRB) ist ein zügiges Beschlussverfahren gewährleistet, das die Abwicklung einer Bank binnen eines Wochenendes ermöglicht. Im Rahmen ihrer Aufsichtsfunktion spielt die EZB eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, den tatsächlichen oder wahrscheinlichen Ausfall einer Bank festzustellen.
Für die Finanzierung von Abwicklungsmaßnahmen wurde ein Einheitlicher Abwicklungsfonds aufgebaut, der sich aus Beiträgen der Banken speist.
Einheitlicher AbwicklungsmechanismusEinheitliches Regelwerk
Das sogenannte Single Rulebook enthält Rechts- und Verwaltungsnormen zur effizienteren Regulierung, Beaufsichtigung und Steuerung des Finanzsektors in sämtlichen EU-Ländern. Weiterhin umfasst es Vorschriften für Eigenkapitalanforderungen, Sanierungs- und Abwicklungsverfahren sowie für ein System harmonisierter nationaler Einlagensicherungssysteme.
Die im einheitlichen Regelwerk enthaltenen EU-Rechtsakte gelten für alle EU-Länder. Durch die Bankenunion ist sichergestellt, dass diese Regeln im Euroraum und in anderen teilnehmenden Ländern einheitlich umgesetzt werden.
Europäisches Finanzaufsichtssystem
Den Mittelpunkt dieses Netzwerks bilden die drei europäischen Aufsichtsbehörden (European Supervisory Authorities – ESAs), der Europäische Ausschuss für Systemrisiken (European Systemic Risk Board – ESRB) sowie nationale Aufsichtsbehörden. Hauptaufgabe des Europäischen Finanzaufsichtssystems ist es, dafür zu sorgen, dass die Finanzaufsicht in der gesamten EU einheitlich und in angemessener Weise durchgeführt wird.
In ihrer Funktion als europäische Bankenaufsicht arbeitet die EZB eng mit den ESAs zusammen, insbesondere mit der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA).
Das Europäische Finanzaufsichtssystem ist sowohl für die makro- als auch für die mikroprudenzielle Aufsicht zuständig.
Makroprudenzielle Aufsicht
Die makroprudenzielle Aufsicht befasst sich mit der Überwachung des Finanzsystems in seiner Gesamtheit. Durch sie sollen insbesondere Risiken für das Finanzsystem abgewehrt bzw. gemindert werden.
Europäischer Ausschuss für Systemrisiken
Der Europäische Ausschuss für Systemrisiken (European Systemic Risk Board – ESRB) ist für die makroprudenzielle Überwachung des Finanzsystems in der EU zuständig.
Der ESRB ist zwar nicht Teil der EZB, aber in deren Räumlichkeiten in Frankfurt am Main angesiedelt. Die EZB stellt auch sein Sekretariat.
Aufgaben
In erster Linie übernimmt der ESRB folgende Aufgaben:
- Erheben und Analysieren relevanter Daten, um Systemrisiken zu erkennen
- Aussprechen von Warnungen, wenn Systemrisiken als erheblich erachtet werden
- Aussprechen von Handlungsempfehlungen, um erkannten Risiken entgegenzuwirken
- Überwachen der Maßnahmen, mit denen Warnungen und Empfehlungen entgegengewirkt werden soll
- Zusammenarbeit und Abstimmung mit den ESAs und internationalen Gremien
Zusammensetzung
Die EZB-Präsidentin bzw. der EZB-Präsident hat zugleich den Vorsitz des ESRB inne.
Darüber hinaus gehören dem ESRB Vertreter/-innen der nationalen Zentralbanken der EU-Länder und die Vorsitzenden der drei europäischen Aufsichtsbehörden an.
Europäischer Ausschuss für SystemrisikenMikroprudenzielle Aufsicht
Die mikroprudenzielle Aufsicht befasst sich mit der Überwachung einzelner Institute, beispielsweise Banken, Versicherungsgesellschaften oder Pensionskassen.
Europäische Aufsichtsbehörden
Zu ihnen zählen die
- Europäische Bankenaufsichtsbehörde (European Banking Authority – EBA)
- Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (European Insurance and Occupational Pensions Authority – EIOPA)
- Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (European Securities and Markets Authority – ESMA)
Aufgaben
Hauptaufgabe der ESAs ist die Harmonisierung der Aufsicht über den EU-Finanzsektor. Hierzu entwickeln sie ein einheitliches Regelwerk, in dem Aufsichtsstandards für die verschiedenen Finanzinstitute festgelegt werden. Die ESAs tragen mit dazu bei, die einheitliche Anwendung des Regelwerks sicherzustellen, um gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. Sie haben zudem die Aufgabe, Risiken und Schwachstellen im Finanzsektor zu bewerten.
Zusammensetzung
Jede Behörde hat eine Vorsitzende oder einen Vorsitzenden. Diese Person vertritt die jeweilige Organisation nach außen. Alle operativen Entscheidungen werden jedoch vom jeweiligen Rat der Aufseher getroffen. Dieser setzt sich aus Vertreter/-innen der nationalen Aufsichtsbehörden der einzelnen Länder zusammen.
Gemeinsame Gremien
Beschwerdeausschuss
Der Beschwerdeausschuss ist ein unabhängiges Gremium, das Betroffene bei Einwänden gegen Beschlüsse der drei ESAs kontaktieren können.
Dem Beschwerdeausschuss gehören sechs Mitglieder und sechs Stellvertreter/-innen an, die von den ESAs ernannt werden.
Gemeinsamer Ausschuss
Der Gemeinsame Ausschuss der ESAs soll eine sektorübergreifend konsistente Entwicklung und Anwendung des einheitlichen Regelwerks sicherstellen.
An den Sitzungen des Gemeinsamen Ausschusses nehmen Vertreter/-innen aller drei ESAs teil; dadurch ist eine enge Zusammenarbeit und ein regelmäßiger Informationsaustausch gewährleistet.