Zu Gast bei Claudia Lässer blickt Nati-Rekordtorschütze Alex Frei auf seine erfolgreiche Karriere und die grössten Rückschläge zurück. Die Spuckaffäre an der EM 2004 in Portugal hat den Torjäger besonders geprägt.
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
- Alex Frei spricht in der Talksendung «Lässer» über seine grosse Karriere und verrät, welche drei Rückschläge ihn besonders geprägt haben.
- Dazu gehört die Spuckaffäre an der Europameisterschaft 2004, als Frei Gegenspieler Steven Gerrard in den Nacken spuckte, das aber erst nach entlarvenden TV-Bildern zugab.
- Frei entschuldigt sich damals und heute für seine Aktion. Für alles, was danach passierte, will er die Verantwortung dagegen nicht übernehmen und spricht über die gravierenden Folgen für ihn und seine Familie.
Wir schreiben den 17. Juni 2004. Die Schweizer Nati trifft in ihrem zweiten Spiel an der EM-Endrunde in Portugal auf das Fussball-Mutterland England – und kommt unter die Räder. Wayne Rooney mit einem Doppelpack und Steven Gerrard schiessen den Favoriten zu einem diskussionslosen 3:0-Sieg.
Das Resultat wird aber schnell zu einer Randnotiz. Denn kurz vor Schluss brennen Alex Frei die Sicherungen durch. Der damalige Rennes-Torjäger spuckt Gegenspieler Gerrard im Vorbeigehen in den Nacken. Und weil es zu Beginn – inklusive Schiedsrichter-Gespann – keiner mitkriegt, streiten Frei und der Schweizer Verband das ganze ab. Präsident Ralph Zloczower mutmasst gar öffentlich, dass Gerrard «vielleicht von einer Biene berührt» wurde.
Die Folgen für die Eltern und die achtjährige Schwester
Im Gespräch mit Claudia Lässer erinnert sich Frei, der damals nach einer starken Klubsaison mit hohen Ambitionen nach Portugal reist: «Mein Part war damals, dass ich das Gefühl hatte, ich würde jetzt die Welt erobern und ich bin der nächste Superstar. Dementsprechend habe ich diesen Fehler gemacht. Das ist mir heute bewusst», sagt der 45-Jährige.
Für all das, was nach der Spuckattacke passiert, weist Frei auch 20 Jahre danach die Verantwortung von sich. «Man hat mich fallen lassen. Es gibt Studien, die meine Theorie klar belegen, in denen man sieht, was effektiv abgelaufen ist», so Frei. «Ich bin selber schuld für das, was ich gemacht habe. Vom Rest distanziere ich mich heute noch.»
Weil Frei auf den Verband hört und erst ein Geständnis ablegt, als ihn TV-Bilder längst überführt haben, gerät der Ausnahmestürmer in der Folge arg in die Kritik. «Das betrifft dann nicht nur dich. Wenn sich deine Familie im Coop rechtfertigen muss, oder wenn man in der Schule sagen muss, dass die achtjährige Schwester Andrea noch die Gleiche bleibt – egal was der Bruder gemacht hat.»
Ein eigenes Thema im Zischtigsclub
Hinzu kommt die breite Medienberichterstattung. «Ich weiss nicht, wie viele Sportler im Zischtigsclub ein eigenes Thema waren. Ich bin überhaupt nicht stolz darauf», sagt Frei und hält fest: «Es wurde Land auf, Land ab darüber berichtet. Vieles war auch unwahr. Das prägt dich.»
In dieser schwierigen Zeit erhält Frei in Frankreich bei Rennes die nötige Unterstützung. «Mein Glück war, dass ich 1000 Kilometer weggehen konnte. Ich kam in eine Mannschaft, habe gesagt, dass mir ein Seich passiert ist – und sie haben gesagt, dass ihnen das pro Match dreimal passiert. Für sie war es kein Thema.»
Das ist für den viel kritisierten Frei dannzumal Gold wert. Denn eines macht der Nati-Rekordtorschützen rückblickend klar: «Ich wünsche das niemandem. Das ist nicht ganz so einfach.»