Opfer des Nationalsozialismus

Maßnahmen zugunsten der Opfer des Nationalsozialismus

In Anerkennung der moralischen Mitverantwortung für das Leid, das den Menschen in Österreich durch den Nationalsozialismus zugefügt wurde, erfolgen freiwillige finanzielle Zuwendungen durch die Republik Österreich und die österreichische Wirtschaft. Sie sind als Akt der Aufarbeitung von Fragen der Vergangenheit durch Österreich und als Geste zu verstehen; denn das unermessliche Leid, das den Opfern des Nationalsozialismus zugefügt wurde, kann durch Geldleistungen nicht aufgewogen werden.

a) Individualzahlungen (unbefristet)

1995 wurde der Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus eingerichtet, der in Anerkennung der Verfolgung Individualzahlungen, insbesondere so genannte Gestezahlungen in Höhe von 5.087 Euro an unter der NS-Herrschaft verfolgte Personen erbringt, sofern bestimmte Voraussetzungen im Hinblick auf Staatsbürgerschaft und Wohnsitz erfüllt werden. Bisher konnte der Fonds bereits Zahlungen von über 150 Millionen Euro an knapp 30.000 Antragsteller und Antragsstellerinnen leisten.

Detaillierte Informationen zu möglichen Individualzahlungen und Kontaktadressen finden sich auf der Website des Nationalfonds. Es besteht keine zeitliche Begrenzung für die Antragstellung.

b) Entschädigung für entzogene Mietrechte, Hausrat und persönliche Wertgegenstände (Frist abgelaufen)

Im Jahr 2001 wurde in Umsetzung des sogenannten Washingtoner Abkommens (BGBl. III Nr. 121/2001) beschlossen, zur endgültigen Abgeltung von durch die NS-Verfolgung erlittenen Vermögensverlusten (Mietrechte, Hausrat, persönliche Wertgegenstände) einen Betrag von 150 Millionen US-Dollar für Einmalzahlungen von je 7.000 US-Dollar pro Person sowie eine Nachzahlung von je 1.000 Euro zur Verfügung zu stellen.

Der Antrag musste bis längstens 30. Juni 2004 gegenüber dem Nationalfonds glaubhaft gemacht werden. Insgesamt zahlte der Nationalfonds im Rahmen der sogenannten Mietrechtsentschädigung rund 175 Millionen Euro aus.

2001 wurde, ebenfalls in Umsetzung des oben angeführten Washingtoner Abkommens, das Bundesgesetz über die Einrichtung eines Allgemeinen Entschädigungsfonds für die Opfer des Nationalsozialismus und über Restitutionsmaßnahmen erlassen (BGBl. I Nr. 12/2001).

a) Entschädigungen und Antragskomitee (Frist abgelaufen)

Die Frist zur Antragstellung ist am 28. Mai 2003 abgelaufen. Der Fonds war mit 210 Millionen US-Dollar dotiert und leistete Zahlungen an die auf dem Gebiet des heutigen Österreich durch das NS-Regime verfolgten Personen (bzw. deren Erben und Erbinnen) und Vereinigungen.

Insgesamt langten bis Fristende über 20.000 Anträge auf Entschädigung ein. Für jede anerkannte Forderung (die Entscheidung erfolgte durch ein dreiköpfiges unabhängiges Antragskomitee; je ein Mitglied wurde von den USA und Österreich nominiert und von diesen zwei Mitgliedern wurde der Vorsitzende bestimmt) konnten maximal 2 Millionen US-Dollar zur Auszahlung gelangen.

Alle Anträge sind entschieden. Gegen eine ablehnende Entscheidung im Forderungsverfahren konnte berufen werden, eine Entscheidung im Billigkeitsverfahren war endgültig. Insgesamt wurden Forderungen in Höhe von rund 1,6 Milliarden US-Dollar vom Antragskomitee anerkannt, davon rund 32 % für berufs- und ausbildungsbezogene Verluste, rund 22 % für liquidierte Betriebe und rund 15 % für Aktien, der Rest verteilt sich auf die übrigen Verlustkategorien Bankkonten, Versicherungspolizzen, Immobilien, bewegliches Vermögen, Schuldverschreibungen, Hypotheken sowie sonstige Verluste und Schäden.

Vom Entschädigungsfonds wurden insgesamt rund 215 Millionen US-Dollar ausbezahlt, davon rund 161 Millionen im Wege von Vorauszahlungen und 53 Millionen im Wege von abschließenden Zahlungen. Insgesamt erhielten rund 25.000 Berechtigte eine Zahlung aus dem Entschädigungsfonds. 

Der vom Antragskomitee des Allgemeinen Entschädigungsfonds vorgelegte Schlussbericht wurde am 4. April 2017 vom Hauptausschuss des Nationalrats zur Kenntnis genommen, womit das Antragskomitee mit diesem Tag aufgelöst wurde.

b) Naturalrestitution und Schiedsinstanz (Frist abgelaufen)

Beim Entschädigungsfonds wurde neben dem oben angeführten Antragskomitee auch die unabhängige Schiedsinstanz für Naturalrestitution eingerichtet.

Die letzten Fristen für die Einbringung von Anträgen für die Naturalrestitution von öffentlichem Vermögen (Liegenschaften, bewegliches Vermögen jüdischer Gemeinschaftsorganisationen) sind am 31. Dezember 2011 abgelaufen. Die Entscheidung über die Naturalrestitution, die sich auf Vermögenswerte bezieht, die am 17. Jänner 2001 im Eigentum des Bundes, der Länder (ausgenommen Tirol) und einiger Gemeinden standen,  traf eine dreiköpfige unabhängige Schiedsinstanz. Je ein Mitglied der Schiedsinstanz wurde von Österreich und den USA nominiert. Der Vorsitzende wurde von diesen zwei Mitgliedern gewählt. Bei Vorlage neuer Beweismittel, die den Beteiligten bisher nicht zugänglich waren, konnte ein Verfahren durch die Schiedsinstanz wiederaufgenommen werden.

Die Bearbeitung aller 2.307 Anträge auf Naturalrestitution von öffentlichem Vermögen an die Schiedsinstanz für Naturalrestitution ist abgeschlossen. Insgesamt restituierte die öffentliche Hand auf Grundlage der Entscheidungen der Schiedsinstanz Liegenschaftsvermögen in der Höhe von rund 48 Millionen Euro an 140 Antragsteller und Antragsstellerinnen, davon kamen rund neun Millionen Euro als vergleichbarer Vermögenswert zur Auszahlung. 

Der von der Schiedsinstanz vorgelegte Schlussbericht wurde am 29. Juni 2021 vom Hauptausschuss des Nationalrats zur Kenntnis genommen, womit die Schiedsinstanz mit diesem Tag aufgelöst wurde.

Für beide Fälle – Vermögensentschädigung und Naturalrestitution – galt, dass sie erst nach Herstellung der Rechtssicherheit, das heißt nachdem alle US-Sammelklagen gegen Österreich und/oder österreichische Unternehmen abgewiesen worden waren, umgesetzt werden konnten. Im Dezember 2005 wurde der Rechtsfrieden kundgemacht (BGBl. I Nr. 145/2005).

Der mit Beiträgen des Bundes, der Länder und der österreichischen Wirtschaft ausgestattete Fonds, der am 20. Dezember 2000 konstituiert wurde (BGBl.I Nr. 74/2000), hat an rund 132.000 ehemalige Sklaven- und Zwangsarbeiter, die während der NS-Zeit auf das Gebiet des heutigen Österreich deportiert wurden, Leistungen in der Höhe von rund 352 Millionen Euro erbracht. Die Antragsfrist endete am 31. Dezember 2003.

Aus Restmitteln des Versöhnungsfonds wurde der Zukunftsfonds der Republik Österreich dotiert, der sich der Erforschung erlittenen Unrechts während der NS-Zeit, dem Gedenken an die Opfer sowie der Förderung von Toleranz, Demokratie und Menschenrechten widmet. 

Beginnend unmittelbar nach Kriegsende 1945 wurden sieben Rückstellungsgesetze und weitere gesetzliche Bestimmungen zur Rückgabe von entzogenem Eigentum bzw. Vermögen erlassen. 1969 und 1985 wurden zwei Kunst- und Kulturgutbereinigungs­gesetze beschlossen. Mit dem 1998 verabschiedeten Kunstrückgabegesetz (BGBl. I Nr. 181/1998) wurde die Kommission für Provenienzforschung zur systematischen Erforschung von zwischen 1938 und 1945 erworbenen und nun im Bundesbesitz befindlichen Kunst- und Kulturgegenständen eingerichtet. 2009 wurde der Anwendungsbereich dieses Gesetzes, das bis dahin nur Gegenstände in österreichischen Bundesmuseen und -sammlungen erfasst hatte, auf sonstiges bewegliches Kulturgut im unmittelbaren Bundeseigentum erweitert und auch auf Gegenstände ausgedehnt, die zwischen 1933 und 1938 im gesamten Herrschaftsgebiet des Deutschen Reiches entzogen worden waren. Die Bundesländer und Gemeinden folgten 1998 und 2009 dem Bund und erließen daraufhin ähnliche Landesgesetze bzw. Gemeinderatsbeschlüsse.

Auf Grundlage der Beschlüsse des Kunstrückgabebeirats werden als zur Rückgabe empfohlene Kunst- und Kulturgegenstände ihren ursprünglichen Eigentümerinnen und Eigentümern oder deren Rechtsnachfolgern (die Ausforschung erfolgt proaktiv und ohne Kosten für die Beteiligten und u.a. in Zusammenarbeit mit der Israelitischen Kultusgemeinde Wien) übereignet. Seit 2006 betreibt der Nationalfonds in Kooperation mit den Bundesmuseen eine Kunst-Datenbank, die zur Klärung des Eigentums bisher nicht restituierbarer oder bedenklicher Objekte beitragen soll.