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Nachruf: Sean Connery im Alter von 90 Jahren gestorben

Er war der erste James Bond im Kino und bleibt für viele der einzig wahre. Mit 69 wurde er zum Sexiest Man des Jahrhunderts gekürt. Seine Ausnahmekarriere verdankt der stolze Schotte auch der Tatsache, dass er nie Angst hatte, sich unbeliebt zu machen. Das allerdings ist ihm nie gelungen. Nun ist die Legende im Alter von 90 Jahren gestorben.

Veröffentlicht: 31.10.2020

Als Sean Connery zum ersten Mal für Pressewirbel sorgte, ging es um eine schöne Frau und einen Gangster. Lana Turner wünschte sich den Schotten für das Melodram "Herz ohne Hoffnung" (1958), prompt dichtete man ihm eine Affäre mit der Diva an. Turners zwielichtiger Lover Johnny Stampanato stürmte mit einer Pistole bewaffnet ins Studio und ging auf Connery los - der ihn mit einem Fausthieb niederstreckte. Der erwartete Filmerfolg blieb zwar aus, aber Connerys kantige Präsenz sprach sich herum. Die Rolle seines Lebens spielte er wenige Jahre später auch deshalb so nonchalant, weil ihm keiner dumm kommen konnte. Als ihn "James Bond jagt Dr. No" 1962 zum Superstar machte, hatte sich Connery schon zwanzig Jahre durchgeschlagen.

Mit dreizehn ging er von der Schule ab, um die Familie zu unterstützen, fuhr mit dem Pferdewagen Milch aus und meldete sich mit sechzehn zur Marine. Als Erinnerung bleiben ihm die Tattoos am rechten Unterarm: "Scotland Forever" und "Mum & Dad". Zurück zu Hause in Edinburgh jobbte der Hobby-Bodybuilder als Sargpolierer, Bademeister, Rausschmeißer - und Aktmodell. 1953 holte er Bronze beim Mister-Universum-Wettbewerb und ging als Musicalstatist auf Tournee. Aber nur gut dazustehen, reichte ihm nicht. Als Connery in London vorsprach, hieß es: „Nehmen Sie Sprechunterricht.“ Damals schwor er, nie ein Snob zu werden. Seinen schottischen Akzent hat er später als Star kultiviert.

Eine seiner ersten Kinorollen spielte er 1957 im Actionthriller "Operation Tiger", und Regisseur Terence Young hätte ihm gern einen größeren Part gegeben. „Eines Tages“, sagte Young damals zu Connery, „mache ich es wieder gut.“ Er hielt sein Versprechen.

Ian Fleming war der kernige Schotte, der eher Bier als Martini trank, nicht kultiviert genug. Die totale Bond-Manie erlebte der Autor nicht mehr: Er starb, bevor Connerys dritter Einsatz "Goldfinger" über 120 Millionen Dollar einspielte. Connery, Sean Connery war der größte Brit-Hit seit den Beatles. „Aber die waren wenigstens zu viert, um mit diesem Irrsinn fertigzuwerden!“ Ein Beispiel: Als er in Japan eine Toilette aufsuchte, blickte er direkt in eine Kameralinse, die durchs Fenster hereinragte.

Der Hype nervte ihn umso mehr, da Bond ihm als Schauspieler keine echte Herausforderung bot. Die suchte er woanders. Doch Hitchcocks "Marnie", 1964 seine erste Hauptrolle neben Bond, war umstritten. "Shalako" sollte 1968 Englands erster großer Western werden, enttäuschte aber ebenso wie "Das rote Zelt" (1969) mit Connery als Polarforscher oder das Bergarbeiterdrama "Verflucht bis zum jüngsten Tag" (1970). Er hat durchaus schlechte Filme gemacht, einige gute wurden erst später gewürdigt. Und manchmal arbeitete er gerade dann mit großen Regisseuren, wenn die nicht voll auf der Höhe waren. Allein mit Sidney Lumet drehte er fünf Filme, zuletzt "Family Business" (1989). Connery selbst hält Lumets "Sein Leben in meiner Gewalt" (1973) für eine seiner besten Leistungen. Doch als Inspektor, der einen Päderasten tötet, wollte ihn niemand sehen. Richtig Pech hatte er mit John Boorman: Der hatte für "Beim Sterben ist jeder der Erste" gerade eine Oscar-Nominierung erhalten, als er Connery für den Sci-Fi-Murks "Zardoz" (1974) in einen roten Lendenschurz steckte.

Ein Erfolg ohne Doppelnull ließ also auf sich warten. Dennoch genoss Connery seine Abenteuer vor der Kamera und pfiff auf das Toupet, das man ihm als Bond verordnet hatte. 1975 entstanden "Der Wind und der Löwe", sein Lieblingsfilm "Der Mann, der König sein wollte" mit seinem Freund Michael Caine und ein Jahr später der melancholische "Robin und Marian", in dem Connery einen ergrauten Robin Hood verkörperte. Aber das Publikum war offenbar noch nicht bereit, den Star als reifen Charakterdarsteller mit Glatze zu akzeptieren.

So ließ sich Connery 1983 zu einem Bond-Comeback (inklusive Toupet) überreden: für fünf Millionen Dollar Gage - und die Aussicht, Produzent Albert Broccoli auf die Füße zu treten, der ihn nie angemessen am 007-Profit beteiligt hatte. Das unabhängig von Eon Productions produzierte "Feuerball"-Remake "Sag niemals nie" spielte 160 Millionen Dollar ein, wurde allerdings vom offiziellen Bond-Film "Octopussy" mit Roger Moore übertrumpft. 1984 verklagte Connery Cubby Broccoli und United Artists/MGM auf eine Unsumme nachträglicher Gewinnzahlungen aus seiner Bond-Ära. So viel Mumm erschütterte die Branche, verschaffte ihm aber auch Riesenrespekt. Man einigte sich außergerichtlich.

Damit war die Akte 007 endgültig geschlossen und für den ambitionierten Connery die Bahn frei. 1986 gelang ihm mit "Highlander" und "Der Name der Rose" der Durchbruch in sein neues Paraderollenfach als weiser Haudegen und väterlicher Mentor. Für "Die Unbestechlichen" gewann er 1988 den Oscar als Bester Nebendarsteller. In "Indiana Jones und der letzte Kreuzzug" (1989) spielte er Indys Dad und wurde mit 59 Jahren zum Sexiest Man Alive gekürt. "Manche altern, andere reifen", so Connery. Sein Cameo in "Robin Hood - König der Diebe" (1991) erntete Szenenapplaus. Mit 66 feierte er mit "The Rock" 1996 den zweitgrößten Hit seiner Karriere (nach "Indiana Jones 3"). Und obwohl Kritiker bemängelten, mit 69 sei er als Catherine Zeta-Jones' Lover in "Verlockende Falle" (1999) nicht mehr glaubwürdig, wählte ihn das "People"- Magazin zum größten Sexsymbol des 20. Jahrhunderts. Sir Sean war als Gandalf in "Der Herr der Ringe" vorgesehen, die Story war ihm aber zu verquast („Bobbits? Hobbits?“). So wurde 2003 "Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen" sein Abschied. Nicht einmal Steven Spielberg konnte ihn bewegen, im vierten "Indiana Jones" dabei zu sein. „In der Filmbranche haben immer mehr Idioten das Sagen. Da müsste schon ein Angebot kommen, das ich nicht ablehnen kann. Bonds Vater zum Beispiel.“

Im Jahr 2000 schlug Elizabeth II. Sir Sean für seine Verdienste um Schottland zum Knight Bachelor, er erschien im Kilt. Als höchste seiner vielen Auszeichnungen empfand er aber die Ehrenbürgerschaft seiner Heimatstadt Edinburgh. Und nicht nur die wird ihn vermissen.