Windows: Shell-Namespace-Examples
Windows 7/8/10/11: Shell Namespace erklärt – und praktische System-Hacks
Dieser Artikel erläutert Grundlagen zum Shell Namespace. Weitere (arg technische) Infos finden Sie unter https://docs.microsoft.com/de-de/windows/win32/shell/namespace-intro.
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Beim Shell Namespace handelt es sich laut Microsoft um eine "größere und inklusivere Version des Dateisystems". Wir gehen diesem Stützpfeiler hinter den Betriebssystem-Kulissen auf den Grund und liefern hilfreiche Praxis-Tipps.
Dinge in Windows sind nicht immer so, wie sie auf den ersten Blick scheinen. Ein gutes Beispiel dafür sind Scheinordner, die aus Kompatibilitätsgründen existieren. Eigentlich kann es einen Ordner in ein und demselben Verzeichnis nur einmal geben – und kein zweites Mal mit identischem Namen. Sogenannte Junctions brechen aber scheinbar mit dieser Regel: Sie sind ein Konstrukt, um ältere Programme, die für Windows XP vorgesehen waren, unter Windows Vista und höher zu betreiben. Windows 11 macht bei derlei Tricksereien hinsichtlich von Verzeichnisnamen keine Ausnahme. Möchten Sie mehr zu Junctions wissen, lesen Sie den Artikel "Windows: Doppelte Ordner – warum gibt es sie? So sehen Sie sie".
Windows-User mit ausgeprägtem Interesse an Gründen für bestimmte, komisch anmutende Verhaltensweisen stillen ihren Wissensdurst ferner mithilfe des Ratgebers "Windows-Geheimnisse: Mysterien im Betriebssystem enträtselt". Ein weiteres Fragezeichen schwebt über dem Shell Namespace. Er ist im Hinblick auf die Dateiverwaltung und von manchem mehr von Belang. Dem widmen wir uns in den folgenden Zeilen dieses Artikels.
Windows: Shell Namespace – einige Explorer-Basics vorab
Um Dateien auf einem Massenspeicher wie einem SSD- oder Festplatten-Datenträger abzulegen, braucht es ein Dateisystem. Es ermöglicht das Speichern und das Abrufen von Dateien auf einem Medium oder einer seiner Partitionen. Dateisysteme legen bestimmte Eigenschaften fest, was im Kontext vom Shell Namespace (hierzu gleich mehr) mäßig relevant ist. Im Windows-Umfeld ist die NTFS-Formatierung üblich, wobei das New Technology File System – anders als es der Name impliziert – gar nicht so neu ist. Es stand bereits unter Windows XP zur Verfügung, seit Windows Vista kommt es zwingend für die Formatierung der Systempartition C:\ zum Einsatz und Sie haben bei einer OS-Neuinstallation keine Wahl mehr, ob Sie alternativ nicht lieber FAT32 für C:\ einsetzen möchten (bei Windows 2000 und XP bestand hier noch eine Handhabe).
Dateien und Ordner innerhalb eines Dateisystems steuern Sie über Pfade an. Sie geben an, wo eine Datei gespeichert ist. Diese Dateiablageorte erleichtern Ihnen die Navigation und sind in der Regel gut lesbar. Dabei sind sie stets "logisch", existieren also nur aus Sicht des Betriebssystems respektive auf Software-Ebene. Ihr Datenträger (Hardware-Ebene) hat damit nur bedingt etwas am Hut: Er zerlegt neue zu speichernde Dateien in gleich große Fragmente und schreibt sie in Speicherblöcke. Bei Windows sorgt eine Tabelle namens MFT (Master File Table) dafür, dass das Betriebssystem weiß, welche physikalisch (nicht logisch) auf Ihrem Massenspeicher abgelegten Dateien zu welchen logischen, also software- und betriebssystemintern verwalteten Pfaden gehören. Daher funktioniert das Öffnen von Dateien – oder bei Programmstarts das Laden einer Vielzahl an Dateien, die dabei zuweilen involviert sind.
Ordnerpfad anzeigen
Den Pfad einer Datei oder eines Ordners ermitteln Sie auf verschiedenen Wegen. Bei einem Ordner bietet es sich an, ihn zu öffnen und im Windows Explorer oben links auf das Adressleisten-Symbol zu klicken. Alternativ tätigen Sie einen Mausklick auf eine freie, weiße Fläche irgendwo rechts in der Adressleiste. Daraufhin löst Windows den Pfad auf: Die zuvor vereinfacht dargestellte Pfadangabe weicht der realen. Seit Windows Vista zeigt das Betriebssystem in der Explorer-Adressbar eine Breadcrumb-Ansicht, übersetzen ließe sich das mit Brotkrumen-Ansicht. Dabei erscheint – im Gegensatz zur XP-Explorer-Adressbar (es ist nicht der Internet Explorer gemeint) – nicht die echte, sondern eine umgemodelte Ordnerpfad-Info. Sie ist verglichen mit XP, dank Brotkrumen-Konzept, mit Komfortmerkmalen ausgestattet. Das sieht etwa so aus:
Dieser PC > Lokaler Datenträger (C:) > Programme
Ein Klick auf einen der mit ">"-Zeichen abgetrennten Ordner bringt Sie in genau diesen. Und klicken Sie rechts neben einem Brotkrumen-Ordner auf das Pfeilsymbol, sehen Sie Unterordner des Verzeichnisses; ein Klick auf einen der Einträge lässt Sie dorthin wechseln.
Wollen Sie den Pfad des aktuell geöffneten Ordners einsehen und eventuell in die Zwischenablage kopieren? Dann lassen Sie die Breadcrumbs-Maskerade fallen: Zeigen Sie sich den realen Ordnerpfad an (per Klick auf das Ordnersymbol in der Adressleiste oder rechts neben dem letzten ">"-Zeichen). Daraufhin sehen Sie den richtigen Pfad – der sich mit Strg-C kopieren lässt – und können einen anderen Pfad aus der Zwischenablage mit Strg-V einfügen, sofern vorhanden. Den steuern Sie dann mit der Eingabetaste an.
Der oben genannte Pfad lautet nach der Pseudo-Entschlüsselung wie folgt:
C:\Program Files
Der Windows-Shell Namespace
Windows stellt Dateisysteme, Ordner, LAN-Geräte und weitere Ressourcen in einer Baumhierarchie dar, die Microsoft "Shell Namespace" nennt. Der englische Begriff Shell bedeutet übersetzt ins Deutsche Muschel oder auch Schale. Genau das ist die Windows-Shell: eine Schnittstelle für die Mensch-Maschinen-Interaktion. Es gibt sowohl eine grafische Shell (GUI, Graphical User Interface, grafische Benutzeroberfläche) als auch eine textbasierte. Die GUI-Shell umfasst vor allem Desktop, Taskleiste und Windows Explorer – Inhalte, die per Maus anklickbar sind, was eine einfache Bedienung fördert. Der text- respektive konsolenbasierten Shell fallen Bordmittel zu, die mit Tastatureingaben zu verwenden sind, also Kommandozeile (alias cmd.exe), PowerShell und bei Windows 11 die Windows-Terminal-App. Im Folgenden geht es um die GUI-Shell. Der Shell Namespace umfasst Dateisystem(-Inhalt)e, stülpt aber noch eine Hierarchieebene darüber und reichert das Ganze mit virtuellen Objekten an.
Schauen Sie mal in den linken Bereich des Windows Explorers: Dort finden sich diverse Einträge. Per Klick steuern Sie die zugehörigen Ordner im aktuellen Explorer-Fenster an. Mit dabei sind virtuelle Objekte, die keinen eigenen Pfad im Dateisystem haben – sie sind oftmals überaus praktisch. Hierzu gehört der Papierkorb. Sie klicken ihn wahlweise doppelt auf dem Desktop an oder schalten einen Aufrufeintrag im linken Explorer-Baum hinzu, um das Sammelbecken für Gelöschtes dort per Einfachklick zu erreichen. Letzteres gelingt Ihnen, indem Sie im Windows Explorer (linker Abschnitt) mit der rechten Maustaste auf eine freie Stelle klicken und "Alle Ordner anzeigen" per Häkchen aktivieren.
Der Papierkorb versammelt die gelöschten Dateien aller Ihrer Laufwerke. Letztere besitzen intern jeweils eigene Papierkorb-Ordner, genannt "$RECYCLE.BIN". Der "große [virtuelle] Sammelordner" Papierkorb bündelt die Inhalte mehrerer Papierkörbe an einer zentralen Stelle – ähnlich machen es die Windows-Bibliotheken (bezogen auf bis dato ungelöschte Dateien).
Auch die mit Windows 8.1 eingeführte Explorer-Ansicht "Dieser PC" ist virtuell (eine Umbenennung von "Computer", das unter Windows Vista/7/8 so hieß und auf den XP-"Arbeitsplatz" nachfolgte). Hier finden Sie primär die auf Ihrem PC vorhandenen Laufwerke gelistet. Fernerhin existieren Systemsteuerungs-Abschnitte von Windows, die keinen eigenen (NTFS-)Pfad aufweisen.
Ob es sich bei einem aufgerufenen Ordner um ein echtes oder ein virtuelles Objekt handelt, finden Sie heraus: Öffnen Sie das Sammelsurium Ihrer Wahl und zeigen Sie sich per Klick in die Explorer-Adressleiste die Speicherortsangabe ein. Nun erscheint entweder eine klassische Pfadangabe oder bei virtuellen Elementen einfach nur ein Wort – oder mehrere Wörter, stets aber ohne Laufwerksbuchstabe, eventuell finden sich zwischen den Speicherortsangaben zur Abtrennung Slashes.
Rufen Sie ein und denselben Ordner auf verschiedene Weisen auf, bemerken Sie, dass Windows einmal einen klassischen ("richtigen") Dateisystem-Pfad anzeigt und ein anderes Mal nicht. Einige Beispiele:
- Drücken Sie Win-E und öffnen Sie Ihren Desktop-Ordner mit Doppelklicks etwa auf "C > Benutzer > Sebastian > Desktop". Ein Mausklick in die Explorer-Adressleiste offenbart, dass der Speicherort "C:\Users\Sebastian\Desktop" lautet.
- Öffnen Sie den "Desktop"-Ordner hingegen per Mausklick auf den gleichnamigen Eintrag im linken Explorer-Baum (egal, ob per Klick auf den "Desktop"-Eintrag im mit Windows 10 eingeführten Schnellzugriff oder per "Desktop"-Eintrag unterhalb davon), lautet die auszuklappende Explorer-Adressbar-Pfadeingabe nur "Desktop".
- Statten Sie dem Musik-Ordner einen Besuch ab: Mit Win-R und dem Umgebungsvariablen-Befehl %userprofile% öffnen Sie Ihren Benutzerordner, alternativ erledigen Sie das mit Win-R und der Eingabe eines Punkts ("."). Doppelklicken Sie in beiden Fällen den Ordner "Eigene Musik" (Windows 7/8) respektive "Musik" (Windows 8.1+). Ein Klick in die Adressleiste offenbart den realen (also nicht virtuellen) Verzeichnispfad: C:\Users\<Benutzername>\Music.
- Virtuell ist der Musik-Pfad wiederum, wenn Sie den Musik-Ordner anderweitig ansteuern: Sie rufen etwa mit Win-E den Windows-11-Explorer auf, wechseln links vom "Schnellzugriff" zu "Dieser PC" und klicken oben bei "Ordner" doppelt auf "Musik". Wenn Sie nun per Klick in die Explorer-Adressleiste "Dieser PC > Musik" auflösen lassen, lautet der pseudohafte Pfad "Musik".
Praktische Shell-Registry-Hacks
Möchten Sie den lästigen Schnellzugriff aus dem Windows-10-/-11-Explorer verbannen, öffnen Sie mit Win-R und regedit den Registry-Editor. Bestätigen Sie die UAC-Sicherheitsrückfrage mit "Ja". Erzeugen Sie im folgenden Schlüssel
HKEY_LOCAL_MACHINE\SOFTWARE\Microsoft\Windows\CurrentVersion\Explorer
mit "Bearbeiten > Neu > DWORD-Wert (32-Bit)" den DWORD-Eintrag "HubMode". Weisen Sie ihm den Wert 1 zu, taucht der Eintrag "Schnellzugriff" ganz oben in der linken Baumleiste im Dateimanager nicht mehr auf.
Möchten Sie die Schnellzugriff-alternative Explorer-Ansicht "Dieser PC" um ein Symbol erweitern, das Sie zur Systemsteuerung führt? Dann steuern Sie in regedit.exe folgenden Ort an:
HKEY_LOCAL_MACHINE\SOFTWARE\Microsoft\Windows\CurrentVersion\Explorer\MyComputer\NameSpace
und erstellen Sie dort via Menüleiste ("Bearbeiten > Neu > Schlüssel") einen Subkey, den Sie wie folgt benennen:
{5399E694-6CE5-4D6C-8FCE-1D8870FDCBA0}