1 Überblick
Die allmähliche Erholung der Wirtschaft des Euroraums dürfte sich in den kommenden Jahren in einem Umfeld erheblicher geopolitischer und politischer Unsicherheit fortsetzen. Das Wachstum hat im Jahresverlauf 2024 in moderatem Tempo wieder angezogen. Aktuelle Indikatoren lassen jedoch darauf schließen, dass es sich auf kurze Sicht abschwächt und das weiterhin gedämpfte Verbrauchervertrauen und die hohe Unsicherheit die Sparanreize für private Haushalte verstärken. Die Voraussetzungen dafür, dass das Wirtschaftswachstum wieder Fahrt aufnimmt, sind aber dennoch gegeben. So dürften insbesondere die steigenden Reallöhne und die wachsende Beschäftigung vor dem Hintergrund robuster Arbeitsmärkte eine Erholung begünstigen. Der Konsum dürfte hierfür eine der Haupttriebfedern sein. Die Binnennachfrage sollte auch durch eine Lockerung der Finanzierungsbedingungen gestützt werden, die im Einklang mit den Markterwartungen zur künftigen Zinsentwicklung steht. Trotz der großen Unsicherheit wird davon ausgegangen, dass sich die Finanzpolitik insgesamt auf einem Konsolidierungspfad befindet. Die Mittel aus dem Programm „Next Generation EU“ (NGEU) sollten jedoch für Wachstumsimpulse sorgen, bis das Programm 2027 ausläuft. Ausgehend von der Basisannahme, dass die Handelspolitik wichtiger europäischer Handelspartner unverändert bleibt, dürfte sich die Auslandsnachfrage erhöhen und die Exporte des Euroraums stützen. Der Beitrag des Außenhandels zum BIP-Wachstum dürfte daher trotz der bestehenden Herausforderungen im Bereich der Wettbewerbsfähigkeit weitgehend neutral ausfallen. Die Arbeitslosenquote dürfte weiter auf historische Tiefstände sinken. Einige konjunkturelle Faktoren, die in jüngster Zeit zu Produktivitätseinbußen geführt haben, schwächen sich allmählich ab. Daher dürfte die Produktivität über den Projektionszeitraum hinweg steigen, wenngleich strukturelle Herausforderungen bestehen bleiben. Die durchschnittliche Jahreswachstumsrate des realen BIP wird den Projektionen zufolge 2024 bei 0,7 %, 2025 bei 1,1 % und 2026 bei 1,4 % liegen und sich 2027 auf 1,3 % abschwächen. Die Aussichten für das BIP-Wachstum sind im Vergleich zu den gesamtwirtschaftlichen Projektionen von Fachleuten der EZB vom September 2024 nach unten revidiert worden. Ausschlaggebend hierfür waren vor allem revidierte Daten zu den Investitionen in der ersten Jahreshälfte 2024, die Erwartung eines schwächeren Exportwachstums im Jahr 2025 und eine geringfügige Abwärtsrevision des projizierten Wachstums der Binnennachfrage im Jahr 2026.[1]
Die HVPI-Gesamtinflation wird den Projektionen zufolge Ende 2024 ansteigen, bevor sie zurückgeht und sich ab dem zweiten Quartal 2025 um das Inflationsziel der EZB von 2 % bewegen wird. Der vorübergehende Inflationsanstieg zu Beginn des Projektionszeitraums dürfte sich hauptsächlich aus Basiseffekten bei der Energiekomponente ergeben. Basierend auf der Annahme sinkender Öl- und Gaspreise wird der Preisauftrieb bei Energie bis zur zweiten Jahreshälfte 2025 voraussichtlich im negativen Bereich bleiben und danach weiter verhalten sein. Eine Ausnahme davon bildet ein leichter Anstieg im Jahr 2027 aufgrund der Einführung neuer Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels. Die Teuerung bei Nahrungsmitteln wird den Projektionen zufolge bis Mitte 2025 zunehmen, was vor allem auf die wieder anziehende Preisdynamik bei unverarbeiteten Nahrungsmitteln zurückzuführen ist. Danach dürfte sie bis 2027 auf durchschnittlich 2,2 % zurückgehen. Es wird erwartet, dass die HVPI-Inflation ohne Energie und Nahrungsmittel (HVPIX) Anfang 2025 sinkt, da die indirekten Auswirkungen vorangegangener Energiepreisschocks abklingen, der Arbeitskostendruck nachlässt und die verzögerten Auswirkungen der zurückliegenden geldpolitischen Straffung weiterhin auf die Verbraucherpreise durchschlagen. Maßgeblich für diese rückläufige Entwicklung wird den Erwartungen zufolge ein Rückgang des bisher recht hartnäckigen Preisauftriebs bei Dienstleistungen sein. Insgesamt dürfte sich die HVPIX-Inflation von 2,9 % im Jahr 2024 auf 1,9 % im Jahr 2027 abschwächen. Das Lohnwachstum wird zunächst auf erhöhtem Niveau bleiben, aber allmählich zurückgehen, da der vom Inflationsausgleich ausgehende Druck nachlässt. Ein schwächeres Wachstum des Arbeitnehmerentgelts je Arbeitnehmer dürfte zusammen mit einer Erholung des Produktivitätswachstums dazu führen, dass die Lohnstückkosten deutlich langsamer ansteigen. Der inländische Preisdruck wird laut den Projektionen in der Folge nachlassen, wobei die Gewinnmargen zunächst als Puffer für den nach wie vor hohen Arbeitskostendruck wirken, sich über den Projektionszeitraum hinweg aber erholen. Der außenwirtschaftliche Preisdruck sollte insgesamt moderat bleiben. Gegenüber den Projektionen vom September 2024 sind die Aussichten für die HVPI-Gesamtinflation für 2024 und 2025 geringfügig nach unten revidiert worden. Grund sind vor allem unerwartete Abwärtsrevisionen von Daten sowie niedrigere Annahmen für Öl- und Strompreise.
Tabelle 1
Projektionen für das Wachstum und die Inflation im Euroraum
(Veränderung gegenüber Vorjahr in %, Revisionen in Prozentpunkten)
| Dezember 2024 | Revisionen ggü. September 2024 | ||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
2023 | 2024 | 2025 | 2026 | 2027 | 2024 | 2025 | 2026 | |
Reales BIP | 0,5 | 0,7 | 1,1 | 1,4 | 1,3 | -0,1 | -0,2 | -0,1 |
HVPI | 5,4 | 2,4 | 2,1 | 1,9 | 2,1 | -0,1 | -0,1 | 0,0 |
HVPI ohne Energie und Nahrungsmittel | 4,9 | 2,9 | 2,3 | 1,9 | 1,9 | 0,0 | 0,0 | -0,1 |
Anmerkung: Die Zahlen für das reale BIP beziehen sich auf die Jahresdurchschnittswerte der saison- und arbeitstäglich bereinigten Daten. Aufgrund von Daten, die erst nach dem Redaktionsschluss der Projektionen veröffentlicht wurden, können historische Daten von den jüngsten Eurostat-Veröffentlichungen abweichen. Die Revisionen wurden auf Basis gerundeter Zahlen berechnet. Die Daten, darunter auch vierteljährliche Daten, können über die Macroeconomic Projection Database auf der Website der EZB heruntergeladen werden.
2 Das außenwirtschaftliche Umfeld
Die globale Wachstumsdynamik ist nach wie vor hoch, wenngleich vermehrte widrige Umstände die Fragilität der Aussichten für die Weltwirtschaft unterstreichen.[2] Das globale Wachstum erhöhte sich im dritten Quartal dieses Jahres leicht, was weitgehend mit den Projektionen vom September 2024 im Einklang steht. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Konjunktur in China an Fahrt gewann und das Wachstum des realen BIP in den Vereinigten Staaten kräftiger ausfiel als erwartet. Trotz einer breit angelegten Schwäche im verarbeitenden Gewerbe lassen die aktuellen Daten darauf schließen, dass das Weltwirtschaftswachstum im vierten Quartal 2024 robust bleiben dürfte. Gestützt wird das Wachstum durch die starken Wirtschaftsdaten in den Vereinigten Staaten sowie die finanzpolitischen Stützungsmaßnahmen in China und im Vereinigten Königreich. Die geopolitischen Spannungen im Nahen Osten, der Krieg in der Ukraine, die anhaltende Schwäche des chinesischen Immobilienmarkts und die Möglichkeit, dass die nächste US-Regierung sich stärker nach innen orientieren wird, legen jedoch nahe, dass die globale Wachstumsdynamik fragil bleibt.
Tabelle 2
Das außenwirtschaftliche Umfeld
(Veränderung gegen Vorjahr in %, Revisionen in Prozentpunkten)
| Dezember 2024 | Revisionen ggü. September 2024 | ||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
2023 | 2024 | 2025 | 2026 | 2027 | 2024 | 2025 | 2026 | |
Weltweites reales BIP (ohne Euroraum) | 3,6 | 3,4 | 3,5 | 3,3 | 3,2 | 0,0 | 0,1 | 0,0 |
Welthandel (ohne Euroraum)1) | 0,9 | 4,0 | 3,6 | 3,3 | 3,2 | 0,9 | 0,2 | 0,0 |
Auslandsnachfrage nach Produkten des Euroraums2) | 0,5 | 3,1 | 3,5 | 3,3 | 3,2 | 0,6 | 0,1 | 0,0 |
Weltweiter VPI (ohne Euroraum) | 5,0 | 4,2 | 3,2 | 2,8 | 2,6 | 0,0 | -0,1 | 0,0 |
Exportpreise der Wettbewerber in Landeswährung3) | -1,0 | 2,2 | 1,7 | 2,3 | 2,1 | -0,2 | -0,5 | -0,1 |
Anmerkung: Die Revisionen wurden auf Basis gerundeter Zahlen berechnet.
1) Berechnet als gewichteter Durchschnitt der Importe.
2) Berechnet als gewichteter Durchschnitt der Importe von Handelspartnern des Euroraums.
3) Berechnet als gewichteter Durchschnitt der Exportdeflatoren von Handelspartnern des Euroraums.
Das Weltwirtschaftswachstum dürfte moderat bleiben und im Projektionszeitraum leicht zurückgehen. Das Wachstum des weltweiten realen BIP wird den Projektionen zufolge 2024 bei 3,4 % und 2025 bei 3,5 % liegen. Anschließend dürfte es 2026 auf 3,3 % und 2027 auf 3,2 % sinken (Tabelle 2). Die im Vergleich zu früheren Projektionen besseren Aussichten auf kurze Sicht sind auf robuste Wirtschaftsdaten in den Vereinigten Staaten und in China zurückzuführen. Hinzu kommen finanzpolitische Impulse sowohl in China (vor allem zur Lockerung der Finanzierungsengpässe der lokalen Gebietskörperschaften) als auch im Vereinigten Königreich. Das Ergebnis der US-Wahlen verstärkt die Unsicherheit jedoch erheblich. Derzeit ist noch nicht absehbar, wann und inwieweit die während des US-Präsidentschaftswahlkampfs gemachten Ankündigungen umgesetzt werden. Die Basisprojektionen für die Vereinigten Staaten berücksichtigen allerdings bereits eine strengere Einwanderungspolitik und die Verlängerung der 2017 eingeführten und 2025 auslaufenden Einkommensteuer- und Körperschaftsteuersenkungen. Der leichte Rückgang des globalen Wachstums im weiteren Verlauf des Projektionszeitraums ist in erster Linie auf die Erwartung zurückzuführen, dass sich das Wachstum in China angesichts der ungünstigen demografischen Entwicklung verlangsamen und dass es in den Vereinigten Staaten aufgrund einer geringeren Zuwanderung leicht zurückgehen wird. Im Vereinigten Königreich dürfte die Lockerung des fiskalischen Kurses das Wachstum des realen BIP nur vorübergehend ankurbeln, da künftige Erhöhungen der Körperschaftsteuer die Wirtschaftstätigkeit des privaten Sektors belasten dürften. Dies dürfte sich 2027 in einem geringeren Wachstum niederschlagen.
Der Welthandel war im dritten Quartal stärker gewachsen als erwartet und dürfte sich vor dem Hintergrund einer weniger günstigen Zusammensetzung der Nachfrage abschwächen. Abwärtsrisiken gehen von einem zunehmenden Handelsprotektionismus und einer stärkeren Fragmentierung aus. Die weltweiten Einfuhren fielen im dritten Quartal aufgrund einer kräftigen Zunahme des US-Handels überraschend positiv aus. Es gibt vereinzelt Hinweise darauf, dass US-Unternehmen ihre Einfuhren im Vorfeld möglicher Handelsbeschränkungen und in Erwartung von Hafenstreiks im Oktober vorgezogen hatten. Wenngleich der Welthandel naturgemäß weiterhin volatil ist, deuten neue Daten auf einen Rückgang des globalen Importwachstums im vierten Quartal hin. Dieser Rückgang ist auf die Konjunkturschwäche im globalen verarbeitenden Gewerbe und eine Normalisierung der Wareneinfuhren zurückzuführen, nachdem diese zuvor vorgezogen worden waren. Hinzu kommt eine weniger günstige Zusammensetzung der weltweiten Nachfrage, die derzeit vom weniger handelsintensiven Dienstleistungssektor und den Konsumausgaben des öffentlichen Sektors getragen wird. Im restlichen Projektionszeitraum dürfte der Handel im Gleichlauf mit der globalen Konjunktur wachsen, da sich die Zusammensetzung der Nachfrage wieder hin zu handelsintensiveren Komponenten (z. B. verarbeitendes Gewerbe und Investitionen) entwickelt. Das Wachstum des Welthandels und die Auslandsnachfrage des Euroraums wurden für 2024 aufgrund von positiveren Daten deutlich nach oben revidiert, während sie für den Rest des Projektionszeitraums weitgehend mit den September-Projektionen übereinstimmen. Das Wachstum der Auslandsnachfrage nach Produkten des Euroraums wird sich den Projektionen zufolge von 3,1 % im Jahr 2024 auf 3,5 % im Jahr 2025 erhöhen, da sich bei den wichtigen Handelspartnern des Euroraums der Handel wieder erholt. Anschließend dürfte das Wachstum sich leicht auf 3,3 % im Jahr 2026 und 3,2 % im Jahr 2027 verringern. Die Aussichten sind jedoch nach wie vor mit sehr großer Unsicherheit behaftet. Werden Importe aufgrund der erwarteten Handelsbeschränkungen weiterhin vorgezogen, könnte dies den Handel auf kurze Sicht stärken. Mittelfristig könnte der Handel angesichts der anhaltenden geopolitischen Spannungen und einer etwaigen Zunahme des Handelsprotektionismus schwächer ausfallen.
Die globale Inflation wird den Projektionen zufolge über den Projektionszeitraum hinweg rückläufig bleiben, während das Wachstum der Exportpreise der Wettbewerber des Euroraums gegenüber den September-Projektionen nach unten revidiert wurde. Die globale Inflation schwächt sich weiterhin allmählich ab, wenngleich die Teuerung bei den Dienstleistungen in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften aufgrund des erhöhten Lohnwachstums nach wie vor anhält. Die globale am Verbraucherpreisindex (VPI) gemessene Gesamtinflation wird den Projektionen zufolge von 4,2 % im Jahr 2024 auf 2,6 % im Jahr 2027 sinken. In den fortgeschrittenen Volkswirtschaften wird sich der Disinflationsprozess den Projektionen zufolge fortsetzen, wobei sich die Gesamtinflation bis 2026 allmählich den Zielwerten der Zentralbanken annähert. Das globale Inflationsprofil hat sich gegenüber den Projektionen vom September kaum verändert. Das Wachstum der Exportpreise der Wettbewerber des Euroraums (in Landeswährung und auf Jahresbasis) hat sich 2024 ins Positive gekehrt, da die Auswirkungen früherer Rückgänge der Rohstoffpreise und des Preisdrucks auf den vorgelagerten Stufen nachgelassen haben. Es dürfte sich über den Projektionszeitraum hinweg weiterhin um die 2-%-Marke bewegen und damit weitgehend seinem historischen Durchschnitt entsprechen. Die Abwärtsrevisionen des Wachstums der Exportpreise der Wettbewerber gegenüber den September-Projektionen für 2025 und 2026 spiegeln in erster Linie die Auswirkungen der niedrigeren Ölpreise und einen stärker verfestigten Erzeugerpreisrückgang in China wider.
Kasten 1
Technische Annahmen
Die wichtigsten Änderungen der technischen Annahmen gegenüber den Projektionen vom September 2024 sind niedrigere Öl- und Strompreise, aber höhere Gaspreise sowie ein schwächerer Wechselkurs und niedrigere Zinssätze. Die Annahmen zu den Öl- und Strompreisen, die auf den Preisen für Terminkontrakte basieren, wurden leicht nach unten revidiert, während die Annahmen für Gas für 2025 nach oben und für 2026 geringfügig nach unten revidiert wurden. Die Energiepreise werden den Annahmen zufolge über den Projektionszeitraum hinweg sinken. Die Rohstoffpreise ohne Energie wurden für 2025 deutlich nach oben und für 2026 leicht nach unten revidiert. Der Euro wertete gegenüber dem US-Dollar um 3,0 % und in nominaler effektiver Rechnung um 1,3 % ab. Es wird unterstellt, dass der Euro-Wechselkurs über den Projektionszeitraum hinweg unverändert bleibt. Auf der Grundlage der Markterwartungen wurden die Annahmen für die Kurzfristzinsen für 2025 bis 2026 um 20 bis 30 Basispunkte nach unten revidiert, während die Annahmen für die Renditen langfristiger Anleihen leicht nach oben revidiert wurden.
Tabelle
Technische Annahmen
| Dezember 2024 | Revisionen ggü. September 2024 | |||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
2023 | 2024 | 2025 | 2026 | 2027 | 2024 | 2025 | 2026 | ||
Rohstoffe: | |||||||||
Ölpreis (in USD/Barrel) | 83,7 | 81,8 | 71,8 | 70,1 | 69,2 | -1,6 | -5,7 | -4,2 | |
Erdgaspreise (in EUR/MWh) | 40,6 | 34,3 | 42,9 | 34,9 | 29,3 | 0,3 | 4,3 | -1,2 | |
Großhandelspreise für Strom (in EUR/MWh) | 103,5 | 76,7 | 89,9 | 79,5 | 73,6 | -0,9 | -3,6 | -3,3 | |
Preise der im EU-EHS 1 gehandelten Emissionszertifikate (in EUR/Tonne) | 83,7 | 65,4 | 69,6 | 71,8 | 74,0 | -3,1 | -5,6 | -6,0 | |
Preise der im EU-EHS 2 gehandelten Emissionszertifikate (in EUR/Tonne) | – | – | – | – | 59,0 | – | – | – | |
Preise für Rohstoffe ohne Energie (in USD) (Veränderung gegen Vorjahr in %) | -12,5 | 8,9 | 5,8 | -0,4 | -1,7 | 1,6 | 4,5 | -2,9 | |
Wechselkurse: | |||||||||
EUR/USD-Wechselkurs | 1,08 | 1,08 | 1,06 | 1,06 | 1,06 | -0,3 | -3,0 | -3,0 | |
Nominaler effektiver Wechselkurs des Euro (EWK-41) (Q1 1999 = 100) | 121,8 | 124,2 | 123,5 | 123,5 | 123,5 | -0,2 | -1,3 | -1,3 | |
Finanzielle Annahmen: | |||||||||
Dreimonats-EURIBOR (in % p. a.) | 3,4 | 3,6 | 2,1 | 2,0 | 2,2 | 0,0 | -0,3 | -0,2 | |
Renditen zehnjähriger Staatsanleihen (in % p. a.) | 3,1 | 2,9 | 2,9 | 3,1 | 3,2 | 0,0 | 0,1 | 0,1 |
Anmerkung: Revisionen sind bei Niveauunterschieden in Prozent, bei Wachstumsraten in Prozentpunkten und in Prozent pro Jahr angegeben. Die Revisionen der Wachstumsraten und Zinssätze werden anhand von auf eine Dezimalstelle gerundeten Zahlen berechnet. Die als prozentuale Veränderungen angegebenen Revisionen werden indessen anhand von nicht gerundeten Zahlen berechnet. Die technischen Annahmen zu den Zinssätzen und Rohstoffpreisen im Euroraum beruhen auf den Markterwartungen; Redaktionsschluss war der 20. November 2024. Als Referenz für die Ölpreise dienen die Kassa- und Terminpreise für Rohöl der Sorte Brent. Die Gaspreise basieren auf den Kassa- und Terminpreisen am Dutch TTF. Die Strompreise basieren auf dem durchschnittlichen Großhandelskassa- und -terminpreis der fünf größten Euro-Länder. Der „synthetische“ Terminpreis für Emissionszertifikate im Rahmen des EHS 1 (EUA) wird als linear interpolierter Monatsendwert der beiden nächsten EEX EUA Futures abgeleitet. Die monatlichen EUA-Terminpreise werden dann gemittelt, um den Preis auf Jahresbasis zu bestimmen. Da EHS-2-Zertifikate bislang nicht gehandelt werden, setzten die Fachleute des Eurosystems die Annahme für den Preis in der Höhe der Schwellenwerts fest, ab dem zusätzliche Zertifikate freigegeben werden, wobei der Preis an die für 2027 projizierten Preise angepasst wurde (weitere Einzelheiten hierzu finden sich in Kasten 2). Die Entwicklung der Rohstoffpreise wird aus den Terminmärkten in den zehn Arbeitstagen bis zum Redaktionsschluss abgeleitet. Es wird angenommen, dass die bilateralen Wechselkurse über den Projektionszeitraum hinweg unverändert auf dem durchschnittlichen Niveau bleiben, das in den zehn Arbeitstagen bis zum Redaktionsschluss verzeichnet worden war. Die Annahmen zu den nominalen Renditen zehnjähriger Staatsanleihen im Euroraum beruhen auf den durchschnittlichen Renditen der zehnjährigen Anleihen der Länder, die mit den jährlichen BIP-Zahlen gewichtet werden. Soweit die erforderlichen Daten vorliegen, werden die länderspezifischen nominalen Renditen zehnjähriger Staatsanleihen als die Renditen der zehnjährigen Benchmark-Anleihen festgelegt, die anhand der (zum Redaktionsschluss aus den entsprechenden länderspezifischen Zinsstrukturkurven abgeleiteten) Pari-Terminzinsen fortgeschrieben werden. Für die übrigen Länder werden die länderspezifischen Renditen zehnjähriger Staatsanleihen als die Renditen der zehnjährigen Benchmark-Anleihen festgelegt, die anhand eines (zum Redaktionsschluss beobachteten) konstanten Spreads gegenüber der technischen Annahme zu den risikofreien langfristigen Zinssätzen im Euroraum fortgeschrieben werden.
3 Realwirtschaft
Die Wirtschaftstätigkeit im Euroraum nahm im Jahresverlauf 2024 wieder zu, nachdem sie 2023 weitgehend stagniert hatte (siehe Abbildung 1). Das vierteljährliche Wachstum des realen BIP erhöhte sich von 0,2 % im zweiten Quartal 2024 auf 0,4 % im dritten Quartal. Grund hierfür war die Erholung der Binnennachfrage. Im Vergleich zu den Projektionen vom September 2024 fiel das Wachstum im dritten Quartal 0,2 Prozentpunkte höher aus, während es für das zweite Quartal nach unten revidiert wurde. Somit entspricht die Wirtschaftstätigkeit im dritten Quartal insgesamt weitgehend den Projektionen vom September. Ausschlaggebend hierfür waren vor allem unerwartete sich gegenseitig aufhebende Entwicklungen bei der Investitions- und Exportdynamik vor dem Hintergrund etwas höherer Konsumausgaben. Der Lageraufbau dürfte ebenfalls zum Wachstum im dritten Quartal beigetragen haben. Eine Aufschlüsselung nach Sektoren zeigt, dass die Wirtschaftstätigkeit in der Industrie im dritten Quartal weiter abgeflaut sein dürfte, während die Konjunktur im Dienstleistungssektor weiter zulegte.
Abbildung 1
Reales BIP des Euroraums
Aktuelle Daten deuten darauf hin, dass sich das BIP-Wachstum im Euroraum vor dem Hintergrund erheblicher Unsicherheit auf kurze Sicht etwas abschwächen wird. Umfragebasierte Konjunkturindikatoren wie der Einkaufsmanagerindex (EMI) sowie die von der Europäischen Kommission veröffentlichten Indikatoren des Unternehmer- und Verbrauchervertrauens entwickeln sich nach wie vor verhalten. Die meisten dieser Indikatoren sind im November erneut zurückgegangen. Die aktuellen Daten deuten auf anhaltende Unterschiede zwischen den einzelnen Sektoren hin, wobei das verarbeitende Gewerbe nach wie vor sehr schwach ist (der EMI für die Produktion im verarbeitenden Gewerbe belief sich für November auf 45,1 Zähler). Zugleich hat sich auch die Aktivität im Dienstleistungssektor abgeschwächt. So ist die Dienstleistungskomponente des EMI für November auf unter 50 Zähler gefallen. Insgesamt dürfte die Wirtschaftstätigkeit im vierten Quartal 2024 um 0,2 % und damit weniger stark als im dritten Quartal zulegen, da die wachstumsfördernden Sonderfaktoren im Sommer (wie die Olympischen Spiele in Paris) nachgelassen haben. Hinzu kommen das gedämpfte Vertrauen, die hohe Unsicherheit und die geopolitischen Spannungen. Für das erste Quartal 2025 wird ein BIP-Wachstum von 0,3 % projiziert, womit die kurzfristigen Aussichten weitgehend mit den September-Projektionen übereinstimmen.
Das Wachstum des realen BIP wird den Projektionen zufolge auf mittlere Sicht zunehmen. Getragen werden dürfte es von einer Belebung des Konsums, einer verstärkten Auslandsnachfrage und dem Abklingen der dämpfenden Effekte der vorangegangenen geldpolitischen Straffung (siehe Tabelle 3). Die aufgrund des robusten Lohnwachstums und der sinkenden Inflation weiter steigende Kaufkraft der privaten Haushalte dürfte das Wachstum der privaten Konsumausgaben unterstützen. Die Ausgaben privater Haushalte dürften die Erholung auf mittlere Sicht weiter stützen (siehe Abbildung 2 Grafik a), wenngleich in etwas geringerem Maße als in den September-Projektionen erwartet. Der insgesamt robuste Arbeitsmarkt und die angenommene allmähliche Erholung des Verbrauchervertrauens dürften das Wachstum der privaten Konsumausgaben ebenfalls begünstigen, wenngleich weiterhin starke Sparanreize, unter anderem aufgrund der nach wie vor hohen Zinssätze und restriktiven Kreditrichtlinien, bestehen. Die Investitionen dürften sich über den Projektionszeitraum hinweg allmählich erhöhen. Maßgeblich hierfür dürften in erster Linie die nachlassende Bremswirkung der vorangegangenen geldpolitischen Straffung, steigende Stückgewinne, der Einsatz von Mitteln aus dem NGEU-Programm und die anziehende Binnen- und Auslandsnachfrage sein. Letztere dürfte – trotz der Wettbewerbsprobleme des Euroraums – auch das Exportwachstum stützen. Nachdem es 2024 zu einer Straffung gekommen sein dürfte, sollte die finanzpolitische Ausrichtung in den Jahren 2025 bis 2026 weitgehend neutral sein. Gegen Ende des Projektionszeitraums wird der finanzpolitische Kurs den Projektionen zufolge erneut restriktiv ausfallen und zu einer Abschwächung des BIP-Wachstums im Jahr 2027 beitragen (siehe Abschnitt 4).
Die Auswirkungen der vorangegangenen geldpolitischen Straffung auf das Wachstum dürften über den Projektionszeitraum hinweg nachlassen, was durch den anhaltenden Rückgang der Leitzinsen begünstigt wird. Die von Dezember 2021 bis September 2023 ergriffenen geldpolitischen Maßnahmen wirken weiterhin auf die Realwirtschaft durch. Der größte Teil der Abwärtseffekte auf das Wachstum dürfte allerdings bereits zum Tragen gekommen sein. Infolge der Leitzinssenkungen seit Juni 2024 und unter Berücksichtigung der Markterwartungen zur künftigen Zinsentwicklung bei Redaktionsschluss der Projektionen (Kasten 1) dürften die negativen Auswirkungen der vorangegangenen Straffung der Geldpolitik auf das Wirtschaftswachstum 2025 allmählich nachlassen. Ausmaß und Dauer dieser negativen Auswirkungen sind zwar mit erheblicher Unsicherheit behaftet, doch dürften sie sich bis 2026 erschöpft haben.
Abbildung 2
Wachstum des realen BIP im Euroraum – Aufgliederung in die wichtigsten Verwendungskomponenten
a) Projektionen vom Dezember 2024 | b) Revisionen gegenüber den Projektionen vom September 2024 |
---|---|
Anmerkung: Die Daten sind saison- und arbeitstäglich bereinigt. Aufgrund von Daten, die erst nach dem Redaktionsschluss der Projektionen veröffentlicht wurden, können historische Daten von den jüngsten Eurostat-Veröffentlichungen abweichen. Die vertikale Linie markiert den Beginn des aktuellen Projektionszeitraums. Die Revisionen wurden auf Basis nicht gerundeter Zahlen berechnet.
Tabelle 3
Projektionen für das reale BIP, den Handel und die Arbeitsmärkte
(soweit nicht anders angegeben, Veränderung gegen Vorjahr in %; Revisionen in Prozentpunkten)
| Dezember 2024 | Revisionen ggü. September 2024 | ||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
2023 | 2024 | 2025 | 2026 | 2027 | 2024 | 2025 | 2026 | |
Reales BIP | 0,5 | 0,7 | 1,1 | 1,4 | 1,3 | -0,1 | -0,2 | -0,1 |
Private Konsumausgaben | 0,8 | 0,9 | 1,3 | 1,3 | 1,2 | 0,1 | -0,1 | -0,2 |
Konsumausgaben des Staates | 1,5 | 2,3 | 1,2 | 1,2 | 1,0 | 1,1 | 0,1 | 0,1 |
Investitionen | 1,8 | -1,7 | 1,2 | 2,2 | 1,6 | -1,2 | 0,0 | 0,1 |
Ausfuhren ¹⁾ | -0,2 | 1,0 | 1,6 | 3,0 | 3,0 | -0,2 | -1,0 | 0,0 |
Einfuhren ¹⁾ | -0,7 | 0,1 | 2,3 | 3,1 | 2,9 | 0,1 | -0,5 | -0,2 |
Beitrag zum BIP aus: | ||||||||
Binnennachfrage | 1,1 | 0,6 | 1,2 | 1,4 | 1,2 | 0,0 | 0,0 | -0,1 |
Außenbeitrag | 0,3 | 0,5 | -0,2 | 0,1 | 0,1 | -0,2 | -0,2 | 0,1 |
Änderungen der Lagerbestände | -0,9 | -0,3 | 0,2 | 0,0 | 0,0 | 0,1 | 0,1 | 0,0 |
Real verfügbares Einkommen | 1,2 | 2,3 | 0,8 | 1,0 | 0,8 | -0,5 | 0,0 | 0,2 |
Sparquote der privaten Haushalte (% des verfügbaren Einkommens) | 13,9 | 15,1 | 14,7 | 14,5 | 14,2 | 0,2 | 0,2 | 0,5 |
Beschäftigung ²⁾ | 1,4 | 0,8 | 0,4 | 0,6 | 0,5 | 0,0 | 0,0 | 0,2 |
Arbeitslosenquote | 6,5 | 6,4 | 6,5 | 6,3 | 6,1 | -0,1 | 0,0 | -0,2 |
Leistungsbilanz (% des BIP) | 1,7 | 2,7 | 2,6 | 2,7 | 2,9 | 0,1 | -0,1 | 0,0 |
Anmerkung: Die Zahlen für das reale BIP und seine Komponenten beziehen sich auf saison- und arbeitstäglich bereinigte Daten. Aufgrund von Daten, die erst nach dem Redaktionsschluss der Projektionen veröffentlicht wurden, können historische Daten von den jüngsten Eurostat-Veröffentlichungen abweichen. Die Daten, darunter auch vierteljährliche Daten, können über die Macroeconomic Projection Database auf der Website der EZB heruntergeladen werden.
1) Einschließlich des Handels der Länder des Euroraums untereinander.
2) Beschäftigte.
Gegenüber den Projektionen vom September 2024 ist das Wachstum des realen BIP für die Jahre 2024 bis 2026 nach unten revidiert worden (siehe Tabelle 3 und Abbildung 2, Grafik b). Die Abwärtsrevisionen für den Zeitraum 2024 bis 2025 spiegeln eine auf kurze Sicht schwächere Investitionstätigkeit (vor allem aufgrund von Revisionen der Daten für das erste Halbjahr 2024) und auf kurze Frist gesunkene (Netto-)Exporte aufgrund anhaltender Probleme im Zusammenhang mit der Wettbewerbsfähigkeit wider. Diese werden 2024 teilweise durch deutlich höhere Konsumausgaben des Staates ausgeglichen. Das Wachstum der privaten Konsumausgaben ist für die Jahre 2025 bis 2026 nach unten revidiert worden, da das Tempo, in dem sich die Sparquote von ihrem derzeit erhöhten Niveau normalisieren dürfte, neu bewertet wurde.
Private Konsumausgaben dürften nach wie vor Haupttriebfeder des Wachstums sein und durch ein robustes Wachstum der Arbeitnehmerentgelte vor dem Hintergrund steigender Löhne und sinkender Inflationsraten gestützt werden. Das Wachstum der privaten Konsumausgaben dürfte im dritten Quartal 2024 trotz der erhöhten Sparquote der privaten Haushalte kräftig zugelegt haben. Die Ausgaben der privaten Haushalte dürften sich von einer jährlichen Steigerungsrate von etwa 0,8 % bis 0,9 % im Zeitraum 2023 bis 2024 auf 1,3 % im Zeitraum 2025 bis 2026 erhöhen. Im Jahr 2027 dürften sie dann auf den vor der Pandemie verzeichneten Durchschnittswert von 1,2 % sinken. Die Erholung der privaten Konsumausgaben spiegelt eine allmähliche Normalisierung der Sparquote der privaten Haushalte und einen Anstieg der real verfügbaren Einkommen wider. Dies ist in erster Linie auf das nach wie vor kräftige Lohnwachstum und das robuste Wachstum des Nichtarbeitseinkommens (insbesondere der Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit und finanziellen Vermögenswerten) zurückzuführen. Das Wachstum der Realeinkommen wird den Projektionen zufolge in den Jahren 2025 bis 2027 moderat ausfallen, da die Auswirkungen des Aufholeffekts der Reallöhne abnehmen. Dennoch dürfte das Wachstum der privaten Konsumausgaben im Zuge der allmählichen Normalisierung des Konsumverhaltens auch von einem moderaten Rückgang der Sparquote profitieren. Die Sparquote der privaten Haushalte dürfte auf erhöhtem Niveau bleiben, worin sich nach wie vor hohe, wenngleich sinkende Zinssätze und weiterhin restriktive Kreditrichtlinien widerspiegeln. Über den Projektionszeitraum hinweg dürfte sie allmählich sinken, wenn auch langsamer als in den Projektionen vom September 2024 angenommen. Eine Erholung des Verbrauchervertrauens und das Konsumglättungsverhalten – d. h. eine verzögerte Reaktion der privaten Konsumausgaben auf die gestiegene Kaufkraft – dürften ebenfalls zum allmählichen Rückgang der Ersparnisse beitragen. Im Vergleich zu den Projektionen vom September 2024 ist das Wachstum der privaten Konsumausgaben für 2024 um 0,1 Prozentpunkte nach oben revidiert worden. Grund hierfür ist eine etwas stärkere Dynamik vor dem Hintergrund eines höheren Wachstums der Arbeitseinkommen. Für 2025 und 2026 ist das Wachstum jedoch um 0,1 Prozentpunkte bzw. 0,2 Prozentpunkte nach unten revidiert worden, da angesichts der erwarteten langsameren Normalisierung des Ausgabenverhaltens der privaten Haushalte von einer höheren Sparquote ausgegangen wird.
Wohnungsbauinvestitionen werden den Projektionen zufolge 2024 weiter abnehmen. Im Jahresverlauf 2025 dürften sie sich allmählich erholen, da die negativen Auswirkungen der restriktiveren Finanzierungsbedingungen allmählich nachlassen und die realen Einkommen der privaten Haushalte weiter steigen. Die Wohnungsbauinvestitionen dürften ihren anhaltenden Rückgang im dritten Quartal 2024 fortgesetzt haben. Sie dürften auch in den kommenden Quartalen zurückgehen, wenn auch in moderaterem Tempo, was auf die anhaltende Schwäche der Nachfrage nach Wohnimmobilien zurückzuführen ist. Die Wohnungsbauinvestitionen dürften sich ab der zweiten Jahreshälfte 2025 vor dem Hintergrund eines allmählichen Rückgangs der Zinsen für Immobilienkredite und steigender Einkommen der privaten Haushalte erholen. Dies steht weitgehend im Einklang mit der in der jüngsten EZB-Umfrage zum Kreditgeschäft der Banken im Euroraum gemeldeten Verbesserung der Nachfrage nach Wohnungsbaukrediten. Nach einem weiteren deutlichen Rückgang im Jahr 2024 mit einem statistischen Unterhang, der sich auf das jährliche Wachstum im Jahr 2025 niederschlägt, werden die Wohnungsbauinvestitionen den Projektionen zufolge im Jahr 2026 erstmals seit 2022 wieder auf Jahresbasis zunehmen.
Die Unternehmensinvestitionen dürften angesichts der geopolitischen und wirtschaftspolitischen Unsicherheit über den Projektionszeitraum hinweg in moderatem Tempo zunehmen. Den Projektionen zufolge werden sie aber von einer allmählichen Belebung der Binnen- und Auslandsnachfrage, einem robusten Wachstum der Stückgewinne und günstigeren Finanzierungsbedingungen gestützt. Die Unternehmensinvestitionen im Euroraum verringerten sich in der ersten Jahreshälfte 2024. Grund hierfür waren eine hohe Volatilität aufgrund der Aktivitäten multinationaler Unternehmen in Irland, eine schwache Nachfrage und eine erhöhte Unsicherheit. Getragen von der erwarteten stärkeren Inlands- und Auslandsnachfrage, sich verbessernden Finanzierungsbedingungen und einem soliden Wachstum der Stückgewinne werden die Investitionen den Projektionen zufolge 2025 zunehmen. Einen Beitrag zur Erholung der Investitionen werden in den Jahren 2026 und 2027 auch der geringere bremsende Effekt der Finanzierungsbedingungen sowie Crowding-in-Effekte durch den Einsatz von NGEU- und privaten Mitteln zur Ankurbelung des digitalen und ökologischen Wandels leisten.
Nach einem Rückgang im dritten Quartal 2024 dürfte das Exportwachstum im Euroraum verhalten bleiben. Im Folgejahr dürfte es wieder anziehen, sofern die globalen Handelszölle unverändert bleiben. Trotz der kräftigen Auslandsnachfrage, die in erster Linie auf das Vorziehen von Weihnachtsaufträgen zurückzuführen war,[3] wurde im zweiten Quartal ein moderates Exportwachstum verzeichnet. Angesichts der sich abschwächenden Konjunktur im globalen verarbeitenden Gewerbe und der anhaltenden Herausforderungen im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit, denen sich die Exporteure des Euroraums gegenübersahen,[4] verringerte sich das Exportwachstum im dritten Quartal des laufenden Jahres. Dies steht im Einklang mit negativen Signalen, die sich aus den jüngsten Umfrageindikatoren für den Auftragseingang im Exportgeschäft des verarbeitenden Gewerbes und des Dienstleistungssektors ergaben. Nach einer Belebung der Auslandsnachfrage dürften sich die Exporte bis Ende 2025 mit Wachstumsraten erholen, die leicht unter den historischen Durchschnittswerten liegen. Dennoch dürften die Exportmarktanteile über den gesamten Projektionszeitraum hinweg zurückgehen. Auch bei den Einfuhren wird mit einer moderaten Wachstumsrate gerechnet, die etwas unterhalb ihres langfristigen Niveaus liegen dürfte. Nachdem der Außenhandel im zweiten Quartal 2024 wachstumsfördernd gewirkt hatte, leistete er im dritten Quartal einen negativen Wachstumsbeitrag. Auch im vierten Quartal dürfte der Wachstumsbeitrag negativ ausfallen, bevor er sich in der ersten Jahreshälfte 2025 wieder erholt. Die Terms of Trade dürften sich über den Projektionszeitraum hinweg verbessern, da die Auswirkungen des Energiepreisschocks größtenteils in der Wirtschaft angekommen sind. Der Leistungsbilanzsaldo wird den Projektionen zufolge am Ende des Projektionszeitraums bei fast 3 % des BIP und damit leicht über dem vor der Pandemie verzeichneten Durchschnitt von 2,6 % liegen.
Der Arbeitsmarkt dürfte insgesamt robust bleiben, wenngleich sich das Beschäftigungswachstum im Vergleich zu den Vorjahren wohl verlangsamen wird. Die Beschäftigung nahm im zweiten und dritten Quartal 2024 leicht zu. Sie dürfte im Verlauf des Projektionszeitraums mit einer eher verhaltenen Wachstumsrate von 0,1 bis 0,2 % pro Quartal weiter steigen. Auf Jahressicht dürfte das Beschäftigungswachstum von 1,4 % im Jahr 2023 auf 0,8 % im Jahr 2024 zurückgegangen sein und im Zeitraum 2025 bis 2027 zwischen 0,4 % und 0,6 % schwanken. (Für 2026 stellt dies eine Aufwärtsrevision um 0,2 Prozentpunkte für 2026 gegenüber den Projektionen vom September dar, die teilweise auf eine Aufwärtsrevision des Wachstums der Erwerbsbevölkerung zurückzuführen ist.) Der Verlauf der Beschäftigungskurve (Abbildung 3) spiegelt die Annahme wider, dass konjunkturelle Faktoren, die die Beschäftigung in jüngster Vergangenheit stärker als üblich gestützt haben, allmählich abklingen werden. Hierzu zählen die Hortung von Arbeitskräften aufgrund eines erheblichen Arbeitskräftemangels, ein starkes Gewinnwachstum, niedrige Reallöhne und ein robustes Wachstum der Erwerbsbevölkerung. Das Beschäftigungswachstum wird den Projektionen zufolge in Relation zum BIP-Wachstum verhalten ausfallen, doch wird nach wir vor erwartet, dass es bis Mitte 2027 wieder auf das Niveau zurückkehren wird, das mit seiner historischen Korrelation zum BIP im Einklang steht.[5]
Abbildung 3
Beschäftigung
Das Wachstum der Arbeitsproduktivität dürfte sich verstärken, wenn auch langsamer als in den September-Projektionen erwartet. Im Zuge der konjunkturellen Anpassung der Wirtschaft im Projektionszeitraum und einer Verlangsamung des Beschäftigungswachstums dürfte die Produktivität einen Schub erfahren. Das Produktivitätswachstum (je beschäftigte Person) fiel im dritten Quartal 2024 etwas höher aus als erwartet, wurde aber für den restlichen Projektionszeitraum nach unten revidiert, da sich die konjunkturelle Erholung gegenüber den September-Projektionen verlangsamt hat (siehe Abbildung 4). Für das Produktivitätswachstum (je beschäftigte Person) wird nun ein Anstieg von -0,1 % im Jahr 2024 auf 0,8 % im Jahr 2025 und 0,9 % im Jahr 2026 projiziert. Im Jahr 2027 dürfte es auf 0,8 % zurückgehen. Dies bedeutet, dass die historische durchschnittliche Wachstumsrate von 0,6 % pro Jahr im Zeitraum 2000 bis 2019 im Vergleich zu den Projektionen vom September weniger stark überschritten wird, und sollte vor dem Hintergrund des durchschnittlichen jährlichen Produktivitätswachstums von 0,3 % im Zeitraum 2020 bis 2023 gesehen werden. Die in der jüngsten Vergangenheit vorherrschenden konjunkturellen Faktoren, die zu einer verstärkten Arbeitskräftehortung, schwachen Reallöhnen und einem robusten Wachstum der Erwerbsbevölkerung geführt haben, dürften sich langsam abschwächen. Dies sollte zu einer zyklischen Erholung des Produktivitätswachstums führen. Das Produktivitätswachstum ist nach unten revidiert worden, um strukturellen Faktoren Rechnung zu tragen, die das Tempo der Erholung in den Jahren 2025 und 2026 einschränken könnten. Zu diesen Faktoren zählen die allmähliche Verlagerung der Wirtschaftstätigkeit zugunsten des Dienstleistungssektors, die Kosten des Übergangs zu einer grünen Wirtschaft, länger anhaltende negative Auswirkungen des Energiepreisschocks, eine unerwartet langsame Einführung hochinnovativer KI-Technologien und der demografische Wandel.
Abbildung 4
Wachstum der Arbeitsproduktivität je beschäftigte Person
Die Arbeitslosenquote dürfte weiter auf neue historische Tiefstände sinken (siehe Abbildung 5). Trotz eines leichten Anstiegs Anfang 2025 dürfte die Arbeitslosenquote ihren stetigen Rückgang ab dem dritten Quartal 2025 wieder aufnehmen und im Jahr 2027 dann 6,1 % erreichen. Die Entwicklung der Arbeitslosenquote ist für die Jahre 2024 bis 2025 leicht nach unten revidiert worden, und zwar um durchschnittlich 0,1 Prozentpunkte. Dies ist zum Teil auf die zuletzt niedrigeren Arbeitslosenzahlen zurückzuführen. Die Abwärtsrevision für 2026 ist dem erwarteten robusteren Beschäftigungswachstum geschuldet.
Abbildung 5
Arbeitslosenquote
4 Haushaltsaussichten
Die finanzpolitische Ausrichtung im Euroraum fällt den Schätzungen zufolge im Jahr 2024 deutlich restriktiv aus, und dies in einem stärkeren Maße, als in den Projektionen vom September 2024 erwartet. Maßgeblich für die Revisionen dürften nichtdiskretionäre Faktoren sein (siehe Tabelle 4). Die Haushaltsposition des Jahres 2023 lässt nun eine leichte Lockerung erkennen, was vor allem auf die diesjährige Generalrevision der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen zurückzuführen ist. In den September-Projektionen war indessen von einer neutralen Ausrichtung ausgegangen worden. Im Jahr 2024 dürfte die finanzpolitische Ausrichtung deutlich restriktiv ausgefallen sein, worin sich zum Teil die etwas lockerere Position im Jahr 2023 widerspiegelt. Maßgeblich für die Straffung waren die Rücknahme eines Großteils der energie- und inflationsbezogenen Stützungsmaßnahmen sowie erhebliche nichtdiskretionäre Faktoren. Letztere gehen vor allem auf die gute Einnahmenentwicklung in einigen Ländern zurück, die Kompositionseffekten sowie anderen Faktoren geschuldet ist. Die finanzpolitische Straffung im Jahr 2024 fällt stärker aus als in den September-Projektionen geschätzt. Grund hierfür sind die oben erwähnten nichtdiskretionären Faktoren auf der Einnahmenseite. Sie haben die leichte Lockerung, die aus Revisionen der diskretionären finanzpolitischen Maßnahmen resultiert, mehr als ausgeglichen. Insgesamt aber bleibt die finanzpolitische Ausrichtung im Zeitraum 2020 bis 2024 sehr akkommodierend, was auf die umfangreiche finanzpolitische Unterstützung seit Ausbruch der Pandemie zurückzuführen ist.
Laut Projektionen wird sich die finanzpolitische Straffung fortsetzen, in den Jahren 2025 bis 2026 jedoch nur in geringem und im Jahr 2027 in stärkerem Maß, da die durch NGEU-Zuschüsse finanzierten Ausgaben in dem Jahr schrittweise eingestellt werden dürften. Die finanzpolitischen Annahmen sind allerdings mit Unsicherheit behaftet.[6] Für 2025 deuten die im Basisszenario enthaltenen diskretionären finanzpolitischen Maßnahmen, in denen sich die von den Regierungen vorgelegten Haushaltsentwürfe widerspiegeln, auf eine etwas stärkere finanzpolitische Straffung hin als in den September-Projektionen angenommen. Dies ist in erster Linie auf die Erhöhung von direkten Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen infolge neuer Maßnahmen in mehreren Ländern zurückzuführen. Teilweise kompensiert wird diese Straffung durch das anhaltende Wachstum der öffentlichen Investitionen und höhere Fiskaltransfers sowie durch expansiv wirkende nichtdiskretionäre Faktoren.[7] Im Jahr 2026 dürfte es zu einer nur geringfügigen finanzpolitischen Straffung kommen, was eine Lockerung im Vergleich zu den vorangegangenen Projektionen impliziert.[8] Die relativ starke finanzpolitische Straffung und restriktive Ausrichtung der diskretionären finanzpolitischen Maßnahmen im Jahr 2027 spiegeln in erster Linie die Annahme wider, dass die öffentlichen Investitionen und Fiskaltransfers mit Auslaufen der NGEU-Zuschüsse geringer ausfallen werden. Zudem wird angenommen, dass sich das Wachstum der staatlichen Konsumausgaben in stärkerem Maße verlangsamt (in realer Rechnung ab 2025 nach einem starken Anstieg im Jahr 2024). Insgesamt lassen die Revisionen der diskretionären finanzpolitischen Maßnahmen gegenüber den September-Projektionen eine leichte Lockerung der Finanzpolitik über den Projektionszeitraum hinweg erkennen (die sich in den Jahren 2024 bis 2026 kumuliert auf knapp 0,1 Prozentpunkte des BIP belaufen dürfte). Dies ist vor allem auf Fiskaltransfers zurückzuführen, die Erhöhungen von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen mehr als ausgleichen.
Tabelle 4
Haushaltsaussichten für den Euroraum
(in Prozent des BIP, Revisionen in Prozentpunkten)
| Dezember 2024 | Revisionen | |||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
2023 | 2024 | 2025 | 2026 | 2027 | 2023 | 2024 | 2025 | 2026 | |
Finanzpolitische Ausrichtung1) | -0,2 | 0,9 | 0,1 | 0,1 | 0,6 | -0,2 | 0,4 | 0,0 | -0,2 |
Öffentlicher Finanzierungssaldo | -3,6 | -3,2 | -3,1 | -3,0 | -2,9 | 0,0 | 0,1 | 0,1 | 0,0 |
Struktureller Haushaltssaldo2) | -3,8 | -3,1 | -3,0 | -3,0 | -2,9 | -0,1 | 0,1 | 0,2 | 0,0 |
Bruttoverschuldung der öffentlichen Haushalte | 87,4 | 87,8 | 88,3 | 88,7 | 88,6 | -0,8 | -0,7 | -1,0 | -1,1 |
1) Die Messgröße für die finanzpolitische Ausrichtung ist die Veränderung des konjunkturbereinigten Primärsaldos nach Abzug der staatlichen Stützungsmaßnahmen für den Finanzsektor. Die abgebildeten Zahlen sind auch um die Zuschüsse aus dem Programm Next Generation EU (NGEU) bereinigt, die sich auf der Einnahmenseite nicht auf die Wirtschaft auswirken. Eine negative (positive) Zahl impliziert eine Lockerung (Straffung) der finanzpolitischen Ausrichtung.
2) Berechnet als öffentlicher Finanzierungssaldo, bereinigt um vorübergehende Effekte des Konjunkturzyklus und um Maßnahmen, die laut Definition des Europäischen Systems der Zentralbanken als befristet einzustufen sind.
Der euroraumweite Finanzierungssaldo dürfte sich über den Projektionszeitraum hinweg nur ganz allmählich verbessern. Die Schuldenquote dürfte leicht ansteigen und sich dann weitgehend stabilisieren (siehe Tabelle 4). Nach einem für 2024 geschätzten deutlicheren Rückgang dürfte sich das Defizit des Euroraums nur geringfügig ändern und 2027 knapp unter den Referenzwert von 3 % des BIP fallen. Diese Entwicklung folgt weitgehend der projizierten Verbesserung des konjunkturbereinigten Primärdefizits, die den Anstieg der Zinsausgaben aufwiegen dürfte. Die Konjunkturkomponente dürfte gering ausfallen. Sie wird sich 2024 wohl etwas verschlechtern und bis 2027 leicht negativ bleiben. Im Vergleich zu den September-Projektionen ist der Finanzierungssaldo für 2024 bis 2025 leicht nach oben revidiert worden, während er für 2026 unverändert geblieben ist. Darin spiegeln sich in erster Linie die jeweils oben beschriebenen Revisionen nichtdiskretionärer Faktoren auf der Einnahmenseite und Konsolidierungsmaßnahmen wider. Die Schuldenquote des Euroraums dürfte in den Jahren 2024 bis 2026 etwas ansteigen, da die günstigen Zins-Wachstums-Differenzen durch die fortbestehenden (wenn auch rückläufigen) Primärdefizite und positive Deficit-Debt-Adjustments mehr als ausgeglichen werden. Den Projektionen zufolge wird sie sich gegen Ende des Projektionszeitraums stabilisieren. Gegenüber den September-Projektionen ist die Schuldenquote über den gesamten Projektionszeitraum hinweg nach unten revidiert worden. Hauptgrund hierfür sind günstige Basiseffekte (im Nenner) im Jahr 2023 infolge der diesjährigen Generalrevision der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen.
5 Preise und Kosten
Die Gesamtinflation hat sich den Projektionen zufolge im Schlussquartal 2024 wieder leicht erhöht. Anschließend dürfte sie zurückgehen und sich ab dem zweiten Quartal 2025 um das 2-%-Inflationsziel der EZB bewegen (siehe Abbildung 6 und Abbildung 7). Die Gesamtinflation dürfte bis Jahresende ansteigen, vorwiegend aufgrund von Basiseffekten bei den Energiepreisen, bevor sich erneut ein Abwärtstrend einstellt. Die HVPIX-Inflation wird den Erwartungen zufolge ab Anfang 2025 zurückgehen und 2027 dann 1,9 % erreichen, was auf die Dienstleistungskomponente zurückzuführen ist. Insgesamt impliziert dies einen weiteren allmählichen Rückgang der Gesamtinflation im Projektionszeitraum, der durch einen zeitweiligen leichten Anstieg im Jahr 2027 infolge finanzpolitischer Maßnahmen im Zusammenhang mit dem grünen Wandel unterbrochen wird.
Abbildung 6
HVPI-Inflation im Euroraum
Abbildung 7
HVPI-Inflation im Euroraum – Aufgliederung in die Hauptkomponenten
Der Preisauftrieb bei Energie dürfte bis weit ins Jahr 2025 negativ bleiben und erst im weiteren Verlauf des Projektionszeitraums wieder in den positiven Bereich zurückkehren. Der Preisauftrieb bei Energie dürfte bis zum dritten Quartal 2025 negativ bleiben, was in erster Linie den abwärtsgerichteten Ölpreisannahmen geschuldet ist. Danach dürfte die Energieinflation vor allem aufgrund von Basiseffekten bei Kraftstoffen in den positiven Bereich zurückkehren (siehe Abbildung 7). Für die erste Jahreshälfte 2025 wird mit einer Volatilität der Energieinflation gerechnet, die zum Teil dem Wegfall einiger energiebezogener finanzpolitischer Maßnahmen geschuldet ist.[9] Insgesamt dürfte der Preisauftrieb bei Energie verhalten bleiben. Dabei dürften die Raten zwar positiv ausfallen, in den Jahren 2026 und 2027 jedoch unter den historischen Durchschnittswerten bleiben (siehe Abbildung 8, Grafik a). Ein für 2027 projizierter Anstieg ist vor allem auf einen weitgehend temporären Aufwärtseffekt zurückzuführen. Dieser ergibt sich aus der Umsetzung des EU-Pakets „Fit für 55“, insbesondere eines neuen Emissionshandelssystems (EHS 2) für Brenn- bzw. Kraftstoffe für Gebäude und Straßenverkehr (weitere Einzelheiten siehe Kasten 2).
Die Teuerung bei Nahrungsmitteln wird den Erwartungen zufolge 2025 steigen und dann leicht sinken, um sich danach weitgehend seitwärts zu bewegen (siehe Abbildung 8, Grafik b). Die Teuerung bei Nahrungsmitteln hat sich in den letzten Monaten vor allem aufgrund ungünstiger Witterungseffekte erhöht und lag im Oktober bei 2,9 %. Sie dürfte bis Mitte 2025 auf rund 3,2 % ansteigen, was zumindest anfänglich auf die Teuerung bei unverarbeiteten Nahrungsmitteln und die Annahme eines erheblichen Anstiegs der Rohstoffpreise zurückzuführen war. Danach wird sie den Projektionen zufolge bis 2027 aufgrund des auf mittlere Sicht nachlassenden Energie- und Arbeitskostendrucks auf durchschnittlich 2,2 % zurückgehen und einen moderaten Beitrag zur Gesamtinflation leisten (siehe Abbildung 7).
Abbildung 8
Ausblick für die HVPI-Inflation für Energie und Nahrungsmittel
Tabelle 5
Preis- und Kostenentwicklung für den Euroraum
(Veränderung gegen Vorjahr in %, Revisionen in Prozentpunkten)
| Dezember 2024 | Revisionen ggü. September 2024 | ||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
2023 | 2024 | 2025 | 2026 | 2027 | 2024 | 2025 | 2026 | |
HVPI | 5,4 | 2,4 | 2,1 | 1,9 | 2,1 | -0,1 | -0,1 | 0,0 |
HVPI ohne Energie | 6,3 | 2,9 | 2,5 | 2,0 | 2,0 | 0,0 | 0,1 | 0,0 |
HVPI ohne Energie und Nahrungsmittel | 4,9 | 2,9 | 2,3 | 1,9 | 1,9 | 0,0 | 0,0 | -0,1 |
HVPI ohne Energie, Nahrungsmittel und Änderungen indirekter Steuern | 5,0 | 2,8 | 2,3 | 1,9 | 1,9 | 0,0 | 0,0 | -0,1 |
HVPI für Energie | -2,0 | -2,3 | -1,1 | 0,5 | 2,8 | -0,9 | -2,2 | -0,1 |
HVPI für Nahrungsmittel | 10,9 | 3,0 | 3,0 | 2,4 | 2,2 | 0,1 | 0,6 | 0,3 |
BIP-Deflator | 5,9 | 2,9 | 2,4 | 2,1 | 2,1 | -0,2 | 0,0 | 0,1 |
Importdeflator | -2,5 | -0,6 | 1,6 | 1,8 | 1,7 | -0,2 | -0,1 | 0,0 |
Arbeitnehmerentgelt je Arbeitnehmer | 5,4 | 4,6 | 3,3 | 2,9 | 2,8 | 0,1 | -0,3 | -0,3 |
Produktivität je Arbeitnehmer | -0,9 | -0,1 | 0,8 | 0,9 | 0,8 | -0,1 | -0,1 | -0,2 |
Lohnstückkosten | 6,4 | 4,7 | 2,6 | 2,0 | 2,0 | 0,2 | 0,0 | -0,1 |
Stückgewinne¹⁾ | 6,5 | -0,9 | 2,0 | 2,0 | 2,4 | -1,1 | 0,4 | 0,4 |
Anmerkung: Die Revisionen wurden auf Basis gerundeter Zahlen berechnet. Die Zahlen für den BIP- und den Importdeflator, die Lohnstückkosten, das Arbeitnehmerentgelt je Arbeitnehmer und die Arbeitsproduktivität beziehen sich auf saison- und arbeitstäglich bereinigte Daten. Aufgrund von Daten, die erst nach dem Redaktionsschluss der Projektionen veröffentlicht wurden, können historische Daten von den jüngsten Eurostat-Veröffentlichungen abweichen. Die Daten, darunter auch vierteljährliche Daten, können über die Macroeconomic Projection Database auf der Website der EZB heruntergeladen werden.
1) Die Stückgewinne sind definiert als Bruttobetriebsüberschuss und Selbstständigeneinkommen (bereinigt um das Arbeitseinkommen der Selbstständigen) je Einheit des realen BIP.
Die HVPIX-Inflation dürfte von 2,9 % im Jahr 2024 auf 1,9 % im Jahr 2027 zurückgehen. Dies ist in erster Linie auf einen moderaten Rückgang der Teuerung bei Dienstleistungen zurückzuführen (siehe Abbildung 9). Die HVPIX-Inflation ist seit Anfang 2024 relativ stabil. Dahinter verbirgt sich allerdings eine gewisse Abschwächung des Preisauftriebs bei den Industrieerzeugnissen ohne Energie auf Werte, die unter dem längerfristigen Durchschnitt liegen. Die Teuerung bei Dienstleistungen hat sich indes als relativ persistent erwiesen und sich seit November 2023 im Wesentlichen mit einer Rate von rund 4 % seitwärts bewegt. Die projizierte Abschwächung der HVPIX-Inflation ab 2025 ist zurückzuführen auf einen allmählichen Rückgang der Teuerung bei Dienstleistungen, der vom Abklingen vergangener Schocks und einer Abschwächung des Arbeitskostendrucks getragen wird. Allgemein betrachtet spiegelt der Disinflationsprozess im Zusammenhang mit der HVPIX-Inflation den verbleibenden Abwärtseffekt durch die nachlassenden indirekten Auswirkungen der vergangenen Energiepreisschocks wider, ebenso wie das anhaltende Durchwirken der Abwärtseffekte der geldpolitischen Maßnahmen, die die EZB zwischen Dezember 2021 und September 2023 getroffen hat. Dieser Abwärtseffekt wird den Erwartungen zufolge anhalten und erst gegen Ende des Projektionszeitraums nachlassen.
Abbildung 9
HVPI-Inflation im Euroraum ohne Energie und Nahrungsmittel
Im Vergleich zu den Projektionen vom September 2024 wurden die Aussichten für die HVPI-Gesamtinflation für 2024 und 2025 um 0,1 Prozentpunkte nach unten revidiert. Für 2026 wurde keine Revision vorgenommen (Abbildung 10). Im Jahr 2024 wird eine geringfügige Aufwärtsrevision des Preisauftriebs bei Nahrungsmitteln durch eine Abwärtsrevision des Preisauftriebs bei Energie mehr als ausgeglichen. Eine geringfügige Abwärtsrevision der HVPIX-Inflation über den gesamten Projektionszeitraum hinweg zeigt sich nur in den gerundeten Jahresdurchschnittszahlen für 2026. Sie bezieht sich zunächst auf überraschende Daten in den letzten Monaten aufgrund der niedriger als erwartet ausgefallenen Teuerung bei Dienstleistungen. Im weiteren Verlauf des Projektionszeitraums hängt sie eher mit den Abwärtsrevisionen der Aussichten für das Wirtschaftswachstum und die Löhne zusammen. Die Aufwärtsrevision der Teuerung bei Nahrungsmitteln im gesamten Projektionszeitraum ergibt sich vor allem daraus, dass die Daten zuletzt höher ausfielen als erwartet und die Preisannahmen für Nahrungsmittelrohstoffe erhöht wurden. Der Preisauftrieb bei Energie wurde für 2024 und 2025 nach unten revidiert, da die Daten niedriger ausfielen als erwartet und die Preisannahmen für Öl und Strom trotz etwas höherer Gaspreisannahmen gesenkt wurden (siehe Kasten 1).
Abbildung 10
Revisionen der projizierten Inflation gegenüber den Projektionen vom September 2024
Kasten 2
Beurteilung der Auswirkungen klimaschutzbezogener Transitionsmaßnahmen auf Wachstum und Inflation
In den kommenden Jahren werden weitere politische Maßnahmen in Kraft treten, damit die EU-Ziele zur Verringerung der Treibhausgasemissionen erreicht werden. Im vorliegenden Kasten wird untersucht, wie sich Veränderungen der nationalen grünen diskretionären finanzpolitischen Maßnahmen im Projektionszeitraum auf Wachstum und Inflation auswirken. Eine finanzpolitische Maßnahme wird als grün eingestuft, wenn sie positive Auswirkungen in Bezug auf die Abwendung des Klimawandels bzw. die Anpassung an diesen hat. Darüber hinaus werden in diesem Kasten die möglichen Auswirkungen des neuen EU-Emissionshandelssystems 2 (EU-EHS 2) auf die Inflation im Jahr 2027 untersucht.
Die im Basisszenario der Projektionen enthaltenen jährlichen Auswirkungen der grünen diskretionären finanzpolitischen Maßnahmen, die auf nationaler Ebene ergriffen wurden, betragen beim Wachstum bis zu -0,1 Prozentpunkte und für die Inflation im Euroraum bis zu 0,2 Prozentpunkte (blaue Balkenabschnitte in der Abbildung). Dabei dürfte sich der dämpfende Effekt auf das BIP-Wachstum über den Projektionszeitraum hinweg leicht erhöhen, und zwar von nahezu null im Jahr 2024 auf rund ‑0,1 Prozentpunkte in den Jahren 2026 und 2027. Die Auswirkungen auf die HVPI-Inflation dürften 2024 und 2025 jeweils rund 0,2 Prozentpunkte betragen, 2026 auf 0,1 Prozentpunkte zurückgehen und 2027 dann nahe null liegen. Diese Auswirkungen ergeben sich vor allem aus Maßnahmen, die die Energiekomponente betreffen, insbesondere die CO2-Bepreisung und die Energiesteuern.[10] Insgesamt sind die Auswirkungen nationaler Maßnahmen etwas größer als im Dezember 2023 geschätzt, aber immer noch relativ begrenzt. Dies ist in erster Linie auf eine sehr graduelle Einführung von Maßnahmen zurückzuführen, die sich unmittelbar auf die Preise auswirken, wie etwa die nationale Bepreisung von CO2-Emissionen.[11]
Abbildung
Auswirkungen der grünen diskretionären finanzpolitischen Maßnahmen auf nationaler Ebene auf Wachstum und Inflation im Basisszenario der Dezember-Projektionen 2024
a) Wachstum des realen BIP | b) HVPI-Inflation |
---|---|
Zusätzlich zu den nationalen Maßnahmen wird die CO2-Bepreisung in der EU in den nächsten drei Jahren auf neue Sektoren ausgeweitet. Dies wird sich wahrscheinlich auf Wachstum, Inflation und öffentliche Finanzen auswirken (siehe Tabelle). Im Rahmen des Pakets „Fit für 55“ wird das bestehende EU-Emissionshandelssystem 1 (EU-EHS 1) auf die Sektoren Luftfahrt, Schifffahrt und energieintensive Branchen ausgeweitet, wobei kostenlose Zertifikate allmählich auslaufen werden.[12] Für Importe aus energieintensiven Branchen in die EU gilt ein CO2-Grenzausgleichsmechanismus (Carbon Border Adjustment Mechanism – CBAM). Darüber hinaus wird 2027 das EU-EHS 2 eingeführt, das Emissionen aus Heiz- und Kraftstoffen erfassen soll. Dies wird voraussichtlich die bedeutsamsten direkten Auswirkungen auf die Inflation haben. Die genannten Maßnahmen können sich über die Einfuhrpreise und die Erzeugerpreise auch indirekt auf die Inflation auswirken. Soweit die privaten Haushalte keinen Ausgleich erhalten, kann ein solcher preistreibender Effekt auch deren Ausgaben beeinflussen und das Wachstum dämpfen. Ein Teil der Einnahmen aus dem EHS 1 und dem EHS 2 soll jedoch in Energieeffizienz und CO2-arme Technologien investiert werden, sodass die Nettoauswirkungen auf das Wachstum noch unklar sind.
Tabelle
Wichtigste EU-Maßnahmen beim CO2-Preis
Maßnahme | Wichtigste Elemente |
---|---|
EU-ETS 1 | Gilt für Strom sowie teilweise für Schifffahrt und Luftverkehr. Ab 2024: Beginn der schrittweisen Abschaffung kostenloser Zertifikate für den Luftverkehr, Ausweitung der Erfassung von Emissionen aus der Schifffahrt Ab 2026: Beginn der schrittweisen Abschaffung kostenloser Zertifikate für energieintensive Branchen |
EU-ETS 2 | Ab 2027: Anwendung auf Emissionen von Brenn- und Kraftstoffen sowie von kleinen Industrieanlagen |
CBAM | Ab 2026: Importe aus energieintensiven Branchen werden in Einklang mit dem CO2-Preis des ETS 1 besteuert (außer im exportierenden Land besteht eine entsprechende Besteuerung) |
Quelle: Europäische Kommission.
Der CO2-Preis im Rahmen des EHS 2 wird wahrscheinlich an die Verbraucher weitergegeben, aber es besteht Unsicherheit darüber, wie hoch der CO2-Preis sein wird. Ähnlich wie beim EHS 1 werden im Rahmen des EHS 2 Emissionszertifikate gehandelt, deren Preis vom Markt bestimmt wird. Der Preis von EHS-2-Zertifikaten ist noch nicht bekannt, da noch nicht mit ihnen gehandelt wird. Allerdings sieht die EHS-Richtlinie[13] vor, dass zusätzliche Zertifikate aus einer Marktreserve freigegeben werden, wenn der Durchschnittspreis in den ersten Jahren in zwei aufeinanderfolgenden Monaten einen Schwellenwert von 45 €/tCO2 (je Tonne CO2-Emissionen zu Preisen von 2020) überschreitet oder wenn der Preis zu rasch steigt. Vorgelagerte Anbieter werden für die Emissionen aus ihren Produkten bezahlen müssen, und es ist wahrscheinlich, dass sie die Kosten an die Verbraucher weitergeben werden. Daher wird mit direkten Auswirkungen auf die HVPI-Inflationsrate für Energie gerechnet. Das Ausmaß dieser Auswirkungen wird unter anderem von der Entwicklung der EHS-2-Preise abhängen. Da keine marktbasierten Informationen über das wahrscheinliche Preisniveau im Jahr 2027 vorliegen, wird im Basisszenario der Projektionen von einem Preisniveau in Höhe des Schwellenwerts ausgegangen (d. h. 59 €/tCO2 in für 2027 erwarteten Preisen).[14]
Die Auswirkungen auf die HVPI-Inflation sind ungewiss und könnten 2027 zwischen 0,0 Prozentpunkten und 0,4 Prozentpunkten liegen. Im Jahr 2028 könnten sie deutlich geringer ausfallen. Neben der Unsicherheit hinsichtlich des EHS-2-Preises ist noch nicht klar, wie schnell und in welchem Umfang dieser auf die Verbraucherpreise durchwirken wird. Obgleich Veränderungen des Kostendrucks bei Energieprodukten in der Regel rasch an die Verbraucher weitergegeben werden, könnte mit einem etwas verzögerten Durchwirken zu rechnen sein, da: a) Unternehmen die EHS-2-Zertifikate für 2027 erst 2028 abgeben müssen, b) es in einigen Ländern Verzögerungen bei der Neubewertung von Verbraucherverträgen für Gas gibt und c) administrierte Preise und finanzpolitische Maßnahmen den Effekt – anfänglich – dämpfen können.[15] Ein weiterer Unsicherheitsfaktor betrifft den geplanten Übergang von bestehenden nationalen Systemen zum EHS 2.[16] Schätzungen von Fachleuten, die von einer Reihe plausibler Annahmen in Bezug auf das EHS-2-Preisniveau, die Geschwindigkeit und das Ausmaß des Durchwirkens sowie den Modalitäten des Übergangs zum EHS 2 in Ländern mit bestehenden nationalen Systemen abhängig sind, deuten darauf hin, dass die Auswirkungen auf die HVPI-Inflation im Jahr 2027 zwischen 0,0 und 0,4 Prozentpunkten liegen könnten, wobei die Auswirkungen im Jahr 2028 deutlich geringer ausfallen dürften.[17] Die Auswirkungen könnten gedämpft werden, wenn die privaten Haushalte fossile Brennstoffe in starkem Maße und vorbeugend ersetzen und/oder die Regierungen Abhilfemaßnahmen ergreifen. Über das EHS 2 hinaus dürften andere Maßnahmen des Pakets „Fit für 55“ (z. B. die Einführung des CBAM) nur geringe Auswirkungen haben.
Über den Projektionszeitraum hinaus betrachtet könnte der EHS-2-Preis weiter steigen, doch kann ein solcher Anstieg durch einen Rückgang des Anteils fossiler Brennstoffe am Warenkorb abgeschwächt werden. Eine Reihe von Studien in der Fachliteratur erwarten deutlich höhere Preise bis 2030 (nach Wegfall des Schwellenpreismechanismus).[18] Die Preise am oberen Ende der Schätzungen beruhen auf der Annahme, dass andere, ergänzende Emissionsreduktionsmaßnahmen (z. B. Vorschriften zur Energieeffizienzsteigerung oder Verbote von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor) nur teilweise wirken werden. Solche Preissteigerungen würden bedeuten, dass von diesen Maßnahmen nach 2029 ein erheblicher Inflationsschub ausgeht. Im Basisszenario wird derzeit indes davon ausgegangen, dass sich die Einführung des EHS 2 erst 2027 (und in geringem Maße auch 2028) vorübergehend auswirken wird. Darüber hinaus dürften die Preise volatiler sein. Die Auswirkungen künftiger Änderungen der EHS-2-Preise auf die HVPI-Inflationsrate für Energie könnten auf längere Sicht dadurch abgemildert werden, dass sich der Anteil fossiler Brennstoffe am Energiemix sowie die Ausgaben der privaten Haushalte für diese verringern.
Das Nominallohnwachstum wird den Projektionen zufolge zunächst erhöht bleiben, dann aber allmählich zurückgehen. Dies ist zum Teil darauf zurückzuführen, dass die Reallöhne wieder das vor dem sprunghaften Anstieg der Inflation verzeichnete Niveau erreichen. Das Wachstum des Arbeitnehmerentgelts je Arbeitnehmer ist Schätzungen zufolge im dritten Quartal 2024 auf 4,5 % gesunken (im Einklang mit den September-Projektionen).[19] Der anhaltende Rückgang des Lohnwachstums dürfte sich fortsetzen und sich von durchschnittlich 4,6 % im Jahr 2024 auf 2,8 % im Jahr 2027 abschwächen (siehe Abbildung 11). Dies ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass sich der Zuwachs der Tarifverdienste unter anderem angesichts der geringeren Mindestlohnerhöhungen verringern dürfte. Der Beitrag der Lohndrift dürfte 2024 vernachlässigbar, in den kommenden Jahren aber relativ stabil und moderat sein. Nach den jüngsten Revisionen der Ergebnisse der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen sind die Reallöhne Schätzungen zufolge im dritten Quartal 2024 wieder auf das Niveau von Anfang 2022 zurückgekehrt. Dies impliziert zwar, dass der durch den Inflationsausgleich bedingte Druck nachlässt, doch die Arbeitsmarktlage ist nach wie vor angespannt. Hierdurch erklärt sich auch, warum das Lohnwachstum im Vergleich zum historischen Durchschnittswert von 2,3 % erhöht bleibt. Gegenüber den Projektionen vom September 2024 wurde das Wachstum des Arbeitnehmerentgelts je Arbeitnehmer für 2024 aufgrund überraschender Daten um 0,1 Prozentpunkte nach oben revidiert. Für die Folgejahre wurde es jedoch entsprechend der projizierten niedrigeren Arbeitslosenquote um 0,3 Prozentpunkte nach unten revidiert.
Abbildung 11
Arbeitnehmerentgelt je Arbeitnehmer
Das Wachstum der Lohnstückkosten wird den Projektionen zufolge 2025 und 2026 zurückgehen, auch aufgrund einer steigenden Produktivität und eines sinkenden Lohnwachstums. Das Wachstum der Lohnstückkosten lag Schätzungen zufolge im dritten Quartal 2024 bei 4,5 % und dürfte bis 2027 deutlich auf durchschnittlich 2,0 % zurückgehen.[20] Dennoch wird es weiterhin über dem historischen Durchschnitt von 1,8 % liegen. Im Vergleich zu den Projektionen vom September 2024 wurde das Wachstum der Lohnstückkosten für 2024 um 0,2 Prozentpunkte nach oben und für 2026 um 0,1 Prozentpunkte nach unten revidiert.
Insgesamt wird der am Wachstum des BIP-Deflators gemessene binnenwirtschaftliche Preisdruck den Projektionen zufolge weiter nachlassen. Dabei dürften die Gewinnmargen auf kurze Sicht als Puffer gegen den Arbeitskostendruck dienen (Abbildung 12). Die Jahreswachstumsrate des BIP-Deflators ist Schätzungen zufolge im Jahr 2024 rasch gesunken. Sie belief sich im Jahresdurchschnitt auf 2,9 % (nach 5,9 % im Jahr 2023), dürfte aber über den Projektionszeitraum hinweg langsamer zurückgehen und 2027 einen Durchschnitt von 2,1 % erreichen. Das Wachstum der Stückgewinne dürfte weiterhin das relativ starke Wachstum der Arbeitskosten absorbieren, allerdings nur auf kurze Sicht.[21] Da sich das Wachstum der Lohnstückkosten abschwächt und sonstige Vorleistungskosten nach wie vor verhalten bleiben, dürfte sich das Wachstum der Gewinnmargen ab 2025 dank einer wirtschaftlichen Erholung und eines anziehenden Produktivitätswachstums etwas erholen und somit ab 2025 wieder einen positiven Beitrag zum inländischen Preisdruck leisten. Gegenüber den Projektionen vom September 2024 wurde das Wachstum des BIP-Deflators für 2024 leicht nach unten revidiert. Für 2025 blieb es unverändert und für 2026 wurde es leicht nach oben revidiert. Das Wachstum der Gewinnmargen wurde für 2024 leicht nach unten und für 2025 und 2026 nach oben revidiert, wodurch die entsprechenden Aufwärts- und Abwärtsrevisionen beim Wachstum der Lohnstückkosten weitgehend ausgeglichen werden.
Abbildung 12
Binnenwirtschaftlicher Preisdruck
a) BIP-Deflator und seine Komponenten | B) BIP-Deflator und seine Komponenten – Revisionen gegenüber den Projektionen vom September 2024 |
---|---|
Anmerkung: Die vertikale Linie markiert den Beginn des aktuellen Projektionszeitraums.
Der Auftrieb bei den Importpreisen dürfte zwar zunehmen, aber über den gesamten Projektionszeitraum hinweg unter 2 % bleiben. Das Wachstum des Importdeflators dürfte sich von 0,6 % im Jahr 2024 auf 1,6 % im Jahr 2025 und 1,7 % im Jahr 2027 erhöhen. Die Zahlen für 2024 bis 2025 wurden entsprechend den Abwärtsrevisionen der Exportpreise der Wettbewerber und trotz der durch die technischen Annahmen implizierten Abwertung des Euro nach unten revidiert (siehe Kasten 1).
6 Sensitivitätsanalysen
Divergierende Entwicklungen der Energiepreise
Die künftige Entwicklung der Preise für Energierohstoffe ist nach wie vor sehr ungewiss, und divergierende Entwicklungen der Rohstoffpreise für Öl und Gas hätten erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaftsaussichten, insbesondere auf die Inflation. Die Projektionen beruhen auf den in Kasten 1 dargelegten technischen Annahmen. Diese Sensitivitätsanalyse bildet indes divergierende ab- bzw. aufwärtsgerichtete Entwicklungen aus dem 25. und 75. Perzentil der optionsbasierten neutralen Dichten für die Öl- und Gaspreise ab.[22] Die divergierenden Entwicklungen für die Ölpreise sind symmetrisch um das Basisszenario verteilt und spiegeln weitgehend ausgewogene Risiken wider. Die Verteilung der Gaspreise hingegen deutet auf Aufwärtsrisiken für die technischen Annahmen hin (siehe Abbildung 13), was auf angebotsbedingte Unsicherheiten zurückzuführen sein dürfte. Diese Unsicherheiten hängen mit dem bevorstehenden Auslaufen des Transitabkommens für russisches Gas zwischen der Ukraine und Russland sowie mit den jüngsten Verzögerungen bei der Flüssigerdgasversorgung zusammen. Sowohl für Öl- als auch für Gaspreise wird der Entwicklungsverlauf auch unter der Annahme konstanter Preise betrachtet. In jedem Fall wird ein synthetischer Energiepreisindex (ein gewichteter Durchschnitt der Öl- und Gaspreisentwicklung) berechnet, und die Auswirkungen werden anhand von makroökonomischen Modellen der EZB bzw. des Eurosystems Auswirkungen beurteilt. Die Ergebnisse sind in Tabelle 6 dargestellt.
Abbildung 13
Divergierende Entwicklungsverläufe der Annahmen für Energiepreise
Tabelle 6
Divergierende Entwicklungsverläufe für Energiepreise und die Auswirkungen auf das Wachstum des realen BIP und die HVPI-Inflation
Entwicklungsverlauf 1: 25. Perzentil | Entwicklungsverlauf 2: 75. Perzentil | Entwicklungsverlauf 3: konstante Preise | ||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
2024 | 2025 | 2026 | 2027 | 2024 | 2025 | 2026 | 2027 | 2024 | 2025 | 2026 | 2027 | |
(Abweichungen vom Basisszenario in %) | ||||||||||||
Ölpreis | -1,3 | -13,7 | -19,0 | -21,9 | 1,6 | 14,0 | 19,6 | 23,1 | 0,1 | 4,2 | 6,7 | 8,1 |
Gaspreis | -3,5 | -18,0 | -22,0 | -25,6 | 4,2 | 25,6 | 29,4 | 35,3 | -0,2 | 2,1 | 25,2 | 49,1 |
Synthetischer Energiepreisindex | -2,4 | -15,9 | -19,3 | -21,9 | 3,0 | 21,9 | 25,1 | 27,2 | 0,0 | 3,0 | 13,3 | 21,5 |
(Abweichungen von den Wachstumsraten im Basisszenario in Prozentpunkten) | ||||||||||||
Wachstum des realen BIP | 0,0 | 0,1 | 0,1 | 0,0 | 0,0 | -0,1 | -0,1 | -0,1 | 0,0 | 0,0 | -0,1 | -0,1 |
HVPI-Inflation | 0,0 | -0,6 | -0,5 | -0,3 | 0,1 | 0,7 | 0,6 | 0,3 | 0,0 | 0,2 | 0,4 | 0,4 |
Anmerkung: Bei dieser Sensitivitätsanalyse wird ein synthetischer Energiepreisindex verwendet, der die Preise für Öl- und Gasterminkontrakte kombiniert. Das 25. und das 75. Perzentil beziehen sich auf die optionsbasierten neutralen Dichten für die Öl- und Gaspreise am 20. November 2024. Die konstanten Öl- und Gaspreise nehmen ihren jeweiligen Wert zum selben Zeitpunkt an. Die makroökonomischen Auswirkungen werden als Durchschnittswerte aus einigen von Fachleuten der EZB bzw. des Eurosystems verwendeten makroökonomischen Modellen ausgewiesen.
Divergierende Entwicklungen des Wechselkurses
In dieser Sensitivitätsanalyse werden die Auswirkungen von divergierenden Wechselkursentwicklungen auf die Basisprojektionen untersucht. Die technischen Annahmen für die Wechselkurse im Basisszenario der Projektionen werden über den Projektionszeitraum hinweg konstant gehalten. Die divergierenden ab- bzw. aufwärtsgerichteten Entwicklungen ergeben sich aus dem 25. und dem 75. Perzentil der optionsbasierten neutralen Dichten für den EUR/USD-Wechselkurs am 20. November 2024 (siehe Abbildung 14). Die Auswirkungen dieser divergierenden Entwicklungen werden anhand von makroökonomischen Modellen der EZB bzw. des Eurosystems beurteilt. Die durchschnittlichen Auswirkungen auf das Produktionswachstum und die Inflation für diese Modelle sind Tabelle 7 zu entnehmen.
Abbildung 14
Divergierende Entwicklungen des EUR/USD-Wechselkurses
Tabelle 7
Auswirkungen auf das Wachstum des realen BIP und die HVPI-Inflation
Entwicklungsverlauf 1: 25. Perzentil | Entwicklungsverlauf 2: 75. Perzentil | |||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
2024 | 2025 | 2026 | 2027 | 2024 | 2025 | 2026 | 2027 | |
EUR/USD-Wechselkurs | 1,08 | 1,03 | 1,03 | 1,03 | 1,08 | 1,10 | 1,15 | 1,19 |
EUR/USD-Wechselkurs | -0,2 | -3,0 | -3,3 | -3,5 | 0,0 | 3,7 | 8,1 | 11,7 |
(Abweichungen von den Wachstumsraten im Basisszenario in Prozentpunkten) | ||||||||
Wachstum des realen BIP | 0,0 | 0,1 | 0,1 | 0,1 | 0,0 | -0,1 | -0,2 | -0,3 |
HVPI-Inflation | 0,0 | 0,1 | 0,1 | 0,1 | 0,0 | -0,1 | -0,3 | -0,3 |
Quellen: Bloomberg und EZB-Berechnungen.
Anmerkung: Anstieg = Aufwertung des Euro. Das 25. und das 75. Perzentil beziehen sich auf die optionsbasierten neutralen Dichten für den EUR/USD-Wechselkurs am 20. November 2024. Die makroökonomischen Auswirkungen werden als Durchschnittswerte aus einigen von Fachleuten der EZB bzw. des Eurosystems verwendeten makroökonomischen Modellen ausgewiesen.
Kasten 3
Vergleich mit Prognosen anderer Institutionen und des privaten Sektors
Die von Fachleuten des Eurosystems erstellten Projektionen vom Dezember 2024 liegen für das BIP und die HVPI-Inflation innerhalb der Bandbreite anderer Prognosen. Die von Fachleuten erstellten Projektionen für das Wachstum liegen über den gesamten Projektionszeitraum hinweg innerhalb der Bandbreite von Prognosen anderer Institutionen und des privaten Sektors. Was die HVPI-Inflation betrifft, so liegen die von Fachleuten des Eurosystems erstellten Projektionen für 2025 am oberen Rand der Bandbreite. Für 2026 liegen die von Fachleuten des Eurosystems erstellten Projektionen innerhalb einer engen Bandbreite von anderen Prognosen. Für 2027 liegen sie leicht über den anderen verfügbaren Prognosen. Dies könnte auf Unterschiede bei der Einschätzung der Auswirkungen des EU-Emissionshandelssystems 2 (EHS 2) zurückzuführen sein (siehe Kasten 2). Die von Fachleuten des Eurosystems erstellten Projektionen für die HVPIX-Inflation stimmen mit anderen Prognosen überein, fallen für 2027 allerdings etwas niedriger aus.
Tabelle
Vergleich der jüngsten Prognosen zum Wachstum des realen BIP, zur HVPI-Inflation und zur HVPI-Inflation ohne Nahrungsmittel und Energie im Euroraum
(Veränderungen gegen Vorjahr in %)
| Datum der Veröffentlichung | BIP-Wachstum | HVPI-Inflation | HVPI-Inflation ohne Energie und Nahrungsmittel | |||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
2024 | 2025 | 2026 | 2027 | 2024 | 2025 | 2026 | 2027 | 2024 | 2025 | 2026 | 2027 | ||
Eurosystem-Projektionen | Dezember 2024 | 0,7 | 1,1 | 1,4 | 1,3 | 2,4 | 2,1 | 1,9 | 2,1 | 2,9 | 2,3 | 1,9 | 1,9 |
OECD | Dezember 2024 | 0,8 | 1,3 | 1,5 | – | 2,4 | 2,1 | 2,0 | – | 2,9 | 2,4 | 2,0 | – |
Europäische Kommission | November 2024 | 0,8 | 1,3 | 1,6 | – | 2,4 | 2,1 | 1,9 | – | 2,9 | 2,4 | 2,0 | – |
Consensus Economics | November 2024 | 0,8 | 1,1 | 1,4 | 1,4 | 2,4 | 1,9 | 1,9 | 1,9 | 2,8 | 2,2 | – | – |
Survey of Professional Forecasters | Oktober 2024 | 0,7 | 1,2 | 1,4 | – | 2,4 | 1,9 | 1,9 | – | 2,8 | 2,2 | 2,0 | – |
Internationaler Währungsfonds | Oktober 2024 | 0,8 | 1,2 | 1,5 | 1,4 | 2,4 | 2,0 | 2,0 | 1,9 | – | - | – | – |
Quellen: OECD, Wirtschaftsausblick, veröffentlicht am 4. Dezember 2024, Stichtag 27. November 2024; Prognosen von Consensus Economics, 14. November 2024 für 2024–2025 (die Daten für 2026–2027 stammen aus der Umfrage vom Oktober 2024); EZB, Survey of Professional Forecasters, veröffentlicht am 21. Oktober 2024; IWF, World Economic Outlook, Redaktionsschluss 22. Oktober 2024; Herbstprognose 2024 der Europäischen Kommission, Stichtag 21. Oktober 2024.
Anmerkung: Diese Prognosen sind untereinander bzw. mit den Projektionen des Eurosystems nicht direkt vergleichbar, da sie zu verschiedenen Zeitpunkten fertiggestellt wurden. Darüber hinaus werden darin unterschiedliche Methoden zur Ableitung von Annahmen über fiskalische, finanzpolitische und außenwirtschaftliche Variablen (einschließlich Öl-, Gas- und sonstiger Rohstoffpreise) verwendet. Die von Fachleuten des Eurosystems erstellten gesamtwirtschaftlichen Projektionen verwenden arbeitstäglich bereinigte Jahreswachstumsraten für das reale BIP, während die Europäische Kommission und der Internationale Währungsfonds jährliche Zuwachsraten heranziehen, die nicht um die Zahl der Arbeitstage pro Jahr bereinigt wurden. Andere Prognosen enthalten keine Angaben dazu, ob arbeitstäglich bereinigte oder nicht arbeitstäglich bereinigte Daten ausgewiesen werden.
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Informationen zur Fachterminologie finden sich im EZB-Glossar (nur auf Englisch verfügbar).
HTML ISBN 978-92-899-6593-4, ISSN 2529-4652, doi:10.2866/07218, QB-CF-24-002-DE-Q
Redaktionsschluss für die technischen Annahmen und die Projektionen für die Weltwirtschaft war der 20. November 2024. Die vorliegenden gesamtwirtschaftlichen Projektionen für den Euroraum wurden am 27. November 2024 fertiggestellt.
Sofern nicht ausdrücklich anders angegeben, schließen Verweise auf weltweite und/oder globale Aggregate von Konjunkturindikatoren in diesem Abschnitt den Euroraum nicht ein.
Aus dem Austausch der EZB mit Reedereien geht hervor, dass der Seefrachtverkehr im Jahresverlauf etwas vorgezogen und der saisonale Höchststand im Vorfeld der Weihnachtssaison früher als üblich erreicht wurde (im Juni/Juli statt im September). Grund hierfür war, dass Schiffe nach der Störung im Suezkanal um Afrika herum geleitet wurden. Die Drewry-Umfrage vom Mai 2024 bestätigt die Änderung der Schifffahrtspläne.
Ende 2019 waren die Energiekosten im Euroraum 1,5-mal so hoch wie in den Vereinigten Staaten. Im November 2024 waren sie 3,5-mal höher. Diese Kosten dürften bis zum Ende des Projektionszeitraums nicht wieder auf das Vorpandemieniveau zurückkehren.
Siehe Low for long? Reasons for the recent decline in productivity, Der EZB-Blog, 6. Mai 2024.
Aufgrund der aktuellen politischen Risiken sind die Haushaltspläne einiger großer Euro-Länder entweder noch nicht fertiggestellt oder überholt. So stützen sich die finanzpolitischen Basisannahmen und -projektionen in Frankreich beispielsweise auf eine Bewertung des Haushalts und der mittelfristigen Haushaltspläne für 2025, die von der Regierung von Premierminister Barnier stammen. Am 4. Dezember 2024 erging vom französischen Parlament ein Misstrauensvotum gegen diese Regierung und ihre Haushaltspläne. In vielen Ländern ergeben sich Risiken für das Basisszenario auch aus möglichen, noch genauer zu spezifizierenden zusätzlichen Maßnahmen, mit denen die Anforderungen der überarbeiteten EU-Haushaltsregeln erfüllt werden sollen.
Eine zusätzliche restriktive Wirkung könnte im Jahr 2025 von einer weiteren Rücknahme der noch bestehenden energiebezogenen Unterstützungsmaßnahmen ausgehen, die seit September weitgehend unverändert geblieben sind. Expansive nichtdiskretionären Faktoren, die vor allem aus Mindereinnahmen und anderen Steuerresiduen resultieren, dürften dazu führen, dass die finanzpolitische Ausrichtung 2025 gegenüber den September-Projektionen unverändert bleibt.
Diese Lockerung ist hauptsächlich auf Sozialversicherungsbeiträge und in etwas geringerem Umfang auf öffentliche Investitionen zurückzuführen.
Das Auslaufen von energie- und inflationsbezogenen finanzpolitischen Ausgleichsmaßnahmen seit Dezember 2023 wird die Gesamtinflation schätzungsweise um 0,4 Prozentpunkte (2024) bzw. 0,1 Prozentpunkte (2025) erhöhen.
Dies steht im Einklang mit der vorliegenden Evidenz, wonach die Bepreisung von CO2-Emissionen die Inflation nach oben treibt und die Wirkung tendenziell über die Energiekomponente erzeugt wird. Siehe M. Konradt, B. Weder di Mauro, Carbon Taxation and Greenflation: Evidence from Europe and Canada, Journal of the European Economic Association, Vol. 21, Issue 6, Dezember 2023, S. 2518–2546; W. McKibbin, M. Konradt und B. Weder di Mauro, Climate policies and monetary policies in the euro area, Beitrag zum EZB-Forum in Sintra ; D. R. Känzig, The Unequal Economic Consequences of Carbon Pricing, National Bureau of Economic Research Working Paper Series, Nr. 31221, 2023; und R. Moessner, Effects of Carbon Pricing on Inflation, CESifo Working Paper, Nr. 9563, 2022. Auf mittlere bis lange Sicht lassen diese Effekte jedoch in der Regel nach. Anreize durch die CO2-Bepreisung steigern die Energieeffizienz und fördern Innovationen in Bezug auf CO2-arme Energiequellen, während das Gewicht fossiler Brennstoffe im Warenkorb abnimmt, siehe J. J. Andersson, Carbon Taxes and CO2 Emissions: Sweden as a Case Study, American Economic Journal: Economic Policy, Vol. 11(4), S. 1–30, 2019. Im Einklang mit den Konventionen für die Projektionen werden die Konsumgewichte innerhalb des HVPI-Warenkorbs über den Projektionszeitraum hinweg fixiert.
Eine frühere Beurteilung der Auswirkungen von Änderungen der grünen diskretionären finanzpolitischen Maßnahmen auf Wachstum und Inflation findet sich in: EZB, Beurteilung der gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen klimaschutzbezogener Transitionsmaßnahmen, Kasten 4, Wirtschaftsbericht 1/2024.
Die EHS-1-Preise dürften über den Projektionszeitraum hinweg nur geringfügig steigen (Kasten 1).
Richtlinie (EU) 2023/959 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Mai 2023 zur Änderung der Richtlinie 2003/87/EG über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Union und des Beschlusses (EU) 2015/1814 über die Einrichtung und Anwendung einer Marktstabilitätsreserve für das System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Union (ABl. L 130 vom 16.5.2023, S. 134).
Gemäß der EHS-Richtlinie erfolgt eine Indexierung des Schwellenwerts auf der Grundlage des EU-Verbraucherpreisindex. Er wird auf 45 €/tCO2 zu Preisen von 2020 festgelegt. Auf Basis der projizierten Inflation für den Zeitraum 2024 bis 2027 würde dieser Wert im Jahr 2027 59 €/tCO2 entsprechen.
Beim Gas gibt es Hinweise darauf, dass das Durchwirken auf die Verbraucherpreise von Faktoren wie der Marktstruktur, dem Anteil von Steuern und Abgaben am Gesamtpreis sowie der Geschwindigkeit der Vertragsverlängerung abhängt. Siehe H. Hernnäs, Å. Johannesson-Lindén, R. Kasdorp und M. Spooner, Pass-through in EU electricity and gas markets, Quarterly Report on the Euro Area (QREA), Generaldirektion Wirtschaft und Finanzen (GD ECFIN), Europäische Kommission, Bd. 22, S. 23-34, Juli 2023. Bei Kraftstoffen verläuft das Durchwirken tendenziell schneller, siehe L. Alvarez, S. Hurtado, I. Sánchez und C. Thomas, The impact of oil price changes on Spanish and euro area consumer price inflation, Economic Modelling, Bd. 28, Ausgabe 1, S. 422-431, 2011.
Es wird darauf hingewiesen, dass die EHS-2-Richtlinie derzeit in vielen Ländern noch in nationales Recht umgesetzt wird. Einzelheiten über die schrittweise Umsetzung der Richtlinie und den Übergang von bestehenden nationalen Systemen sind noch festzulegen, wodurch die Unsicherheit im Zusammenhang mit den Auswirkungen auf die Inflation noch verstärkt wird.
Am unteren Ende der Spanne könnte ein niedrigerer EHS-2-Preis implizieren, dass die positiven Auswirkungen in einigen Ländern durch negative Auswirkungen in anderen Ländern, in denen die bestehenden nationalen CO2-Bepreisungsregelungen für die betroffenen Sektoren auf den EU-EHS-2-Preis sinken würden, ausgeglichen werden. Auf Ebene des gesamten Euroraums könnte der Einfluss auf die Inflation daher neutral ausfallen.
Siehe J. Abrell, S. Bilici, M. Blesl, U. Fahl, F. Kattelmann, L. Kittel, M. Kosch, G. Luderer, D. Marmullaku, M. Pahle, R. C. Pietzcker, R. Rodrigues und J. Siegle, Optimal allocation of the EU carbon Budget: A multi-model assessment, Energy Strategy Reviews , Vol. 51, Nr. 01271, 2024, und C. Günther, M. Pahle, K. Govorukha, S. Osorio und T. Fotiou, Carbon prices on the rise? Shedding light on the emerging EU ETS2, 26. April 2024.
Laut der Datenveröffentlichung von Eurostat vom 6. Dezember, die erst nach Fertigstellung der Projektionen vom Dezember 2024 erfolgte, belief sich das Wachstum des Arbeitnehmerentgelts je Arbeitnehmer im dritten Quartal 2024 auf 4,4 %.
Der Datenveröffentlichung von Eurostat vom 6. Dezember zufolge belief sich das Wachstum der Lohnstückkosten im dritten Quartal 2024 auf 4,3 %.
Das Wachstum der Stückgewinne wird den Projektionen zufolge von 2,0 % im Jahr 2026 auf 2,4 % im Jahr 2027 zunehmen. Dies hängt zum Teil damit zusammen, dass die EHS-2-Systeme in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen bei Abgabe der Emissionszertifikate als Produktionssteuer erfasst werden dürften, also im Jahr nach der Versteigerung. Die Einnahmen aus dem EHS 2 für 2027 werden daher erst 2028 in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen erfasst, während die Endpreise bereits 2027 steigen dürften (siehe Kasten 2). Der Bruttobetriebsüberschuss dürfte sich daher im Jahr 2027 vorübergehend erhöhen.
Die verwendeten Marktpreise sind die am 20. November 2024 (Stichtag für die technischen Annahmen) geltenden Preise.
- 12 December 2024