BERICHT über Weltraum und Sicherheit

10.6.2008 - (2008/2030(INI))

Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten
Berichterstatter: Karl von Wogau

Verfahren : 2008/2030(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A6-0250/2008

ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

zu Weltraum und Sicherheit

(2008/2030(INI))

Das Europäische Parlament,

–       unter Hinweis auf die Europäische Sicherheitsstrategie mit dem Titel „Ein sicheres Europa in einer besseren Welt“, die am 12. Dezember 2003 vom Europäischen Rat angenommen wurde,

–       unter Hinweis auf die EU-Strategie gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, die vom Europäischen Rat am 12. Dezember 2003 angenommen wurde,

–       in Kenntnis der Entschließung des Rates vom 22. Mai 2007 zur europäischen Weltraumpolitik,

–       unter Hinweis auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und den Vertrag über die Europäische Union (EUV) in deren durch den Vertrag von Lissabon geänderten Fassung und ihre einschlägigen Bestimmungen zur europäischen Raumfahrtpolitik (Artikel 189 AEUV), die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit im Bereich von Sicherheit und Verteidigung (Artikel 42 Absatz 6, Artikel 46 EUV und entsprechendes Protokoll) und die verstärkte Zusammenarbeit im zivilen Bereich (Sechster Teil, Titel III AEUV), sowie auf die Solidaritätsklausel (Artikel 222 AEUV) und die Bestimmungen über die gegenseitige Unterstützung im Falle eines bewaffneten Angriffs auf (einen) Mitgliedstaat(en) (Artikel 42 Absatz 7 EUV),

–       unter Hinweis auf seine Entschließung vom 29. Januar 2004 zum Aktionsplan für die Durchführung der europäischen Raumfahrtpolitik[1],

–       unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. April 2005 zur Europäischen Sicherheitsstrategie[2],

–       unter Hinweis auf den Vertrag über die Grundsätze zur Regelung der Tätigkeiten von Staaten bei der Erforschung und Nutzung des Weltraums einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper („Weltraumvertrag“),

–       unter Hinweis auf die Zusammenarbeit zwischen der EU und Russland in der Weltraumpolitik, durch die im Jahr 2006 ein Weltraumdialog zwischen den drei Parteien Kommission, Europäische Weltraumorganisation und Roscosmos (der russischen Weltraumorganisation) eingerichtet wurde,

–       gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,

–       in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten sowie der Stellungnahme des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie (A6-0250/2008),

A.     in der Überzeugung, dass eine Welt ohne weltraumgestützte Bedrohungen sowie ein sicherer und nachhaltiger Zugang zum Weltraum und seine Nutzung die Leitprinzipien der europäischen Weltraumpolitik sein müssen,

B.     in der Erwägung, dass verschiedene Herausforderungen in den Bereichen Politik und Sicherheit, mit denen sich die Europäische Union mehr und mehr konfrontiert sieht, eine eigenständige europäische Weltraumpolitik zu einer strategischen Notwendigkeit machen,

C.     in der Erwägung, dass die Tatsache, dass es keinen gemeinsamen Ansatz bei der Weltraumpolitik zwischen den EU-Mitgliedsstaaten gibt, zu übermäßig kostspieligen Programmen führt,

D.     in der Erwägung, dass die Operationen des Krisenmanagements im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) unter einem Mangel an Interoperabilität zwischen den von EU-Mitgliedstaaten betriebenen Weltraumressourcen leiden,

E.     in der Erwägung, dass die Europäische Union über keine umfassende europäische weltraumgestützte Architektur für Sicherheits- und Verteidigungszwecke verfügt,

F.     in Kenntnis der Tatsache, dass die Entwicklung einer neuen Generation von Trägerraketen etwa 15 Jahre dauert und dass die heutige Generation von Trägerraketen innerhalb der nächsten 20 Jahre ersetzt werden muss,

G.     in der Erwägung, dass die Entwicklung von Weltraumressourcen durch die USA, Russland, Japan und die übrigen Staaten, die sich seit kurzem an der Raumfahrt beteiligen, vor allem China, Indien, Südkorea, Taiwan, Brasilien, Israel, der Iran, Malaysia, Pakistan, Südafrika und die Türkei, rasch voranschreitet,

H.     in der Erwägung, dass der französische Vorsitz der Europäischen Union während des zweiten Halbjahres 2008 Fortschritte bei der europäischen Weltraumpolitik zu einer seiner Prioritäten machen wird,

I.      in der Erwägung, dass Reparatur- und Wartungsarbeiten in der jeweiligen Umlaufbahn („on-orbit servicing“) unter Nutzung von Mitteln, die sich an Ort und Stelle befinden, eines der kostengünstigsten Elemente einer Weltraumarchitektur und für die Erzielung eines Bestandes an nachhaltigen Weltraumressourcen darstellen,

Allgemeine Überlegungen

1.      stellt fest, wie wichtig die Dimension „Weltraum“ für die Sicherheit der Europäischen Union ist, und dass ein gemeinsamer Ansatz erforderlich ist, ohne den eine Verteidigung der europäischen Interessen im Weltraum unmöglich ist;

2.      unterstreicht die Notwendigkeit von Weltraumressourcen, damit sich die politische und diplomatische Tätigkeit der Europäischen Union auf unabhängige, verlässliche und vollständige Informationen zur Unterstützung ihrer Maßnahmen zur Konfliktverhütung, Krisenmanagementoperationen und der globalen Sicherheit, insbesondere bei der Überwachung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und ihrer Transportmittel und der Überprüfung internationaler Verträge, dem grenzübergreifenden Schmuggel von leichten Waffen und Kleinwaffen, dem Schutz kritischer Infrastrukturen und der Grenzen der Europäischen Union und bei natürlichen und von Menschen verursachten Katastrophen und Krisen stützen kann;

3.      begrüßt die Annahme der europäischen Weltraumpolitik durch den „Weltraumrat“, wie dies in einer gemeinsamen Mitteilung vorgeschlagen wurde, die von der Kommission und der Europäischen Weltraumorganisation vorgelegt wurde, insbesondere das Kapitel über Sicherheit und Verteidigung, bedauert gleichzeitig, dass die Gefahr einer Bewaffnung des Weltraums in den „Kernaspekten für die Entwicklung einer Strategie für internationale Beziehungen“ (wie sie in Anhang 3 der Entschließung des Rates 2007/C 136/01 vom 21. Mai 2007 aufgeführt sind[3]) nicht erwähnt ist; empfiehlt deshalb, dass diese Politik in der revidierten Europäischen Sicherheitsstrategie in angemessener Weise berücksichtigt wird, und ist der Auffassung, dass Weltraumfragen in dem eventuellen Weißbuch zur Sicherheits- und Verteidigungspolitik behandelt werden sollten;

4.      nimmt die Aufnahme einer Rechtsgrundlage für die europäische Weltraumpolitik in den Vertrag von Lissabon zur Kenntnis; begrüßt die ihm und dem Rat gegebene Möglichkeit, gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren die notwendigen Maßnahmen zur Schaffung eines europäischen Weltraumprogramms zu erlassen; fordert die Kommission auf, ihm und dem Rat einen geeigneten Vorschlag für solche Maßnahmen vorzulegen, zusammen mit einer Mitteilung über die Herstellung zweckdienlicher Verbindungen zur Europäischen Weltraumorganisation; begrüßt ferner die Möglichkeiten einer Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit im Bereich von Sicherheit und Verteidigung und einer verstärkten Zusammenarbeit im zivilen Bereich;

5.      ermuntert die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die Europäische Weltraumorganisation und die verschiedenen Akteure, die bestehenden nationalen und multinationalen Weltraumsysteme optimal zu nutzen und ihre gegenseitige Komplementarität zu fördern; stellt in diesem Zusammenhang fest, dass gemeinsame Fähigkeiten für die ESVP in mindestens folgenden Bereichen benötigt werden: Telekommunikation, Informationsmanagement, Beobachtung und Navigation; empfiehlt die Weitergabe und den Austausch dieser Daten gemäß dem EU-Konzept für eine Architektur der vernetzten Operationsführung („Network Centric Operations Architecture“);

6.      begrüßt die Anstrengungen der Internationalen Akademie der Astronautik und der Internationalen Vereinigung für verstärkte Sicherheit in der Raumfahrt zur Förderung der Sanierung und des Verständnisses von Weltraumschrott sowie von ihn betreffenden Maßnahmen;

Eigenständige Beurteilung der Bedrohungslage

7.      fordert die Mitgliedstaaten auf, weltraumgestützte Erkenntnisse, die für eine eigenständige Beurteilung der Bedrohungslage durch die EU notwendig sind, zu bündeln und auszutauschen;

Erdbeobachtung und Aufklärung

8.      fordert nachdrücklich, dass das EU-Satellitenzentrum (EUSC) vollständig entwickelt wird, damit es sein Potenzial in vollem Umfang ausschöpfen kann; empfiehlt darüber hinaus dringend den Abschluss von Vereinbarungen zwischen dem EUSC und den EU-Mitgliedstaaten zur Lieferung verfügbarer Bilddaten für ESVP-Operationen und Befehlshaber der Einsatzkräfte, wobei die Komplementarität mit den Beobachtungsfähigkeiten der Globalen Umwelt- und Sicherheitsüberwachung (GMES) und abgeleiteten sicherheitsrelevanten Informationen gewährleistet sein muss; begrüßt in diesem Zusammenhang das Projekt der Station zur Auswertung taktischen Bildmaterials (TIES), das gemeinsam von der Europäischen Verteidigungsagentur (EDA) und dem EUSC betrieben wird;

9.      fordert diejenigen EU-Mitgliedstaaten, die Zugang zu den verschiedenen Arten von Satelliten zur Radar-, optischen und Wetterbeobachtung sowie zu den Aufklärungssystemen (Helios, SAR-Lupe, TerraSAR-X, Rapid Eye, Cosmo-Skymed, Pleiades) haben, nachdrücklich auf, für ihre Kompatibilität zu sorgen; begrüßt die bi- und multilateralen Vereinbarungen zwischen den führenden EU-Ländern (z. B. SPOT, ORFEO, den Helios-Kooperationsrahmen, die Schwerin-Vereinbarung und das künftige MUSIS); empfiehlt, dass das MUSIS-System in den europäischen Rahmen überführt wird und aus dem EU-Haushalt finanziert wird;

10.    betont die Bedeutung des GMES sowohl für die Außen- als auch für die Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Europäischen Union; fordert nachdrücklich die Einrichtung einer operativen Haushaltslinie, um die Nachhaltigkeit der GMES-Dienste zur Deckung des Bedarfs der Nutzer sicherzustellen;

Navigation – Ortung – Zeitbestimmung

11.    betont, dass Galileo für eigenständige ESVP-Operationen notwendig ist, wie auch für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP), für Europas eigene Sicherheit und für die strategische Autonomie der Union; gibt zu bedenken, dass insbesondere sein staatlich regulierter Dienst im Bereich Navigation, Ortung und Zeitbestimmung von ausschlaggebender Bedeutung sein wird, nicht zuletzt, um unnötige Risiken zu vermeiden;

12.    nimmt die zwischen dem Parlament und dem Rat in erster Lesung erzielte Einigung in Bezug auf den Vorschlag für eine Verordnung über die weitere Durchführung der europäischen Satellitennavigationsprogramme (EGNOS und Galileo) zur Kenntnis, der zufolge die Gemeinschaft Eigentümerin des Systems ist und dessen Errichtungsphase vollständig aus dem Gemeinschaftshaushalt finanziert wird;

13.    verweist auf seinen am 23. April 2008[4] angenommenen Standpunkt, und insbesondere auf die Tatsache, dass die Programme EGNOS und Galileo als eine der Errungenschaften des künftigen europäischen Weltraumprogramms gelten sollten, sowie auf die Lenkungsstruktur der Programme zusammen mit dem Interinstitutionellen Galileo-Ausschuss, die als Modell bei der Entwicklung einer europäischen Weltraumpolitik dienen könnte;

Telekommunikation

14.    betont die Notwendigkeit einer sicheren, satellitengestützten Kommunikation für ESVP Operationen (EU-Militärstab, EU-Hauptquartiere, mobile Hauptquartiere) und die Einsätze von EU-Mitgliedsstaaten im Rahmen von VN, NATO und ähnlichen Organisationen;

15.    fordert, dass die derzeitigen und künftigen satellitengestützten Telekommunikationssysteme, die den Ländern der Europäischen Union zur Verfügung stehen (z. B. Skynet, Syracuse, Sicral, SATCOM Bw, Spainsat) untereinander interoperabel sind, um Kosten einzusparen;

16.    unterstützt die Entwicklung von softwaregesteuerten Funkanlagen im Rahmen einer Zusammenarbeit zwischen der Kommission und der EDA; weist darauf hin, dass softwaregesteuerte Funkanlagen zu einer besseren Interoperabilität des Bodensegments der Telekommunikationssysteme beitragen werden;

17.    empfiehlt, dass Einsparungen durch die gemeinsame Nutzung der Bodeninfrastruktur, die verschiedene nationale Telekommunikationssysteme unterstützt, erzielt werden;

Weltraumüberwachung

18.    unterstützt die Schaffung eines europäischen Weltraumüberwachungssystems, das zu einer Weltraumlageerfassung führt (einschließlich z. B. GRAVES und TIRA), um die Weltrauminfrastruktur, Weltraumschrott und unter Umständen andere Bedrohungen zu überwachen;

Satellitengestützte Frühwarnsysteme gegen ballistische Flugkörper

19.    bedauert den Umstand, dass die EU-Mitgliedstaaten keinen Zugang zu aktuellen Daten über den Abschuss von ballistischen Flugkörpern weltweit haben; drückt deshalb seine Unterstützung für Projekte aus, die zu Frühwarnsystemen gegen den Abschuss ballistischer Flugkörper führen (wie etwa das französische „Spirale“); fordert ferner, dass die durch diese künftigen Systeme erlangten Informationen allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union zur Verfügung stehen, um ihre Bevölkerung zu schützen und mögliche Gegenmaßnahmen zu unterstützen, sowie der Überprüfung der Einhaltung des Vertrags über die Nichtverbreitung von Kernwaffen und ESVP-Operationen und der Gewährleistung der Sicherheitsinteressen Europas dienen;

Fernmelde- und elektronische Aufklärung

20.    unterstützt den Austausch von Erkenntnissen der Fernmelde- und elektronischen Aufklärung (elektronische Aufklärung wie etwa „Essaim“ und Kommunikationsaufklärung) auf europäischer Ebene;

Eigenständiger Zugang zum Weltraum und internationales Umfeld

21.    unterstützt einen sicheren, unabhängigen und nachhaltigen Zugang zum Weltraum für die Europäische Union als eine der Grundvoraussetzungen für ihr eigenständiges Handeln;

22.    empfiehlt, europäische nichtkommerzielle Satelliten durch europäische Trägerraketen vorzugsweise vom Gebiet der Europäischen Union aus in den Weltraum zu befördern, wobei die Sicherheitsaspekte der Beschaffung und des Schutzes der industriellen und technischen Grundlagen der europäischen Verteidigungsindustrie berücksichtigt werden;

23.    weist darauf hin, dass die Entwicklungsanstrengungen für eine verstärkte Ariane 5 intensiviert werden müssen, damit sie vor 2015 verfügbar ist;

24.    empfiehlt, dass strategische langfristige Investitionen in neue europäische Trägerraketen so bald wie möglich eingeleitet werden, um in dem schärfer werdenden weltweiten Wettbewerb bestehen zu können; fordert für dieses Vorhaben ein höheres Maß an Disziplin in Bezug auf die Haushaltsmittel und den Zeitrahmen;

25.    empfiehlt, dass Reparatur- und Wartungsarbeiten in der jeweiligen Umlaufbahn („on‑orbit servicing“) als ein Mittel vorgesehen werden, um die Dauerfestigkeit, Beständigkeit, Verfügbarkeit und operative Effizienz der eingesetzten Weltraumressourcen zu erhöhen und gleichzeitig die Kosten für den Einsatz und die Wartung der Ressourcen zu verringern;

Governance

26.    unterstützt eine leistungsfähige säulenübergreifende Kooperation unter Einbeziehung aller relevanten Akteure (d.h. der Kommission, des Rates, der EDA und des Europäischen Satellitenzentrums), um die Sicherheitspolitik und die Datensicherheit im Zusammenhang mit der ESVP sicherzustellen;

27.    empfiehlt nachdrücklich die Förderung des gleichberechtigten Zugangs aller EU-Mitgliedstaaten zu operationellen Daten, die innerhalb eines verstärkten ESVP-Rahmens mit weltraumgestützten Systemen gesammelt werden;

28.    empfiehlt, dass die administrativen und finanziellen Kapazitäten für die Durchführung von Weltraumaktivitäten von der EDA entwickelt werden;

Finanzierung

29.    weist darauf hin, dass der EU-Haushalt für den Zeitraum 2007-2013 Ausgaben in Höhe von ungefähr 5,25 Milliarden Euro für gemeinsame europäische Weltraumaktivitäten vorsieht, woraus sich für diesen Zeitraum Ausgaben von durchschnittlich 750 Millionen Euro pro Jahr ergeben;

30.    fordert die Europäische Union auf, ein Betriebsbudget für Weltraumressourcen zu schaffen, die der Unterstützung der ESVP und europäischer Sicherheitsinteressen dienen;

31.    ist besorgt über den Mangel an Abstimmung unter den Mitgliedstaaten, der zu knappen Ressourcen wegen unnötiger Doppelarbeit führt; unterstützt deshalb den Gedanken, gemeinsame Programme der Mitgliedstaaten auf den Weg zu bringen, die langfristig zu Kosteneinsparungen führen werden;

32.    stellt ferner fest, dass geschätzt wird, dass sich die Kosten des Fehlens eines gemeinsamen europäischen Ansatzes bei Beschaffung, Wartung und Betrieb von Weltraumressourcen auf hunderte von Millionen Euro belaufen;

33.    weist darauf hin, dass die Erfahrung gezeigt hat, dass groß angelegte gemeinsame Projekte nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden können, wenn 27 verschiedene nationale Haushaltsbehörden, die den Grundsatz des angemessenen Mittelrückflusses („juste retour“) anwenden, beteiligt sind; empfiehlt daher mit Nachdruck, dass diese Projekte und Programme aus dem EU-Haushalt finanziert werden;

34.    stellt fest, dass nach den vorliegenden Schätzungen von Fachleuten das Investitionsvolumen, das für den Bedarf der europäischen Sicherheit und Verteidigung bei satellitengestützter Telekommunikation notwendig ist, und die angemessenen Ausgaben der Europäischen Union für Erdbeobachtung und Aufklärung, einschließlich Fernmelde- und elektronische Aufklärung, erheblich erhöht werden sollten, um dem Bedarf und den Zielen einer umfassenden Weltraumpolitik gerecht zu werden;

35.    ist der Meinung, dass die Europäische Union, die Europäische Weltraumorganisation, die EDA und ihre Mitgliedstaaten für eine verlässliche und angemessene Finanzierung der beabsichtigten Weltraumaktivitäten und die damit zusammenhängende Forschung sorgen sollten; misst der Finanzierung aus dem Haushalt der EU, wie etwa beim Galileo-Projekt, große Bedeutung bei;

Schutz der Weltrauminfrastruktur

36.    betont, wie empfindlich die strategischen Weltraumressourcen sowie die Infrastruktur für einen Zugang zum Weltraum, wie etwa Trägerraketen und Weltraumbahnhöfe, sind; betont deshalb, dass sie in angemessener Weise durch einen bodengestützten Raketenabwehrschirm („theatre missile defence“), Flugzeuge und Raumüberwachungssysteme geschützt werden müssen; unterstützt darüber hinaus den Austausch von Daten mit internationalen Partnern in dem Fall, dass Satelliten durch feindliche Aktionen unbrauchbar gemacht werden;

37.    fordert, dass die Anfälligkeit künftiger europäischer Satellitensysteme durch Anti-Jamming-Technik, Abschirmung, Reparatur- und Wartungsarbeiten in der jeweiligen Umlaufbahn („on-orbit servicing“), Architekturen mit hohen Umlaufbahnen („high-orbit architectures“) und Architekturen mit einer Konstellation von mehreren Umlaufbahnen („multi-orbital constellation architectures“) reduziert wird;

38.    betont, dass die Schutzmaßnahmen in vollem Umfang mit internationalen Normen im Bereich der friedlichen Nutzung des Weltraums und mit den allgemein anerkannten Maßnahmen zur Förderung der Transparenz und zur Vertrauensbildung (TCBMs) im Einklang stehen müssen; fordert die EU-Mitgliedstaaten auf, die Möglichkeit zu prüfen, rechtlich oder politisch verbindliche Vorschriften für Weltraumakteure sowie ein System zur Regelung des Weltraumverkehrs zu entwickeln;

39.    betont, dass moderne Kommunikation aufgrund dieser Anfälligkeit nie vollständig von weltraumgestützten Technologien abhängig gemacht werden sollte;

Internationaler Rechtsrahmen für die Nutzung des Weltraums

40.    betont erneut die Bedeutung des Grundsatzes der Nutzung des Weltraums für friedliche Zwecke, der im Weltraumvertrag von 1967 ausgedrückt wird; hat deshalb Bedenken hinsichtlich einer möglichen Bewaffnung des Weltraums;

41.    fordert nachdrücklich, dass die europäische Weltraumpolitik unter keinen Umständen zur Militarisierung und Bewaffnung des Weltraums beiträgt;

42.    fordert eine Stärkung des internationalen Rechtsrahmens zur Regulierung und zum Schutz der nichtaggressiven Nutzung des Weltraums und zur Stärkung der Maßnahmen zur Förderung der Transparenz und zur Vertrauensbildung (TCBMs) im Rahmen der Erstellung von Leitlinien zur Verminderung des Weltraumschrotts durch den Ausschuss der Vereinten Nationen für die friedliche Nutzung des Weltraums (COPUOS), die in Einklang mit den Maßnahmen des interinstitutionellen Koordinierungsausschusses für Weltraummüll stehen, sowie die Ausarbeitung eines multilateralen Abkommens zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum durch die VN-Abrüstungskonferenz; ersucht ferner den EU-Vorsitz, die EU proaktiv im COPUOS zu vertreten; fordert die EU-Organe auf, sich für eine Konferenz zur Überprüfung des Weltraumvertrags einzusetzen, um den Vertrag zu verstärken und seinen Umfang im Hinblick auf ein Verbot aller Waffen im Weltraum zu erweitern;

43.    fordert von allen internationalen Akteuren, von der Nutzung offensiver Ausrüstungen im Weltraum abzusehen; ist besonders beunruhigt über die gegen Satelliten eingesetzte destruktive Kraft, wie etwa beim chinesischen Antisatellitentest im Januar 2007, und die Folgen des massiven Anstiegs von Weltraumschrott für die Weltraumsicherheit; empfiehlt deshalb die Annahme eines rechtlich verbindlichen internationalen Instruments, bei dem der Schwerpunkt auf das Verbot des Einsatzes von Waffen gegen Weltraumressourcen und die Stationierung von Waffen im Weltraum gelegt wird;

44.    fordert alle Nutzer des Weltraums auf, ihre Satelliten, einschließlich militärischer Satelliten, als Maßnahme zur Förderung der Transparenz und zur Vertrauensbildung bei der Weltraumsicherheit zu registrieren; unterstützt den Rat, der sich für einen umfassenden EU-Verhaltenskodex für Weltraumobjekte einsetzt; fordert, dass dieser Kodex in ein rechtsverbindliches Instrument umgewandelt wird;

45.    fordert die Vereinten Nationen und die Europäische Union nachdrücklich auf, sich für die aktive Verminderung von für Satelliten gefährlichem Weltraumschrott und für den Schutz vor ihm einzusetzen;

Transatlantische Zusammenarbeit bei der Weltraumpolitik und Raketenabwehr

46.    fordert die Europäische Union und die NATO nachdrücklich auf, einen strategischen Dialog über die Weltraumpolitik und die Raketenabwehr aufzunehmen und dabei den rechtlichen Imperativ zu berücksichtigen, wonach jede Maßnahme zu vermeiden ist, die mit dem Grundsatz der friedlichen Nutzung des Weltraums unvereinbar sein könnte, insbesondere zur Komplementarität und Interoperabilität von Systemen für Satellitenkommunikation, Weltraumüberwachung und Frühwarnsystemen für ballistische Flugkörper sowie über den Schutz europäischer Streitkräfte durch einen Raketenabwehrschirm („theatre missile defence system“);

47.    fordert die Europäische Union und die Vereinigten Staaten von Amerika auf, einen strategischen Dialog über die Nutzung von Weltraumressourcen aufzunehmen und weltweit - innerhalb und außerhalb der Vereinten Nationen - eine führende Rolle einzunehmen, wenn es darum geht, zu gewährleisten, dass der Weltraum ausschließlich friedlichen Maßnahmen vorbehalten bleibt;

Sonstige internationale Zusammenarbeit

48.    begrüßt die engere Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und Russland im Rahmen des dreiseitigen Weltraumdialogs, der 2006 zwischen der Kommission, der Europäischen Weltraumorganisation und Roscosmos (der Russischen Weltraumorganisation) eingerichtet wurde, einschließlich Weltraumanwendungen (Satellitennavigation, Erdbeobachtung und Satellitenkommunikation) und Zugang zum Weltraum (Trägerraketen und zukünftige Raumtransportsysteme);

°

°         °

49.    beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Europäischen Weltraumorganisation, den Parlamenten der Mitgliedstaaten und den Generalsekretären der Vereinten Nationen, der NATO und der OSZE zu übermitteln.

  • [1]  ABl. C 96 E vom 21.04.2005, S. 136.
  • [2]  ABl. C 33 E vom 9.02.2006, S. 580.
  • [3]  ABl. C 136 vom 20.6.2007, S. 1.
  • [4]  Angenommene Texte, P6_TA(2008)0167.

BEGRÜNDUNG

1.   Einleitung

In der Europäischen Sicherheitsstrategie von 2003 wird ein weiter Begriff von Sicherheit verwendet. Die sich aus der Strategie ergebenden Aufgaben umfassen Friedenssicherungseinsätze, Schutz kritischer Infrastrukturen und unserer gemeinsamen Außengrenzen, Nichtverbreitung und Überwachung der Einhaltung von Verträgen.

Die Fähigkeit, diesen Herausforderungen gerecht zu werden, hängt von der Verfügbarkeit satellitengestützter Systeme ab, was immer mehr der Fall sein wird. Um die bestehenden Lücken bei den Fähigkeiten in diesem Bereich zu schließen, schlägt der Berichterstatter eine engere Zusammenarbeit bei der Entwicklung gemeinsamer europäischer Systeme im Bereich der Weltraumtechnologie vor.

2.   Europäische Weltraumpolitik

In dem Bericht wird die Annahme der europäischen Weltraumpolitik durch den Rat begrüßt, wie sie in einer gemeinsamen Mitteilung der Kommission und von ESA vorgeschlagen wurde, insbesondere das Kapitel über Sicherheit und Verteidigung.

Dem Rat wird nahe gelegt, die europäische Weltraumpolitik in einem Weißbuch zur Umsetzung der europäischen Sicherheitsstrategie zu erwähnen.

Außerdem wird durch den Vertrag von Lissabon eine Rechtsgrundlage für die europäische Weltraumpolitik sowie für die Möglichkeit einer ständigen strukturierten Zusammenarbeit in Sicherheits- und Verteidigungsfragen und einer verstärkten Zusammenarbeit im zivilen Bereich geschaffen.

3.   Satellitengestützte Systeme

Die satellitengestützten Systeme im Bereich Erdbeobachtung und Aufklärung, Telekommunikation, Navigation, Ortung und Zeitbestimmung sind die „Augen und Ohren“ derjenigen, die sie besitzen. Sie können militärischen oder zivilen Charakter haben.

Deshalb ist es für die EU-Länder von ausschlaggebender Bedeutung, Zugang zu den durch solche Systeme erhobenen Daten zu haben, um den Entscheidungsträgern im Rahmen der ESVP und der GASP aussagekräftige Informationen zu liefern. Da es allgemein anerkannt ist, dass die Raumfahrt für Krisenbewältigungsoperationen der EU notwendig ist und dass sie der EU wesentliche Vorteile bei der Überwachung der Nichtverbreitung und der Überprüfung internationaler Verträge bieten kann, sollten die EU-Mitgliedstaaten, die ESA und verschiedene Akteure ermuntert werden, die bestehenden nationalen und multinationalen Weltraumsysteme optimal zu nutzen und ihre gegenseitige Komplementarität zu fördern.

Diese Fähigkeiten können aber auch zur „Achillesferse“ werden, wenn sie zum Ziel feindlicher staatlicher oder nichtstaatlicher Akteure werden oder einfach mit Weltraumschrott kollidieren. Deshalb wird empfohlen, ein Raumüberwachungssystem zu bauen, das europäische Satelliten besser schützen könnte.

Die Erdbeobachtung kann eine ständige und weit reichende Überwachung für eine ständig aktualisierte Lageüberprüfung und Gebietskartierung bieten. Die Telekommunikationssatelliten (Satcom) sind oft das einzige verfügbare Mittel, eine vollständig funktionstüchtige „Informationskette“ zu schaffen. Sie können dazu benutzt werden, in der Fernaufklärung erhobene Daten zu weit entfernt liegenden Hauptquartieren zu übermitteln und Informationen vor Ort an verschiedene Einheiten weiterzugeben.

Eine weitere Normierung und Standardisierung auf europäischer Ebene im Bereich Forschung, technische Entwicklung und Produktion könnte sowohl bei der Erdbeobachtung als auch im Bereich der Satcom ins Auge gefasst werden. Dies würde dazu führen, dass verlustbringende Doppelarbeit vermieden und Skaleneffekte sowie Einsparungen möglich sind.

Außerdem könnten ESVP-Operationen aus einem höheren Interoperabilitätsgrad bei den von EU-Mitgliedstaaten betriebenen Weltraumressourcen Nutzen ziehen.

Die EU-Mitgliedstaaten haben mehrere Weltraumsysteme entwickelt, um ihren Sicherheitsbedarf auf einer nationalen Grundlage zu decken. Allerdings sprechen knappe Haushaltsmittel und die Notwendigkeit von Interoperabilität für einen integrierteren europäischen Ansatz. Frankreich ist bei dieser Entwicklung führend und bereitet bilaterale bzw. multilaterale Rahmenabkommen mit anderen EU-Mitgliedstaaten (Deutschland, Italien, dem Vereinigten Königreich und Spanien) vor.

3.1 Erdbeobachtung und Aufklärung

Mehrere Länder haben ihre eigenen Erdbeobachtungssysteme aufgebaut bzw. sind dabei, dies zu tun: Frankreich (seit 1986 mit SPOT 1 bis Helios B und Pleiades), Italien (Cosmo-SkyMed), Deutschland (SAR-Lupe), Spanien (SEOSAT im Rahmen des europäischen GMES-Projekts), Schweden (SVEA-Projekt, bei dem die Genehmigung der Streitkräfte noch aussteht) und Großbritannien (Topsat). Einige von ihnen wurden für einen doppelten Verwendungszweck konzipiert und andere für eine Nutzung durch mehr als ein Land. Die EU-Mitgliedstaaten, die die verschiedenen Arten von Satelliten zur Radar-, optischen und Wetterbeobachtung sowie die Aufklärungssysteme verwalten, müssen für ihre Kompatibilität sorgen.

Die bi- und multilateralen Vereinbarungen zwischen den führenden EU-Ländern sind deshalb als ein Mittel zum Einsparen von Steuergeldern nachdrücklich zu unterstützen. Frankreich und Italien haben die „Turin-Vereinbarung“ auf der Grundlage der Kombination der beiden jeweiligen Fähigkeiten (optische und Radarbeobachtung – ORFEO[1]) unterzeichnet, um ihre gegenseitigen Programme zu ergänzen. Aus dem gleichen Grund haben auch Frankreich und Deutschland eine Vereinbarung zum Austausch bilateraler Fähigkeiten zwischen SAR Lupe und Helios II im Jahr 2002 (Schwerin-Vereinbarung) unterzeichnet. Das Europäische Parlament könnte die Errichtung eines „europäisierten“ Aufklärungssystems, wie dem geplanten künftigen MUSIS[2] unterstützen.

Was die Fähigkeiten der Europäischen Union im Bereich Erdbeobachtung betrifft, liefert das EU-Satellitenzentrum (EUSC) mit Sitz in Torrejón (Spanien) synthetische Bildanalysen für Sicherheitszwecke zur Unterstützung von ESVP-Operationen unter Einsatz von offenen Quellen und Quellen der Mitgliedstaaten. Solange keine Vereinbarungen zwischen dem EUSC und den EU-Mitgliedstaaten zur Lieferung verfügbarer Bilddaten für ESVP-Operationen geschlossen werden, schöpft das EUSC sein Potenzial nicht in vollem Umfang aus.

Schließlich ist das GMES (Global Monitoring for Environment and Security – Globale Umwelt- und Sicherheitsüberwachung), eine von der Kommission geleitete europäische Initiative, zu erwähnen, die Dienste für die zivile Sicherheit im Umwelt- und humanitären Bereich aber auch als Beitrag zur Überprüfung einiger Abrüstungsverträge erbringen soll. GMES wird sich auf Beobachtungsdaten von Erdbeobachtungssatelliten und auf bodengestützte Informationen stützen. Sobald die ersten Dienste im Jahr 2008 verfügbar sind (Kartierung, Unterstützung von Notfallmanagement und Vorausschau), dürfte es zur Unterstützung von ESVP-Operationen zur Verfügung stehen, und eine operative Haushaltslinie sollte im EU-Haushalt eingerichtet werden.

Darüber hinaus sollten die EU-Mitgliedstaaten weltraumgestützte Erkenntnisse nicht nur für ESVP-Operationen sondern auch für eine eigenständige Beurteilung der Bedrohungslage bündeln und austauschen.

3.2 Telekommunikation

Militär- und Sicherheitskreise bedienen sich immer mehr kommerzieller Systeme, die eine größere Bandbreite komplexer militärischer Systeme bieten. Die sichere Kommunikation ist eine Voraussetzung für alle ESVP-Operationen, wenn sie erfolgreich sein sollen. Derzeitige militärische Satcom-Architekturen bestehen hauptsächlich aus Diensten auf zwei Ebenen: ungeschützte Kommunikationen und stark geschützte militärische Übertragungen. In Europa haben nur wenige Länder Hochsicherheitsfähigkeiten entwickelt (wegen technologischer und Haushaltsprobleme), und zwei von ihnen (Frankreich und das Vereinigte Königreich) sind Nuklearmächte. Das Vereinigte Königreich nutzt sein eigenes Skynet-System, wobei die letzte Version (Skynet V) für doppelte Verwendungszwecke konzipiert ist. Die französischen Streitkräfte haben sich nach der Nutzung der zivilen Satellitenplattform (Telecom-2) für ein ausschließlich militärisches Programm (Syracuse III) entschieden. Italien und Spanien haben ihre eigenen militärischen Satcom (SIRAL bzw. Spainsat) entwickelt. Außerdem wurden die gebündelten französischen, italienischen und britischen Fähigkeiten von der NATO dazu ausgewählt, eine erste so genannte „Satcom Post-2000“-Architektur für Kommunikationen zu liefern. Schließlich werden ab 2009 zwei neue deutsche militärische Satelliten (mit der Bezeichnung SatcomBw) in eine Umlaufbahn gebracht.

Ihr Berichterstatter fordert, dass die derzeitigen und künftigen satellitengestützten Telekommunikationssysteme, die der EU zur Verfügung stehen, untereinander interoperabel sind. Im Idealfall sollten künftige Generationen von Satcom auf sehr viel kooperativere Weise, als das bisher der Fall ist, in eine Umlaufbahn gebracht und finanziert werden.

Außerdem sollte die laufende Entwicklung von softwaregesteuerten Funkanlagen durch die Europäische Verteidigungsagentur in Abstimmung mit der Kommission unterstützt werden. Dabei muss es eine vollständige Interoperabilität des Bodensegments der Telekommunikationssysteme geben.

3.3 Navigation – Ortung – Zeitbestimmung

Im Rahmen der gemeinsamen EG/ESA-Initiative wird Europa ein neues globales Satellitennavigationssystem (GNSS) mit Namen Galileo bis 2013 verwalten: ein System von 30 Satelliten, die den Nutzern mit den entsprechenden Empfangsanlagen die Möglichkeit bietet, mit extremer Genauigkeit ihre Position zu bestimmen. Der Berichterstatter begrüßt den im November 2007 von der EU erreichten Kompromiss und unterstreicht die Notwendigkeit, dass Galileo für eigenständige ESVP-Operationen (insbesondere sein staatlich regulierter Dienst) uneingeschränkt zur Verfügung steht.

3.4 Satellitengestützte Frühwarnsysteme gegen ballistische Flugkörper

Projekte, die zu Frühwarnsystemen gegen den Abschuss ballistischer Flugkörper führen (wie etwa das französische „Spirale“) müssen unterstützt werden. Durch sie erlangte Informationen müssen – sobald sie fertiggestellt sind – in Zukunft mit allen EU-Mitgliedstaaten ausgetauscht werden.

3.5 Fernmelde- und elektronische Aufklärung

Die Entwicklung und der Austausch von Erkenntnissen der Fernmelde- und elektronischen Aufklärung (elektronische Aufklärung / wie etwa das französische „Essaim“ / und Kommunikationsaufklärung) werden auf europäischer Ebene zur Unterstützung von ESVP-Operationen empfohlen.

4.   Weltraumüberwachung und Schutz der Weltrauminfrastruktur

Derzeit ist Europa weitgehend von der Weltraumüberwachung (d.h. systematische Verfolgung von Objekten im Weltraum) mit Radar und optischen Teleskopen abhängig, die durch die USA und Russland durchgeführt wird. Allerdings haben die ESA und die Kommission einen Dialog über die Festlegung der möglichen Schaffung eines europäischen Weltraumüberwachungssystems mit dem Ziel der Weltraumlageerfassung eingeleitet. Der deutsche TIRA-Radar und der französische GRAVES-Radar könnten an dem System teilnehmen.

Diese Maßnahmen sind unabdingbar, wenn die EU für einen besseren Schutz ihrer Satelliten sorgen will. Die empfindlichen strategischen Weltraumressourcen sowie die Infrastruktur für einen Zugang zum Weltraum müssen in angemessener Weise geschützt werden. Es wird der Austausch von Daten mit internationalen Partnern in dem Fall vorgeschlagen, dass Satelliten durch feindliche Aktionen unbrauchbar gemacht werden.

5.   Eigenständiger Zugang zum Weltraum und internationales Umfeld

Nach Ansicht des Berichterstatters ist ein sicherer, unabhängiger und nachhaltiger Zugang zum Weltraum durch die EU eine der Grundvoraussetzungen für ein eigenständiges Handeln der EU. Deshalb wird empfohlen, die Beförderung von europäischen nichtkommerziellen Satelliten in den Weltraum durch europäische Trägerraketen vom EU-Gebiet aus durchzuführen, wobei die Sicherheitsaspekte der Beschaffung und des Schutzes der industriellen und technischen Grundlagen der europäischen Verteidigungsindustrie berücksichtigt werden. Strategische langfristige Investitionen in neue europäische Trägerraketen sollten sobald wie möglich eingeleitet werden. Die Trägerrakete Ariane 5 muss in Kürze durch ein wiederzündbares Triebwerk verbessert werden, um ihren Wettbewerbsvorteil zu erhalten.

6.   Governance

Eine integrierte europäische weltraumgestützte Architektur muss künftig mit einem leistungsfähigen säulenübergreifenden Kooperationsrahmen unter Einbeziehung der Kommission, des Rates, der EDA, des EUSC und der ESA geschaffen werden. Ein verstärkter ESVP-Rahmen muss geschaffen werden, um den kleineren EU-Ländern mit geringeren Möglichkeiten zur Finanzierung ihrer eigenen Raumfahrt Zugang zu operationellen Daten zu gewähren.

7.   Finanzierung

Ihr Berichterstatter fordert die EU auf, für eine verlässliche und angemessene Finanzierung der beabsichtigten Weltraumaktivitäten zu sorgen und ein Betriebsbudget für die Dienste von Weltraumressourcen zur Unterstützung der ESVP und europäischer Sicherheitsinteressen zu schaffen.

Der Mangel an Abstimmung unter den EU-Ländern führt zu knappen Ressourcen, weswegen gemeinsame Programme von den EU-Mitgliedstaaten aufgestellt werden sollten, wodurch langfristig Kosten eingespart werden. Es ist bemerkenswert, dass die Kosten des Fehlens eines gemeinsamen europäischen Ansatzes bei Beschaffung, Wartung und Betrieb von Weltraumressourcen auf hunderte von Millionen Euro geschätzt wird.

Künftige satellitengestützte Fähigkeiten für Sicherheits- und Verteidigungszwecke wie MUSIS sollten aus dem EU-Haushalt finanziert werden.

8.   Internationaler Rechtsrahmen für die Nutzung des Weltraums

In dem Bericht werden Bedenken hinsichtlich der Aussichten einer möglichen Bewaffnung des Weltraums geäußert und die Bedeutung des Grundsatzes der Nutzung des Weltraums für friedliche Zwecke erneut betont, der im Weltraumvertrag von 1967 ausgedrückt wird.

Außerdem sollte der internationale Rechtsrahmen zur Regulierung und zum Schutz der nicht aggressiven Nutzung des Weltraums gestärkt werden, insbesondere im Rahmen des Ausschusses der Vereinten Nationen für die friedliche Nutzung des Weltraums (COPUOS) durch die Erstellung von Leitlinien zur Verminderung des Weltraumschrotts. Diese Maßnahmen sollten im Einklang mit den Maßnahmen des interinstitutionellen Koordinierungsausschusses für Weltraummüll und der VN-Abrüstungskonferenz stehen, die derzeit ein multilaterales Abkommen zur Verhinderung eines Wettrüstens im Weltraum (PAROS) ausarbeiten. Der EU-Vorsitz sollte die EU proaktiv in den vorstehend erwähnten VN-Gremien vertreten.

Alle internationalen Akteure müssen der Nutzung offensiver Ausrüstungen im Weltraum, wie etwa beim chinesischen Antisatellitentest im Januar 2007, der alarmierende Mengen von Weltraumschrott erzeugte, abschwören. Die Vereinten Nationen und die EU müssen dafür eintreten, dass Weltraummüll, der für Satelliten gefährlich ist, vermindert wird und entsprechende Schutzvorkehrungen getroffen werden.

Trotz der derzeitigen Praxis und entgegen ihren Verpflichtungen registrieren nicht alle Weltraumnutzer ihre Satelliten, einschließlich der militärischen. Die Registrierungspflicht sollte aufrechterhalten werden, da sie eine vertrauensbildende Maßnahme zur Weltraumsicherheit ist. Zusätzlich kann die Tatsache, dass sich der Rat um einen umfassenden EU-Verhaltenskodex für Weltraumobjekte einsetzt, für einen sichereren Weltraum sorgen.

9.   Transatlantische und andere internationale Zusammenarbeit bei der Weltraumpolitik

Die engere Zusammenarbeit zwischen der EU und Russland im Rahmen des dreiseitigen Weltraumdialogs, der 2006 zwischen der Kommission, der Europäischen Weltraumorganisation und Roscosmos (der russischen Weltraumorganisation) eingerichtet wurde, ist zwar nachdrücklich zu begrüßen, die Zusammenarbeit mit den USA und der NATO weist aber einen Rückstand auf.

Deshalb fordert Ihr Berichterstatter die EU und die USA auf, einen strategischen Dialog über die Nutzung von Weltraumressourcen aufzunehmen.

Die EU und die NATO werden nachdrücklich aufgefordert, einen ähnlichen Dialog über die Weltraumpolitik und die Raketenabwehr aufzunehmen, insbesondere zur Komplementarität und Interoperabilität von Systemen für Satellitenkommunikation, Weltraumüberwachung und Frühwarnsystemen für ballistische Flugkörper sowie über den Schutz europäischer Streitkräfte durch einen Raketenabwehrschirm („theatre missile defence system“).

  • [1]  ORFEO – Optical and Radar Federated Earth Observation, französisch-italienische Vereinbarung unter Einbindung von Cosmo-Skymed und Pleiades.
  • [2]  MUSIS – Multinational Space-Based Imaging System for Surveillance, reconnaissance and observation (auf der Grundlage des BOC-Dokuments – Besoin Opérationnel Commun).

STELLUNGNAHME des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie (30.5.2008)

für den Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten

zu Weltraum und Sicherheit
(2008/2030(INI))

Verfasserin der Stellungnahme: Romana Jordan Cizelj

VORSCHLÄGE

Der Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie ersucht den federführenden Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten, folgende Vorschläge in seinen Entschließungsantrag zu übernehmen:

–  unter Hinweis auf den am 13. Dezember 2007 unterzeichneten Vertrag von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, mit dem ein neuer Artikel 172a in den Titel „Forschung und technologische Entwicklung“ eingefügt und so eine Rechtsgrundlage für die europäische Raumfahrtpolitik geschaffen wurde,

Allgemeine Überlegungen

1.  äußert seine Zufriedenheit mit der Einfügung von Artikel 172a über die europäische Weltraumpolitik in den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union und begrüßt die ihm und dem Rat gegebene Möglichkeit, gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren die notwendigen Maßnahmen zur Schaffung eines europäischen Raumfahrtprogramms zu erlassen;

2.  fordert die Kommission auf, ihm und dem Rat einen geeigneten Vorschlag für solche Maßnahmen vorzulegen, zusammen mit einer Mitteilung über die Herstellung zweckdienlicher Verbindungen zur Europäischen Weltraumorganisation;

Navigation – Ortung

3.  nimmt die zwischen dem Parlament und dem Rat in erster Lesung erzielte Einigung in Bezug auf den Vorschlag für eine Verordnung über die weitere Durchführung der europäischen Satellitennavigationsprogramme (EGNOS und Galileo) zur Kenntnis, der zufolge die Gemeinschaft Eigentümerin des Systems ist und dessen Errichtungsphase vollständig aus dem Gemeinschaftshaushalt finanziert wird;

4.  verweist auf seinen am 23. April 2008[1] angenommenen Standpunkt, und insbesondere auf die Tatsache, dass die Programme EGNOS und Galileo als eine der Errungenschaften des künftigen europäischen Weltraumprogramms gelten sollten, sowie auf die Lenkungsstruktur der Programme zusammen mit dem Interinstitutionellen Galileo-Ausschuss, die als Modell bei der Entwicklung einer europäischen Weltraumpolitik dienen könnte.

ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS

Datum der Annahme

28.5.2008

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

50

0

0

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Šarūnas Birutis, Jan Březina, Philippe Busquin, Jerzy Buzek, Jorgo Chatzimarkakis, Giles Chichester, Dragoş Florin David, Pilar del Castillo Vera, Lena Ek, Adam Gierek, Norbert Glante, Umberto Guidoni, András Gyürk, Fiona Hall, David Hammerstein, Erna Hennicot-Schoepges, Ján Hudacký, Romana Jordan Cizelj, Anne Laperrouze, Eugenijus Maldeikis, Eluned Morgan, Angelika Niebler, Reino Paasilinna, Atanas Paparizov, Aldo Patriciello, Francisca Pleguezuelos Aguilar, Anni Podimata, Miloslav Ransdorf, Vladimír Remek, Herbert Reul, Teresa Riera Madurell, Paul Rübig, Andres Tarand, Patrizia Toia, Catherine Trautmann, Claude Turmes, Alejo Vidal-Quadras

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende(r) Stellvertreter(-in/-innen)

Gabriele Albertini, Alexander Alvaro, Ivo Belet, Manuel António dos Santos, Robert Goebbels, Satu Hassi, Edit Herczog, Pierre Pribetich, Bernhard Rapkay, Silvia-Adriana Ţicău, Lambert van Nistelrooij

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende(r) Stellv. (Art. 178 Abs. 2)

Emmanouil Angelakas, Nicolae Vlad Popa

ERGEBNIS DER SCHLUSSABSTIMMUNG IM AUSSCHUSS

Datum der Annahme

3.6.2008

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

43

6

1

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Monika Beňová, André Brie, Colm Burke, Philip Claeys, Véronique De Keyser, Hanna Foltyn-Kubicka, Georgios Georgiou, Bronisław Geremek, Maciej Marian Giertych, Ana Maria Gomes, Alfred Gomolka, Klaus Hänsch, Anna Ibrisagic, Jelko Kacin, Ioannis Kasoulides, Maria Eleni Koppa, Helmut Kuhne, Willy Meyer Pleite, Philippe Morillon, Annemie Neyts-Uyttebroeck, Baroness Nicholson of Winterbourne, Raimon Obiols i Germà, Alojz Peterle, Tobias Pflüger, João de Deus Pinheiro, Samuli Pohjamo, Raül Romeva i Rueda, Libor Rouček, Katrin Saks, José Ignacio Salafranca Sánchez-Neyra, Jacek Saryusz-Wolski, György Schöpflin, István Szent-Iványi, Inese Vaidere, Ari Vatanen, Jan Marinus Wiersma, Luis Yañez-Barnuevo García, Zbigniew Zaleski, Josef Zieleniec

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende(r) Stellvertreter(-in/-innen)

Maria Badia i Cutchet, Giulietto Chiesa, Alexandra Dobolyi, Árpád Duka-Zólyomi, Evgeni Kirilov, Jaromír Kohlíček, Miloš Koterec, Doris Pack, Rihards Pīks, Jean Spautz, Karl von Wogau