ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu den Menschenrechten und der politischen Lage in Kuba
7.6.2021 - (2021/2745(RSP))
gemäß Artikel 132 Absatz 2 der Geschäftsordnung
Leopoldo López Gil, Michael Gahler, Isabel Wiseler-Lima, Gabriel Mato, Antonio López-Istúriz White
im Namen der PPE-Fraktion
Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B9-0341/2021
B9-0341/2021
Entschließung des Europäischen Parlaments zu den Menschenrechten und der politischen Lagen in Kuba
Das Europäische Parlament,
– unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Kuba, insbesondere die Entschließungen vom 15. November 2018[1] zur Menschenrechtslage in Kuba, vom 3. Dezember 2019[2] zu dem Fall José Daniel Ferrer und vom 5. Juli 2017 zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über den Abschluss – im Namen der Europäischen Union – des Abkommens über politischen Dialog und Zusammenarbeit[3] zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Kuba andererseits,
– unter Hinweis auf das Abkommen über politischen Dialog und Zusammenarbeit (Political Dialogue and Cooperation Agreement – PDCA) zwischen der Europäischen Union und Kuba, das im Dezember 2016 unterzeichnet wurde und seit dem 1. November 2017 vorläufig angewandt wird[4],
– unter Hinweis auf die Anhörung zu Kuba der Delegation für die Beziehungen zu den Ländern Mittelamerikas, die am 11. Dezember 2020 stattfand,
– unter Hinweis auf die informelle Videokonferenz der Mitglieder des Gemeinsamen Rates EU-Kuba vom 20. Januar 2021[5],
– unter Hinweis auf den dritten förmlichen Menschenrechtsdialog im Rahmen des PDCA vom 26. Februar 2021[6],
– unter Hinweis auf die vom Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen im Mai 2018 durchgeführte allgemeine regelmäßige Überprüfung zu Kuba,
– unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR) sowie weitere internationale Menschenrechtsverträge und -instrumente,
– unter Hinweis auf den Jahresbericht 2020 der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (IAMRK),
– unter Hinweis auf die öffentlichen Anhörungen der 179. Tagung der IAMRK,
– unter Hinweis auf die Entschließungen 7/2021, 14/2021 und 24/2021 der IAMRK,
– unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, das am 10. Dezember 1984 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen angenommen wurde und dem Kuba als Vertragsstaat angehört,
– unter Hinweis auf die EU-Leitlinien zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern,
– unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, die Kuba unterzeichnet hat,
– gestützt auf Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass das Europäische Parlament am 5. Juli 2017 dem PDCA zugestimmt hat; in der Erwägung, dass das Parlament zusammen mit seiner Zustimmung zum PDCA eine Entschließung angenommen hat, in der es die EU aufforderte, die Vorstellungen des Parlaments über Demokratie, universelle Menschenrechte und Grundfreiheiten wie der Meinungsfreiheit, der Versammlungsfreiheit, der Freiheit der politischen Vereinigung und der Informationsfreiheit in all ihren Ausprägungen zu unterstützen; in der Erwägung, dass beide Vertragsparteien mit dem PDCA ihre Achtung der universellen Menschenrechte bekräftigt haben, wie es auch in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und weiteren einschlägigen internationalen Instrumenten zu den Menschenrechten festgelegt ist; in der Erwägung, dass im PDCA eine sogenannte Menschenrechtsklausel enthalten war, bei der es sich um ein wesentliches Standardelement von internationalen Übereinkommen der EU handelte, wodurch möglich wurde, das PDCA bei Menschenrechtsverletzungen auszusetzen;
B. in der Erwägung, dass die Menschenrechte, die Freiheit sowie die Würde und das Wohlergehen der Menschen am besten in einer Demokratie vertreten und verteidigt werden, was unter anderem den Wechsel der Macht, freie und faire Wahlen und die Achtung des politischen Pluralismus bedeutet; in der Erwägung, dass Artikel 5 der kürzlich verabschiedeten kubanischen Verfassung die Kommunistische Partei Kubas als oberste Staatsgewalt hervorhebt, was durch die Artikel 4 und 229 noch verstärkt wird, in denen betont wird, dass der Sozialismus ein unumkehrbares System ist; in der Erwägung, dass seit der Verabschiedung der neuen kubanischen Verfassung am 10. April 2019 und in der Zeit bis April 2021 1 946 Rechtsnormen verabschiedet wurden, durch die die Menschenrechte und Grundfreiheiten beschnitten werden;
C. in der Erwägung, dass seit dem Inkrafttreten des PDCA vor fast vier Jahren keine konkreten Fortschritte in Kuba im Hinblick auf die allgemeinen Grundsätze und Ziele erzielt wurden, die durch das Abkommen erreicht werden sollen; in der Erwägung, dass das kubanische Regime im Gegenteil seine Unterdrückung und die Menschenrechtsverletzungen auf der Insel noch verschärft hat; in der Erwägung, dass es seit dem Inkrafttreten des PDCA keine einzige bedeutsame Veränderung in Richtung auf eine Verbesserung der Situation bei Menschenrechten und Grundfreiheiten auf der Insel oder in Richtung auf eine Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen, unter denen die kubanischen Bürger leben, gegeben hat; in der Erwägung, dass sich die Lage in der gesamten kubanischen Gesellschaft weiter verschlechtert hat, was eine neue Welle des Widerstands und friedlicher Demonstrationen von bedeutenden Teilen der kubanischen Gesellschaft hervorgerufen hat, die von den kubanischen staatlichen Stellen und den repressiven Strukturen des Regimes unterdrückt und brutal niedergeschlagen wurde;
D. in der Erwägung, dass der April der repressivste Monat seit Anfang 2021 war, da die kubanische Beobachtungsstelle für Menschenrechte (OCDH) mehr als 1 018 repressive Maßnahmen gegen Menschenrechtsaktivisten und unabhängige Journalisten dokumentiert hat, von denen 206 willkürliche Verhaftungen waren und 13 mit schwerer Gewalt einhergingen; in der Erwägung, dass die kubanischen Behörden illegal in das Haus des unabhängigen Künstlers und Koordinators der San-Isidro-Bewegung, Luis Manuel Otero Alcántara, eindrangen und ihn willkürlich und ohne jegliche Anklage mehrere Stunden lang festhielten; in der Erwägung, dass es nach Angaben der Organisation „Prisoners Defenders“ derzeit 150 politische Gefangene in Kuba gibt; in der Erwägung, dass zwischen März und Mai 2021 31 neue Fälle registriert wurden; in der Erwägung, dass in den 12 Monaten vor dem 1. Juni 2021 199 Fälle von politischen Gefangenen in Kuba verzeichnet wurden, mit 65 neuen Fällen von politischer Inhaftierung, was im Durchschnitt 5,4 neuen Fällen von politischer Inhaftierung pro Monat entspricht; in der Erwägung, dass in den letzten Monaten vermehrt über Folter und Misshandlung politischer Gefangener in der Haft berichtet wird;
E. in der Erwägung, dass das kubanische Strafgesetzbuch Bestimmungen wie „Gefahrenlage“ und „Sicherheitsmaßnahmen vor Straftaten“ enthält, aufgrund derer mehr als 8 000 Personen ohne zurechenbare Straftat inhaftiert sind und 2 500 weitere zu Zwangsarbeit verurteilt wurden;
F. in der Erwägung, dass das kubanische Strafgesetzbuch alle zivilen Mitarbeiter, die die medizinischen Missionen nicht beenden oder sich entscheiden, nicht nach Kuba zurückzukehren, mit Haftstrafen von acht Jahren belegt; in der Erwägung, dass durch die Resolution 168 von 2010 des Ministeriums für internationalen Handel und Auslandsinvestitionen Kubas allen zivilen Angestellten im Ausland, die für den Staat oder für staatliche Unternehmen arbeiten, einschließlich des medizinischen Personals, unstatthafte Aufgaben und Verpflichtungen auferlegt, die gegen die Menschenwürde und die grundlegendsten und fundamentalsten Menschenrechte, die für alle Menschen anerkannt werden müssen, verstoßen; in der Erwägung, dass diese medizinischen Einsätze als eine moderne Form der Sklaverei betrachtet werden könnten; in der Erwägung, dass Kuba gegen die Übereinkommen 29 und 105 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) über Zwangsarbeit verstößt; in der Erwägung, dass Kuba gegen Artikel 38 des PDCA verstößt;
G. in der Erwägung, dass die IAMRK in ihrem Jahresbericht 2020 auf eine Reihe von Vorwürfen über Misshandlungen und Menschenrechtsverletzungen hinweist, die der kubanische Staat gegenüber seinem medizinischen Personal begeht, das unter dem Deckmantel sogenannter medizinischer Missionen ins Ausland entsandt wird; in der Erwägung, dass in der Erklärung der Hochkommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte (CUB 6/2019) zu den kubanischen medizinischen Missionen die prekären und unmenschlichen Arbeitsbedingungen des medizinischen Personals hervorgehoben wurden, Anschuldigungen, die von Human Rights Watch und 622 Zeugenaussagen gestützt wurden;
H. in der Erwägung, dass das Parlament seinen Sacharow-Preis für geistige Freiheit bereits dreimal kubanischen Aktivisten verliehen hat: Oswaldo Payá im Jahr 2002, den Damen in Weiß im Jahr 2005 und Guillermo Fariñas im Jahr 2010; in der Erwägung, dass Sacharow-Preisträger und ihre Angehörigen immer noch regelmäßig schikaniert und eingeschüchtert werden und daran gehindert werden, das Land zu verlassen und an internationalen Veranstaltungen oder an Veranstaltungen des Europäischen Parlaments teilzunehmen;
I. in der Erwägung, dass Sacharow-Preisträger wie Berta Soler und Aktivisten wie Jose Daniel Ferrer, Luis Manuel Otero Alcántara und Reinaldo Escobar mehrfach vom Parlament eingeladen worden sind, zuletzt am 11. Dezember 2020; in der Erwägung, dass die kubanischen Behörden ihre Teilnahme systematisch verhindert haben, wie es im Dezember 2020 der Fall war, indem sie Berta Soler und Reinaldo Escobar willkürlich verhaftet haben und darüber hinaus die Internetverbindung der anderen Teilnehmer eingeschränkt haben; in der Erwägung, dass die Vorsitzende der Delegation für die Beziehungen zu den Ländern Mittelamerikas, der Vorsitzende des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten und eine Vizepräsidentin des Parlaments eine gemeinsame Erklärung unterzeichnet haben, in der sie die Schikanen gegen die Aktivisten scharf kritisieren; in der Erwägung, dass weder der Europäische Auswärtige Dienst (EAD) noch die EU-Delegation in Kuba jemals eine Erklärung zu ihrer Verteidigung abgegeben oder irgendeine Art von öffentlicher oder privater Unterstützung gezeigt haben;
J. in der Erwägung, dass es eine klare oder zumindest stillschweigende Vereinbarung zwischen dem EAD und dem kubanischen Regime gibt, keine öffentliche Kritik an möglichen Menschenrechtsverletzungen durch das kubanische Regime zu äußern; in der Erwägung, dass der EU-Botschafter in Havanna, Alberto Navarro, einen an den Präsidenten der Vereinigten Staaten gerichteten Brief unterzeichnet hat, in dem er unter anderem die Aufhebung des Embargos der USA gegen die Insel sowie die Nichteinmischung in kubanische Angelegenheiten fordert; in der Erwägung, dass diese Tatsache eine klare Überschreitung des diplomatischen Mandats des Botschafters darstellt und die hochgradig politisierte Rolle zeigt, die die EU-Botschaft in Havanna spielt; in der Erwägung, dass Herr Navarro öffentlich Erklärungen abgegeben hat, in denen er bekräftigte, dass „Kuba keine Diktatur“ sei;
K. in der Erwägung, dass der dritte förmliche Menschenrechtsdialog zwischen der EU und Kuba am 26. Februar 2021 stattfand und zu keinen Ergebnissen führte, wie dies auch bei den vorherigen Dialogen der Fall war; in der Erwägung, dass jeder politische Dialog einen direkten intensiven Dialog mit der unabhängigen Zivilgesellschaft und allen politischen Akteuren der Opposition ohne Einschränkungen umfassen muss, wie in Artikel 36 des PDCA betont wird; in der Erwägung, dass das kubanische Regime mehreren nichtstaatlichen Organisationen und unabhängigen Organisationen das Recht auf Teilnahme an diesen Menschenrechtsdialogen verweigert; in der Erwägung, dass der EAD die Vetos des Regimes stillschweigend gebilligt hat; in der Erwägung, dass der Dialog zu greifbaren Ergebnissen führen soll und nicht als Ziel an sich betrachtet werden darf;
L. in der Erwägung, dass das Parlament mehrfach die diplomatischen Vertreter der kubanischen Regierung zu Anhörungen und Aktivitäten in Bezug auf Kuba eingeladen hat; in der Erwägung, dass diese Einladungen nicht nur abgelehnt sondern auch in Form eines Schreibens voller Beleidigungen und unbegründeter Anschuldigungen gegen das Parlament und seine Mitglieder beantwortet wurden; in der Erwägung, dass das Parlament höchstwahrscheinlich die einzige EU-Institution ist, die keine Erlaubnis erhalten hat, das Land nach dem vorläufigen Inkrafttreten des PDCA zu besuchen, eine Haltung, die eindeutig dem wesentlichen Element widerspricht, auf dem ein Abkommen über politischen Dialog beruhen sollte;
1. verurteilt nachdrücklich die Tatsache, dass es politische Gefangene gibt, die anhaltende und permanente politische Verfolgung sowie die Schikanen und willkürlichen Verhaftungen von Dissidenten in Kuba; verurteilt auch die derzeitigen Angriffe auf Künstler der San-Isidro-Bewegung, friedliche Dissidenten, unabhängige Journalisten, Menschenrechtsaktivisten und Mitglieder der politischen Opposition; fordert ein sofortiges Ende dieser Aktionen und die unverzügliche Freilassung aller politischen Gefangenen und derjenigen, die willkürlich allein aufgrund der Ausübung ihrer Meinungs- und Versammlungsfreiheit inhaftiert wurden; fordert bessere Garantien für das Recht auf ein faires Verfahren und die Unabhängigkeit der Justiz sowie die Gewährleistung, dass Personen, denen die Freiheit entzogen wurde, Zugang zu einem unabhängigen Anwalt haben, wie in Artikel 24 des PDCA betont wird;
2. verurteilt aufs Schärfste die willkürliche Inhaftierung von Aymara Nieto Muñoz, Mitzael Díaz Paseiro, Iván Amaro Hidalgo, Edilberto Ronal Arzuaga Alcalá, Yandier García Labrada, Denis Solís González, Luis Robles Elizástegui und der 64 Gefangenen aus Gewissensgründen; fordert die kubanischen Behörden nachdrücklich auf, sie unverzüglich freizulassen;
3. bedauert zutiefst das mangelnde Engagement und die fehlende Bereitschaft des kubanischen Regimes, sich um auch nur minimale Fortschritte in Richtung eines Wandels zu bemühen oder Kanäle zu öffnen, die Wege zu einer Reform des Regimes ermöglichen könnten, die die soziale und politische Teilhabe der kubanischen Gesellschaft sowie die Lebensbedingungen der Bürger verbessern würden, sowie die Ablehnung jeglicher demokratischen Maßnahmen durch das Regime; bedauert, dass sich trotz des Inkrafttretens des PDCA vor fast vier Jahren die Lage der Menschenrechte und der Demokratie nicht verbessert hat und zu keinem substantiellen und greifbaren positiven Ergebnis für das kubanische Volk geführt hat; ist der Auffassung, dass das PDCA nur zur Schönfärberei des kubanischen Regimes und seiner offiziellen Anerkennung vor der internationalen Gemeinschaft beträgt, während es in Wirklichkeit klar ist, dass es sich um den Fall einer antidemokratischen Anomalie in der Region handelt, die nun schon seit mehr als sechs Jahrzehnten andauert;
4. erkennt das Recht des kubanischen Volkes an, die Demokratisierung seines Landes durch einen Dialog mit der Zivilgesellschaft und der politischen Opposition zu fordern, um einen Fahrplan für demokratische Mehrparteienwahlen zu erstellen;
5. fordert den EAD auf, darauf zu bestehen, dass die kubanischen Behörden die verbindlichen Verpflichtungen erfüllen, die im PDCA zwischen der EU und Kuba festgelegt sind, insbesondere in Bezug auf die Achtung der grundlegenden Menschenrechte und der elementaren Grundfreiheiten, wie in Artikel 1 Absatz 5 des Abkommens betont wird;
6. verurteilt die systematischen Arbeits- und Menschenrechtsverletzungen, die der kubanische Staat gegen sein Gesundheitspersonal begeht, das im Rahmen der medizinischen Missionen ins Ausland entsandt wird, und die gegen die wichtigsten von Kuba ratifizierten IAO-Übereinkommen verstoßen; fordert Kuba nachdrücklich auf, die Amerikanische Menschenrechtskonvention und die IAO-Übereinkommen 29 bzw. 105 wirksam umzusetzen und einzuhalten;
7. weist darauf hin, dass das PDCA eine Bestimmung zur Aussetzung des Abkommens bei Verstößen gegen die Menschenrechtsbestimmungen enthält; besteht daher darauf, dass die Europäische Union die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten in Kuba bei der Durchführung des Abkommens aufmerksam verfolgt und überwacht und dass dem Europäischen Parlament regelmäßig entsprechende Berichte vorgelegt werden; ist der Auffassung, dass die Inhaftierung von Denis Solís González, Luis Robles Elizástegui, Maykel Castillo Pérez („Osorbo“) und von mehr als 120 politischen Gefangenen und Verurteilten aus Gewissensgründen sowie alle im April und Juni 2021 registrierten willkürlichen und repressiven Maßnahmen, einschließlich derjenigen gegen die Mitglieder der San-Isidro-Bewegung und die Autoren des Videos „Patria y Vida“, die einen besonders dringenden Fall im Sinne des Artikels 85 Absatz 3 Buchstabe b des PDCA darstellen; fordert die EU auf, in diesem Zusammenhang eine Dringlichkeitssitzung einzuberufen;
8. bekräftigt, dass die Menschenrechte ein wesentlicher Bestandteil des PDCA sind, wie in Artikel 1 Absatz 5, Artikel 2 Buchstabe c, Artikel 5, Artikel 22 und Artikel 43 Absatz 2 betont wird; fordert daher den Rat auf, die in Artikel 85 des Abkommens hervorgehobenen Bestimmungen über die Erfüllung der Verpflichtungen anzuwenden, einschließlich der Aussetzung der Anwendung des Abkommens, falls die kubanischen Behörden weiterhin gegen die Menschenrechte verstoßen, was aufgrund der „Verletzung einer der in Artikel 1 Absatz 5 und Artikel 7 genannten wesentlichen Elemente des Abkommens“ eine erhebliche Verletzung des PDCA darstellen würde;
9. fordert die Regierung Kubas auf, Gesetzesreformen umzusetzen, damit die Presse-, die Vereinigungs- und die Demonstrationsfreiheit sichergestellt werden, und die politischen Reformen einzuleiten, die freie, faire und demokratische Wahlen ermöglichen, bei denen der souveräne und frei geäußerte Wille der kubanischen Bevölkerung berücksichtigt wird; fordert die Regierung Kubas nachdrücklich auf, ihre Menschenrechtspolitik mit den internationalen Normen in Einklang zu bringen, die in den Chartas, Erklärungen und internationalen Instrumenten festgelegt wurden, zu deren Unterzeichnern Kuba gehört, und den Akteuren der Zivilgesellschaft und der politischen Opposition eine aktive Teilhabe am politischen und gesellschaftlichen Leben ohne Beschränkungen zu ermöglichen;
10. verurteilt die systematische Verweigerung der Teilnahme der unabhängigen kubanischen und europäischen Zivilgesellschaft an den Menschenrechtsdialogen zwischen der EU und Kuba, insbesondere während des dritten förmlichen Menschenrechtsdialogs, der am 26. Februar 2021 stattfand, als Verstoß gegen das PDCA, da die kubanische Regierung ihre Genehmigung verweigerte, mit der Feststellung, dass die EU dies nicht akzeptieren sollte; fordert daher einen institutionalisierten, förmlichen, offenen und öffentlichen Dialog zwischen der EU und Kuba unter Beteiligung der Zivilgesellschaft und unter Wahrung der Säulen des PDCA, ähnlich wie bei den Dialogen mit anderen Ländern, mit denen die EU Kooperationsabkommen geschlossen hat; erinnert den EAD und die Mitgliedstaaten daran, dass in dem PDCA die Beteiligung der Zivilgesellschaft als wesentlich für die Entwicklung des Dialogs im Rahmen des Abkommens hervorgehoben wird (Präambel und Artikel 19, Artikel 36, Artikel 42 Absatz 1, Artikel 47 Absatz 6 Buchstabe e und Artikel 59 Absatz 2); weist daher darauf hin, dass der Ausschluss der Zivilgesellschaft der EU und Kubas sowie aller politischen Akteure der Opposition bedeutet, dass ein unverzichtbarer Bestandteil des Wesens des PDCA wegfällt;
11. erinnert daran, dass die Tatsache, dass nur Organisationen oder Einzelpersonen, die der kubanischen Regierung angehören, begünstigt werden und dass Oppositionsorganisationen oder andere Vertreter der Zivilgesellschaft von den Fonds ausgeschlossen sind, gegen die Bestimmungen des PDCA verstößt; fordert daher die Einbeziehung aller Interessenträger in die Fonds für Zusammenarbeit, unabhängig von der Zustimmung der kubanischen Regierung;
12. bedauert zutiefst, dass die Staatsorgane Kubas dem Europäischen Parlament, seinen Delegationen und einigen Fraktionen die Einreise nach Kuba verweigern, obwohl das Europäische Parlament dem PDCA zugestimmt hat; fordert die Staatsorgane auf, umgehend die Einreise in das Land zu ermöglichen;
13. fordert die EU auf, die Vorstellungen des Parlaments über Demokratie, universelle Menschenrechte und Grundfreiheiten wie der Meinungsfreiheit, der Versammlungsfreiheit, der Freiheit der politischen Vereinigung und der Informationsfreiheit in all ihren Ausprägungen sowie seine „weltweite Politik zur Unterstützung der Verteidiger der Menschenrechte“ im Rahmen dieses Dialogs durchweg zu unterstützen; bestätigt jedoch, dass die Menschenrechtsdialoge derzeit keine politisch motivierten Inhaftierungen in Kuba verhindern; weist darauf hin, dass im Gegenteil nach Angaben der kubanischen Kommission für Menschenrechte und nationale Versöhnung (CCDHRN) diese Arten von Inhaftierungen in den letzten Jahren deutlich zugenommen haben;
14. fordert den Vizepräsidenten der Kommission/Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik auf, die Existenz einer politischen Opposition gegen die kubanische Regierung anzuerkennen und sie dementsprechend in den politischen Dialog zwischen der EU und Kuba einzubeziehen; fordert alle Vertreter der Mitgliedstaaten auf, bei ihren Besuchen bei den kubanischen Staatsorganen Menschenrechtsfragen anzusprechen und mit den Sacharow-Preisträgern zusammenzutreffen, wenn sie nach Kuba reisen, um die kohärente interne und externe Umsetzung der Menschenrechtspolitik der Europäischen Union zu gewährleisten;
15. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Regierung und der Nationalversammlung der Volksmacht Kubas, dem Vizepräsidenten der Kommission/Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, der Kommission, dem EU-Sonderbeauftragten für Menschenrechte, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte zu übermitteln.
- [1] ABl. C 363 vom 28.10.2020, S. 70.
- [2] Angenommene Texte, P9_TA(2019)0073.
- [3] ABl. C 334 vom 19.9.2018, S. 99.
- [4] ABl. L 337 vom 13.12.2016, S. 3.
- [5] Gemeinsamer Rat EU‑Kuba, 20. Januar 2021
- [6] Human Rights Dialogue under the PDCA of 26 February 2021. (Menschenrechtsdialog im Rahmen des Abkommens über politischen Dialog und Zusammenarbeit, 26. Februar 2021)