Entschließungsantrag - B9-0266/2024Entschließungsantrag
B9-0266/2024

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG zu den neuen Vorwürfen der Einmischung Russlands im Europäischen Parlament angesichts der bevorstehenden Europawahl und den Auswirkungen auf die Union

22.4.2024 - (2024/2696(RSP))

eingereicht im Anschluss an Erklärungen des Rates und der Kommission
gemäß Artikel 132 Absatz 2 der Geschäftsordnung

Michael Gahler, Vladimír Bilčík, Rasa Juknevičienė, Andrius Kubilius, Sandra Kalniete, Andrey Kovatchev, Javier Zarzalejos, David McAllister
im Namen der PPE-Fraktion

Siehe auch den gemeinsamen Entschließungsantrag RC-B9-0262/2024

Verfahren : 2024/2696(RSP)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
B9-0266/2024
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B9‑0266/2024

Entschließung des Europäischen Parlaments zu den neuen Vorwürfen der Einmischung Russlands im Europäischen Parlament angesichts der bevorstehenden Europawahl und den Auswirkungen auf die Union

(2024/2696(RSP))

Das Europäische Parlament,

 unter Hinweis auf seine Entschließung vom 8. Februar 2024 mit dem Titel „Russland-Gate und die mutmaßliche Einmischung Russlands in die demokratischen Prozesse der Europäischen Union[1],

 unter Hinweis auf die drei Berichte des Sonderausschusses zu Einflussnahme aus dem Ausland auf alle demokratischen Prozesse in der Europäischen Union, einschließlich Desinformation, und zur Stärkung der Integrität, Transparenz und Rechenschaftspflicht im Europäischen Parlament (INGE und ING2),

 unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. Januar 2024 zu europäischem Geschichtsbewusstsein[2],

 unter Hinweis auf den Bericht des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) vom 23. Januar 2024 mit dem Titel „2nd EEAS Report on Foreign Information Manipulation and Interference Threats – A Framework for Networked Defence“ (2. Bericht des EAD über ausländische Manipulation von Informationen und Bedrohungen durch Einmischung – ein Rahmen für eine vernetzte Verteidigung),

 unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 12. Dezember 2023 über die Verteidigung der Demokratie (COM(2023)0630) und die darin enthaltenen Vorschläge für das Paket zur Verteidigung der Demokratie,

 unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 17. April 2024,

 unter Hinweis auf seine Geschäftsordnung und den Verhaltenskodex für die Mitglieder des Europäischen Parlaments,

 gestützt auf Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass eine kürzlich von den tschechischen staatlichen Stellen durchgeführte Untersuchung ergeben hat, dass Russland ein Netzwerk, dem Mitglieder des Europäischen Parlaments sowie Kandidaten für die bevorstehende Wahl angehören, zu dem Zweck eingerichtet hat, die Verbreitung von Propaganda und Falschinformationen im Parlament ermöglichen; in der Erwägung, dass zahlreiche Mitgliedstaaten nach diesen Enthüllungen Untersuchungen in dieser Angelegenheit in die Wege geleitet und das Europäische Parlament und die belgischen staatlichen Stellen förmliche Ermittlungen eingeleitet haben;

B. in der Erwägung, dass Russland unter Präsident Putin die Demokratie, die Menschenrechte und die europäische Lebensweise als Bedrohung für seine diktatorische Herrschaft erkannt hat und daher seit Jahren eine Strategie verfolgt, mit der systematisch versucht wird, Demokratien sowohl in den EU-Mitgliedstaaten als auch in den EU-Bewerberländern wie insbesondere der Ukraine zu schwächen;

C. in der Erwägung, dass Russland eine Vielzahl von Taktiken der hybriden Kriegsführung anwendet, um seine Ziele zu erreichen, einschließlich massiver Manipulation von Informationen aus dem Ausland als Mittel zur Spaltung demokratischer Gesellschaften und zum Schüren von Konflikten und Instabilität innerhalb der EU;

D. in der Erwägung, dass Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenteilung und freie und offene Wahlen zum Wesenskern der europäischen Lebensweise gehören und dass es Russland daher durch den Angriff auf unsere demokratischen Grundlagen auf das Herz unserer Gesellschaften und demokratischen Systeme abgesehen hat, die die Grundlage unserer Freiheit und unseres wirtschaftlichen Wohlstands bilden;

E. in der Erwägung, dass Russland systematisch Kontakte zu rechtsgerichteten Parteien, Persönlichkeiten und Bewegungen unterhält, um Unterstützung von institutionellen Akteuren in der EU zu erhalten und dadurch seinen rechtswidrigen und kriminellen Handlungen einen legitimen Anstrich zu verleihen; in der Erwägung, dass einige Mitglieder der Fraktionen vom rechten und linken Rand sowie einige fraktionslose Mitglieder kremlfreundliche Botschaften und Propaganda im Europäischen Parlament und in den nationalen Institutionen verbreiten;

F. in der Erwägung, dass die tschechischen staatlichen Stellen im April dieses Jahres ein prorussisches Netzwerk aufgedeckt haben, das versuchte, Einfluss auf Tschechien und die EU zu nehmen; in der Erwägung, dass dank der Untersuchung der wahre Charakter von „Voice of Europe“ offengelegt wurde, eines Propagandainstruments, das von dem kremlnahen ukrainischen Oligarchen Wiktor Medwedtschuk, der derzeit in Russland im Exil lebt, finanziert wird;

G. in der Erwägung, dass Wiktor Medwedtschuk, der in Tschechien mit Sanktionen belegt wurde, „Voice of Europe“ genutzt haben soll, um Propaganda über eine Medienplattform zu verbreiten, um die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine zu untergraben und die EU insgesamt zu destabilisieren; in der Erwägung, dass mit bestimmten Mitgliedern des Europäischen Parlaments Interviews gegen Entgelt von russischer Seite geführt wurden, um bestimmte politische Maßnahmen der EU, wie die Unterstützung der EU für die Ukraine, zu diskreditieren;

H. in der Erwägung, dass laut Untersuchungsberichten namhafter deutscher Medien sechsstellige Geldbeträge über Polen nach Tschechien geflossen sind, um die Operationen der russischen Einflussnahme zu bezahlen, die vom Kanal „Voice of Europe“ organisiert wurden, von dem der deutsche Abgeordnete Petr Bystron der Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD), der an zweiter Stelle auf der Liste der Partei bei der Europawahl steht, angeblich finanziell profitiert hat;

I. in der Erwägung, dass laut Medienberichten vom 16. April 2024 das US-amerikanische Bundesamt für Ermittlungen (FBI) das deutsche MdEP der AfD Maximilian Krah, den Spitzenkandidaten der AfD bei der Europawahl, im vergangenen Dezember in New York wegen des Verdachts vernommen hatte, Geld von Agenten des Kreml angenommen zu haben;

J. in der Erwägung, dass lettischen Enthüllungsjournalisten zufolge das MdEP Tatjana Ždanoka seit mehr als einem Jahrzehnt als Einflussagentin des russischen Geheimdienstes tätig ist; in der Erwägung, dass das MdEP Tatjana Ždanoka wegen Verstößen gegen die im Verhaltenskodex festgelegten Verpflichtungen mit Sanktionen belegt worden ist;

K. in der Erwägung, dass das Auswärtige Amt der Bundesrepublik Deutschland im Januar 2024 eine groß angelegte Desinformationskampagne auf der Plattform X (vormals Twitter) aufgedeckt hat, die von Russland betrieben worden sein soll, um die öffentliche Meinung zu manipulieren;

L. in der Erwägung, dass sich nach Enthüllungen renommierter deutscher Medien ein Mitarbeiter eines Mitglieds des Deutschen Bundestags für die AfD als Kontaktperson des russischen Inlandsgeheimdiensts FSB erwiesen hat; in der Erwägung, dass Medienberichten zufolge dieselbe Person von den deutschen Behörden bei der Einreise nach Deutschland aus Russland zweimal kontrolliert wurde und jeweils Barmittel in Höhe von 9 000 EUR mit sich führte;

M. in der Erwägung, dass Russland in den vergangenen Jahren zahlreiche rechtsextreme MdEP, nationale Parlamentsabgeordnete und Mitglieder regionaler Parlamente eingeladen hat, sogenannte Wahlen zu beobachten; in der Erwägung, dass im März eine Delegation von AfD-Mitgliedern des Bayerischen Landtags eingeladen wurde, die sogenannte Präsidentschaftswahl zu beobachten, und diese anschließend in öffentlichen Erklärungen als offen, demokratisch und frei bewertet hat;

N. in der Erwägung, dass das Parlament in mehreren Entschließungen die Beziehungen zwischen der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung und dem Kreml sowie die groß angelegten Desinformationskampagnen Russlands in Katalonien zur Kenntnis genommen und seine Besorgnis darüber zum Ausdruck gebracht hat; in der Erwägung, dass die Einmischung Russlands in Katalonien Teil einer breiter angelegten Strategie Russlands ist, der internen Destabilisierung und Uneinigkeit der EU Vorschub zu leisten; in der Erwägung, dass das Parlament die zuständigen Justizbehörden aufgefordert hat, die Verbindungen der MdEP mit dem Kreml und Russlands Versuchen der Destabilisierung und Einflussnahme in der EU und ihren Mitgliedstaaten wirksam zu untersuchen;

O. in der Erwägung, dass der Kreml eine Reihe rechtsextremer Parteien in Europa finanziell und ideologisch unterstützt und unter anderem der Partei von Marine Le Pen im Jahr 2013 ein Darlehen in Höhe von 9,4 Mio. EUR gewährt hat; in der Erwägung, dass Le Pen und ihre Parteimitglieder seither ihre kremlfreundliche Haltung noch weiter getrieben haben, indem sie an politischen Veranstaltungen in Russland teilnahmen, einschließlich ihrer Teilnahme an fingierten Wahlbeobachtungsmissionen bei regionalen oder nationalen Wahlen;

P. in der Erwägung, dass MdEP der Fraktion Identität und Demokratie (ID) und der Fraktion Die Linke sowie fraktionslose Mitglieder, wie MdEP der ungarischen Fidesz-Partei, bekanntermaßen kremlfreundliche Propaganda verbreiten, wozu so extreme Aufrufe wie jene des MdEP Miroslav Radačovský gehören, der ebenfalls von russischen Quellen für die Beobachtung der Parlamentswahl in Russland im Jahr 2021 bezahlt worden war und der im Januar 2024 die Zerstörung Europas gefordert hat;

Q. in der Erwägung, dass der Europäische Rat auf seiner Tagung vom 17. April 2024 zu folgendem Schluss gelangt ist: „Angesichts der bevorstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament betont der Europäische Rat die Entschlossenheit der Union und ihrer Mitgliedstaaten, jegliche Risiken, die sich durch Desinformation, einschließlich mittels künstlicher Intelligenz, sowie durch ausländische Informationsmanipulation und Einmischung in den Wahlprozess ergeben, eng zu überwachen und einzudämmen. Der Europäische Rat ersucht die EU-Organe und die nationalen Behörden zur Zusammenarbeit in diesen Angelegenheiten.“;

1. ist entrüstet und zutiefst besorgt über die anhaltenden Bemühungen Russlands, die Demokratie in der EU zu zersetzen; ist entsetzt angesichts weiterer glaubwürdiger Berichte über die Bemühungen Russlands, Spaltungen zwischen den EU-Bürgern zu vertiefen, indem MdEP als Einflussagenten angeworben werden, sowie über die Bemühungen Russlands, über europäische politische Parteien gezielt ein Netz von Abhängigkeiten zu schaffen, wobei diese Parteien dann als Sprachrohr für Kremlpropaganda fungieren;

2. begreift die anhaltenden und ausgefeilten Angriffe Russlands auf die europäische Demokratie als größte Bedrohung für unsere demokratische Zukunft seit Jahrzehnten und ist der Ansicht, dass es höchste Zeit ist, nicht länger naiv zu sein, sondern das weit verbreitete und toxische Netz russischer Aktivitäten in ganz Europa zur Kenntnis zu nehmen; stellt fest, dass der Kreml unter Wladimir Putin das sowjetische System der Einflussnahme, Manipulation und Korruption kopiert und weiterentwickelt hat;

3. hält die Angriffe Russlands auf die europäische Demokratie für ein schweres Verbrechen und eine enorme Bedrohung für die künftige politische Stabilität und Demokratie in der Europäischen Union; fordert die politische Führung der EU und ihrer Mitgliedstaaten auf, diesen Machenschaften Russlands endlich mit der notwendigen Dringlichkeit und Entschlossenheit entgegenzutreten;

4. ist entsetzt über die unzähligen Bemühungen Russlands, die mindestens bis zur orangenen Revolution von 2004-2005 zurückreichen, die demokratischen Bestrebungen der Ukraine zu untergraben; weist auf die ausgefeilte und vielschichtige Strategie der hybriden Angriffe Russlands auf die Ukraine hin, wovon der großangelegte Krieg seit dem 24. Februar 2022 eine tragische und drastische Folge ist, von dem Millionen unschuldiger Menschen betroffen sind, die versuchen, in Freiheit und Demokratie und frei von russischer Unterdrückung und Indoktrination zu leben;

5. bringt seine Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass ähnliche Bemühungen Russlands in EU-Bewerberländern wie Moldau, Georgien und den Ländern des westlichen Balkans zu beobachten sind; ist zutiefst besorgt darüber, dass Russland durch die Untergrabung der nach wie vor fragilen Demokratien und ihrer rechtmäßig gewählten Staatsorgane bei gleichzeitiger Förderung von Rechtsvorschriften, die das Recht auf freie Meinungsäußerung und eine unabhängige Zivilgesellschaft behindern, versucht, Fortschritte auf dem Weg zur Demokratie umzukehren und die Hinwendung von Millionen von Menschen zu Europa zu vereiteln, und gleichzeitig versucht, sein eigenes Modell der Korruption und Autokratie diesen Ländern aufzuzwingen; weist darauf hin, dass die lokale Bevölkerung deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass sie ihre Zukunft in der Europäischen Union sieht und nicht in einer wiederbelebten Sowjetunion unter der Führung von Wladimir Putin;

6. ist zutiefst besorgt über die jüngsten glaubwürdigen Behauptungen, die auf Untersuchungen verschiedener zuständiger Behörden beruhen, wonach sich Russland in das Europäische Parlament einmischt, indem es bestimmte MdEP als Kollaborateure des Propagandadienstes „Voice of Europe“ einsetzt;

7. ist der Ansicht, dass mehr Anstrengungen erforderlich sind, um das Herzstück der europäischen Demokratie angemessen zu schützen, und fordert die nationalen Behörden nachdrücklich auf, die Bürger der im Fall „Voice of Europe“ betroffenen Mitgliedstaaten, wie Deutschland und die Niederlande, umfassend über die laufenden Ermittlungen und die damit verbundenen Gefahren zu informieren;

8. bekräftigt seine Bereitschaft zur Kooperation bei jeder nationalen Untersuchung von rechtswidrigen Handlungen der beschuldigten Politiker und ist der Ansicht, dass vor der Europawahl eine rasche und gründliche Untersuchung erforderlich ist, damit die EU-Bürger angemessen aufgeklärt werden, bevor sie ihre Stimme bei der bevorstehenden Europawahl abgeben, die den Verlauf der EU in den kommenden fünf Jahren bestimmen wird;

9. verurteilt aufs Schärfste jeden Versuch, in die Tätigkeit des Parlaments einzugreifen oder russische Propaganda zu verbreiten, sowie alle Verhaltensweisen, die gegen den Verhaltenskodex der MdEP in Bezug auf Integrität und Transparenz verstoßen könnten; betont, dass im Zusammenhang mit der anstehenden Wahl zum Europäischen Parlament alle Behörden der Mitgliedstaaten und der EU ihre Anstrengungen zur Bekämpfung und Aufdeckung von Fällen von Einflussnahme aus dem Ausland verstärken müssen, um die vollständige Integrität dieser wichtigen Wahl sicherzustellen;

10. weist auf glaubwürdige Berichte über MdEP hin, insbesondere von Mitgliedern der Fraktionen ID und Die Linke und fraktionslosen Mitgliedern, die wissentlich den Interessen Russlands dienen, was in ihren öffentlichen Redebeiträgen, den Protokollen zu ihrem Abstimmungsverhalten und den von ihnen organisierten Veranstaltungen zum Ausdruck kommt; betont, dass durch die Aktivitäten dieser MdEP die Sicherheit und Glaubwürdigkeit der EU und die Widerstandsfähigkeit ihrer Demokratie geschwächt werden;

11. bekräftigt, dass es frühere Fälle politischer Partnerschaften zwischen rechtsextremen Parteien in Europa und der russischen Führung wie das Bankdarlehen für die Partei von Le Pen in Frankreich, das Partnerschaftsabkommen zwischen der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) und Putins Partei „Einiges Russland“ sowie zahlreiche Treffen und Austausche zwischen verschiedenen gewählten Mitgliedern, einschließlich der Führung der deutschen Partei AfD, verurteilt hat;

12. ist entsetzt über aktuelle glaubwürdige Berichte, wonach Petr Bystron, ein führendes Mitglied der AfD und Abgeordneter im Deutschen Bundestag, Zahlungen in Höhe von bis zu 25 000 EUR angenommen hat, um prorussische Propaganda zu verbreiten; bringt ferner seine Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass das FBI das MdEP Maximilian Krah unlängst vernommen hat, und fordert die AfD auf, ihre finanziellen Beziehungen zum Kreml unverzüglich öffentlich anzugeben und den Zweck und die genaue Höhe aller Zahlungen, die aus mit dem Kreml verbundenen Quellen stammen, offenzulegen;

13. ist zutiefst besorgt darüber, dass sich nach dem Muster der Vorgehensweise Russlands später herausstellen könnte, dass rechtsextreme und linksextrem Mitglieder des nächsten Europäischen Parlaments bezahlte Agenten der russischen Geheimdienste sind, deren Auftrag es letztendlich ist, gefährliche und antidemokratische prorussische Propaganda im Parlament zu verbreiten;

14. bekräftigt seine Besorgnis und seine Empörung über eindeutige Fälle ausländischer Einflussnahme auf das Europäische Parlament; weist in diesem Zusammenhang auf den Fall des lettischen MdEP Tatjana Ždanoka hin, die seit über zehn Jahren als Einflussagentin für die russischen Geheimdienste tätig gewesen sein soll und die von 2004 bis 2013 einen Schriftwechsel mit einer als Agent des FSB identifizierten Person geführt hat;

15. ist besorgt über den österreichischen Spionagefall, in dem der ehemalige österreichische Geheimdienstbeamte Egisto Ott, der angeblich enge Beziehungen zum FPÖ-Politiker Hans-Jörg Jenewein unterhält, beschuldigt wird, für Russland spioniert und rechtswidrig personenbezogene Daten aus Polizeidatenbanken abgerufen zu haben, einschließlich der Weitergabe von Mobiltelefondaten ehemaliger hochrangiger österreichischer Amtsträger an russische Nachrichtendienste;

16. ist zutiefst besorgt über eine Reihe von politischen Maßnahmen und vertretenen Standpunkten der ungarischen Regierung, die unter der Führung von Premierminister Orbán bei zahlreichen wichtigen Anlässen eine prorussische und prochinesische Position eingenommen hat, was nicht nur zu schwerwiegenden Meinungsverschiedenheiten innerhalb der EU und der NATO geführt hat, sondern auch als Sicherheitsrisiko sowohl für die EU als Ganzes als auch für ihre Mitgliedstaaten eingestuft wurde;

17. bekräftigt seine Empörung und vehemente Kritik an ehemaligen EU-Politikern, die ihre Wurzeln vergessen haben und zu bezahlten Agenten des russischen Staates geworden sind, obwohl sie sich der zahlreichen kriminellen und illegalen Aktivitäten Putins voll und ganz bewusst sind; verurteilt in erster Linie den ehemaligen deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder, der Wladimir Putin bis heute weiterhin als einen seiner besten und engsten persönlichen Freunde bezeichnet und dessen Unwille, mit dem Kriegsverbrecher Putin zu brechen, das deutlichste und traurige Beispiel für den Erfolg der Bemühungen Russlands ist, unsere Demokratien zu untergraben;

18.   ist äußerst besorgt über jüngste Berichte vom 17. April 2024 über zwei angebliche russische Spione mit doppelter deutscher und russischer Staatsangehörigkeit, die in Bayern verhaftet und beschuldigt wurden, Ziele für potenzielle Angriffe und Sabotageeinsätze, unter anderem gegen militärische Einrichtungen, ausgespäht zu haben; bekräftigt seine große Besorgnis über das Ausmaß der russischen Spionageaktivitäten in Deutschland und anderen Ländern wie Polen, wo ähnliche Umtriebe im März 2023 aufgedeckt wurden, und bekräftigt seine nachdrückliche Forderung nach einer entschlossenen Reaktion auf die Bedrohung, die von in Deutschland und anderen Ländern operierenden russischen Agenten ausgeht;

19.   ist ebenso besorgt darüber, dass am 22. April 2024 drei Deutsche wegen des Verdachts festgenommen wurden, mit dem chinesischen Ministerium für Staatssicherheit zwecks Weitergabe von militärisch verwendbarer Technologie zusammenzuarbeiten; bekräftigt seine früheren Forderungen an die Mitgliedstaaten, alle Formen der Spionage in der EU wirksamer zu bekämpfen, was auch einen besseren Schutz kritischer Infrastrukturen sowie eine Vorgehensweise umfassen muss, bei der die Spionagetätigkeit gegenüber den dafür verantwortlichen Ländern klar und deutlich zur Sprache gebracht wird; betont ferner, dass diese Enthüllungen über Spionagetätigkeiten wahrscheinlich nur die Spitze des Eisbergs sind und eine ernsthafte Bedrohung für unsere Sicherheit und Demokratie darstellen;

20. schlägt die Einrichtung eines öffentlich zugänglichen und regelmäßig aktualisierten Indexes für hybride Einflussnahme aus Russland vor, in dem Politiker und politische Parteien in der EU und den EU-Bewerberländern aufgelistet werden, die Verbindungen zum Putin-Regime haben und an der Verbreitung von Narrativen des Kreml beteiligt sind; schlägt vor, dass zu den Kriterien für die Ermittlung solcher Politiker und politischer Parteien als Akteure des hybriden Einflusses des Kreml gehören sollte, sich unter dem Deckmantel des Friedens dagegen einzusetzen, der Ukraine Waffen zur Verfügung zu stellen, Gesetze über „ausländische Agenten“ zu billigen, die LGBT-Gemeinschaft als extremistische Organisation zu brandmarken, politische Gegner zu verhaften, finanzielle Unterstützung vom Kreml zu erhalten oder von lokalen Oligarchen mit Verbindungen zum Kreml finanziert zu werden; ist der Ansicht, dass der Wissenschaftliche Dienst des Europäischen Parlaments mit der Ausarbeitung und Aktualisierung eines solchen Indexes beauftragt werden sollte, der auf der Website und den Social-Media-Plattformen des Parlaments veröffentlicht werden sollte;

21. fordert den Rat auf, die Kopenhagener Kriterien für den EU-Beitritt um eine Bewertung der Widerstandsfähigkeit eines Bewerberlands gegenüber dem hybriden Einfluss Russlands zu ergänzen; betont, dass Bewerberländer, die Gesetze nach russischem Vorbild, wie etwa ein Gesetz über ausländische Agenten, erlassen oder andere Kriterien des hybriden Einflusses des Kreml erfüllen, nicht aufgefordert werden sollten, Beitrittsverhandlungen aufzunehmen oder sich in Richtung einer EU-Mitgliedschaft zu bewegen;

22. verurteilt aufs Schärfste die anhaltenden Bemühungen Russlands, die historische Erinnerung an die dunkelsten Zeiten Europas, wie den Terror des Nazi-Regimes, zu verfälschen und zu dem Zweck zu missbrauchen, seine derzeitige brutale, unrechtmäßige und unmenschliche Aggression und seine Expansionspolitik zu rechtfertigen, und verurteilt zudem die Versuche Russlands, falsche historische Narrative gezielt zu verbreiten, um Zweifel an der Souveränität anderer Nationen zu säen, indem ihre innenpolitischen demokratischen Prozesse planvoll geschwächt werden; ist darüber hinaus entsetzt über die Versuche Russlands, seine eigenen furchtbaren Menschenrechtsverletzungen, Kriegsverbrechen und andere Verbrechen gegen die Menschlichkeit wie die Entführung ukrainischer Kinder zu rechtfertigen und zu vertuschen, indem es wissentlich die Erinnerung an historische Ereignisse verfälscht und die Verbrechen der kommunistischen Regime in den ehemaligen Sowjetrepubliken leugnet;

23. verurteilt aufs Schärfste die vom deutschen Auswärtigen Amt aufgedeckte groß angelegte Desinformationskampagne, die von Russland auf der Plattform X orchestriert worden sein soll, um die öffentliche Meinung zu manipulieren;

24. bringt seine Besorgnis angesichts glaubwürdiger Berichte über verstärkte Versuche Russlands zum Ausdruck, sich in die bevorstehenden Wahlen zum bulgarischen nationalen Parlament am 9. Juni 2024 einzumischen; äußert große Besorgnis über die Existenz eines von Russland kontrollierten Netzwerks von Desinformationsagenten, die auf Social-Media-Plattformen, in den herkömmlichen Medien, in der Wissenschaft sowie in nichtstaatlichen Organisationen und politischen Parteien aktiv sind; ist zutiefst besorgt über die zahlreichen Liegenschaften in Bulgarien, die sich derzeit im Besitz der russischen staatlichen Stellen befinden und von denen einige von strategischer Bedeutung sind und als Zentren der russischen Einmischung und der Einflussnahme auf die demokratischen Prozesse im Land dienen;

25. verurteilt aufs Schärfste, dass ein der AfD angehörender Mitarbeiter eines Mitglieds des Deutschen Bundestages gemäß einer beunruhigenden Enthüllung renommierter deutscher Medien vom Februar dieses Jahres als Kontaktperson des FSB tätig war, was erhebliche Besorgnis hinsichtlich einer möglichen Einflussnahme aus dem Ausland auf die politische Landschaft Deutschlands aufwirft; verurteilt darüber hinaus aufs Schärfste, dass dieselbe Person wiederholt bei der Einreise aus Russland nach Deutschland von den deutschen Behörden mit Barmitteln in Höhe von 9 000 EUR abgefangen wurde;

26. ist zutiefst besorgt über die massiven Desinformationskampagnen Russlands in Katalonien und über die intensiven Kontakte und die Zahl der Treffen zwischen den Agenten, die für die Einflussnahme Russlands auf die Unabhängigkeitsbewegung verantwortlich sind, und der Regionalregierung der Autonomen Gemeinschaft Katalonien, was Teil einer umfassenderen russischen Strategie zur Förderung der internen Destabilisierung und der Uneinigkeit der EU ist; fordert die zuständigen staatlichen Stellen Spaniens auf, ihre Ermittlungen in den mutmaßlichen Fällen von Einflussnahme Russlands, insbesondere in Verbindung mit sezessionistischen katalanischen Gruppen, fortzusetzen, zu intensivieren und rasch abzuschließen;

27. weist darauf hin, dass nach dem Kalkül Russlands die Förderung regionaler Unabhängigkeitsbewegungen und seine Einflussnahme über russländische Diasporagemeinschaften ein nützliches Instrument in seiner Strategie ist, der Destabilisierung der EU im Innern und der Uneinigkeit der EU Vorschub zu leisten, um die Gesellschaft der EU stärker zu polarisieren und das Vertrauen zwischen Bürgern und Staat zu zersetzen, indem unter anderem die demokratischen Prozesse in den ins Visier genommenen Ländern geschwächt werden; weist in diesem Zusammenhang auf die berüchtigte „Affäre Lisa“ von 2016 hin, in dem russische Akteure eine erfundene Geschichte über ein deutsches Mädchen russischer Abstammung erfunden haben, um Unruhen im Land zu schüren und die deutsche Gesellschaft zu polarisieren;

28. ist besorgt über die jüngsten Enthüllungen, die darauf hindeuten, dass Ungarn und Russland insgeheim gemeinsame Sache gemacht haben, um die Wahl in der Slowakei 2020 zugunsten des damaligen Premierministers zu beeinflussen;

29. betont, wie wichtig umfassende und zügige interne Untersuchungsverfahren im Europäischen Parlament sind, um abschreckend auf ausländische Einflussnahme wirken zu können;

30. fordert die Einrichtung eines Frühwarnsystems, um das Bewusstsein für politische Krisen in Europa zu schärfen und die Mitgliedstaaten rechtzeitig darauf aufmerksam zu machen, was sich auch auf Wahlprozesse bezieht, die für russische Einmischung mittels Desinformationsstrategien anfällig sind;

31. bringt erneut seine Überzeugung zum Ausdruck, dass die Ressourcen des Parlaments wie die finanzielle Förderung von Veranstaltungen und Reisen, die Gewährung des Zugangs zu Videostudios und anderen Kommunikationsplattformen und die Finanzierung von Kommunikationsprojekten von Fraktionen oder Mitgliedern nicht dazu verwendet werden dürfen, die Werte der EU zu zersetzen oder feindselige Informationen autoritärer Regime zu verbreiten;

32. fordert die Anwendung des Systems der Sicherheitsüberprüfungen für Mitglieder des Europäischen Parlaments, die sich mit sensiblen sicherheits-, verteidigungs- und außenpolitischen Fragen befassen; betont, dass viele nationale Parlamente und internationale Organisationen über entsprechende legitime und gut funktionierende Systeme verfügen, und fordert diesbezüglich eine Prüfung bewährter Verfahren;

33. betont, dass Medienunternehmen, die für feindselige und autoritäre Regime tätig sind, keinen Zugang zu den Räumlichkeiten des Europäischen Parlaments haben sollten;

34. beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.

 

 

Letzte Aktualisierung: 24. April 2024
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