Unternehmensführung und Finanzkontrolle (Fall Parmalat)
Andria (PPE-DE).– (IT) Herr Präsident, Herr Kommissar Bolkestein, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Zusammenbruch von Parmalat und andere beunruhigende Finanzkrisen davor und danach haben die Grenzen der Regeln, die für die Finanzmärkte gelten, schonungslos offenbart.
Ebenso, wie es in den Vereinigten Staaten auf der Woge des Enron-Skandals und in Großbritannien mit seinen 34 Insolvenz-Affären geschah, erkannte man auch in Italien sofort die Notwendigkeit, strenge Gesetze einzuführen, um einen wirksameren Schutz der Sparer zu erreichen und – im weiteren Sinne – zu versuchen, den Argwohn, mit dem unweigerlich dem betroffenen Finanzmarkt begegnet wird, zu verringern.
In diesen Fällen muss man jedoch die Emotionen beiseite lassen und darf sich insbesondere nicht durch die, zweifellos gravierenden, Äußerlichkeiten der Geschehnisse und die Impulse, die sich daraus ergeben können, beeinflussen lassen. Ebenso kann ich den Sondermaßnahmen, d. h. einer möglichen Superaufsicht, nicht zustimmen, weil man damit riskiert, eine neue Behörde zu schaffen, die in einem Umfeld, das umstrukturiert werden muss, kaum zusätzlich etwas bringen dürfte.
Die geltenden Bestimmungen müssen nur richtig angewandt und gewiss überarbeitet werden. Eine Schlüsselrolle kann auch das Konkursrecht spielen: Das Prinzip par condicio creditorum und der „Verdachtszeitraum“ müssten ebenso in Fällen der Zwangs- und der kontrollierten Verwaltung eine Rolle spielen. Auf diese Weise würde der Gläubigerschutz verstärkt und das Kreditsystem, das sicher nicht ganz schuldlos am Fall Parmalat ist, wäre nicht sein eigener Schiedsrichter bei den durchgeführten Maßnahmen, sondern diese müssten von einem beauftragten Richter beurteilt werden.
Ferner müsste, um bei den weit reichenden Vorschlägen zu bleiben, die Information über sämtliche der Öffentlichkeit angebotene Finanzprodukte verbessert werden, sei es in Ex-ante-Prospekten oder durch Ex-post-Mitteilungen, und außerdem müssten die Abweichungen hinsichtlich der Information der Öffentlichkeit zwischen den verschiedenen Finanzprodukten beseitigt werden. Die Transparenzkontrolle muss auf alle, einschließlich der den Sparern angebotenen Bank- und Versicherungsprodukte, die Managementvorleistungen enthalten, ausgedehnt werden. Die Einführung strengerer Unvereinbarkeiten ist unerlässlich, um die effektive Unabhängigkeit der Aufsichtsorgane zu sichern. Für die Unternehmen, die Bonds emittieren, muss jedoch noch mehr getan werden: Es werden Unterlagen benötigt, die für das Unternehmen verpflichtend sind, Dokumente, die Aussagen darüber enthalten, was es tun will, wann es etwas tun will und mit welchen Investitionen; vor allem aber muss neben den Rechnungsprüfern eine Funktion vorgesehen werden, die in den Vereinigten Staaten schon vor zehn Jahren eingeführt wurde: der Ethic Officer. Dieser Beauftragte, der eine Art Zuhörer ist oder Signale wahrnimmt, muss imstande sein, auch schwache Alarmsignale herauszufiltern, die den Analysten entgehen, weil sie sich auf Indizien konzentrieren. Wertet man die Arbeit des Ethic Officer aus, wird man nicht nur Rückschlüsse auf die Managementergebnisse ziehen können, sondern auch – außerhalb – auf den Zuverlässigkeitsgrad des Unternehmens.