Entschließung des Europäischen Parlaments vom 29. April 2021 zu der Besteuerung der digitalen Wirtschaft: OECD-Verhandlungen, Steuersitz digitaler Unternehmen und eine mögliche europäische Digitalsteuer (2021/2010(INI))
Das Europäische Parlament,
– gestützt auf die Artikel 113 und 115 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 1./2. Oktober 2020(1) und vom 21. Juli 2020(2),
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates (Wirtschaft und Finanzen) vom 27. November 2020(3),
– unter Hinweis auf die zur Annahme anstehenden Vorschläge der Kommission, insbesondere zur Gemeinsamen Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKB), zur Gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB)(4) und zum Paket zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft(5), sowie auf die Standpunkte des Parlaments zu diesen Vorschlägen,
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 15. Januar 2019 mit dem Titel „Auf dem Weg zu einer effizienteren und demokratischeren Beschlussfassung in der Steuerpolitik der EU“ (COM(2019)0008),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 19. Februar 2020 mit dem Titel „Gestaltung der digitalen Zukunft Europas“ (COM(2020)0067),
– unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 15. Juli 2020 mit dem Titel „Aktionsplan für eine faire und einfache Besteuerung zur Unterstützung der Aufbaustrategie“ (COM(2020)0312),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 25. November 2015 zu Steuervorbescheiden und anderen Maßnahmen ähnlicher Art oder Wirkung(6), die von seinem Sonderausschuss zu Steuervorbescheiden und anderen Maßnahmen ähnlicher Art oder Wirkung (TAXE-Ausschuss) vorgeschlagen wurde,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 6. Juli 2016 zu Steuervorbescheiden und anderen Maßnahmen ähnlicher Art oder Wirkung(7), die von seinem zweiten Sonderausschuss zu Steuervorbescheiden und anderen Maßnahmen ähnlicher Art oder Wirkung (TAX2-Ausschuss) vorgeschlagen wurde,
– unter Hinweis auf seine Empfehlung vom 13. Dezember 2017 an den Rat und die Kommission im Anschluss an die Untersuchung von Geldwäsche, Steuervermeidung und Steuerhinterziehung durch seinen Untersuchungsausschuss zur Prüfung von behaupteten Verstößen gegen das Unionsrecht und Missständen bei der Anwendung desselben im Zusammenhang mit Geldwäsche, Steuervermeidung und Steuerhinterziehung (PANA-Ausschuss)(8),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 26. März 2019 zu Finanzkriminalität, Steuerhinterziehung und Steuervermeidung(9), vorgeschlagen von seinem Sonderausschuss zu Finanzkriminalität, Steuerhinterziehung und Steuervermeidung (TAX3),
– unter Hinweis auf die Folgemaßnahmen der Kommission zu jeder der oben genannten Entschließungen des Parlaments(10),
– unter Hinweis auf seine Studie mit dem Titel „Impact of Digitalisation on International Tax Matters: Challenges and Remedies“(11),
– unter Hinweis auf den inklusiven Rahmen der G20 und der OECD zum Aktionsplan gegen Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (BEPS) vom Oktober 2015, insbesondere auf die Maßnahme 1 in Bezug auf die steuerlichen Herausforderungen, die sich aus der Digitalisierung ergeben,
– unter Hinweis auf den 2018 angenommenen Zwischenbericht des inklusiven Rahmens der G20 und der OECD mit dem Titel „Tax Challenges Arising from Digitalisation“ (Steuerliche Herausforderungen, die sich aus der Digitalisierung ergeben) und das im Mai 2019 angenommene Arbeitsprogramm zur Entwicklung einer Konsenslösung für die steuerlichen Herausforderungen, die sich aus der Digitalisierung der Wirtschaft ergeben,
– unter Hinweis auf das Begleitschreiben und die Berichte über Entwürfe für die erste und zweite Säule, die im Oktober 2020 vom inklusiven Rahmen der G20 und der OECD angenommen wurden, sowie auf die Ergebnisse einer Wirtschaftsanalyse und Folgenabschätzung des OECD-Sekretariats, die ihnen beigefügt sind,
– unter Hinweis auf die Ergebnisse der verschiedenen G7-, G8- und G20-Gipfel zu internationalen Steuerfragen,
– unter Hinweis auf die laufende Arbeit des Sachverständigenausschusses der Vereinten Nationen für internationale Zusammenarbeit in Steuerfragen zu den Herausforderungen für die Besteuerung im Zusammenhang mit der Digitalisierung der Wirtschaft,
– unter Hinweis auf die Folgenabschätzung der Kommission in der Anfangsphase vom 14. Januar 2021 zu einer Digitalabgabe (Ares(2021)312667),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 18. Dezember 2019 mit dem Titel „Steuergerechtigkeit in einer digitalisierten und globalisierten Wirtschaft: BEPS 2.0“(12),
– gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung,
– unter Hinweis auf die Stellungnahme des Haushaltsausschusses,
– unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (A9‑0103/2021),
A. in der Erwägung, dass die derzeitigen internationalen Körperschaftsteuervorschriften auf Grundsätzen beruhen, die Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelt wurden und für eine zunehmend globalisierte und digitalisierte Wirtschaft nicht mehr geeignet sind, sodass sie etliche schädliche Steuerpraktiken ermöglichen, die die öffentlichen Finanzen und den fairen Wettbewerb untergraben;
B. in der Erwägung, dass die Verhältnismäßigkeit und die Praktikabilität dieser internationalen Steuervorschriften nun im Rahmen der OECD-Verhandlungen einer Überprüfung unterzogen werden, damit die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen in einer zunehmend globalisierten und digitalisierten Wirtschaft sichergestellt wird;
C. in der Erwägung, dass die Digitalisierung der Wirtschaft die bestehenden Probleme verschärft hat, die durch die übermäßige Abhängigkeit multinationaler Unternehmen von immateriellen Wirtschaftsgütern wie geistigem Eigentum verursacht werden;
D. in der Erwägung, dass die G20-Länder im Anschluss an die Finanzkrise von 2008-2009 und eine Reihe von Enthüllungen über Praktiken in den Bereichen Steuerhinterziehung, aggressive Steuerplanung, Steuervermeidung und Geldwäsche übereingekommen sind, diese Probleme im Rahmen des BEPS-Projekts (Base Erosion and Profit Shifting – Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung) weltweit auf OECD-Ebene anzugehen, was zum BEPS-Aktionsplan geführt hat;
E. in der Erwägung, dass es mit dem BEPS-Aktionsplan gelungen ist, zu einem weltweiten Konsens in vielen Fragen zu gelangen, um gegen Steuerhinterziehung, aggressive Steuerplanung und Steuervermeidung vorzugehen; in der Erwägung, dass jedoch keine Einigung darüber erzielt wurde, wie die durch die Digitalisierung der Wirtschaft entstandenen Herausforderungen im Bereich der Besteuerung bewältigt werden können, was zur Annahme des gesonderten BEPS-Abschlussberichts über Maßnahme 1 im Jahr 2015 geführt hat;
F. in der Erwägung, dass das Parlament wiederholt eine Reform des internationalen Körperschaftsteuersystems gefordert hat, um Steuerhinterziehung, Steuervermeidung und die Herausforderungen der Besteuerung der digitalen Wirtschaft anzugehen;
G. in der Erwägung, dass die Kommission 2018 zwei Vorschläge zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft vorgelegt hat, die eine zeitlich begrenzte kurzfristige Lösung umfassen, die in der Einführung einer Digitalsteuer besteht, und eine langfristige Lösung, in deren Rahmen eine signifikante digitale Präsenz definiert wird, was als Anknüpfungspunkt für eine Unternehmensbesteuerung dienen soll, die an die Stelle der Digitalsteuer tritt; in der Erwägung, dass die Kommission am 25. Oktober 2016 einen Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über eine Gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) (COM(2016)0683) vorgelegt hat; in der Erwägung, dass das Parlament alle diese Vorschläge befürwortet hat, dass sie jedoch im Rat nicht angenommen wurden, weshalb einige Mitgliedstaaten gezwungen waren, einseitig eine Digitalsteuer einzuführen;
H. in der Erwägung, dass die Einführung unkoordinierter und separater Digitalsteuern mit unterschiedlichen Besteuerungsvorschriften und -kriterien durch die Mitgliedstaaten die Fragmentierung im europäischen Binnenmarkt erhöht, zu mehr Steuerunsicherheit führt und im Vergleich zu einer gemeinsamen Lösung auf europäischer Ebene ineffizienter ist;
I. in der Erwägung, dass einseitig von den Mitgliedstaaten ergriffene Maßnahmen das Risiko einer Zunahme internationaler Handelsstreitigkeiten bergen, die sich sowohl auf digitale als auch auf nicht digitale Unternehmen im Binnenmarkt auswirken können;
J. in der Erwägung, dass der inklusive Rahmen der OECD und der G20 zu BEPS gemäß einem von den Finanzministern der G20 im März 2017 erteilten Mandat und nach der Annahme eines Arbeitsprogramms im Mai 2019 mittels seiner Task Force zur digitalen Wirtschaft an einer einvernehmlichen weltweiten Lösung arbeitet, die auf zwei Säulen beruht: der ersten Säule zur Aufteilung der Besteuerungsrechte durch neue Regeln für die Zuordnung von Gewinnen und steuerliche Anknüpfungspunkte und der zweiten Säule für die Befassung mit den verbleibenden BEPS-Fragen und die Einführung von Maßnahmen zur Sicherstellung einer Mindestbesteuerung;
K. in der Erwägung, dass der inklusive Rahmen der G20 und der OECD am 12. Oktober 2020 ein Paket veröffentlicht hat, das aus einer Erklärung und Berichten zu den Konzepten für die erste und die zweite Säule besteht, in denen übereinstimmende Ansichten zu einer Reihe von politischen Merkmalen, Grundsätzen und Parametern in beiden Säulen vertreten werden und gleichzeitig die verbleibenden politischen und technischen Fragen ermittelt werden, mit denen man sich befassen muss;
L. in der Erwägung, dass die Gewinne führender multinationaler Unternehmen im digitalen Bereich in den letzten Jahren erheblich gestiegen sind; in der Erwägung, dass die Lockdown-Maßnahmen als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie diesen Trend eines Übergangs zu einer auf digitalen Dienstleistungen basierenden Wirtschaft weiter beschleunigt haben, wodurch die Benachteiligung physischer Unternehmen und insbesondere kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) noch verstärkt wurde; in der Erwägung, dass dringend rasch gehandelt werden muss, wobei das Ziel des inklusiven Rahmens der G20 und der OECD zu beachten ist, seine Verhandlungen im Juli 2021 abzuschließen, was als guter erster Schritt im Hinblick auf eine gerechtere Verteilung der Steuerlast anzusehen ist;
M. in der Erwägung, dass angemessene internationale Steuergesetze von entscheidender Bedeutung für die Verhinderung von Praktiken der Steuervermeidung und Steuerhinterziehung und die Gestaltung eines fairen und effizienten Steuersystems sind, mit dem Ungleichheiten bekämpft werden und für Sicherheit und Stabilität gesorgt wird, was Voraussetzungen für Wettbewerbsfähigkeit sowie gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen Unternehmen, insbesondere KMU, sind;
N. in der Erwägung, dass es die Digitalisierung der Wirtschaft kleinen Unternehmen auf breiter Front und in verschiedenen Branchen ermöglicht hat, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen und neue Kunden anzusprechen; in der Erwägung, dass kleinere Start-up- und Scale-up-Unternehmen durch die Maßnahmen der EU zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft nicht belastet werden sollten;
O. in der Erwägung, dass sich digitale Unternehmen in hohem Maß auf immaterielle Vermögenswerte stützen, um Inhalte zu erstellen, insbesondere durch die Verwendung und Monetarisierung von Benutzerdaten, und dass diese Wertschöpfung von den derzeitigen Steuersystemen nicht erfasst wird; in der Erwägung, dass dieses Phänomen zu einer Diskrepanz zwischen dem Ort der Wertschöpfung und dem Ort der Besteuerung führt;
P. in der Erwägung, dass das Fehlen eines internationalen Abkommens oder einer Regulierung der Besteuerung der digitalen Wirtschaft auf EU-Ebene ein Hindernis für ein wettbewerbsfähigeres und wachstumsfreundlicheres Unternehmensumfeld im digitalen Binnenmarkt darstellt;
Q. in der Erwägung, dass die schwere Wirtschaftskrise, mit der die Union konfrontiert ist, eine moderne Steuerpolitik erfordert, die es den Mitgliedstaaten ermöglicht, Steuern, die für im Binnenmarkt ausgeübte Tätigkeiten fällig werden, effizienter und effektiver zu erheben;
R. in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten in internationalen Steuerverhandlungen eng zusammenarbeiten und geschlossen, stark und ehrgeizig auftreten sollten;
S. in der Erwägung, dass in den Schlussfolgerungen des Rates vom 27. November 2020 festgestellt wird, dass der Europäische Rat im März 2021 „den Stand der Arbeiten zu der wichtigen Frage der Besteuerung der digitalen Wirtschaft bewerten“ wird;
T. in der Erwägung, dass sich die G20-Finanzminister am 7./8. April 2021 getroffen haben und am 9./10. Juli 2021 treffen werden und über beide Säulen der Verhandlungen des inklusiven Rahmens Bilanz ziehen werden;
Bewältigung der durch die Digitalisierung der Wirtschaft entstehenden Herausforderungen
1. stellt fest, dass die derzeitigen internationalen Steuervorschriften aus dem frühen 20. Jahrhundert stammen und dass die Besteuerungsrechte hauptsächlich auf die physische Präsenz von Unternehmen abstellen; weist darauf hin, dass die Digitalisierung und eine starke Abhängigkeit von immateriellen Vermögenswerten dazu geführt haben, dass es Unternehmen in wesentlich höherem Maße als zuvor möglich ist, erhebliche Geschäftstätigkeiten in einem Land auszuüben, in dem sie keine physische Präsenz haben, und dass daher Steuern, die in einem Land gezahlt werden, nicht mehr dem dort geschaffenen Wert und den dort erwirtschafteten Gewinnen entsprechen, was zu Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung führen kann;
2. fordert eine neue und gerechtere Aufteilung der Besteuerungsrechte für in hohem Maße digitalisierte multinationale Unternehmen und eine Überarbeitung des traditionellen Konzepts der Betriebsstätte, da es die digitalisierte Wirtschaft nicht erfasst; erinnert an den Standpunkt des Parlaments zu der G(K)KB bezüglich der Einführung einer virtuellen Betriebsstätte, bei der berücksichtigt wird, wo die Wertschöpfung erfolgt, und die auf den von den Nutzern erzeugten Werten und Gewinnen basiert; betont, dass die Nutzer von Online-Plattformen und die Verbraucher digitaler Dienste heute im Mittelpunkt der Wertschöpfung von hochgradig digitalisierten Unternehmen stehen und nicht in gleicher Weise aus einem Land weg verlagert werden können wie Kapital und Arbeit, weshalb sie bei der Definition eines neuen steuerlichen Anknüpfungspunkts berücksichtigt werden sollten, um wirksame Abhilfe gegen aggressive Steuerplanung und Steuervermeidung zu schaffen;
3. teilt die Befürchtung, dass eine enge Definition der betreffenden Probleme dazu führen würde, dass gezielte Vorschriften nur für bestimmte Unternehmen konzipiert würden; weist darauf hin, dass Verrechnungspreise, die Definition von Betriebsstätten und Steuerlücken, die aus übermäßig komplexen Steuersystemen resultieren, einer Überprüfung unterzogen werden müssen, insbesondere im Hinblick auf Doppelbesteuerungsabkommen;
4. betont, dass durch neue Lösungen für die Besteuerung der digitalen Wirtschaft vorzugsweise Gewinne und nicht Einnahmen besteuert werden sollten;
5. nimmt die bedeutende Entwicklung unserer Volkswirtschaften zur Kenntnis, die auf Digitalisierung und Globalisierung zurückgeht; nimmt zur Kenntnis, welche positiven Auswirkungen die Digitalisierung auf unsere Gesellschaft und unsere Volkswirtschaften hat und welch großes Potenzial die Digitalisierung für die Steuerverwaltung birgt, da sie als Instrument zur Erbringung besserer Dienstleistungen für die Bürger, zur Stärkung des Vertrauens der Öffentlichkeit in die Steuerbehörden und zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit dienen kann; bedauert die Mängel des internationalen Steuersystems, das sich nicht in jedem Fall dafür eignet, die Herausforderungen der Globalisierung und der Digitalisierung angemessen zu meistern; fordert ein Abkommen, das auf ein faires und wirksames Steuersystem unter Achtung der nationalen Souveränität im Bereich der Besteuerung abzielt;
6. fordert eine Reform des Steuersystems, um Steuerbetrug und Steuervermeidung zu bekämpfen; betont, dass die Union und ihre Mitgliedstaaten bei der Behebung dieser Mängel eine Vorreiterrolle übernehmen sollten;
7. betont, dass multinationale Unternehmen auf der Grundlage einer fairen und wirksamen Formel für die Aufteilung der Besteuerungsrechte zwischen den Ländern besteuert werden müssen; erinnert an den Vorschlag der Kommission für eine Gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB);
8. betont, dass gegen die zu geringe Besteuerung der digitalisierten Wirtschaft vorgegangen werden muss; betont, dass der inhärenten Mobilität hochgradig digitalisierter multinationaler Unternehmen Rechnung getragen werden muss, insbesondere in Bezug auf die Wertschöpfung, und dass für eine gerechte Aufteilung der Besteuerungsrechte auf alle Länder, in denen sie wirtschaftlich tätig sind und Wertschöpfung erzielen, auch durch FuE, gesorgt werden muss; stellt fest, dass einige bestehende Doppelbesteuerungsabkommen die gerechte Aufteilung des Besteuerungsrechts verhindern können, und fordert deren Aktualisierung; hebt die besondere Lage kleiner Mitgliedstaaten in Randlage hervor;
9. vertritt die Auffassung, dass es weiterer Studien zur steuerlichen Gesamtbelastung der verschiedenen Geschäftsmodelle bedarf; bedauert, dass Steuervermeidung nicht nur der Erhebung öffentlicher Einnahmen abträglich ist, was öffentliche Dienstleistungen erschwert und die Steuerlast auf die gewöhnlichen Bürger verlagert, wodurch mehr Ungleichheiten geschaffen werden, sondern auch auf zu Marktverzerrungen führt, indem Unternehmen, insbesondere KMU, benachteiligt und Hindernisse für neue lokale Marktteilnehmer geschaffen werden; betont, dass potenzielle Markteintrittsbarrieren für KMU berücksichtigt werden müssen, um nicht einen digitalen Sektor mit nur wenigen großen Akteuren zu schaffen;
10. weist darauf hin, dass digitale Unternehmen im Durchschnitt mit einem effektiven Steuersatz von lediglich 9,5 % belastet werden, Unternehmen mit traditionellen Geschäftsmodellen dagegen mit einem effektiven Steuersatz von 23,2 %;
11. betont, dass die Nachfrage nach digitalisierten Dienstleistungen inzwischen sprunghaft angestiegen ist, weil im Kontext von COVID-19 zahlreiche Aufgaben aus der Ferne erledigt werden müssen; stellt daher fest, dass die Anbieter solcher digitalisierten Dienste in eine günstigere Lage versetzt wurden als herkömmliche Unternehmen, insbesondere KMU;
12. betont, dass der BEPS-Abschlussbericht der OECD/G20 über Maßnahme 1 aus dem Jahr 2015 zu dem Schluss kommt, dass die digitale Wirtschaft zunehmend zur Wirtschaft an sich wird; nimmt die rasche Digitalisierung der meisten Wirtschaftszweige zur Kenntnis und erkennt an, dass ein zukunftssicheres Steuersystem vonnöten ist, das die digitale Wirtschaft nicht ausgrenzt, sondern für eine gerechte Verteilung der Einnahmen auf die verschiedenen Länder sorgt, in denen die Wertschöpfung erfolgt;
13. weist darauf hin, dass es wichtig ist, die Funktion der Besteuerung von der der Regulierung zu unterscheiden, und dass es bei der Gestaltung der künftigen Politik im Bereich der Digitalsteuer nicht darum gehen sollte, Unzulänglichkeiten der digitalen Wirtschaft, wie etwa Einnahmen aus einem Machtmonopol über Informationen, zu korrigieren, da sich Regulierungsmaßnahmen hierzu besser eignen würden;
Ein weltweites multilaterales Abkommen: die bevorzugte, aber nicht die einzige Option für das weitere Vorgehen
14. fordert ein internationales Abkommen, das auf ein faires und wirksames Steuersystem abzielt; begrüßt die Bemühungen innerhalb des inklusiven Rahmens der G20 und der OECD, einen weltweiten Konsens über eine multilaterale Reform des internationalen Steuersystems zu erzielen, um dem Problem der fortgesetzten Gewinnverlagerung und den Herausforderungen der digitalisierten Wirtschaft zu begegnen; bedauert jedoch, dass die für Ende 2020 festgelegte Frist für eine Einigung nicht eingehalten wurde; nimmt zur Kenntnis, dass bei den Beratungen über die Vorschläge auf technischer Ebene trotz der durch die COVID-19-Pandemie verursachten Verzögerungen Fortschritte erzielt wurden, und fordert eine rasche Einigung in einem inklusiven Verhandlungsprozess bis Mitte 2021; fordert die Mitgliedstaaten auf, sich auch in anderen internationalen Gremien wie den Vereinten Nationen aktiv für Steuerfragen zu engagieren;
15. nimmt zur Kenntnis, dass mit dem im inklusiven Rahmen der G20 und der OECD vorgeschlagenen Zwei-Säulen-Ansatz die digitale Wirtschaft nicht ausgegrenzt wird, sondern eine umfassende Lösung für die damit einhergehenden neuen Herausforderungen angestrebt wird; nimmt die unterschiedlichen Ansichten der Mitglieder des inklusiven Rahmens zur Kenntnis; ist jedoch der Ansicht, dass beide Säulen als komplementär betrachtet werden sollten und bis Mitte 2021 angenommen werden sollten;
16. hebt hervor, dass mit der zweiten Säule die verbleibenden Probleme in Bezug auf Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung bewältigt werden sollen, indem insbesondere sichergestellt wird, dass große multinationale Unternehmen, einschließlich digitalisierter Unternehmen, unabhängig davon, wo sie ansässig sind, einen effektiven Mindestkörperschaftsteuersatz entrichten; begrüßt die neue Dynamik bei den Verhandlungen im inklusiven Rahmen der G20 und der OECD, die entstanden ist durch die jüngsten Vorschläge der US-Regierung über einen starken Anreiz für Staaten, sich einem weltweiten Abkommen anzuschließen, mit dem weltweit Vorschriften über Mindeststeuern umgesetzt werden; stellt fest, dass diese Vorschläge eine Anhebung der Mindeststeuer auf „Global Intangible Low-Taxed Income“ (GILTI) auf 21 % und einen SHIELD-Satz (Stopping Harmful Inversion and Ending Low-tax Developments), der dem GILTI-Satz entspricht, umfassen, falls keine globale Einigung über die zweite Säule(13) erzielt wird; ist der Auffassung, dass jeder reale Mindestsatz in fairer und ausreichender Höhe festgesetzt werden sollte, um Gewinnverlagerungen zu verhindern und schädlichem Steuerwettbewerb vorzubeugen;
17. fordert die Kommission und den Rat auf, dafür zu sorgen, dass bei den künftigen Kompromissen im Rahmen der Verhandlungen des inklusiven Rahmens der G20 und der OECD den Interessen der EU Rechnung getragen wird und sie nicht zu mehr Komplexität und zusätzlichem Verwaltungsaufwand für KMU und Bürger führen;
18. begrüßt die Bemühungen des Sekretariats der OECD, eine Lösung der Frage zu finden, wie unsere derzeitigen internationalen Steuervorschriften an eine globalisierte und digitalisierte Wirtschaft angepasst werden können; begrüßt den Vorschlag im Rahmen der ersten Säule für einen neuen steuerlichen Anknüpfungspunkt und neue Besteuerungsrechte, wodurch die Möglichkeit geschaffen würde, multinationale Unternehmen aufgrund ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit in den Ländern zu besteuern, in denen sich ihre Märkte befinden, auch wenn sie dort keine physische Präsenz haben; betont, dass die Interaktion mit Nutzern und Verbrauchern bei hochgradig digitalisierten Geschäftsmodellen erheblich zur Wertschöpfung beiträgt und daher bei der Zuweisung von Besteuerungsrechten berücksichtigt werden sollte; weist darauf hin, dass einige Optionen noch auf globaler Ebene bestimmt werden müssen;
19. erkennt an, dass der sogenannte „Betrag A“ ein neues Besteuerungsrecht für die Länder, in denen sich die jeweiligen Märkte befinden, schaffen würde; betont, dass sich der Geltungsbereich dieser neuen Besteuerungsrechte auf alle großen multinationalen Unternehmen erstrecken sollte, die sich an BEPS-Praktiken beteiligen könnten, mindestens auf automatisierte digitale Dienstleistungen und verbraucherorientierte Unternehmen, während keine zusätzlichen und unnötigen Belastungen für KMU geschaffen werden sollten und die Kosten der Dienstleistungen für die Verbraucher nicht steigen sollten;
20. fordert die Mitgliedstaaten auf, eine Einigung zu unterstützen, um sicherzustellen, dass den Ländern, in denen sich die jeweiligen Märkte befinden, ausreichende Gewinnbeträge neu zugewiesen werden, was über die Unterscheidung zwischen routinemäßigen und nicht routinemäßigen Gewinnen hinausgehen sollte, da dies zu rein künstlichen Unterscheidungen führen könnte;
21. ist besorgt, dass ein übermäßig komplexes System tatsächlich mehr Möglichkeiten schaffen könnte, die neu vereinbarten Regeln zu umgehen, und fordert die OECD und die verhandelnden Mitgliedstaaten auf, auf eine einfache und praktikable Lösung hinzuarbeiten; fordert, dass die Ergebnisse im Zusammenhang mit den administrativen Auswirkungen des BEPS-Aktionsplans der OECD/G20 berücksichtigt werden;
22. empfiehlt, dass die Mitgliedstaaten in den Verhandlungen Optionen unterstützen, durch die die Komplexität verringert wird; befürwortet daher, auch unter dem Gesichtspunkt der Verringerung des Umsetzungsaufwands für die Mitgliedstaaten, vereinfachte Verwaltungsverfahren für multinationale Unternehmen, die den neuen Besteuerungsrechten unterliegen, unter Berücksichtigung der Mitgliedstaaten, die nicht an wettbewerbsverzerrenden Steuerregelungen, wie etwa den sogenannten „Klüngelgeschäften“, beteiligt sind; ist der Ansicht, dass eine Überarbeitung des Fremdvergleichsgrundsatzes angemessen wäre;
23. fordert die Kommission und den Rat auf, den Dialog mit der neuen US-Regierung über die Politik im Bereich der digitalen Besteuerung zu intensivieren, um bis Juni 2021 bei den Verhandlungen im inklusiven Rahmen der G20 und der OECD einen gemeinsamen Ansatz zu finden; begrüßt die unlängst abgegebene Erklärung der neuen US-Regierung, dass die USA sich wieder aktiv in die OECD-Verhandlungen einbringen werden, um eine Einigung zu erzielen, und das „Safe Harbour“-Konzept aufgeben werden; fordert die Kommission auf, die Auswirkungen der von den USA vorgeschlagenen neuen Anpassungen der ersten Säule sorgfältig zu prüfen; fordert die Mitgliedstaaten auf, sich gegen die „Safe Harbour“-Klausel auszusprechen, durch die die Reformbemühungen ernsthaft untergraben werden könnten; fordert die Kommission auf, für den Fall, dass in die erste Säule der Reform eine „Safe-Harbour“-Klausel aufgenommen werden sollte, einen eigenen Vorschlag zur Bewältigung der Herausforderungen einer digitalisierten Wirtschaft voranzutreiben; verweist in diesem Zusammenhang erneut auf den langfristig ausgerichteten Vorschlag der Kommission hinsichtlich einer signifikanten digitalen Präsenz;
24. nimmt Kenntnis von dem Vorschlag für einen Mechanismus zur Vermeidung und Beilegung von Streitigkeiten, um Doppelbesteuerung zu verhindern und die Akzeptanz der neuen Regeln zu steigern; hebt die wichtige Rolle des letztgenannten Mechanismus hervor, insbesondere für den Übergangszeitraum bis zum Inkrafttreten des neuen internationalen Steuersystems; betont jedoch, dass Steuersicherheit am besten dadurch erreicht werden kann, dass einfache, klare und harmonisierte Vorschriften festgelegt werden, durch die Streitigkeiten von vornherein verhindert werden; hebt hervor, dass es bei einem etwaigen Mechanismus für die Vermeidung und Beilegung von Streitigkeiten zu keiner Benachteiligung von Entwicklungsländern kommen darf;
25. ist sich bewusst, dass durch ein internationales Abkommen schädliche Handelsstreitigkeiten und Vergeltungsmaßnahmen, die möglicherweise negative Auswirkungen auf andere Wirtschaftszweige haben, vermieden werden sollten;
26. fordert die Kommission auf, ihre Folgenabschätzung zu den Auswirkungen der ersten und zweiten Säule auf die Steuereinnahmen der Mitgliedstaaten abzuschließen sowie den Rat und das Parlament über die Ergebnisse zu informieren; fordert die Kommission auf, die Mitgliedstaaten – ausgehend von dieser Folgenabschätzung – zu beraten und betreuen, damit sie in den Verhandlungen Positionen einnehmen, die den Interessen der EU dienen;
27. fordert alle Mitgliedstaaten und die Kommission auf, ihre Standpunkte abzustimmen, damit sie mit einer Stimme sprechen;
Forderung nach sofortigem Handeln der EU
28. bedauert, dass die zu geringe Besteuerung der digitalisierten Wirtschaft länger andauern wird, da es dem inklusiven Rahmen der G20 und der OECD im Oktober 2020 nicht gelungen ist, eine Lösung zu finden; betont, dass die COVID-19-Pandemie vor allem digitalisierten Unternehmen zugutekommt, insbesondere denjenigen, die ihre Geschäftstätigkeit ausweiten konnten, während viele andere Unternehmen, insbesondere KMU, darunter leiden, und dass sie den Übergang zu einer digitalisierten Wirtschaft beschleunigt, wodurch die Notwendigkeit weiter hervorgehoben wird, multilaterale Lösungen für eine Reform des derzeitigen Steuersystems zu finden, um sicherzustellen, dass die digitalisierte Wirtschaft einen fairen Beitrag leistet;
29. hebt hervor, dass die Regierungen in beispielloser Weise Ressourcen mobilisieren müssen, um die wirtschaftliche Erholung von der COVID-19-Krise zu ermöglichen, und dass die Mobilisierung von Einnahmen aus bisher unzureichend besteuerten Branchen zur Finanzierung der Erholung beitragen kann;
30. ist der Auffassung, dass steuerliche Herausforderungen, die sich aus der digitalisierten Wirtschaft ergeben, ein globales Thema sind und dass dringend eine Einigung auf der Ebene der G20/OECD-Staaten erforderlich ist, um eine internationale Koordinierung zu ermöglichen; ist der Ansicht, dass eine ehrgeizige und harmonisierte internationale Lösung einem Flickenteppich aus nationalen oder regionalen Digitalsteuern, die potenzielle Risiken bergen, vorzuziehen ist und mit wesentlich größerer Wahrscheinlichkeit einstimmige Unterstützung im Rat finden wird;
31. beharrt daher darauf, dass die EU unabhängig vom Fortschritt der Verhandlungen im inklusiven Rahmen der G20 und der OECD einen Notfallplan haben und bereit sein sollte, ihren eigenen Vorschlag für die Besteuerung der digitalen Wirtschaft bis Ende 2021 einzuführen, insbesondere, da die OECD-Vorschläge nur eine eng gefasste Gruppe von Unternehmen betreffen und sich möglicherweise als unzureichend erweisen werden; fordert die Kommission auf, die Interinstitutionelle Vereinbarung vom 16. Dezember 2020 über die Zusammenarbeit im Haushaltsbereich einzuhalten und bis Juni 2021 Vorschläge für eine Digitalabgabe vorzulegen, wobei von vornherein auf die Vereinbarkeit dieser Vorschläge mit der innerhalb des inklusiven Rahmens der G20 und der OECD angestrebten Reform zu achten ist, falls auf dieser Ebene eine Einigung erzielt werden sollte; empfiehlt, dass die Kommission einen Fahrplan vorlegt, in dem auf unterschiedliche Szenarien – insbesondere mit und ohne Einigung auf OECD-Ebene bis Mitte 2021 – eingegangen wird;
32. fordert die Kommission auf, insbesondere die Einführung einer vorübergehenden europäischen Digitalsteuer als notwendigen ersten Schritt in Erwägung zu ziehen; betont, dass diese europäischen Lösungen entsprechend angepasst werden sollten, wenn innerhalb des inklusiven Rahmens der OECD und der G20 ein internationales Abkommen erzielt wird; weist darauf hin, dass eine Digitalsteuer der EU nur als vorübergehender erster Schritt in Betracht gezogen werden kann;
33. fordert die EU auf, das künftige Abkommen als Ergebnis der internationalen Verhandlungen auf harmonisierte Weise umzusetzen, und ersucht die Kommission, einen entsprechenden Vorschlag vorzulegen;
34. weist darauf hin, dass ein Scheitern der OECD-Verhandlungen zu einer weiteren Fragmentierung im Bereich der Digitalsteuern führen würde, was sich auch nachteilig auf Unternehmen der Union auswirken könnte, die ihre Geschäftsmodelle auf andere Märkte ausdehnen möchten; weist erneut darauf hin, wie wichtig es ist, eine Einigung auf OECD-Ebene zu erzielen, um potenzielle Handelskriege abzuwenden; betont, dass die Besteuerung zwar in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt, eine enge Abstimmung jedoch erforderlich ist;
35. betont, dass digitale Unternehmen in der EU, die ihren Hauptsitz in einem EU-Mitgliedstaat haben und einer EU-Körperschaftsteuer unterliegen, gegenüber ausländischen Unternehmen benachteiligt sind, die in keinem Mitgliedstaat „physisch präsent“ sind und daher die Zahlung von Körperschaftssteuern in der EU vermeiden können, selbst wenn sie mit europäischen Nutzern arbeiten; betont, dass gleiche Wettbewerbsbedingungen für Anbieter herkömmlicher Dienste und automatisierter digitalisierter Dienste sowie verbraucherorientierte Unternehmen in der EU geschaffen werden müssen, indem sichergestellt wird, dass letztere dort, wo sie ihre Gewinne erwirtschaften, und mit einem fairen Steuersatz besteuert werden;
36. betont, dass bei einer etwaigen EU-Digitalsteuer dafür Sorge getragen werden muss, dass es zu keinem unnötigen Anstieg der Befolgungskosten kommt, und klare Definitionen und transparente Bestimmungen festgelegt werden müssen, die einfach einzuhalten und durchzusetzen sind und zu Rechts- und Regulierungssicherheit beitragen;
37. fordert, verhältnismäßige Regelungen einzuführen, um zu verhindern, dass KMU, Start-up-Unternehmen und sonstige Unternehmen geschwächt werden, die die Digitalisierung ihrer Geschäftstätigkeit eingeleitet haben; betont, dass die Steuerpolitik in dieser Hinsicht eines der Instrumente zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit des Binnenmarkts sein kann; betont, dass eine wachstumsfreundliche Steuerpolitik erforderlich ist, mit der darauf abgezielt wird, die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Binnenmarkts zu stärken;
38. betont, dass die bestehenden Vorschriften zur Doppelbesteuerung überprüft werden müssen, um sicherzustellen, dass alle Gewinne, die aus der EU abfließen, besteuert werden;
39. stellt fest, dass einige Mitgliedstaaten die Besteuerung großer, hochgradig digitalisierter Unternehmen als dringendes Problem ansehen und daher Digitalsteuern auf nationaler Ebene eingeführt haben; stellt fest, dass sich diese nationalen Digitalsteuern auf den internationalen Handel und die internationalen Verhandlungen auswirken; weist jedoch darauf hin, dass die einseitige Einführung nationaler Lösungen die Gefahr von Fragmentierung und Steuerunsicherheit im Binnenmarkt birgt; hebt hervor, dass angesichts der Zunahme der nationalen Maßnahmen die Einführung einer koordinierten EU-weiten Lösung umso dringlicher ist; weist darauf hin, dass diese nationalen Maßnahmen schrittweise abgeschafft werden sollten, sofern eine wirksame multilaterale Lösung gefunden wird;
40. weist darauf hin, dass das Recht auf Besteuerung zwar in erster Linie in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt, die Regierungen es aber möglichst weitgehend auf eine Art und Weise ausüben müssen, die mit den gemeinsamen Grundsätzen des EU-Rechts im Einklang steht, um Kohärenz zwischen den nationalen Rahmen sicherzustellen und dadurch einen fairen Wettbewerb zu ermöglichen und negative Auswirkungen auf die allgemeine Kohärenz der Besteuerungsgrundsätze der EU zu vermeiden;
41. stellt fest, dass der Rat über keinen der diesbezüglichen Vorschläge der Kommission, nämlich die Digitalsteuer, die signifikante digitale Präsenz oder die GKB und die GKKB, eine Einigung erzielt hat; fordert die Mitgliedstaaten auf, für den Fall, dass die OECD-Verhandlungen scheitern, ihre Standpunkte zu diesen Vorschlägen zu überdenken, insbesondere angesichts der beispiellosen Umstände der COVID-19-Krise, oder in Erwägung zu ziehen, sie in eine potenzielle künftige Umsetzung der OECD-Vereinbarungen aufzunehmen, und alle in den Verträgen vorgesehenen Optionen zu prüfen, wenn keine einstimmige Einigung erzielt werden kann;
42. fordert die Mitgliedstaaten auf, wieder einen politischen Dialog auf hoher Ebene innerhalb des Rates anzustoßen, um – unabhängig vom Ausgang der internationalen Verhandlungen – den Weg für einen Beschluss hinsichtlich der Besteuerung der digitalen Wirtschaft auf dem Binnenmarkt zu bereiten; fordert den Rat auf, bei legislativen Dossiers, die bereits vom Parlament angenommen wurden, Fortschritte zu erzielen, um den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit zwischen den Organen der EU einzuhalten;
43. begrüßt die Folgenabschätzung der Kommission in der Anfangsphase vom 14. Januar 2021 zu einer Digitalabgabe; stellt fest, dass die Digitalisierung die Produktivität und das Wohl der Verbraucher steigern kann, dass aber unbedingt auch dafür gesorgt werden muss, dass große, hochgradig digitalisierte Unternehmen ihren gerechten Beitrag zur Gesellschaft leisten; fordert die Kommission auf, sorgfältig zu prüfen, inwiefern Umfang, Definition und Segmentierung digitaler Tätigkeiten, Transaktionen, Dienstleistungen oder Unternehmen mit den internationalen Bemühungen um eine weltweite Lösung im Einklang stehen werden;
44. erkennt die drei in der Folgenabschätzung in der Anfangsphase genannten steuerpolitischen Optionen an, darunter:
a)
ein Aufschlag auf die Körperschaftsteuer, der mit internationalen Verhandlungen und bilateralen Steuerabkommen vereinbar wäre,
b)
eine auf Einnahmen basierende Steuer – in Ermangelung einer wirksamen international vereinbarten Lösung –, wobei jedoch darauf hinzuweisen ist, dass mit einer Digitalsteuer vorzugsweise Gewinne besteuert werden sollten;
c)
eine Besteuerung von digitalen Transaktionen, die in der EU zwischen Unternehmen durchgeführt werden, wobei das Risiko besteht, dass die Steuerlast von großen digitalisierten Unternehmen auf kleinere Unternehmen, die auf diese Dienstleistungen angewiesen sind, verlagert wird;
45. fordert eine detaillierte Bewertung der Auswirkungen, die jede Option sowohl auf die digitale Agenda der EU und den Binnenmarkt als auch auf mögliche Handelsstreitigkeiten und Vergeltungsmaßnahmen anderer Wirtschaftsakteure und mögliche Ausstrahlungseffekte auf andere Wirtschaftszweige hätte;
46. fordert eine stärkere Rolle des Parlaments bei Gesetzgebungsverfahren im Bereich der Besteuerung; fordert die Kommission auf, alle von den Verträgen gebotenen Möglichkeiten zu prüfen; nimmt in diesem Zusammenhang Kenntnis von dem von der Kommission in ihrer Mitteilung vom 15. Januar 2019 mit dem Titel „Auf dem Weg zu einer effizienteren und demokratischeren Beschlussfassung in der Steuerpolitik der EU“ vorgeschlagenen Fahrplan hin zur Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit;
Eine Digitalabgabe als neue EU-Eigenmittelquelle
47. begrüßt die Interinstitutionelle Vereinbarung vom 16. Dezember 2020 (IIV) über die Haushaltsdisziplin, die Zusammenarbeit im Haushaltsbereich und die wirtschaftliche Haushaltsführung sowie über neue Eigenmittel, einschließlich eines Fahrplans für die Einführung neuer Eigenmittel(14) im Einklang mit dem Grundsatz der Gesamtdeckung, und weist auf die rechtsverbindliche Zusage der Kommission hin, bis Juni 2021 einen Legislativvorschlag für eine Digitalabgabe der EU als Eigenmittelquelle vorzulegen; betont die rechtsverbindliche Zusage des Parlaments, des Rates und der Kommission, unverzüglich die in dem Fahrplan dargelegten Schritte zu befolgen, damit dieser spätestens am 1. Januar 2023 eingeführt werden kann;
48. weist erneut darauf hin, dass das Parlament seine Zusage, eine EU-Digitalabgabe als Eigenmittelquelle einzuführen, in einer Reihe von Berichten und Entschließungen mit großer Mehrheit bekräftigt hat(15);
49. betont, dass die IIV, einschließlich des Fahrplans zur Einführung neuer Eigenmittelquellen, den Rat, das Parlament und die Kommission verpflichtet, unwiderruflich eine EU-Digitalabgabe einzuführen, die als langfristige, stabile Einnahmequelle vollständig in den langfristigen EU-Haushalt aufgenommen wird; betont, dass die Einnahmen aus der Besteuerung der digitalen Wirtschaft in den Mitgliedstaaten unabhängig davon, ob die Grundregeln auf Ebene der OECD oder der EU festgelegt werden, zu einer Eigenmittelquelle werden können und tatsächlich müssen; ist der Ansicht, dass derselbe Ansatz auch für alle anderen Einnahmen verfolgt werden sollte, die durch ein Abkommen auf OECD-Ebene generiert werden;
50. ist der Ansicht, dass Einnahmen der EU-Digitalabgabe untrennbar mit den offenen Grenzen des Binnenmarkts und der „Digitalunion“ verknüpft sind und daher eine höchst geeignete und echte Grundlage für Eigenmittel der EU darstellen würden; betont, dass die Zuweisung dieser neuen Quelle öffentlicher Einnahmen zum EU-Haushalt zur Lösung diverser Probleme im Zusammenhang mit den Themen Steueräquivalenz und Steuerkohärenz beitragen würde;
51. fordert eine Steuergestaltung und Steuerumsetzungsvorschriften, durch die das Risiko, dass wirtschaftliche Auswirkungen auf die EU-Bürger und Verbraucher abgewälzt werden, verringert wird; ist davon überzeugt, dass die Verwendung von durch die Digitalsteuer erzeugten Einnahmen als Eigenmittel für den EU-Haushalt dazu beitragen würde, solche Kosten auf gerechte Art und Weise auf die Mitgliedstaaten zu verteilen und umzuverteilen;
52. weist erneut darauf hin, dass EU-Eigenmittel, die auf der Grundlage einer Digitalabgabe der EU und/oder auf der Grundlage von OECD-Vorschriften erzeugt wurden, im Einklang mit dem Grundsatz der Gesamtdeckung nicht formell für Ausgaben im Rahmen eines bestimmten Programms oder Fonds vorgesehen werden dürfen; weist darauf hin, dass sie neben anderen neuen Eigenmitteln allgemeine Einnahmen darstellen werden, deren Gesamtbetrag ausreichen sollte, zumindest die Rückzahlungskosten des Aufbauinstruments der Europäischen Union (NextGenerationEU) zu decken; weist darauf hin, dass etwaige Einnahmen aus neuen Eigenmitteln, die den tatsächlichen Bedarf an Rückzahlungen übersteigen, weiterhin als allgemeine Einnahmen in den EU-Haushalt einfließen werden;
53. erinnert daran, dass die Organe gemäß Anhang II Buchstabe G der IIV anerkennen, dass die Einführung neuer Eigenmittelkategorien die angemessene Finanzierung der Ausgaben der Union im Rahmen des MFR unterstützen sollte;
54. vertritt die Auffassung, dass die Einnahmen aus der Digitalabgabe der EU Teil eines „Korbs“ aus neuen Eigenmitteln sein werden, deren Einnahmen ausreichen werden, um über den EU-Haushalt zumindest die künftigen Rückzahlungskosten (Kapital und Zinsen) der Finanzhilfe-Komponente des Aufbauinstruments der EU zu decken, die sich von 2028 bis 2058 auf durchschnittlich rund 15 Mrd. EUR pro Jahr und höchstens 29,25 Mrd. EUR pro Jahr belaufen dürften, wobei eine Senkung der Ausgaben für EU-Programme zu vermeiden ist; stellt fest, dass die Einnahmen Schätzungen zufolge zwischen mehreren Milliarden Euro und mehreren Dutzend Milliarden Euro liegen, was unter anderem von der genauen Definition der Steuerbemessungsgrundlage, dem Steuersubjekt, dem Ort der Besteuerung, der Berechnung und dem Steuersatz sowie den Wirtschaftswachstumsraten in den betreffenden Wirtschaftszweigen abhängt;
55. betont, dass durch die Einführung eines „Korbs“ an neuen Eigenmitteln gemäß dem Fahrplan der IIV, einschließlich der Digitalabgabe der EU, die Steuerautonomie der EU sowie ihre Fähigkeit erhöht werden, den Erwartungen der EU-Bürger in Bezug auf die strategischen politischen Ziele der EU, wie einen fairen und starken europäischen Binnenmarkt, den europäischen Grünen Deal auf der Grundlage eines gerechten Übergangs, die europäische Säule sozialer Rechte und den digitalen Wandel sowie die Schaffung eines EU-Mehrwerts mit hohen Effizienzgewinnen im Vergleich zu nationalen Ausgaben, gerecht zu werden;
56. weist darauf hin, dass die Einnahmen aus der Digitalabgabe der EU zur Rückzahlung des Aufbauinstruments und zur Finanzierung der Ausgaben für Programme und Fonds der Union beitragen müssen; bekräftigt in diesem Zusammenhang, dass jeder Anteil der Einnahmen aus der Digitalabgabe, den die Mitgliedstaaten einbehalten, strikt im Verhältnis zu den Erhebungskosten stehen sollte, die ihnen entstehen, und den EU-Haushalt nicht übermäßig benachteiligen sollte;
57. fordert die Kommission nachdrücklich auf, den Standpunkt des Parlaments bei der Ausarbeitung von Legislativvorschlägen für eine Digitalabgabe der EU als Eigenmittelquelle sowie des überarbeiteten Eigenmittelbeschlusses zu berücksichtigen, und fordert den Rat auf, den Vorschlag im Einklang mit dem Fahrplan zügig zu verabschieden; legt den Organen nahe, sich schnell und konstruktiv an den im Rahmen des vereinbarten Eigenmittelfahrplans vorgesehenen „regelmäßigen Dialogen“ zu beteiligen; fordert den Europäischen Rat nachdrücklich auf, eine entschlossene Führungsrolle der EU bei den weltweiten Bemühungen um eine gerechtere Besteuerung zu unterstützen, indem er rasche und entschlossene Schritte zur Einführung einer Digitalabgabe als Eigenmittelquelle im Laufe des Jahres 2021 unternimmt; begrüßt in diesem Zusammenhang die Erklärung der Mitglieder des Europäischen Rates vom 25. März 2021, in der sie ihr Engagement für diese Bemühungen bekräftigen;
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58. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.
Vorschlag vom 25. Oktober 2016 für eine Richtlinie des Rates über eine Gemeinsame Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKB) (COM(2016)0685) und vom 25. Oktober 2016 über eine Gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) (COM(2016)0683).
Das Paket besteht aus der Mitteilung der Kommission vom 21. März 2018 mit dem Titel „Zeit für einen modernen, fairen und effizienten Steuerstandard für die digitale Wirtschaft“ (COM(2018)0146), dem Vorschlag vom 21. März 2018 für eine Richtlinie des Rates zur Festlegung von Vorschriften für die Unternehmensbesteuerung einer signifikanten digitalen Präsenz (COM(2018)0147), dem Vorschlag vom 21. März 2018 für eine Richtlinie des Rates über ein gemeinsames System einer Digitalsteuer auf Erträge aus der Erbringung bestimmter digitaler Dienstleistungen (COM(2018)0148) und der Empfehlung der Kommission vom 21. März 2018 bezüglich der Unternehmensbesteuerung einer signifikanten digitalen Präsenz (C(2018)1650).
Die gemeinsamen Folgemaßnahmen vom 16. März 2016 zur transparenteren Gestaltung, Koordinierung und Harmonisierung der Politik im Bereich der Körperschaftsteuer in der Union und zu den TAXE-Entschließungen, die Folgemaßnahmen vom 16. November 2016 zur TAX2-Entschließung, die Folgemaßnahmen vom April 2018 zur Empfehlung des PANA-Ausschusses und die Folgemaßnahmen vom 27. August 2019 zur TAX3-Entschließung.
Hadzhieva, E., „Impact of Digitalisation on International Tax Matters: Challenges and Remedies“ (Auswirkungen der Digitalisierung auf internationale Steuerangelegenheiten: Herausforderungen und Abhilfemaßnahmen), Europäisches Parlament, Generaldirektion Interne Politikbereiche, Fachabteilung A – Wirtschaft, Wissenschaft und Lebensqualität, Februar 2019.
Insbesondere in seinen Entschließungen vom 14. März 2018 zu der Reform des Eigenmittelsystems der Europäischen Union (ABl. C 162 vom 10.5.2019, S. 71), vom 14. November 2018 mit dem Titel „Zwischenbericht über den Mehrjährigen Finanzrahmen 2021–2027: Standpunkt des Parlaments im Hinblick auf eine Einigung“ (ABl. C 363 vom 28.10.2020, S. 179), vom 10. Oktober 2019 zum Thema „Mehrjähriger Finanzrahmen 2021–2027 und Eigenmittel: Die Erwartungen der Bürger sollen jetzt erfüllt werden“ (angenommene Texte, P9_TA(2019)0032), vom 15. Mai 2020 zu dem neuen mehrjährigen Finanzrahmen, den Eigenmitteln und dem Aufbauplan (angenommene Texte, P9_TA(2020)0124), vom 23. Juli 2020 zu den Schlussfolgerungen der außerordentlichen Tagung des Europäischen Rates vom 17.–21. Juli 2020 (angenommene Texte, P9_TA(2020)0206) sowie in seiner legislativen Entschließung vom 16. September 2020 zu dem Entwurf des Beschlusses des Rates zum Eigenmittelsystem der Europäischen Union (angenommene Texte, P9_TA(2020)0220).