Entschließung des Europäischen Parlaments vom 29. April 2021 zur COVID-19-Pandemie in Lateinamerika (2021/2645(RSP))
Das Europäische Parlament,
– gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union,
– unter Hinweis auf die Stellungnahme der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vom 11. März 2020, mit der sie COVID-19 zu einer Pandemie erklärte,
– unter Hinweis auf die Erklärung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vom 30. Januar 2020, der zufolge der COVID-19-Ausbruch eine gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite darstellt,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. November 2020 zu den Auswirkungen der COVID-19-Maßnahmen auf die Demokratie, die Grundrechte und die Rechtsstaatlichkeit(1),
– unter Hinweis auf den Bericht der Europäischen Investitionsbank mit dem Titel „EIB Activity in 2020 – Latin America and the Caribbean“ (Die Tätigkeit der EIB im Jahr 2020 – Lateinamerika und die Karibik),
– unter Hinweis auf die von der Panamerikanischen Gesundheitsorganisation veröffentlichten Berichte,
– unter Hinweis auf den Bericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) von November 2020 mit dem Titel „COVID-19 in Latin America and the Caribbean: An overview of government responses to the crisis” (COVID-19 in Lateinamerika und in der Karibik: Reaktionen der Regierungen auf die Krise),
– unter Hinweis auf die gemeinsame Mitteilung der Kommission und des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik vom 8. April 2020 über die globale Reaktion der EU auf COVID-19 (JOIN(2020)0011),
– unter Hinweis auf die Rede zur Lage der Union, die die Präsidentin der Kommission, Ursula von der Leyen, am 16. September 2020 gehalten hat,
– unter Hinweis auf die am 5. Mai 2020 vom Hohen Vertreter Josep Borrell im Namen der Europäischen Union abgegebene Erklärung zu Menschenrechten in Zeiten der Coronavirus-Pandemie,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 8. Juni 2020 zum Thema „‚Team Europa‘ – Globale Reaktion auf COVID-19“,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 17.–21. Juli 2020 zum Aufbauplan und zum Mehrjährigen Finanzrahmen 2021–2027,
– unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 13. Juli 2020 zu den Prioritäten der EU bei den Vereinten Nationen und der 75. Generalversammlung der Vereinten Nationen unter dem Motto „Förderung des Multilateralismus sowie starke und wirksame Vereinte Nationen, die Ergebnisse für alle zeitigen“,
– unter Hinweis auf die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 25. November 2020 zu den außenpolitischen Konsequenzen der COVID-19-Pandemie(2),
– unter Hinweis auf die Erklärung der Ko-Präsidenten der Parlamentarischen Versammlung Europa-Lateinamerika (EuroLat) vom 5. November 2020 zu einer umfassenden biregionalen Strategie der EU und der LAK-Länder zur Abmilderung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie,
– unter Hinweis auf die Erklärung der Ko-Präsidenten der EuroLat vom 30. März 2020 zur COVID-19-Pandemie,
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. April 2020 zu abgestimmten Maßnahmen der EU zur Bekämpfung der COVID‑19‑Pandemie und ihrer Folgen(3),
– unter Hinweis auf das gemeinsame Kommuniqué des Europäischen Auswärtigen Dienstes vom 14. Dezember 2020 im Anschluss an das informelle Ministertreffen EU-27-Lateinamerika und die Karibik,
– unter Hinweis auf den 2021 veröffentlichten Bericht der Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik (ECLAC/CEPAL) mit dem Titel „Social Panorama of Latin America 2020“ (Überblick über die sozialen Verhältnisse in Lateinamerika 2020),
– unter Hinweis auf das 27. Iberoamerikanisches Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs am 21. April 2021 in Andorra und die daraus folgende Erklärung,
– unter Hinweis auf die Jahresberichte des Rates an das Europäische Parlament über die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik,
– unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (A9‑0204/2020),
– unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR) und andere Menschenrechtsverträge und -instrumente der Vereinten Nationen,
– unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, die Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte der indigenen Völker aus dem Jahr 2007 und die Erklärung der Vereinten Nationen über Menschenrechtsverteidiger aus dem Jahr 1998,
– unter Hinweis auf das Übereinkommen Nr. 169 der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) über eingeborene und in Stämmen lebende Völker, das am 27. Juni 1989 angenommen wurde,
– unter Hinweis auf die Erklärungen des Generalsekretärs der Vereinten Nationen, António Guterres, und der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Michelle Bachelet, vom März 2020 zur Aufhebung von Sanktionen gegen Länder, damit die Pandemie bekämpft werden kann,
– unter Hinweis auf die Ausführungen der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Michelle Bachelet, am 15. April 2021 in Fiocruz,
– unter Hinweis auf die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, die von der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 25. September 2015 angenommen wurde, und auf die Ziele für nachhaltige Entwicklung,
– gestützt auf Artikel 144 Absatz 5 und Artikel 132 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass die Beziehungen zwischen der EU und Lateinamerika und der Karibik von strategischem und entscheidendem Interesse sind; in der Erwägung, dass Lateinamerika zu den Regionen zählt, die von COVID-19 am stärksten betroffen sind; in der Erwägung, dass Lateinamerika 8,4 % der Weltbevölkerung umfasst, derzeit aber ein Fünftel aller Todesfälle infolge des Coronavirus weltweit verzeichnet;
B. in der Erwägung, dass weltweit unterschiedlich auf die COVID-19-Pandemie reagiert wurde, auch in Lateinamerika; in der Erwägung, dass alle Länder einen allgemeinen Notstand ausgerufen haben;
C. in der Erwägung, dass das vorrangige Ziel nun sein muss, das Vertrauen in die Fähigkeit der multilateralen Institutionen, globale Antworten zu liefern, wiederherzustellen, indem die Diskussionen über die Initiative für Handel und Gesundheit der Welthandelsorganisation für COVID-19 und damit verbundene medizinische Produkte vorangebracht werden;
D. in der Erwägung, dass die verheerenden Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beiderseits des Atlantiks eine enge Zusammenarbeit zwischen der WTO, der WHO, den Einrichtungen der Vereinten Nationen und der Weltbank erfordern und eine solche Zusammenarbeit von entscheidender Bedeutung ist, um die Krise zu bewältigen und Solidarität zu zeigen; in der Erwägung, dass eine globale und abgestimmte Reaktion erforderlich ist, um den großen Herausforderungen im Zusammenhang mit einer nachhaltigen, grünen und digitalen Erholung zu begegnen, die zudem inklusiv, gerecht und widerstandsfähig ist;
E. in der Erwägung, dass die Auswirkungen der Pandemie und die Maßnahmen, die als Reaktion darauf eingeleitet wurden, den Liquiditätsbedarf der Länder in der Region erhöht haben, um die Notstandsphase bewältigen zu können; in der Erwägung, dass diese Faktoren einen steigenden Schuldenstand zur Folge hatten und dass Regierungen mit gestiegenen öffentlichen Ausgaben konfrontiert sind, mit dem Risiko eines Ausfalls; in der Erwägung, dass der erhöhte Zugang zu Liquidität und Schuldenabbau mit mittel- und langfristigen Entwicklungszielen und folglich mit Initiativen für einen besseren Aufbau verknüpft sein muss;
F. in der Erwägung, dass im Rahmen der COVAX-Initiative, die von der Globalen Allianz für Impfstoffe und Immunisierung (GAVI), der Coalition for Epidemic Preparedness Innovations (CEPI) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) koordiniert wird, bis dato 38 Millionen Impfdosen verabreicht wurden; in der Erwägung, dass es zwingend erforderlich ist, die Kapazitäten für die Herstellung und die Verteilung im Rahmen der COVAX-Initiative zu steigern;
G. in der Erwägung, dass die erste Runde der Aufteilung der Impfstofflieferungen im Rahmen von COVAX 31 Länder in Lateinamerika und der Karibik umfasst, die in den kommenden Monaten mehr als 27 Millionen Impfdosen erhalten sollten;
H. in der Erwägung, dass mit der COVAX-Initiative darauf abgezielt wird, den weltweiten Zugang zu sicheren, hochwertigen, wirksamen und erschwinglichen Impfstoffen zu fördern und sicherzustellen; in der Erwägung, dass im Rahmen von COVAX für das Jahr 2021 nur für 20 % der Weltbevölkerung Impfstoffe bereitgehalten werden und es unerlässlich ist, dass die Herstellung und der Vertrieb von Impfstoffen – sowohl in Europa als auch in Lateinamerika – verstärkt werden;
I. in der Erwägung, dass Lateinamerika als weltweit am stärksten von Ungleichheiten betroffene Region in das Jahr 2020 gestartet ist und sich diese Situation im Rahmen der Pandemie verschärft hat; in der Erwägung, dass die Armutsrate bis Ende 2020 auf 209 Millionen gestiegen ist, womit weitere 22 Millionen Menschen in die Armut abrutschen, während die Zahl derer, die in extremer Armut leben, um 8 Millionen gestiegen ist und sich auf insgesamt 78 Millionen beläuft; in der Erwägung, dass sich die Indizes der Ungleichheit in der Region wie auch die Beschäftigungs- und Erwerbsbeteiligungsquoten, insbesondere bei Frauen, in der Region infolge der COVID-19-Pandemie und trotz der sofortigen Sozialschutzmaßnahmen, die von den Ländern ergriffen wurden, um diese Tendenzen aufzuhalten, verschlechtert haben;
J. in der Erwägung, dass COVID-19 Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen und Entwicklungsländer sowie schutzbedürftige Gruppen, darunter Frauen und Mädchen, ältere Menschen, Minderheiten und indigene Gemeinschaften unverhältnismäßig hart trifft und die Fortschritte, die in den Bereichen Gesundheit und Entwicklung erzielt wurden, zunichtemacht und so die Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung erschwert;
K. in der Erwägung, dass die durch die COVID-19-Pandemie verursachte Krise das Geschlechtergefälle verschärft hat; in der Erwägung, dass Lateinamerika zu den Regionen der Welt gehört, in denen geschlechtsspezifische Gewalt am weitesten verbreitet ist, und dass die Zahlen während der Pandemie gestiegen sind, da die Ausgangsbeschränkungen zu einer deutlichen Zunahme von häuslicher Gewalt, Vergewaltigungen und Frauenmorden geführt haben; in der Erwägung, dass die sexuelle und reproduktive Gesundheit während der Pandemie nicht vorrangig behandelt wurde, was ein ernsthaftes Hindernis für das Recht auf Gesundheit darstellt und das Leben von Frauen und Mädchen in der Region gefährdet;
L. in der Erwägung, dass indigene Völker von Covid-19 stark betroffen sind, da sie nur ungenügenden Zugang zu sauberem Wasser, sanitären Anlagen, medizinischen Dienstleistungen und Sozialleistungen haben und nicht über kulturell angemessene Möglichkeiten verfügen, um für ihr Recht auf Gesundheit und Lebensunterhalt einzutreten;
M. in der Erwägung, dass in einigen Ländern in Lateinamerika, wie auch in vielen anderen Teilen der Welt, die COVID-19-Pandemie auch als Vorwand für Repressionen und unverhältnismäßige Beschränkungen von Versammlungen und Aktivitäten der Opposition und der Zivilgesellschaft genutzt wird; in der Erwägung, dass die Maßnahmen der Regierungen in vielen Fällen alle grundlegenden Menschenrechte, wie etwa die Bürgerrechte sowie die politischen, sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Rechte jener Menschen, deren Lage am prekärsten ist, unterminieren; in der Erwägung, dass die Einschränkungen aufgrund der COVID-19-Pandemie auch eine Einschränkung der Meinungsfreiheit nach sich ziehen;
N. in der Erwägung, dass die Arbeit von Journalisten in der Region und insbesondere ihr Kampf gegen die zunehmend an Bedeutung gewinnende Desinformation aufgrund der Maßnahmen in Bezug auf die COVID-19-Pandemie schwieriger geworden ist, da der Zugang zu Behörden und Vertretern der Staates und der Kontakt mit ihnen derzeit eingeschränkt ist; in der Erwägung, dass über das Internet verbreitete Desinformation, gezielte Falschmeldungen und Pseudowissenschaft wesentlich zur Ausbreitung der Pandemie in Lateinamerika beitragen und Teil der von der Weltgesundheitsorganisation beschriebenen „Informations-Pandemie“ sind; in der Erwägung, dass konkrete Beispiele hierfür von Quacksalber- und Wunderkuren gegen COVID-19 bis hin zu politischen Angriffen und Hetzkampagnen gegen bestimmte Personengruppen und Minderheiten reichen; in der Erwägung, dass die sozialen Medien bei der Verbreitung von Desinformation und Pseudowissenschaft eine entscheidende Rolle spielen;
O. in der Erwägung, dass bestimmte Regierungen wegen ihrer gefährlichen Strategien in Bezug auf die COVID-19-Pandemie besonders kritisiert werden, da sie regionale und lokale Hygieneinitiativen bekämpfen und etwa damit drohen, mit der Armee gegen vor Ort erlassene Ausgangsbeschränkungen und andere Einschränkungen vorzugehen, und beschuldigt werden, die wichtigsten Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation, bewährte Verfahren der Pandemiebekämpfung und wissenschaftlich fundierte Leitlinien zur öffentlichen Gesundheit nicht zu beachten;
1. äußert erneut seine große Besorgnis angesichts der katastrophalen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie sowohl auf dem europäischen als auch auf dem lateinamerikanischen Kontinent und äußert seine Solidarität gegenüber allen Opfern und ihren Familien und gegenüber allen, die unter der Gesundheits-, Wirtschafts- und Gesellschaftskrise leiden;
2. äußert seine tiefe Dankbarkeit für die Arbeit der Beschäftigten im Gesundheitswesen in der Region, die einem hohem Druck und der Gefährdung durch das Coronavirus ausgesetzt sind;
3. ruft die Regierungen in beiden Regionen, die Organe und Einrichtungen der EU und die für die Integration zuständigen Stellen Lateinamerikas auf, die Zusammenarbeit zwischen den Regionen zu intensivieren, Vorsorge- und Reaktionskapazitäten und soziale Absicherung auszubauen und den Zugang zu grundlegenden medizinischen Dienstleistungen zu verbessern sowie umfangreiche Impfpläne wirksam umzusetzen;
4. fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, mit den staatlichen Stellen der notleidenden lateinamerikanischen Staaten zusammenzuarbeiten und das Katastrophenschutzverfahren der Union und andere Solidaritätsfonds gemäß dem Mehrjährigen Finanzrahmen 2021–2027 zur Bekämpfung der Pandemie einzusetzen; fordert die Kommission zudem auf, Horizont Europa und andere EU-Programme und -Fonds heranzuziehen, um die wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen lateinamerikanischen Staaten und der EU insbesondere in den Bereichen Gesundheit und Innovation zu fördern; begrüßt neue Initiativen für die regionale Zusammenarbeit im Bereich Gesundheitsfürsorge, wie etwa die Schaffung eines länderübergreifenden Instituts für Infektionskrankheiten;
5. fordert alle Staaten und Regierungen auf, der gesamten Bevölkerung unverzüglich freien Zugang zu Impfungen zu verschaffen, für ausreichende Impfstofflieferungen und gleichberechtigtem Zugang zu den Impfungen Sorge zu tragen und die begonnenen Impfkampagnen möglichst schnell voranzutreiben; schlägt mit diesem Ziel die verstärkte Nutzung von regionalen bzw. subregionalen Verfahren der Koordination vor, um die Beschaffung und wirksame Verteilung von Impfstoffen zu optimieren und die Forschung zu intensivieren, um die Entwicklung und Produktion von Impfstoffen zu unterstützen;
6. fordert die internationale Gemeinschaft auf, ihre Bemühungen zu verstärken, um die Vertriebskapazitäten der COVAX-Initiative auszubauen, und die vollständige Finanzierung der COVAX-Abnahmegarantie für Impfstoffe zu leisten;
7. weist auf die die führende Rolle der EU und ihrer Mitgliedstaaten bei den Bemühungen um einen ausgewogenen und gerechten Zugang zu sicheren und wirksamen COVID-19-Impfstoffen in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen durch den COVAX-Mechanismus hin, etwa auf die jüngste Ankündigung eines zusätzlichen Beitrags von 500 Mio. Euro, wodurch sich der finanzielle Beitrag der Europäischen Union zu COVAX auf direkte Zuschüsse und Garantien in Höhe von insgesamt 1 Mrd. Euro beläuft; weist darauf hin, dass der Betrag von mehr als 2,2 Mrd. Euro, dessen Zahlung von der Kommission, der Europäischen Investitionsbank und den EU-Mitgliedstaaten angekündigt wurde, die EU zu einem der Hauptbeitragszahler des COVAX-Mechanismus macht;
8. fordert die lateinamerikanischen Staaten nachdrücklich auf, allen Menschen unabhängig von ihrem möglichen Migrationsstatus Zugang zu Impfungen zu ermöglichen, dringend Maßnahmen zu ergreifen, um die Impfung von irregulären Migranten und Flüchtlingen sowie von Menschen, die im informellen Sektor arbeiten bzw. in informellen Siedlungen leben, zu intensivieren und um Personen, die nicht über einen nationalen Personalausweis verfügen, die Anmeldung zur Impfung ohne administrative Verzögerungen zu ermöglichen; begrüßt diesbezüglich Maßnahmen wie den zeitlich beschränkten Schutzstatus für venezolanische Migranten in Kolumbien oder die derzeit in Brasilien stattfindende Umsiedlungsaktion „Operação Acolhida“;
9. weist darauf hin, dass nach Auffassung der Weltgesundheitsorganisation mehrere Länder der Region über potenzielle Kapazitäten zur Herstellung von COVID-19-Impfstoffen verfügen, die mit Hilfe von Technologietransfer ausgebaut werden könnten;
10. fordert die Regierungen nachdrücklich auf, bei Eindämmungsmaßnahmen gegen die Ausbreitung von COVID-19 besonderes Augenmerk auf die Wahrung der Menschenrechte zu legen; fordert, dass die Maßnahmen gegen den Gesundheitsnotstand verhältnismäßig, notwendig und nicht diskriminierend sein müssen; verurteilt die während der Pandemie ergriffenen repressiven Maßnahmen, die groben Menschenrechtsverletzungen und die Übergriffe gegen bestimmte Bevölkerungsgruppen, zu denen auch die übermäßige Anwendung von Gewalt durch staatliche Kräfte und Sicherheitskräfte gehört;
11. fordert alle Akteure auf, verstärkt gegen Desinformation, gezielte Falschmeldungen und Pseudowissenschaft im Internet vorzugehen; fordert die Regierungen in beiden Regionen und die internationalen Organisationen auf, mit Internetplattformen in Kontakt zu treten, um wirksame Mittel für den Kampf gegen die „Informations-Pandemie“ zu finden; begrüßt die Schaffung von PortalCheck.org, einem neuen, von der EU unterstützten Portal, das Faktenprüfer in Lateinamerika und der Karibik bei der Bekämpfung von Desinformation zu COVID-19 mit Ressourcen unterstützt; weist jedoch darauf hin, dass die Regierungen den Kampf gegen Desinformation nicht zur Unterdrückung von politischen Meinungen und zur Einschränkung der Grundfreiheiten der Bürger nutzen sollten;
12. fordert die Kommission und den EAD auf, auf der Grundlage von aktuellen Gesetzesvorhaben der EU wie der Verordnung zu grenzüberschreitenden Gesundheitsbedrohungen für eine gezielte Beteiligung an Maßnahmen und Planungen im Bereich von Wissenstransfer und Krisenreaktion Sorge zu tragen, damit die lateinamerikanischen Staaten besser auf zukünftige Pandemien vorbereitet sind;
13. äußert Bedauern angesichts der starken Politisierung der COVID-19-Pandemie, die sich unter anderem in einer Leugnung oder dem Herunterspielen der ernsten Lage durch Staats- und Regierungschefs äußert, und fordert die politischen Führungspersönlichkeiten auf, verantwortungsbewusst zu handeln, um weitere Eskalationen zu verhindern; äußert Bedenken angesichts der Desinformationskampagnen in Bezug auf die Pandemie und fordert die staatlichen Stellen auf, die daran Schuldigen ausfindig zu machen und zu belangen;
14. fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten sowie alle lateinamerikanischen Staaten auf, eine großangelegte Emission der Sonderziehungsrechte (SZR) des Internationalen Währungsfonds zu unterstützen, um die Liquidität der Staaten der Region auf möglichst preiswerte Weise zu verbessern, und die Ausdehnung der Initiative der G20 für ein Schuldenmoratorium auf Länder mit mittlerem Einkommen zu unterstützen;
15. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, der Parlamentarischen Versammlung Europa-Lateinamerika und den staatlichen Stellen und Parlamenten der lateinamerikanischen Staaten zu übermitteln.