Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. Dezember 2023 zur suchterzeugenden Gestaltung von Online-Diensten und zum Verbraucherschutz im EU-Binnenmarkt (2023/2043(INI))
Das Europäische Parlament,
– gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 169,
– unter Hinweis auf die Bekanntmachung der Kommission mit dem Titel „Leitlinien zur Auslegung und Anwendung der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt“ (2021/C 526/01),
– unter Hinweis auf die Bekanntmachung der Kommission mit dem Titel „Leitlinien zur Auslegung und Anwendung der Richtlinie 2011/83/EU über die Rechte der Verbraucher“ (2021/C 525/01),
– unter Hinweis auf die Bekanntmachung der Kommission mit dem Titel „Leitlinien zur Auslegung und Anwendung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen“ (2019/C 323/04),
– unter Hinweis auf die Studie der Kommission mit dem Titel „Behavioural study on unfair commercial practices in the digital environment: dark patterns and manipulative personalisation: final report“ (Verhaltensstudie zu unlauteren Geschäftspraktiken im digitalen Umfeld: Dark Patterns und manipulative Personalisierung: Abschlussbericht), Generaldirektion Justiz und Verbraucher, 2022,
– unter Hinweis auf den Bericht des Dachverbands der Verbraucherverbände BEUC aus dem Jahr 2022 mit dem Titel „EU Consumer protection 2.0. Protecting fairness and consumer choice in a digital economy“ (EU-Verbraucherschutz 2.0. Schutz der Fairness und der Wahlmöglichkeit der Verbraucher in einer digitalen Wirtschaft),
– unter Hinweis auf die Konsultation der Kommission mit dem Titel „Digitale Fairness – Eignungsprüfung des EU-Verbraucherrechts“ und ihren zusammenfassenden Bericht,
– unter Hinweis auf die Studie des Wissenschaftlichen Dienstes des Europäischen Parlaments aus dem Jahr 2019 mit dem Titel „Harmful internet use. Part I: Internet addiction and problematic use“ (Schädliche Internetnutzung. Teil I: Internet-Sucht und problematische Nutzung),
– unter Hinweis auf den Bericht der Vereinten Nationen aus dem Jahr 2021 mit dem Titel „Our Common Agenda – Report of the Secretary-General“ (Unsere gemeinsame Agenda – Bericht des Generalsekretärs),
– unter Hinweis auf seine Entschließung vom 12. März 2009 zu dem Schutz der Verbraucher, insbesondere Minderjähriger, bei der Nutzung von Videospielen(1),
– unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2022/2065 über einen Binnenmarkt für digitale Dienste (Gesetz über digitale Dienste)(2),
– unter Hinweis auf den Vorschlag für eine Verordnung zur Festlegung harmonisierter Vorschriften für künstliche Intelligenz (Gesetz über künstliche Intelligenz) (COM(2021)0206),
– unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung)(3),
– unter Hinweis auf Artikel 24 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union,
– unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes und die Allgemeine Bemerkung Nr. 25 (2021) zu den Rechten des Kindes im Zusammenhang mit dem digitalen Umfeld,
– unter Hinweis auf die Strategie der Kommission für ein besseres Internet für Kinder,
– gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung,
– unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (A9-0340/2023),
A. in der Erwägung, dass sich bestimmte Technologieunternehmen in der heutigen Ökonomie der Aufmerksamkeit Gestaltungs- und Systemfunktionen zunutze machen, um die Schwächen von Nutzern und Verbrauchern auszunutzen und so deren Aufmerksamkeit zu gewinnen und dafür zu sorgen, dass sie mehr Zeit auf digitalen Plattformen verbringen; in der Erwägung, dass viele digitale Dienste wie Online-Spiele, soziale Medien, Streaming-Dienste für Filme, Serien oder Musik, Online-Marktplätze oder Online-Shops möglicherweise darauf ausgelegt sind, die Nutzer so lange wie möglich auf der Plattform zu halten, damit möglichst viele Daten erhoben werden können und die Nutzer dort möglichst viel Zeit verbringen und Geld ausgeben, sowie darauf, die Aktivität, die Beteiligung, die Erstellung von Inhalten, die Netzwerkentwicklung und den Datenaustausch zu maximieren; in der Erwägung, dass dies insbesondere für Dienste, die Daten monetarisieren, gilt; in der Erwägung, dass folglich viele Online-Dienste so gestaltet sind, dass sie gleichzeitig mehreren Zielen dienen, wobei diese darin bestehen, für eine optimale Nutzererfahrung zu sorgen und die Aufmerksamkeit der Nutzer zu binden, weshalb sie möglichst suchterzeugend sind; in der Erwägung, dass nicht alle digitalen Dienste auf demselben Geschäftsmodell beruhen, da einige digitale Dienste Daten sammeln und für Werbezwecke verwenden und somit auf die Monetarisierung von Daten ausgerichtet und von der Dauer der Nutzung der Anwendung abhängig sind, während andere digitale Dienste ganz oder teilweise auf Abonnementmodellen beruhen, die suchterzeugende Gestaltungsmerkmale aufweisen können, aber nicht müssen; in der Erwägung, dass bei einigen Diensten erfolgreich auf eine Gestaltung, mit der die auf der Plattform verbrachte Zeit verlängert wird, verzichtet wurde; in der Erwägung, dass sich der kommerzielle Erfolg und die ethische Entwicklung von Anwendungen nicht gegenseitig ausschließen; in der Erwägung, dass mit den Begriffen „manipulative Gestaltung“, „suchterzeugende Gestaltung“ oder „verhaltensorientierte Gestaltung“ von Online-Diensten Merkmale beschrieben werden, die zu verhaltensbezogenen Risiken und Schäden, einschließlich Formen von digitaler Sucht führen, etwa zu exzessiver oder schädlicher Internetnutzung, Smartphone-Sucht, Technologie- oder Internetsucht oder Social-Media-Sucht; in der Erwägung, dass in der Wissenschaft zunehmendes Einvernehmen darüber besteht, dass es Phänomene wie die Social-Media-Sucht gibt; in der Erwägung, dass das Augenmerk auf den aufmerksamkeitsbindenden oder suchterzeugenden Merkmalen liegen muss, die ein solches Verhalten hervorrufen, und nicht auf den Medien oder Geräten als solchen; in der Erwägung, dass es weiterer Forschung bedarf, um die zugrunde liegenden Probleme, die Auswirkungen von Online-Diensten sowie potenzielle Lösungsansätze besser zu verstehen;
B. in der Erwägung, dass digitale Dienste, einschließlich sozialer Medien, einen tiefgreifenden Wandel in der Gesellschaft bewirken, positive Auswirkungen haben, etwa mit Blick auf eine Zunahme der Effizienz, Verbundenheit, Zugänglichkeit und Freizeitgestaltung, und es Kindern und jungen Menschen ermöglichen, sich zu vernetzen, unterschiedliche Perspektiven und Weltansichten kennen und schätzen zu lernen, Wissen aufzubauen und Interessengebiete zu erkunden; in der Erwägung, dass Apps zur Produktivität, zu mehr Bewegung oder zur Lösung konkreter Probleme beitragen können, wie Apps für den Verkehr, das Bankwesen oder die Übersetzung zeigen; in der Erwägung, dass die Digitalisierung und die sozialen Medien auch neue Herausforderungen für die Gesellschaft mit sich bringen und es erforderlich machen, dass sich die Politik mit den Risiken für die körperliche und psychische Gesundheit im Zusammenhang mit der Nutzung von Online-Diensten befasst; in der Erwägung, dass die Technologie das Leben der Menschen zwar in vielerlei Hinsicht verbessert hat, der raffinierte Einsatz suchterzeugender, verhaltensorientierter, irreführender oder beeinflussender Gestaltungsmerkmale jedoch schädliche Auswirkungen auf das Verhalten der Verbraucher im Internet haben kann, weshalb Regulierungsbehörden und Forschende mit den Instrumenten ausgestattet werden müssen, die sie benötigen, um die Auswirkungen der Nutzung dieser Plattformen zu analysieren;
C. in der Erwägung, dass die 16- bis 24-Jährigen durchschnittlich mehr als sieben Stunden pro Tag im Internet verbringen(4); in der Erwägung, dass jedes vierte Kind und jeder vierte Jugendliche eine „problematische“ oder „dysfunktionale“ Smartphone-Nutzung aufweist, d. h. Verhaltensmuster, die einer Sucht ähneln(5); in der Erwägung, dass Forschungsergebnisse darauf hindeuten, dass die problematische Smartphone-Nutzung weiter zunimmt und dass viele Kinder nur selten nicht mit den sozialen Medien verbunden sind, sondern diese vielmehr den ganzen Tag über konstant nutzen und sich ohne ihr Mobiltelefon unsicher fühlen; in der Erwägung, dass Forschungsergebnisse auch darauf hindeuten, dass die Zunahme der psychischen Probleme bei Jugendlichen mit der übermäßigen Nutzung sozialer Medien zusammenhängen könnte und dass der durch soziale Medien ausgeübte Druck als einer der fünf Hauptgründe psychischer Probleme bei Kindern zu betrachten ist; in der Erwägung, dass jüngere Bevölkerungsgruppen anfälliger für psychopathologische Entwicklungen sind und dass schädliche Verhaltensweisen und psychische Erkrankungen, die sich während der Kindheit manifestieren, das restliche Leben der Betroffenen prägen können; in der Erwägung, dass Spielsucht von der Weltgesundheitsorganisation als psychische Störung anerkannt wurde;
D. in der Erwägung, dass die mit der Internetnutzung zusammenhängende Sucht ähnliche Nebenwirkungen aufweisen kann wie stoffgebundene Süchte, einschließlich Anzeichen von Toleranz und Rückfällen(6); in der Erwägung, dass es strenge Vorschriften für andere suchterzeugende Produkte und Dienstleistungen gibt, um Abhängigkeit zu verhindern und die Verbraucher vor Schaden zu bewahren; in der Erwägung, dass problematische Smartphone- oder Internetnutzung bei jungen Erwachsenen mit geringerer Lebenszufriedenheit und Symptomen im Bereich der psychischen Gesundheit wie Depressionen, geringem Selbstwertgefühl, Störungen des Körperbildes, Essstörungen, Angstzuständen, hohem Stressempfinden, Vernachlässigung von Familie und Freunden, Verlust der Selbstkontrolle, Schlafmangel und Zwangssymptomen wie Kaufsucht in Verbindung gebracht wurde(7); in der Erwägung, dass Personen, die digitale Medien intensiv nutzen, doppelt so häufig psychische Probleme aufweisen, einschließlich Risikofaktoren für Suizid und Selbstverletzung; in der Erwägung, dass Kinder und junge Menschen für diese Symptome besonders anfällig sind; in der Erwägung, dass psychische Erkrankungen, die sich während der Kindheit manifestieren, das restliche Leben der Betroffenen prägen können; in der Erwägung, dass eine übermäßige Internetnutzung mit Problemen bei der Bewältigung der täglichen Pflichten, schlechteren Noten, unzureichenden schulischen und akademischen Leistungen oder geringer Leistung am Arbeitsplatz verbunden ist; in der Erwägung, dass die Verbreitung von digitaler Abhängigkeit und ihr Zusammenhang mit Symptomen üblicher psychischer Störungen das öffentliche Gesundheitswesen zunehmend vor Probleme stellen und daher ein Anliegen politischer Entscheidungsträger sein sollten; in der Erwägung, dass weitere Forschung erforderlich ist, um mehr Informationen für die Entwicklung der am besten geeigneten Diagnosekriterien zu erhalten und Risikofaktoren für verschiedene digitale Abhängigkeiten festzulegen; in der Erwägung, dass bestimmte Dienste, Produkte oder Merkmale, die auf Erwachsene möglicherweise keine Auswirkungen haben, für Kinder hingegen höchst riskant, suchterzeugend oder anderweitig schädlich sein können, unter anderem aufgrund des Zusammenwirkens verschiedener Merkmale oder der sich mit der Zeit ergebenden längerfristigen Wirkung;
E. in der Erwägung, dass bei der Konzipierung sämtlicher Dienste und Produkte, bei denen es wahrscheinlich ist, dass auch Kinder auf sie zugreifen, das Kindeswohl höchste Priorität haben sollte; in der Erwägung, dass bestimmte Online-Dienste und -Produkte für Kinder höchst riskant, suchterzeugend oder anderweitig schädlich sein können, unter anderem aufgrund des Zusammenwirkens verschiedener Merkmale oder der sich mit der Zeit ergebenden kumulativen Wirkung;
F. in der Erwägung, dass einigen Forschungsergebnissen zufolge durch eine übermäßige Bildschirmzeit oder eine problematische Nutzung die Entwicklung des Gehirns beeinträchtigt werden kann; in der Erwägung, dass die zunehmenden Probleme bei der Nutzung sozialer Medien mit Aufmerksamkeitsdefiziten, einer kürzeren Aufmerksamkeitsspanne, Impulsivität und Symptomen der Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung (ADHS) in Verbindung gebracht werden(8); in der Erwägung, dass eine intensive Nutzung sozialer Medien mit einem geringeren Gehalt an grauer Substanz in bestimmten Hirnregionen in Verbindung gebracht wird, wie dies auch bei anderen Suchtmitteln der Fall ist; in der Erwägung, dass übermäßige Bildschirmzeit nachweislich Auswirkungen auf die neurologische Entwicklung, das Lernen und das Gedächtnis haben kann und dass die sitzende Lebensweise, die mit der Zeit, die mit elektronischen Medien verbracht wird, verbunden ist, ein potenziell erhöhtes Risiko einer frühen Neurodegeneration mit sich bringt(9);
G. in der Erwägung, dass die suchterzeugende Gestaltung negative Auswirkungen auf alle Menschen hat, nicht nur auf Personen mit problematischem Nutzungsverhalten; in der Erwägung, dass es durch die suchterzeugende Gestaltung schwer wird, sich auf anstehende Aufgaben zu konzentrieren, da die Konzentration ständig durch Ablenkungen wie Nachrichten und Benachrichtigungen gestört wird; in der Erwägung, dass die suchterzeugende Gestaltung von Online-Diensten zu erhöhtem Leistungsdruck und sozialem Druck führt, ständig online und vernetzt zu sein, wodurch das Risiko von Stress und Burnout erhöht wird; in der Erwägung, dass die Verbraucher im Internet in zunehmendem Maße mit einer Informationsflut und einer enormen Menge sensorischer Reize während des gesamten Tages konfrontiert sind, was zu eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten führen kann, und dass durch die Benutzeroberflächen nur eine begrenzte Kontrolle über ihre Daten geboten wird; in der Erwägung, dass die Zeit, die die Menschen vor Bildschirmen verbringen, Zeit ist, die nicht mit anderen Tätigkeiten, wie körperlich aktiv zu sein, sich zu bewegen, sich draußen aufzuhalten oder abzuschalten und zu entspannen, verbracht wird, die mit körperlichem und geistigem Wohlbefinden verbunden und für die Entwicklung von Kindern von grundlegender Bedeutung sind; in der Erwägung, dass Jugendliche, die nur wenig Zeit mit elektronischer Kommunikation verbringen, im Allgemeinen am glücklichsten sind; in der Erwägung, dass Menschen, die die Nutzung sozialer Medien für eine Woche einstellen, eine deutliche Verbesserung ihres Wohlbefindens erfahren;
H. in der Erwägung, dass heranwachsende Mädchen im Durchschnitt mehr Zeit online, mit Smartphones, sozialen Medien und der Übermittlung von Kurznachrichten verbringen als Jungen; in der Erwägung, dass Jungen im Allgemeinen mehr Zeit mit Videospielen und elektronischen Geräten verbringen; in der Erwägung, dass bei Mädchen ein stärkerer Zusammenhang zwischen Bildschirmzeit und schlechter psychischer Gesundheit besteht als bei Jungen und die Wahrscheinlichkeit, dass sie klinisch relevante depressive Symptome aufweisen, mehr als doppelt so hoch ist wie bei Jungen; in der Erwägung, dass suchterzeugende Online-Dienste häufig auf Minderjährige ausgerichtet oder für Kinder jeden Alters zugänglich sind; in der Erwägung, dass alle Dienste und Produkte, bei denen es wahrscheinlich ist, dass Kinder auf sie zugreifen, für diese sicher sein und dem Kindeswohl Rechnung tragen müssen;
I. in der Erwägung, dass bei den Schnittstellen einiger digitaler Dienste ähnliche psychologische Schwächen ausgenutzt werden, die auch mit Spielsucht im Zusammenhang stehen; in der Erwägung, dass durch suchterzeugende Gestaltungsmerkmale absichtlich die Schwächen der Verbraucher ausgenutzt werden, sodass sie viel mehr Zeit mit Anwendungen verbringen und mehr konsumieren als beabsichtigt; in der Erwägung, dass Plattformen Techniken der Spielifizierung einsetzen, d. h. eine verhaltensorientierte Gestaltung, bei der Spielmechanismen genutzt werden, um die Erledigung von Aufgaben zu belohnen und den Nutzern die Illusion von Wahlmöglichkeiten und Kontrolle zu vermitteln, während sie gleichzeitig einer bewusst stark kuratierten Zeitleiste ausgesetzt sind;
J. in der Erwägung, dass suchterzeugende Gestaltungsmerkmale häufig mit psychosozialen Mustern verbunden sind, mit denen auf die psychologischen Bedürfnisse, Schwächen und Wünsche der Verbraucher abgezielt wird, etwa die soziale Zugehörigkeit, soziale Ängste, die Angst, etwas zu verpassen (gefördert durch Informationen, die nur vorübergehend verfügbar sind, etwa „Stories“, oder die Anzeige „schreibt gerade ...“), Netzwerkeffekte, den Drang, Aufgaben in einem Fluss zu erledigen, selbst wenn sie unterbrochen werden, beispielsweise durch die Beseitigung aller intuitiven Momente zur Beendigung einer Aufgabe, die auch als „Stopping Cues“ bezeichnet werden (mithilfe endlosen Scrollens und der kurzen Anzeige von Inhalten mit hoher Relevanz, die bei erneutem Laden des Newsfeeds sofort wieder verborgen werden), durch die automatische Wiedergabe von Videos, durch die Vorgabe von Zielen für die Nutzer, etwa durch „Streaks“, und indem zum Verlust der Selbstkontrolle beigetragen wird; in der Erwägung, dass Gestaltungsmerkmale aus verschiedenen Gründen suchterzeugend sein können, z. B. da sie eine intermittierende variable Belohnung bewirken, die zu einem Dopaminschub führt, ähnlich wie dies bei der Dynamik von Spielautomaten der Fall ist, etwa durch Push-Benachrichtigungen, oder da sie auf sozialer Gegenseitigkeit beruhen, die zu chemischen Reaktionen im Gehirn führt, wenn die Menschen einerseits soziale Belohnung wie Likes erhalten und andererseits sozialen Druck verspüren, auf andere zu reagieren, etwa aufgrund von Lesebestätigungen; in der Erwägung, dass die beschriebenen Funktionen mit einer detaillierten Personalisierung kombiniert werden, um die Nutzer auf einer individuellen Ebene zu beeinflussen, wodurch die identifizierten Verhaltensmuster und Risiken verstärkt werden; in der Erwägung, dass Kinder für diese Merkmale anfälliger sind, insbesondere in früheren Entwicklungsstadien;
K. in der Erwägung, dass die Verbraucher bei den modernen datengesteuerten Diensten in einer schwächeren Position sind, was zu einem Machtgefälle und einer digitalen Asymmetrie führt, die einen allgemeinen Zustand der digitalen Anfälligkeit zur Folge hat, der sich aus internen und externen Faktoren ergibt, die sich der Kontrolle der Verbraucher entziehen; in der Erwägung, dass die Verbraucher ständig mit künstlicher Intelligenz konfrontiert sind, die ihre Schwächen leicht aufspüren und ausnutzen kann, und dass die Dienste regelmäßig ihre Angebotsstrukturen ändern, um die Konversionsquoten und das Engagement zu maximieren; in der Erwägung, dass dies zeigt, dass das Konzept der Schutzbedürftigkeit nicht auf die „üblicherweise geschützten“ Gruppen beschränkt werden darf, sondern alle Verbraucher einbezogen werden müssen;
L. in der Erwägung, dass suchterzeugende Praktiken empirisch untersucht wurden und Gestaltungsmerkmale umfassen wie endloses Scrollen, Ziehen zum Nachladen der Seite, die endlose automatische Wiedergabe von Videos, personalisierte Empfehlungen, Benachrichtigungen, mit denen die Aufmerksamkeit der Nutzer nach dem Verlassen eines Dienstes oder einer App wiedererlangt wird, das Spielen nach Termin zu bestimmten Tageszeiten, eine Gestaltung, die zu einer verzerrten Zeitwahrnehmung führt, oder gefälschte soziale Benachrichtigungen, mit denen die Illusion von Neuigkeiten im sozialen Umfeld des Nutzers im Internet erzeugt wird, wobei diese Funktionen häufig in Verbindung mit personalisierten Elementen einhergehen; in der Erwägung, dass die Verbraucher dazu veranlasst werden, mehr Zeit auf diesen Plattformen zu verbringen; in der Erwägung, dass es sich bei anderen beeinflussenden Gestaltungsmerkmalen um Elemente wie die „Gefällt-mir“-Funktion, Lesebestätigungsfunktionen, die Anzeige „schreibt gerade“, aber auch die Anzahl der auf einer Plattform gesammelten Follower, die von den Plattformen verwendeten Farben, Push-Benachrichtigungen und die zeitliche Beschränkung von Inhalten, wie vorübergehend verfügbare Stories, handelt; in der Erwägung, dass die äußerst rasche Entwicklung der sozialen Medien kontinuierliche Forschung erfordert, insbesondere im Hinblick auf die psychische Gesundheit und Minderjährige;
M. in der Erwägung, dass bestimmte Empfehlungssysteme, die sowohl auf Personalisierung als auch auf Interaktion wie Klicks und Likes beruhen, möglicherweise ein wichtiges beeinflussendes, suchterzeugendes oder verhaltensorientiertes Gestaltungsmerkmal darstellen; in der Erwägung, dass Empfehlungssysteme gleichzeitig zur Funktionalität von Plattformen beitragen können, indem die soziale Interaktion verbessert wird, aber häufig auch darauf ausgerichtet sind, die Nutzer auf der Plattform zu halten; in der Erwägung, dass mit dem Gesetz über digitale Dienste eine Reihe von Transparenzpflichten für Empfehlungssysteme eingeführt wurden;
N. in der Erwägung, dass viele Technologieunternehmen experimentelle Dashboards als Grundlage für ihre Gestaltungsentscheidungen verwenden; in der Erwägung, dass solche realen Experimente direkt an den Verbrauchern ohne deren Wissen oder Einwilligung durchgeführt werden; in der Erwägung, dass aufgrund der mangelnden Transparenz bei solchen Experimenten unklar ist, inwieweit sie Sicherheitsmaßnahmen unterliegen;
O. in der Erwägung, dass die zuvor beschriebenen suchterzeugenden Gestaltungsmerkmale nicht einfach dadurch gelöst werden können, dass zeitliche Beschränkungen für Online-Dienste auferlegt werden, da durch diesen Ansatz die Verantwortung auf den Einzelnen verlagert und nicht das Kernproblem der suchterzeugenden Gestaltung von Online-Diensten angegangen wird; in der Erwägung, dass keine der „Lösungen“, die von den Plattformen umgesetzt wurden, zu einer ernsthaften Veränderung oder einem Rückgang der Nutzung von Online-Diensten geführt hat; in der Erwägung, dass Jugendliche die elterliche Regulierung ihrer Nutzung sozialer Medien nicht ohne Weiteres akzeptieren und auferlegte technische Beschränkungen leicht umgehen können; in der Erwägung, dass Maßnahmen wie elterliche Kontrolle und digitale Kompetenz die Verantwortung der Anbieter für den Schutz und die Förderung der Rechte von Kindern im digitalen Umfeld, insbesondere durch Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit durch Gestaltung, mit denen sichergestellt wird, dass die Gestaltung ihrer Produkte und Dienste keine negativen Folgen für Kinder hat, ergänzen; in der Erwägung, dass Untersuchungen gezeigt haben, dass klare Regeln und eine konstruktive Kommunikation mit Kindern helfen können, Social-Media-Sucht vorzubeugen; in der Erwägung, dass digitale Dienste eine Plattform bieten sollten, auf der sich Eltern und Erzieher über die Gefahren einer übermäßigen Internetnutzung und die Kommunikation mit Kindern und Jugendlichen informieren können; in der Erwägung, dass die Diskussionen im Rahmen laufender nicht-legislativer Initiativen stattfinden, etwa im Rahmen des EU-Verhaltenskodex für altersgerechte Gestaltung (als Teil der europäischen Strategie für ein besseres Internet für Kinder (BIK+) 2022), des Ansatzes der Kommission im Bereich der psychischen Gesundheit und des Aktionsplans für digitale Bildung 2021-2027;
P. in der Erwägung, dass in den Artikeln 25, 27, 28 und 38 des Gesetzes über digitale Dienste ein Verbot täuschender oder manipulativer Gestaltung, Pflicht zu Transparenz und Auswahlmöglichkeiten bei Empfehlungssystemen und Profiling sowie Maßnahmen zum Schutz Minderjähriger vorgesehen sind; in der Erwägung, dass mit dem Gesetz über digitale Dienste bereits Bestimmungen gegen die Verwendung von Dark Patterns eingeführt wurden, die sich jedoch auf die Architektur und die Beeinflussung der Auswahlmöglichkeiten beschränken und sich nicht mit einer verhaltensorientierten Gestaltung befassen, die per se suchterzeugend ist, und dass diese Bestimmungen darüber hinaus in ihrem Geltungsbereich begrenzt sind, da sie nicht für alle Online-Dienste gelten, sondern nur für Online-Plattformen, wodurch entscheidende problematische Dienste wie Online-Spiele ausgeschlossen sind; in der Erwägung, dass mit den horizontalen Rechtsvorschriften des bald verabschiedeten Gesetzes über künstliche Intelligenz(10) darauf abgezielt wird, KI-Systeme zu verbieten, in denen unterschwellige Merkmale eingesetzt werden, dass das Gesetz aber auf Systeme beschränkt ist, die „absichtlich manipulativ sind oder irreführende Techniken einsetzen“;
Suchterzeugende Gestaltung von Online-Diensten
1. begrüßt die von der Kommission durchgeführte Eignungsprüfung des Verbraucherrechts in Bezug auf die digitale Fairness als einzigartige Gelegenheit, den Weg für eine neue Generation von Verbraucherschutzvorschriften zu ebnen, die die negativen Entwicklungen umkehren, mit denen die Position und die Rechte der Verbraucher in einer von digitalen Technologien dominierten Welt geschwächt wurden; fordert die Kommission zu diesem Zweck auf, für ihre Eignungsprüfung die Konzepte und Begriffsbestimmungen im Verbraucherrecht, etwa der Begriffe „Verbraucher“, „schutzbedürftiger Verbraucher“ und „Unternehmer“, zu überprüfen, um Verbraucher vor Schaden zu schützen und auf die Herausforderungen des Datenzeitalters zu reagieren;
2. vertritt die Auffassung, dass digitale Abhängigkeit und persuasive Technologie Probleme sind, die umfassende regulatorische Lösungen seitens der EU mit einer Reihe unterstützender politischer Initiativen erfordern, um die digitale Abhängigkeit ernsthaft anzugehen und es den Bürgerinnen und Bürgern zu ermöglichen, selbst zu bestimmen, wie sie digitale Dienste und Produkte nutzen, um ihre eigenen Ziele zu verfolgen und vor neuen Formen der Abhängigkeit und problematischen Formen der Nutzung des Internets geschützt zu sein;
3. ist besorgt darüber, dass durch bestimmte Plattformen und andere Technologieunternehmen psychologische Schwachstellen ausgenutzt werden, um digitale Schnittstellen für kommerzielle Interessen so zu gestalten, dass die Häufigkeit und Dauer der Nutzerbesuche maximiert wird, um die Nutzung von Online-Diensten zu verlängern und eine Bindung an die Plattform herzustellen; betont, dass durch suchterzeugende Gestaltung den Verbrauchern körperlicher und psychischer sowie materieller Schaden zugefügt werden kann; fordert die Kommission dringend auf, zu bewerten, ob Regelungslücken in Bezug auf die Schwachstellen der Verbraucher, Dark Patterns und suchterzeugende Merkmale digitaler Dienste bestehen, und diese gegebenenfalls zu schließen;
4. betont, dass trotz des sich deutlich ändernden EU-Rechtsrahmens im digitalen Bereich, etwa durch das Gesetz über digitale Dienste oder das Gesetz über künstliche Intelligenz, das Thema „suchterzeugende Gestaltung“ in den bestehenden EU-Rechtsvorschriften nicht ausreichend abgedeckt ist und, wenn es nicht angegangen wird, zu einer weiteren Verschlechterung im Bereich der öffentlichen Gesundheit führen könnte, von der insbesondere Minderjährige betroffen sind; ist der Ansicht, dass das Europäische Parlament Vorreiter sein und von seinem Recht auf Gesetzesinitiative Gebrauch machen sollte, wenn das Thema weiterhin nicht angegangen wird; fordert die Kommission auf, eine strenge und solide Durchsetzung aller geltenden Rechtsvorschriften in diesem Gebiet auf möglichst transparente Weise sicherzustellen; fordert die Kommission auf, zu diesem Zweck die erforderlichen Leitlinien gemäß den Artikeln 25 und 35 des Gesetzes über digitale Dienste anzunehmen;
5. fordert die Kommission auf, zu prüfen, welche politischen Initiativen notwendig sind, und Rechtsvorschriften gegen die suchterzeugende Gestaltung vorzuschlagen, sofern dies zweckmäßig und notwendig ist; begrüßt die Initiative der Kommission, mit der ein gleich hohes Maß an Fairness online wie offline sichergestellt werden soll; fordert die Kommission nachdrücklich auf, bei ihrer Überprüfung der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (UGP-Richtlinie)(11), der Verbraucherrechte-Richtlinie(12) und der Richtlinie über missbräuchliche Vertragsklauseln(13) – bei der sogenannten Eignungsprüfung zur digitalen Fairness – für ein hohes Schutzniveau im digitalen Umfeld zu sorgen und dabei die zunehmenden Probleme im Zusammenhang mit der suchterzeugenden, verhaltensorientierten und manipulativen Gestaltung von Online-Diensten anzugehen und im Rahmen dieser Überprüfung auch die Definition der Begriffe „Verbraucher“, „schutzbedürftiger Verbraucher“ und „Unternehmer“ im digitalen Zeitalter zu bewerten; betont, dass es wichtig ist, für eine wirksame und kohärente Durchsetzung des Verbraucherrechts zu sorgen, wobei schutzbedürftigen Gruppen wie Kindern besondere Aufmerksamkeit zu widmen ist;
6. weist erneut darauf hin, dass sich in der Verhaltensstudie der Kommission über unlautere Geschäftspraktiken im digitalen Umfeld herausgestellt hat, dass die Transparenzbestimmungen gegen Dark Patterns und manipulative Personalisierungspraktiken sowohl für durchschnittliche als auch für schutzbedürftige Verbraucher unzureichend sind, um den negativen Folgen entgegenzuwirken; fordert die Kommission auf, dringend zu prüfen, ob die schädlichsten Praktiken, die in Anhang I der UGP-Richtlinie oder in anderen EU-Rechtsvorschriften noch nicht als irreführende Geschäftspraktiken aufgeführt sind, verboten werden müssen; weist darauf hin, dass mehrere Dark Patterns und manipulative Praktiken bereits im Rahmen der Liste irreführender Geschäftspraktiken in Anhang I der UGP-Richtlinie verboten werden könnten; stellt darüber hinaus fest, dass die prinzipienbasierten Artikel 5 bis 9 der UGP-Richtlinie zu beruflicher Sorgfalt, irreführenden Unterlassungen und Handlungen sowie aggressiven Praktiken eine Grundlage für die Beurteilung der Missbräuchlichkeit der meisten Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern liefern;
7. weist erneut darauf hin, dass in der Bewertung der Kommission zu den Taxonomien für Dark Patterns festgestellt wird, dass bestimmte suchterzeugende Gestaltungsmerkmale in den derzeitigen Rechtsvorschriften möglicherweise nicht berücksichtigt werden, darunter das unendliche Scrollen und die standardmäßige automatische Wiedergabefunktion; unterstreicht, dass auch andere suchterzeugende Gestaltungsmerkmale wie ständige Push-Benachrichtigungen oder Lesebestätigungen von den bestehenden Rechtsvorschriften nicht erfasst werden; weist erneut darauf hin, dass in Bezug auf die Regeln für die Gestaltung suchterzeugender Schnittstellen weiterhin Rechtsunsicherheit besteht; hebt die Leitlinien zur UGP-Richtlinie hervor; betont, dass es wichtig ist, die Leitlinien auf dem neuesten Stand zu halten und vor dem Hintergrund neuer technologischer Entwicklungen für Rechtssicherheit zu sorgen; fordert die Kommission auf, schädliche suchterzeugende Techniken, die nicht unter die bestehenden Rechtsvorschriften fallen, zu bewerten und zu verbieten;
8. vertritt die Auffassung, dass bei einer Überarbeitung der UGP-Richtlinie die Anfälligkeit der Verbraucher für das Machtgefälle in der Beziehung zwischen Unternehmern und Verbrauchern berücksichtigt werden sollte, das sich aus internen und externen Faktoren ergibt, auf die die Verbraucher keinen Einfluss haben; betont, dass die Autonomie der Verbraucher nicht durch die Geschäftspraktiken der Unternehmer, insbesondere durch die Gestaltung und Funktionsweise der Schnittstelle, beeinträchtigt werden darf; ist daher der Ansicht, dass in der UGP-Richtlinie das Konzept der digitalen Asymmetrie berücksichtigt werden sollte; stellt fest, dass sowohl die Verbraucher als auch die Durchsetzungsbehörden aufgrund mangelnder Kenntnisse und Einblicke oft darüber im Unklaren sind, was hinter den Schnittstellen von Online-Diensten geschieht; fordert die Kommission auf, in Erwägung zu ziehen, die Beweislast für mutmaßlich suchterzeugende Praktiken umzukehren, die von der Kommission oder den nationalen Behörden aufgedeckt oder vermutet werden; ist der Ansicht, dass Unternehmen verpflichtet werden sollten, ethische und faire digitale Produkte und Dienste zu entwickeln, die frei von Dark Patterns und irreführender oder suchterzeugender Gestaltung sind; ist der Ansicht, dass dies zu einer angemessenen beruflichen Sorgfalt gehört; weist darauf hin, dass gegebenenfalls die Weitergabe der Ergebnisse der experimentellen Dashboards von Anbietern von Online-Diensten und der daraus resultierenden Wirkung auf die Nutzer ihrer Plattformen an Behörden und Verbraucher wesentlich ist, um die Wirkung von Gestaltungsmerkmalen nachzuweisen, einschließlich des Nachweises, dass das Gestaltungsmerkmal nicht suchterzeugend ist; fordert die Kommission auf, das Experimentieren mit Verbrauchern in diesem Zusammenhang zu prüfen und zu überdenken; ist der Ansicht, dass die Definition des Begriffs „geschäftliche Entscheidung“ in der UGP-Richtlinie die weitere Nutzung des Dienstes (z. B. Scrolling durch einen Feed), die Anzeige von Werbeinhalten oder das Anklicken eines Links umfasst, wie in den Leitlinien der Kommission zur UGP-Richtlinie beschrieben; weist erneut darauf hin, dass das horizontale Verbraucherrecht der Tatsache Rechnung tragen muss, dass auch Durchsetzungsstellen von digitaler Asymmetrie betroffen sind; fordert die Kommission demnach auf, die Verordnung über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz(14) zu überprüfen und gegebenenfalls zu stärken;
9. fordert die Kommission auf, die Auswirkungen auf das Suchtverhalten und die psychische Gesundheit von interaktionsbasierten Empfehlungssystemen, insbesondere hyperpersonalisierten Systemen, zu bewerten, die darauf ausgelegt sind, die Nutzer so lange wie möglich auf der Plattform zu halten, anstatt ihnen auf neutralere Weise Informationen zur Verfügung zu stellen, und besonderes Augenmerk auf Dienste zu richten, die nicht unter die Verpflichtungen im Rahmen des Gesetzes über digitale Dienste fallen; fordert die Kommission auf, bei der Durchsetzung der Artikel 34 und 35 des Gesetzes über digitale Dienste die Risikobewertung und Risikominderung von sehr großen Online-Plattformen in Bezug auf potenzielle Gesundheitsschäden, die durch die suchterzeugende Gestaltung von Empfehlungssystemen verursacht werden, weiter zu präzisieren; fordert ferner, dass geprüft wird, ob und inwieweit eine Verpflichtung, Empfehlungssysteme, die auf Interaktion beruhen, „standardmäßig“ nicht zu verwenden, wünschenswert ist und ob Verbraucher im Rahmen des Verbraucherrechts das Recht auf sinnvolle Personalisierung erhalten sollten, durch das sie eine wirksame Kontrolle erhalten würden; unterstreicht, dass aus den Aussagen der Hinweisgeber hervorgeht, dass sicherere alternative Empfehlungssysteme möglich sind, z. B. solche, die auf einer chronologischen Reihenfolge beruhen, solche, bei denen die Nutzer eine bessere Kontrolle über die angezeigten Inhalte haben, oder solche, die auf sichereren Einstellungen beruhen; fordert den Schutz der Verbraucher durch sicherere Alternativen, selbst wenn diese Alternativen für Social-Media-Plattformen weniger profitabel sind; fordert die Kommission auf, Möglichkeiten zur Förderung der Öffnung der Infrastruktur sozialer Netzwerke zu prüfen, damit Nutzer Zugang zu Anwendungen von Drittanbietern erhalten oder die ursprünglichen Schnittstellen um externe Funktionen ergänzen können und so von den ursprünglichen, suchterzeugenden Aspekten von sozialen Medien loskommen;
Ethische Gestaltung von Online-Diensten
10. fordert die Kommission auf, bei ihrer Überprüfung der bestehenden EU-Rechtsvorschriften über suchterzeugende Gestaltung ein digitales „Recht, nicht gestört zu werden“ zur Stärkung der Verbraucher vorzuschlagen, indem alle Aufmerksamkeit suchenden Funktionen standardmäßig ausgeschaltet werden und die Nutzer die Möglichkeit erhalten, diese Funktionen mit einfachen und leicht zugänglichen Mitteln zu aktivieren, eventuell mit einer obligatorischen Warnung vor den potenziellen Gefahren der Aktivierung dieser Opt-in-Funktionen, wodurch Verbraucher eine echte Auswahl und Autonomie haben, ohne dass eine Informationsüberlastung entsteht;
11. fordert die Kommission auf, die standardmäßige ethische Gestaltung von Online-Diensten zu fördern; ist der festen Überzeugung, dass Anbieter von Plattformmerkmalen Abstand nehmen sollten, die darauf ausgerichtet sind, die Aufmerksamkeit der Nutzer einseitig in Anspruch zu nehmen; fordert die Kommission auf, eine Liste bewährter Verfahren für Gestaltungsmerkmale zu erstellen, die nicht suchterzeugend oder manipulativ sind und mit denen sichergestellt wird, dass die Nutzer die volle Kontrolle haben und bewusst und in Kenntnis der Sachlage online handeln können, ohne einer Informationsflut oder unterbewussten Beeinflussung ausgesetzt zu sein; betont, dass durch politische Maßnahmen in diesem Bereich nicht die Verbraucher belastet werden sollten, insbesondere schutzbedürftige Nutzer oder ihre gesetzlichen Vertreter, sondern der von suchterzeugender Gestaltung verursachte Schaden behoben werden sollte; verweist auf bewährte Verfahren, z. B. „erst denken, dann teilen“, das standardmäßige Ausschalten aller Benachrichtigungen, neutralere Online-Empfehlungen, etwa auf der Grundlage einer chronologischen Reihenfolge oder einer stärkeren Kontrolle durch die Nutzer, die Möglichkeit, im Vorfeld zwischen Farb- und Graustufen-Apps zu wählen, oder Warnungen, wenn die Nutzer mehr als 15 oder 30 Minuten mit einem bestimmten Dienst verbracht haben, und eine automatische Sperrung bestimmter Dienste nach einer bestimmten Zeit, insbesondere für Minderjährige, die Möglichkeit für Nutzer, den Zugang zu bestimmten Apps auf bestimmte Zeiten zu beschränken, insbesondere für Minderjährige, oder wöchentliche Zusammenfassungen der gesamten Bildschirmzeit, die nach Online-Diensten aufgeschlüsselt sind, sowie In-App-Sensibilisierungskampagnen zu potenziellen Risiken aufgrund von problematischem Online-Verhalten; ist ferner der Ansicht, dass die umfassende Nutzung von pädagogischen Leitlinien und Präventionsplänen sowie Sensibilisierungskampagnen der Förderung von Strategien der Selbstkontrolle dienen sollte, um Menschen bei der Entwicklung von sichererem Online-Verhalten und neuer gesunder Gewohnheiten zu helfen;
12. vertritt die Auffassung, dass jegliche Reaktion auf EU-Ebene die Erreichung einer angemessenen Konsultation, Kooperation und Zusammenarbeit zwischen Interessenträgern, insbesondere Gesetzgebern, Gesundheitsbehörden, Angehörigen der Gesundheitsberufe, Unternehmen, vor allem KMU, sowie Medienregulierungsbehörden, Verbraucherschutzorganisationen und nichtstaatlichen Organisationen zum Ziel haben sollte; betont, dass Interessenträger auf dem Gebiet der Entwicklung, Bewertung und der regulatorischen Maßnahmen zusammenarbeiten sollten, um mit problematischem Online-Verhalten verbundene Gefahren zu verhindern und zu minimieren; fordert die Kommission auf, einen konstruktiven Dialog zwischen allen einschlägigen Interessenträgern zu fördern; betont, dass es notwendig ist, geeignete Foren für diesen Dialog bereitzustellen;
13. hebt die erheblichen Auswirkungen der suchterzeugenden Gestaltung auf alle Menschen, aber insbesondere auf Kinder und Jugendliche hervor; betont, dass die suchterzeugende Gestaltung, ihre Formen und ihre Auswirkungen weiter erforscht werden müssen; fordert die Kommission auf, gezielte Forschungsarbeiten zu koordinieren, zu erleichtern und zu finanzieren sowie diesbezüglich zusätzliche internationale Anstrengungen zur Förderung der Regulierung suchterzeugender Gestaltung im Internet zu unternehmen, und hebt hervor, dass es notwendig ist, politische Initiativen und Branchenvorgaben für digitale Dienste und Produkte für Kinder zu fördern und umzusetzen, bei denen für Sicherheit durch technische Vorkehrungen gesorgt ist, um die Einhaltung der Rechte des Kindes zu fördern;
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14. beauftragt seine Präsidentin, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.
Durchschnittliche Zeit, die Internet-Nutzer weltweit täglich online verbringen, mit Stand vom 4. Quartal 2022, aufgeschlüsselt nach Alter und Geschlecht, Statista, 22. Mai 2023, https://www.statista.com/statistics/1378510/daily-time-spent-online-worldwide-by-age-and-gender/.
Lopez-Fernandez, O. und Kuss, D., Harmful Internet Use. Part I: Internet addiction and problematic use (Schädliche Internetnutzung. Teil I: Internet-Sucht und problematische Nutzung), EPRS, STOA, S. 51, https://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/STUD/2019/624249/EPRS_STU(2019)624249_EN.pdf.
Lopez-Fernandez, O. und Kuss, D., Harmful Internet Use. Part I: Internet addiction and problematic use (Schädliche Internetnutzung. Teil I: Internet-Sucht und problematische Nutzung), EPRS, STOA, S. 51, https://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/STUD/2019/624249/EPRS_STU(2019)624249_EN.pdf.
Siehe unter anderem: Sohn, S., Rees, P., Wildridge, B., Kalk, N. J., und Carter, B. R. (2019). Prevalence of problematic smartphone usage and associated mental health outcomes amongst children and young people: a systematic review, meta-analysis and GRADE of the evidence (Verbreitung problematischer Smartphone-Nutzung und damit zusammenhängende Auswirkungen auf die psychische Gesundheit unter Kindern und jungen Menschen: eine systematische Untersuchung, Meta-Analyse und Evidenz nach GRADE). BMC Psychiatry, 19, 2019. Peterka-Bonetta, J., Sindermann, C., Elhai, J. D. und Montag, C., Personality associations with smartphone and internet use disorder: a comparison study including links to impulsivity and social anxiety (Zusammenhänge zwischen der Persönlichkeit und Störungen in Bezug auf die Smartphone- und Internetnutzung: eine Vergleichsstudie einschließlich Zusammenhängen mit Impulsivität und sozialer Angst). Front Public Health 7:127, 2019; Samra, A., Warburton, W. A., und Collins, A. M., Social comparisons: A potential mechanism linking problematic social media use with depression (Soziale Vergleiche: Ein möglicher Mechanismus, der zu einem Zusammenhang zwischen einer problematischen Nutzung sozialer Medien und Depressionen führt). Journal of Behavioral Addictions, 2022; Laconi, S. et al. Cross-cultural study of Problematic Internet Use in nine European countries (Interkulturelle Studie zur problematischen Internetnutzung in neun europäischen Ländern), in: Computers in Human Behavior, 84, S. 430-440, 2018; Lopez-Fernandez, O. und Kuss, D., „Harmful Internet Use. Part I: Internet addiction and problematic use“ (Schädliche Internetnutzung. Teil I: Internet-Sucht und problematische Nutzung), EPRS, STOA, S. 51; Cesarina Mason, M., Zamparo, G., Marini, A., und Ameen, N. Glued to your phone? Generation Z's smartphone addiction and online compulsive buying (Ans Mobiltelefon gefesselt? Die Smartphone-Sucht und zwanghaftes Online-Kaufen der Generation Z), in: Computers in Human Behaviour, Vol.136, November 2022; Learning to address with Problematic Usage of the Internet (Erlernen des Umgangs mit problematischer Internetnutzung), überarbeitete Ausgabe/COST-Aktion 2023; Boer, M. #ConnectedTeens: Social media use and adolescent wellbeing (#ConnectedTeens: Nutzung sozialer Medien und Wohlbefinden von Jugendlichen), 2022; Neophytou, E. Manwell, L. A. und Eikelboom, R. Effects of excessive screen time on neurodevelopment, learning, memory, mental health, and neurodegeneration: a scoping review, (Auswirkungen übermäßiger Bildschirmzeit auf die neurologische Entwicklung, das Lernen, das Gedächtnis, die psychische Gesundheit und die Neurodegeneration: eine Rahmenuntersuchung), Int J Ment Health Addiction, 19, 2019, S. 724-744.
Boer, M. #ConnectedTeens: Social media use and adolescent wellbeing (#ConnectedTeens: Nutzung sozialer Medien und Wohlbefinden von Jugendlichen), 2022; Boer, M., Stevens, G. Finkenauer, C., und van den Eijnden, R., Attention Deficit Hyperactivity Disorder-Symptoms, Social Media Use Intensity, and Social Media Use Problems (Symptome der Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung, Intensität der Nutzung sozialer Medien und Probleme im Zusammenhang mit deren Nutzung), in: Adolescents: Investigating Directionality, Child Development, 91, 4, 2020.
Neophytou, E. Manwell, L. A. und Eikelboom, R. Effects of excessive screen time on neurodevelopment, learning, memory, mental health, and neurodegeneration: a scoping review, (Auswirkungen übermäßiger Bildschirmzeit auf die neurologische Entwicklung, das Lernen, das Gedächtnis, die psychische Gesundheit und die Neurodegeneration: eine Rahmenuntersuchung), Int J Ment Health Addiction, 19, 2019, S. 724-744.
Koning, I.M. (et al.) „Bidirectional effects of internet-specific parenting practices and compulsive social media and internet game rules“ (Bidirektionale Effekte von internetspezifischen Erziehungsmethoden und Zwangsregeln für soziale Medien und Internetspiele), Journal of Behavioral Addictions 2018, 624-632.
Richtlinie 2005/29/EG vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern (ABl. L 149 vom 11.6.2005, S. 22).
Verordnung (EU) 2017/2394 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2017 über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 (ABl. L 345 vom 27.12.2017, S. 1).