Seeverkehr: Verkehrs- und Sicherheitsregelungen
Durch eine Reihe von EU-Richtlinien und -Verordnungen wurden die Standards für die Sicherheit im Seeverkehr in den letzten Jahren erheblich verbessert. Dies wurde insbesondere durch drei Gesetzespakete erreicht, die nach den Havarien der Schiffe „Erika“ und „Prestige“ verabschiedet wurden.
Rechtsgrundlage und Ziele
Die Rechtsgrundlage ist Titel VI, insbesondere Artikel 91 Absatz 1 Buchstabe c sowie Artikel 100 Absatz 2, des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Die Sicherheit auf See ist für den Schutz der Passagiere, der Besatzungsmitglieder, der Meeresumwelt und der Küstenregionen ein zentrales Element der Seeverkehrspolitik. Aufgrund der globalen Dimension des Seeverkehrs entwickelt die Internationale Seeschifffahrts-Organisation (International Maritime Organisation, IMO) einheitliche internationale Standards. Zu den wichtigsten internationalen Übereinkommen gehören das Übereinkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe (MARPOL), das Übereinkommen zum Schutz des menschlichen Lebens auf See (SOLAS) sowie das Übereinkommen über die Ausbildung, die Erteilung von Befähigungszeugnissen und den Wachdienst von Seeleuten (STCW). Die zeitnahe Anpassung des EU-Rechts an diese völkerrechtlichen Übereinkommen ist ein wesentliches Ziel der EU-Seeverkehrspolitik, aber auch flankierende Maßnahmen auf EU-Ebene werden angenommen.
Errungenschaften
A. Ausbildung und Qualifikationen
Mit der Richtlinie 94/58/EG vom 22. November 1994 über Mindestanforderungen für die Ausbildung von Seeleuten erhielt das STCW-Übereinkommen von 1978 uneingeschränkte Geltung im EU-Recht. Das Übereinkommen wurde umfassend geändert, was entsprechende Änderungen der EU-Richtlinie nach sich zog, deren neueste Fassung die Richtlinie (EU) 2022/993 vom 8. Juni 2022 ist. In der Richtlinie sind die Ausbildungsregeln und die für die Erteilung eines Befähigungszeugnisses für Seeleute zu erfüllenden Befähigungsnormen sowie die besonderen Ausbildungsanforderungen festgelegt. In ihr werden auch die Pflichten der Mitgliedstaaten bezüglich der Ausbildung der Seeleute, die Anforderungen an die Verständigung zwischen den Besatzungsmitgliedern der Schiffe sowie die Kontrolle der Befähigungszeugnisse der Schiffsbesatzungen (Hafenstaatkontrolle) geregelt.
In der Richtlinie (EU) 2017/2397 vom 12. Dezember 2017 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen in der Binnenschifffahrt und zur Aufhebung der Richtlinien 91/672/EWG und 96/50/EG des Rates sind Übergangsmaßnahmen zur schrittweisen Einführung der neuen Vorschriften vorgesehen, mit denen die Anforderungen an Berufsqualifikationen über Schiffsführer hinaus auf alle Besatzungsmitglieder, die in der Binnenschifffahrt in der EU tätig sind, ausgedehnt werden. Gemäß der neu gefassten Richtlinie müssen Mitglieder einer Decksmannschaft und Personen, die für Notfallverfahren zuständig sind, obligatorisch entsprechende Befähigungszeugnisse besitzen. Damit sie unter risikoreichen Bedingungen fahren dürfen, sollten Schiffsführer über eine besondere Zulassung verfügen und zusätzliche Befähigungen nachweisen müssen Die Richtlinie (EU) 2017/2397 wurde durch die Richtlinie (EU) 2021/1233 vom 14. Juli 2021 geändert, mit der Übergangsmaßnahmen für die Anerkennung von Zeugnissen aus Drittländern eingeführt wurden.
B. Schiffsausrüstung
Die Richtlinie 96/98/EG vom 20. Dezember 1996 über Schiffsausrüstung zielt darauf ab, die Umsetzung des SOLAS-Übereinkommens in Bezug auf die Ausrüstung von Handelsschiffen einheitlich zu gestalten, indem die sich aus dem Übereinkommen ergebenden IMO-Entschließungen für verbindlich erklärt werden. Mit der Richtlinie 2012/32/EU wurde die Richtlinie 96/98/EG geändert, indem Anhang A neu gefasst wurde, damit dieser den neuesten Änderungen internationaler Übereinkommen und Prüfnormen Rechnung trägt. Durch die Richtlinie 2014/90/EU vom 23. Juli 2014 über Schiffsausrüstung wurden die Umsetzung und die Kontrolle der Einhaltung der einschlägigen Regeln verstärkt.
C. Gefahrenabwehr auf Schiffen und in Hafenanlagen
Im Jahr 2002 wurden auf einer Konferenz der IMO der sogenannte ISPS-Code (Internationale Gefahrenabwehr auf Schiffen und in Hafenanlagen) sowie verschiedene Änderungen anderer internationaler Übereinkommen verabschiedet. Dadurch sollen Schiffe und Hafenanlagen besser geschützt werden. Mit der Verordnung (EG) Nr. 725/2004 vom 31. März 2004 sollte die einheitliche Auslegung und Umsetzung dieser IMO-Beschlüsse sichergestellt werden. Die Strategie der Europäischen Union für maritime Sicherheit wurde durch die Annahme eines politischen und strategischen Aktes durch den Rat am 24. Juni 2014 eingeleitet. Mit diesem sollen die Herausforderungen im Bereich der Sicherheit im Seeverkehr wirksam angegangen werden, indem alle einschlägigen internationalen, EU- und nationalen Instrumente eingesetzt werden.
D. Sicherheit von Fahrgastschiffen und Schiffsüberprüfungen
Die gemeinsamen Vorschriften und Normen für Schiffsüberprüfungs- und -besichtigungsorganisationen und die einschlägigen Maßnahmen der Seebehörden (Klassifikationsgesellschaften) sind in der Richtlinie 94/57/EG vom 22. November 1994 enthalten. Die Sicherheit von Schiffen im Liniendienst zwischen zwei Häfen der Union ist Gegenstand der Richtlinie 2009/45/EG vom 6. Mai 2009, mit der die in der Richtlinie 98/18/EG festgelegten Sicherheitsvorschriften und -normen für Fahrgastschiffe konsolidiert und neu gefasst wurden. Durch die Richtlinie 98/41/EG vom 18. Juni 1998 über die Registrierung der an Bord von Fahrgastschiffen befindlichen Personen werden die Kontrolle der Anzahl der Passagiere und somit wirksamere Rettungsaktionen bei Unfällen ermöglicht. Die Vorschriften über Mindestanforderungen für Seeleute wurden im Jahr 2019 mit der Annahme der Richtlinie (EU) 2019/1159 aktualisiert.
2017 wurden drei Richtlinien angenommen. Mit der ersten Richtlinie – der Richtlinie (EU) 2017/2108 vom 15. November 2017 zur Änderung der Richtlinie 2009/45/EG über Sicherheitsvorschriften und -normen für Fahrgastschiffe – werden die Sicherheitsvorschriften und -normen für Fahrgastschiffe präzisiert und vereinfacht. Dieser Richtlinie lag der Gedanke zugrunde, dass die Vorschriften über die Aktualisierung, Überwachung und Durchsetzung vereinfacht werden müssen. Mit der zweiten Richtlinie – der Richtlinie (EU) 2017/2109 vom 15. November 2017 zur Änderung der Richtlinie 98/41/EG des Rates über die Registrierung der an Bord von Fahrgastschiffen im Verkehr nach oder von einem Hafen eines Mitgliedstaats der Gemeinschaft befindlichen Personen und zur Änderung der Richtlinie 2010/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über Meldeformalitäten für Schiffe beim Einlaufen in und/oder Auslaufen aus Häfen der Mitgliedstaaten – werden die bestehenden Anforderungen an die Zählung und Registrierung von Fahrgästen und Besatzungsmitgliedern auf Fahrgastschiffen aktualisiert und präzisiert. Mit den Änderungen wurde u. a. die Begriffsbestimmung von „Hafengebieten“ aktualisiert, damit Angaben zur Staatsangehörigkeit der an Bord befindlichen Personen aufgenommen werden können, sowie die Verpflichtung für die Gesellschaften eingeführt, die Fahrgast- und Besatzungslisten in einem nationalen einzigen Fenster zu speichern. Die dritte Richtlinie war die Richtlinie (EU) 2017/2110 vom 15. November 2017 über ein System von Überprüfungen im Hinblick auf den sicheren Betrieb von Ro-Ro-Fahrgastschiffen und Fahrgast-Hochgeschwindigkeitsfahrzeugen im Linienverkehr und zur Änderung der Richtlinie 2009/16/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 1999/35/EG des Rates. Damit wurden die bestehenden Anforderungen an die Besichtigung von Ro-Ro-Fahrgastschiffen und Hochgeschwindigkeitsfahrzeugen aktualisiert und präzisiert sowie ein System von Überprüfungen geschaffen, die sich auf die Schiffe beziehen und vor Aufnahme eines Linienverkehrsdienstes durchzuführen sind; dieses System ist mit jährlichen Flaggenstaat-Besichtigungen kombinierbar.
In der Richtlinie (EU) 2016/1629 vom 14. September 2016 zur Festlegung technischer Vorschriften für Binnenschiffe, zur Änderung der Richtlinie 2009/100/EG und zur Aufhebung der Richtlinie 2006/87/EG sind die Vorschriften für die Binnenschifffahrt festgelegt.
Der Beschluss (EU) 2020/1508 des Rates über den Standpunkt, der im Namen der Europäischen Union im Europäischen Ausschuss zur Ausarbeitung von Standards im Bereich der Binnenschifffahrt (CESNI) und in der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt (ZKR) zu der Annahme von Standards über die technischen Vorschriften für Binnenschiffe zu vertreten ist, wurde am 12. Oktober 2020 angenommen. In der Richtlinie 2003/25/EG sind besondere Stabilitätsanforderungen für Ro-Ro-Fahrgastschiffe festgelegt. Sie wurde durch die Richtlinie (EU) 2023/946 vom 10. Mai 2023 geändert.
E. Digitale maritime Systeme und Dienste
Die Nutzung digitaler Informationen bewirkt eine Verbesserung der Effizienz, Attraktivität und ökologischen Nachhaltigkeit des Seeverkehrs und trägt zur Einbindung des Sektors in die digitale multimodale Logistikkette bei. Mit der Richtlinie 2005/44/EG über harmonisierte Binnenschifffahrtsinformationsdienste wurde ein Rahmen für digitale Informationsdienste zur Unterstützung des Transport- und Verkehrsmanagements in der Binnenschifffahrtsindustrie der EU geschaffen.
Am 20. Oktober 2010 haben das Europäische Parlament und der Rat die Richtlinie 2010/65/EU über Meldeformalitäten für Schiffe beim Einlaufen in und/oder Auslaufen aus Häfen der Mitgliedstaaten erlassen.
Im Jahr 2018 legte die Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung zur Einrichtung eines Single-Window-Umfelds (EMSW) für den europäischen Seeverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 2010/65/EU vor. Das EMSW enthält harmonisierte Vorschriften für die Bereitstellung von Informationen, die für Hafenanläufe erforderlich sind. Die entsprechende Verordnung (EU) 2019/1239 wurde nach der Annahme durch das Europäische Parlament und den Rat am 25. Juli 2019 im Amtsblatt veröffentlicht. Die Kommission hat im Oktober 2022 die Durchführungsverordnung (EU) 2023/204 angenommen, um die Merkmale des EMSW zu standardisieren und festzulegen und so ein harmonisiertes Meldeumfeld für die Nutzer in allen Mitgliedstaaten sicherzustellen. Mit der Delegierten Verordnung (EU) 2023/205 der Kommission vom 7. November 2022 wurde die Liste der in den Rechtsvorschriften über Hafenanläufe vorgeschriebenen Meldepflichten geändert und darüber hinaus ein Datensatz für das EMSW festgelegt.
F. Entwicklungen nach den Havarien der Schiffe „Erika“ und „Prestige“
Nach den Schiffsunglücken der „Erika“ (1999) und der „Prestige“ (2002) wurden die EU-Sicherheitsstandards im Seeverkehr nochmals erheblich verschärft:
1. Erika-I-Paket
Mit der Richtlinie 2001/105/EG vom 19. Dezember 2001 wurden die Rechtsvorschriften der Richtlinie 94/57/EG über Schiffsüberprüfungs- und -besichtigungsorganisationen (siehe vorstehender Abschnitt) verschärft und vereinheitlicht. In der Richtlinie wird insbesondere ein Haftungssystem für Fälle vorgesehen, in denen Fahrlässigkeit nachgewiesen wurde. Mit der Richtlinie 2001/106/EG vom 19. Dezember 2001 wurde die Hafenstaatkontrolle für potenziell gefährliche Schiffe verbindlich vorgeschrieben. Außerdem wird eine „schwarze Liste“ von Schiffen eingeführt, denen die Einfahrt in EU-Häfen verweigert werden kann.
In der Verordnung (EG) Nr. 417/2002 vom 18. Februar 2002 wurde ein fester Zeitplan aufgestellt, nach dem Einhüllen-Öltankschiffe aus dem Verkehr gezogen und durch sicherere Doppelhüllenschiffe ersetzt werden müssen. Nach der Havarie des Öltankers „Prestige“ wurde mit der Verordnung (EG) Nr. 1726/2003 vom 22. Juli 2003 ein strengerer Zeitplan beschlossen. Mit der Verordnung (EU) Nr. 530/2012 vom 13. Juni 2012 zur beschleunigten Einführung von Doppelhüllen oder gleichwertigen Konstruktionsanforderungen für Einhüllen-Öltankschiffe wurden anschließend die Verordnung (EG) Nr. 417/2002 sowie bestimmte in den IMO-Bestimmungen vorgesehene mögliche Ausnahmen aufgehoben. In dieser Verordnung ist festgelegt, dass für den Transport von Schweröl nur Doppelhüllen-Tankschiffe unter der Flagge eines Mitgliedstaats fahren dürfen, und sie enthält ein für alle Einhüllen-Tankschiffe, unabhängig von der Flagge, unter der sie fahren, geltendes Verbot des Einlaufens in Häfen oder Vorhäfen oder des Ankerns in Hoheitsgewässern der Mitgliedstaaten.
2. Erika-II-Paket
Mit der Richtlinie 2002/59/EG vom 27. Juni 2002 wurde das gemeinschaftliche Überwachungs- und Informationssystems für den Schiffsverkehr (SafeSeaNet) geschaffen. Bevor ein Schiff die Erlaubnis zur Einfahrt in einen Hafen eines Mitgliedstaats erhält, müssen die Betreiber des Schiffes den betreffenden Hafenbehörden eine Reihe von Informationen insbesondere über gefährliche oder umweltschädigende Ladungen übermitteln. Die Ausstattung mit Automatischen Identifikationssystemen (AIS) und Schiffsdatenschreibersystemen (VDR-Systemen; „Blackbox“) wurde zwingend vorgeschrieben. Die zuständigen Behörden des betroffenen Mitgliedstaats dürfen das Auslaufen von Schiffen bei schlechten Wetterbedingungen untersagen. Mit der Verordnung (EG) Nr. 1406/2002 vom 27. Juni 2002 wurde die Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA) eingerichtet, deren Aufgabe darin besteht, Mitgliedstaaten und die Kommission wissenschaftlich und technisch zu unterstützen sowie sicherzustellen, dass die Rechtsvorschriften im Bereich der Sicherheit des Seeverkehrs umgesetzt werden. Im Laufe der Zeit wurden die Kompetenzen der EMSA um neue Aufgaben im Bereich der Verschmutzungsbekämpfung (operative Unterstützung auf Anfrage von Mitgliedstaaten) und der satellitengestützten Überwachung bedeutend erweitert. Mit der Verordnung (EU) Nr. 100/2013 vom 15. Januar 2013 wurde die EMSA-Verordnung geändert. Dabei wurden die Kernaufgaben und die damit verbundenen Aufgabenbereiche der EMSA genauer festgelegt und die Rolle näher bestimmt, die sie bei der Vereinfachung der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission spielen soll, indem
Am 1. Juni 2023 nahm die Kommission fünf Legislativvorschläge zur Modernisierung der EU-Vorschriften über die Sicherheit des Seeverkehrs und die Verhütung der Wasserverschmutzung durch Schiffe an. Einer dieser Vorschläge ist der Vorschlag für eine Verordnung über die Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1406/2002. Mit diesem Vorschlag soll das Mandat der Agentur aktualisiert werden, um ihren zunehmenden Aufgaben in vielen Bereichen des Seeverkehrs, etwa im Bereich der Sicherheit, der Verhütung von Verschmutzung und des Umweltschutzes, der Gefahrenabwehr, der Überwachung und des Krisenmanagements sowie der Digitalisierung, besser Rechnung zu tragen. Der Ausschuss für Verkehr und Fremdenverkehr nahm seinen Bericht über den Vorschlag am 7. Dezember 2023 an, und das Parlament nahm seinen Standpunkt in erster Lesung am 12. März 2024 im Plenum an. Das Verfahren bedarf noch der Annahme der allgemeinen Ausrichtung des Rates (voraussichtlich Ende Juni während des belgischen Ratsvorsitzes) und dürfte vom neuen Parlament nach den Wahlen zum Europäischen Parlament vom 6. bis 9. Juni fortgeführt werden.
3. Drittes Maßnahmenpaket zur Verbesserung der Seesicherheit und Hafenstaatkontrolle
Nach schwierigen Verhandlungen einigten sich das Europäische Parlament und der Rat im Dezember 2008 auf ein drittes Gesetzespaket, das zwei Verordnungen und sechs Richtlinien umfasst:
- eine Neufassung der Richtlinie über die Hafenstaatkontrolle (Richtlinie 2009/16/EG vom 23. April 2009), um häufigere und wirksamere Überprüfungen im Rahmen neuer, an das potenzielle Risiko geknüpfter Überwachungsmechanismen sicherzustellen und somit die Verfahren und Instrumente der Pariser Vereinbarung sowie die in deren Rahmen geleistete Arbeit in den Geltungsbereich des EU-Rechts aufzunehmen. Am 1. Juni 2023 nahm die Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 2009/16/EG über die Hafenstaatkontrolle an, die Teil eines Pakets zur Modernisierung der EU-Vorschriften über die Sicherheit des Seeverkehrs ist und darauf abzielt, die Rechtsvorschriften der EU zu aktualisieren und mit den von der IMO und/oder der Internationalen Arbeitsorganisation bzw. in der Pariser Vereinbarung festgelegten internationalen Vorschriften und Verfahren zu harmonisieren. Außerdem wird mit dem Vorschlag auch die Art und Weise, wie Schiffe zur Überprüfung ausgewählt werden, überarbeitet, um der Umweltleistung und den Mängeln von Schiffen bei der Bestimmung ihres Risikoprofils größere Bedeutung beizumessen. Der Anwendungsbereich der Richtlinie wird ebenfalls geändert, sodass Fischereifahrzeuge mit einer Länge von mehr als 24 Metern im Rahmen der Hafenstaatkontrolle von den Mitgliedstaaten, die diese Überprüfungen durchführen möchten, überprüft werden können. Im Dezember 2023 verabschiedete der Ausschuss für Verkehr und Tourismus seinen Bericht und sein Verhandlungsmandat. Das Europäische Parlament und der Rat erzielten am 27. Februar 2024 eine vorläufige Einigung. Am 20. März 2024 billigte der Ausschuss für Verkehr und Tourismus die vorläufige Einigung, die das Parlament auf seiner Plenartagung vom 10. April 2024 daraufhin förmlich annahm.
- Mit der Richtlinie 2009/21/EG vom 23. April 2009 über die Erfüllung der Flaggenstaatpflichten wurde eine wirksamere Kontrolle der Einhaltung der geltenden Bestimmungen durch Schiffe, die unter der Flagge eines Mitgliedstaates fahren, ermöglicht. Am 1. Juni 2023 nahm die Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 2009/21/EG über die Erfüllung der Flaggenstaatpflichten an, mit der einige Verweise auf IMO-Instrumente in den bestehenden Begriffsbestimmungen aktualisiert und weitere für die Richtlinie relevante Begriffsbestimmungen aufgenommen werden, vor der Erteilung der Einsatzerlaubnis für das Schiff die Nutzung der Datenbank zur Überprüfung des Zustands des Schiffes vorgeschrieben wird, Verantwortlichkeiten und der gemeinsame Aufbau von Kapazitäten beim Personal von Flaggenstaaten festgelegt werden, Mitgliedstaaten in ihrer Eigenschaft als Flaggenstaaten verpflichtet werden, das System der Union für den Austausch von Informationen für die Sicherheit des Seeverkehrs (SafeSeaNet) zu nutzen, um die unter ihrer Flagge fahrenden Schiffe zu kontrollieren und zu überwachen, und der Geltungs- und Erfassungsbereich des Qualitätsmanagementsystems für Flaggenstaaten präzisiert wird. Im Dezember 2023 verabschiedete der Ausschuss für Verkehr und Tourismus seinen Bericht und sein Verhandlungsmandat. Das Europäische Parlament und der Rat erzielten am 27. Februar 2024 eine vorläufige Einigung. Den Verhandlungsführern des Parlaments ist es gelungen, die Flaggenstaaten dazu zu verpflichten, ihre Schiffe mindestens alle fünf Jahre zu überprüfen und sich bei ihren Überprüfungen nicht nur auf die Sicherheit zu konzentrieren. Am 20. März 2024 billigte der Ausschuss für Verkehr und Tourismus die vorläufige Einigung, die das Parlament auf seiner Plenartagung vom 10. April 2024 daraufhin förmlich annahm.
- Die Richtlinie 2009/17/EG vom 23. April 2009 zur Änderung der Richtlinie über die Einrichtung eines gemeinschaftlichen Überwachungs- und Informationssystems für den Schiffsverkehr (SafeSeaNet) zielte darauf ab, die rechtlichen Rahmenbedingungen für Notliegeplätze für Schiffe in Seenot zu verbessern und SafeSeaNet weiter auszubauen.
- Mit der Verordnung (EG) Nr. 391/2009 und der Richtlinie 2009/15/EG vom 23. April 2009 wurden gemeinsame Vorschriften und Normen für Schiffsüberprüfungs- und -besichtigungsorganisationen festgelegt; Ziel war die Schaffung eines unabhängigen Qualitätskontrollsystems zur Behebung der in den Inspektions- und Zertifizierungsverfahren für die Weltflotte nach wie vor bestehenden Schwachstellen.
- Die Richtlinie 2009/18/EG vom 23. April 2009 zur Festlegung der Grundsätze für die Untersuchung von Unfällen im Seeverkehr sieht einheitliche Grundsätze für die Durchführung von Ermittlungen auf See vor, die mit tödlichen Unfällen und Vorkommnissen zusammenhängen, die sich unter Beteiligung von unter der Flagge eines EU-Mitgliedstaates fahrenden Schiffen in den Hoheits- oder Binnengewässern eines Mitgliedstaates ereignen. Die Richtlinie sah auch die Einrichtung eines Systems zur gemeinsamen Nutzung der Ergebnisse vor, das als Rahmen für die ständige Zusammenarbeit zwischen der ESMA, der Kommission und den Mitgliedstaaten bezeichnet wird. Am 1. Juni 2023 nahm die Kommission einen Vorschlag zur Änderung der Richtlinie 2009/18/EG zur Festlegung der Grundsätze für die Untersuchung von Unfällen im Seeverkehrs an, in dem weitere Unterstützung für die nationalen Unfalluntersuchungsstellen durch die EMSA vorgesehen ist. Im Dezember 2023 verabschiedete der Ausschuss für Verkehr und Tourismus seinen Bericht und sein Verhandlungsmandat. Das Europäische Parlament und der Rat erzielten am 13. Februar 2024 eine vorläufige Einigung. Am 3. März 2024 billigte der Ausschuss für Verkehr und Tourismus die vorläufige Einigung, die das Parlament daraufhin auf seiner Plenartagung vom 10. April 2024 förmlich annahm.
- Verordnung (EG) Nr. 392/2009 vom 23. April 2009 über die Unfallhaftung von Beförderern von Reisenden auf See (beruhend auf dem Athener Übereinkommen von 1974 über die Beförderung von Reisenden und ihrem Gepäck auf See, geändert durch das Protokoll von 2002);
- in der Richtlinie 2009/20/EG vom 23. April 2009 wurden die Bedingungen der Hafenstaatkontrolle hinsichtlich der Versicherungsbescheinigungen von Schiffseigentümern für Seeforderungen festgelegt (es gilt eine Haftungsbeschränkung gemäß dem Übereinkommen über die Beschränkung der Haftung für Seeforderungen (LLMC) von 1976 in der durch das Protokoll von 1996 geänderten Fassung).
Rolle des Europäischen Parlaments
Das Europäische Parlament hat Initiativen im Bereich der Sicherheit des Seeverkehrs unterstützt und auf Fortschritte in diesem Bereich hingearbeitet. Die beiden anschließend von der Kommission vorgelegten „Erika“-Schiffssicherheitspakete wurden vom Parlament befürwortet, was dazu beitrug, dass sie schnell verabschiedet werden konnten, und zwar mit Verbesserungen an den ursprünglichen Vorschlägen. Das Europäische Parlament forderte zudem die Einrichtung eines Europäischen Küstenschutzes, Lotsen in ökologisch sensiblen und schwierigen Seegebieten und klare Beschlussfassungs- und Befehlsstrukturen in den Mitgliedstaaten bei Notlagen, vor allem im Hinblick auf eine verbindliche Zuweisung eines Notliegeplatzes bzw. Nothafens.
Im Rahmen der Überprüfung der Richtlinie über ein gemeinschaftliches Überwachungs- und Informationssystem für den Schiffsverkehr (SafeSeaNet) hat das Europäische Parlament zudem dafür gesorgt, dass die Mitgliedstaaten eine zuständige Behörde benennen müssen, die Entscheidungen darüber trifft, wie Schiffshavarien zu verhüten sind und welcher Hafen ein auf Hilfe angewiesenes Schiff aufnehmen soll.
Damit war das Parlament vom ersten bis zum dritten Maßnahmenpaket zur Verbesserung der Seeverkehrssicherheit – insbesondere durch die Arbeit seines nichtständigen Ausschusses für die Verbesserung der Sicherheit auf See (MARE) im Jahr 2004 – die treibende Kraft hinter den spürbaren Verbesserungen im Bereich der Seeverkehrssicherheit.
In seiner Entschließung zur EMSA hat das Parlament eine Ausweitung der Aktivitäten der Agentur gefordert. Das Europäische Parlament empfahl insbesondere, dass mit ihren Verkehrsbeobachtungssystemen zu einem Einheitlichen Europäischen Meeresraums beigetragen werden könnte, indem der Seetransport von Gütern und Passagieren zwischen den Mitgliedstaaten nicht mehr Formalitäten erfordert als der Transport zu Lande.
Ariane Debyser / Olena Kuzhym