Südasien, das Teil des breiteren indopazifischen Raums ist, ist für die EU von entscheidender geostrategischer Bedeutung; gleichzeitig steht die Region vor erheblichen Herausforderungen, die die regelbasierte internationale Ordnung gefährden. Der indopazifische Raum entwickelt sich rasch und wird zur wichtigsten geostrategischen Region, in der über 50 % der Weltbevölkerung leben. Die EU-Strategie für die Zusammenarbeit im indopazifischen Raum wurde im September 2021 angenommen, um die Präsenz der EU in der Region zu verstärken, Partnerschaften aufzubauen, die regelbasierte internationale Ordnung zu stärken und globale Herausforderungen anzugehen. Die EU passt ihre derzeitigen Instrumente im Rahmen ihrer strategischen Autonomie an. Mit dem Strategischen Kompass der EU für Sicherheit und Verteidigung, der vom Rat im März 2022 förmlich gebilligt wurde, wird eine offene und regelbasierte regionale Sicherheitsarchitektur gefördert, die sichere Seeverbindungen, den Aufbau von Kapazitäten und eine verstärkte Präsenz der Marine im indopazifischen Raum umfasst. Als starker Wirtschaftsakteur und wichtiger Geber von Entwicklungs- und Nothilfe knüpft die EU engere Beziehungen zu Ländern in Südasien. Die EU bemüht sich um die Förderung des Aufbaus von Institutionen, der Demokratie, der guten Regierungsführung und der Menschenrechte. Gleichzeitig ist ihr die Sicherheit ein Anliegen, unter anderem aufgrund des Konflikts in Kaschmir und der Lage in Afghanistan sowie in Bezug auf die maritime Sicherheit und den Terrorismus. Das Europäische Parlament hat die Zusammenarbeit und Hilfe der EU in Südasien unterstützt, wobei die schutzbedürftigsten Bevölkerungsgruppen gezielt gefördert werden.
Gegenstand dieser Kurzdarstellung ist der südasiatische Raum. Weitere Kurzdarstellungen sind Ostasien (5.6.8) und Südostasien (5.6.9) gewidmet.
Rechtsgrundlage
- Titel V (Auswärtiges Handeln der EU) des Vertrags über die Europäische Union;
- Artikel 206 und 207 (Handel) sowie Artikel 216 bis 219 (Internationale Übereinkünfte) des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union.
Partnerschafts- und Kooperationsabkommen (bilaterale Beziehungen). Südasiatische Vereinigung für regionale Zusammenarbeit
Die EU setzt sich für regionale Integration ein und unterstützt die Südasiatische Vereinigung für regionale Zusammenarbeit (SAARC), deren Mitgliedstaaten Afghanistan, Bangladesch, Bhutan, Indien, die Malediven, Nepal, Pakistan und Sri Lanka sind. Die EU, China, Iran, Japan, Südkorea, Mauritius, Myanmar/Birma und die USA verfügen über einen Beobachterstatus. Aufgrund von internen Differenzen, insbesondere zwischen Indien und Pakistan, ist die Arbeit der SAARC ins Stocken geraten.
Die Entwicklungszusammenarbeit zwischen der EU und den Ländern Südasiens umfasst finanzielle und technische Hilfe sowie wirtschaftliche Zusammenarbeit. Zu den Prioritäten gehören regionale Stabilität, Armutsbekämpfung, Menschenrechte, nachhaltige Entwicklung, gute Regierungsführung und Arbeitnehmerrechte. Ziele der Zusammenarbeit zwischen der EU und der SAARC sind die Förderung der Harmonisierung von Normen, die Erleichterung des Handels sowie die Sensibilisierung für die Vorteile einer regionalen Zusammenarbeit.
Indien
Im November 2004 wurde auf dem fünften Gipfeltreffen zwischen der EU und Indien die strategische Partnerschaft zwischen der EU und Indien beschlossen, in deren Rahmen der politische Dialog und die Zusammenarbeit, der Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen, der Handel und die Investitionen sowie die Intensivierung des zwischenmenschlichen Austauschs gefördert werden. Der Rat nahm im Dezember 2018 Schlussfolgerungen an, in denen er ein tieferes und breiteres Engagement mit Indien durch die Förderung von Frieden und Sicherheit in den kommenden Jahren anstrebt.
Der Handel zwischen der EU und Indien belief sich im Jahr 2022 auf 115,2 Mrd. EUR, wobei die Einfuhren um 46 % und die Ausfuhren um 13,9 % gegenüber 2021 zunahmen, was zu einer Handelsbilanz von rund 4,3 Mrd. EUR zugunsten Indiens führte. Ab 2022 ist die EU nach den USA der zweitgrößte Handelspartner Indiens. Für die EU ist Indien der zehntgrößte Handelspartner. Die ausländischen Investitionsströme nach Indien sind im vergangenen Jahrzehnt von 8 % auf 18 % angestiegen, wobei die EU der größte ausländische Investor in Indien ist. Rund 6 000 europäische Unternehmen sind in Indien vertreten, die unmittelbar 1,7 Millionen und mittelbar 5 Millionen Arbeitsplätze in vielen verschiedenen Branchen bieten. Derzeit kommt Indien in den Genuss einseitiger Präferenzzölle gemäß dem Allgemeinen Präferenzsystem (APS) der EU, bei dem einseitige Handelspräferenzen mit der Achtung der Menschen- und Arbeitnehmerrechte verknüpft werden.
In den letzten Jahren ist Indien zunehmend auf der internationalen Bühne aktiv geworden. Das Land hat ein wachsendes Interesse an der Verbesserung seiner Handelsbeziehungen mit der EU, die derzeit hauptsächlich den Regeln der Welthandelsorganisation folgt. Die derzeit für die Handelsbeziehungen zwischen der EU und Indien relevanten Bereiche sind Landwirtschaft, Dienstleistungen, digitaler Handel, Patentschutz, Umwelt und Arbeitnehmerrechte. Im März 2024 unterzeichnete Indien ein Handelsabkommen mit der Europäischen Freihandelsassoziation in Höhe von 100 Mrd. USD (91 Mrd. EUR), mit dem im Gegenzug für Investitionen über einen Zeitraum von 15 Jahren restriktivere Zölle auf Industrieerzeugnisse aufgehoben werden sollen.
Im Jahr 2020 einigten sich Indien und die EU auf einen „Fahrplan für 2025“ als gemeinsamen Orientierungsrahmen für gemeinsame Maßnahmen in einer Vielzahl von Bereichen, wie z. B.: Außenpolitik und Sicherheit, Handel und Investitionen, Klimawandel, Gesundheit, Forschung und Innovation, Weltordnungspolitik und zwischenmenschlicher Austausch. Die Staats- und Regierungschefs der EU-27 und der indische Premierminister Narendra Modi haben im Mai 2021 das 16. Gipfeltreffen EU-Indien abgehalten. Im Juni 2022 vereinbarten beide Parteien, ihre strategische Partnerschaft weiter auszubauen, indem sie die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen (FHA) wieder aufnahmen und Verhandlungen über ein Investitionsschutzabkommen und ein Abkommen über geografische Angaben einleiteten. Das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Indien ist nicht nur in wirtschaftlicher, sondern auch in geopolitischer Hinsicht von großer Bedeutung.
Auch die Konnektivitätspartnerschaft zwischen der EU und Indien wurde im Mai 2021 ins Leben gerufen, um eine belastbare und nachhaltige Konnektivität zu fördern. Diese Initiativen sind angesichts der Spannungen mit China von erheblicher Bedeutung. Im Juni 2023 fand die Konnektivitätskonferenz zwischen Indien und der EU statt, um Investitionen in die Konnektivität zu prüfen und konkrete Projekte zu ermitteln. Indien verabschiedete im August 2023 ein Gesetz zum Schutz digitaler personenbezogener Daten.
Die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen und der indische Premierminister Narendra Modi haben auf ihrer Tagung im April 2022 den Handels- und Technologierat EU-Indien ins Leben gerufen. Dabei handelt es sich um einen strategischen Koordinierungsmechanismus, der die Zusammenarbeit in den Bereichen Handel, vertrauenswürdige Technologien und Sicherheit erleichtern soll. Im Februar 2023 haben die EU und Indien ihre Beziehungen durch die Einrichtung des Handels- und Technologierats gestärkt. Bis Februar 2024 fanden sieben Verhandlungsrunden statt, und eine achte Runde wird voraussichtlich nach der Wahl in Indien erfolgen. Im März 2024 fand die Konferenz der Staats- und Regierungschefs der EU und Indiens statt, bei der der Schwerpunkt auf der Automobilindustrie, der medizinischen Ausrüstung und dem Gesundheitswesen lag.
Auch in den Bereichen Wissenschaft, Technologie und Innovation wird die Zusammenarbeit der EU mit Indien als Teil von Horizont Europa (2021-2027) gestärkt. Die Bildungspolitik Indiens zielt derzeit darauf ab, mehr internationale Partnerschaften mit europäischen Universitäten aufzubauen, um gemeinsam an Horizont-Programmen zu arbeiten.
Vom 19. April 2024 bis zum 1. Juni 2024 findet in Indien die Parlamentswahl statt, bei der fast eine Milliarde Menschen darüber entscheiden können, ob der amtierende Premierminister Narendra Modi für eine dritte Amtszeit in Folge wiedergewählt und die zehnjährige Regierungszeit seiner Partei Bharatiya Janata verlängert wird oder nicht.
Als bevölkerungsreichstes Land der Welt führt Indien politische und wirtschaftliche Reformen durch, die die Modernisierung der Verwaltung, eine gute Regierungsführung, die Bekämpfung der Korruption durch die Demonetisierungs- und Transparenzprogramme, die Bewältigung sozialer Probleme, die Entwicklung der Volkswirtschaft durch die Initiativen „Make in India“ und „Invest India“ sowie die Einführung einer landesweiten Steuer auf Güter und Dienstleistungen zum Schwerpunkt haben. Indien ist ebenso wie seine Nachbarländer Pakistan und China eine Atommacht und steht Sicherheitsproblemen, Terrorismus und bewaffneten Grenzkonflikten (insbesondere mit Pakistan in dem autonomen Bundesstaat Jammu und Kaschmir sowie – in geringerem Umfang – mit China) gegenüber.
Indiens Kastensystem ist weltweit eine der ältesten Formen der Gliederung in Gesellschaftsschichten und lässt Bedenken hinsichtlich anhaltender Diskriminierung aus Gründen der Kastenzugehörigkeit aufkommen. Darüber hinaus ist das Land ein ethnischer und sprachlicher Flickenteppich mit Spannungen in einer Reihe von Bundesstaaten, und es gibt immer wieder Berichte über Verstöße gegen die Menschen-, Frauen- und Kinderrechte. Nach Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) ist Kinderarbeit in Indien nach wie vor ein ernstes Problem, obwohl Premierminister Narendra Modi eine Reihe von Maßnahmen verabschiedet hat, die es Kindern unter 14 Jahren verbieten, gefährliche Aufgaben auszuführen, und harte Strafen für Arbeitgeber vorsehen, die gegen das Gesetz verstoßen.
Im April 2021 nahm das Europäische Parlament eine Empfehlung zu den Beziehungen zwischen der EU und Indien an, in der auf das Recht auf Versammlungsfreiheit als Reaktion auf die seit Ende 2020 andauernden heftigen Proteste der Landwirte verwiesen wird.
Im Juni 2022 nahm das Europäische Parlament eine Entschließung zum Thema „Die EU und die sicherheitspolitischen Herausforderungen im indopazifischen Raum“ an, in der es die Zusagen für eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen der EU und Indien in den Bereichen Sicherheit und Verteidigung begrüßte und betonte, dass Indien ein wichtiger Partner für die maritime Sicherheit im indopazifischen Raum darstellt. In derselben Entschließung bedauerte das Europäische Parlament, dass Indien Russland nicht deutlich für seine Invasion in die Ukraine verurteilt hat.
Im Juli 2022 nahm das Europäische Parlament eine Entschließung zu der zukünftigen Zusammenarbeit zwischen der EU und Indien in den Bereichen Handel und Investitionen an, in der es die Bereitschaft begrüßte, auf den Abschluss eines ehrgeizigen, wertebasierten, ausgewogenen, umfassenden und für beide Seiten vorteilhaften Handelsabkommens zwischen der EU und Indien hinzuarbeiten. Das Parlament begrüßte den Handels- und Technologierat.
Im Juli 2023 nahm das Europäische Parlament eine Entschließung zur Lage im indischen Bundesstaat Manipur an, in der es dazu aufrief, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um der ethnisch und religiös motivierten Gewalt Einhalt zu gebieten, alle religiösen Minderheiten zu schützen und einer weiteren Eskalation vorzugreifen.
Das 15. interparlamentarische Treffen EU-Indien fand im Dezember 2023 in Delhi und Mumbai statt, um den Stand der strategischen Partnerschaft, den bilateralen Handel, den Klimawandel, regionale Fragen, Fragen in Bezug auf die Zivilgesellschaft und Menschenrechte zu erörtern.
Im Januar 2024 nahm das Europäische Parlament eine Entschließung zu den Beziehungen zwischen der EU und Indien an, in der es dazu aufrief, die Beziehungen zwischen der EU und Indien als strategische Partner auszuweiten und zu vertiefen, insbesondere in Schlüsselbereichen wie etwa Klimawandel, Digitalisierung, Konnektivität, Handel und Investitionen, Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit.
Pakistan
Die Beziehungen zwischen der EU und Pakistan gehen auf das Jahr 1962 zurück und beruhen derzeit auf dem Kooperationsabkommen von 2004. Die EU unterstützt als wichtiger Geber von Entwicklungs- und Nothilfe die Förderung der Demokratie und den Aufbau von Institutionen in Pakistan.
Pakistan ist einer der Hauptbegünstigten der einseitigen Handelspräferenzen der EU im Rahmen des im Jahr 2014 wieder eingeführten Allgemeinen Präferenzsystems Plus (APS+). In diesem Zusammenhang überwacht der Ausschuss des Europäischen Parlaments für internationalen Handel die Einhaltung der mit APS+ verbundenen Anforderungen. Der APS+-Status Pakistans könnte überprüft werden, da er mit Verpflichtungen wie der Sicherstellung von Menschenrechten und Religionsfreiheit verbunden ist. Im Juni 2022 bewertete die Beobachtermission der EU die wirksame Umsetzung von 27 internationalen Übereinkommen, was eine zwingende Voraussetzung für die Aufrechterhaltung des APS+-Status darstellt, die für Pakistan sehr vorteilhaft war. Seit dem Beitritt des Landes zum APS+ im Jahr 2014 haben pakistanische Unternehmen ihre Ausfuhren auf den EU-Markt um 65 % gesteigert. Im November 2023 veröffentlichten die Kommission und der Europäische Auswärtige Dienst (EAD) einen gemeinsamen Bericht, in dem die Fortschritte von acht APS+-begünstigten Ländern, darunter Pakistan, bewertet werden.
Die EU ist nach China der zweitwichtigste Handelspartner Pakistans. Im Jahr 2022 belief sich der Warenverkehr zwischen der EU und Pakistan auf 14,9 Mrd. EUR, und Pakistan verzeichnete einen Handelsbilanzüberschuss von 4,1 Mrd. EUR mit der EU.
Die EU leistet Pakistan in großem Umfang Entwicklungshilfe und humanitäre Hilfe. Die Ausgaben im Rahmen des Finanzierungsinstruments für die Entwicklungszusammenarbeit für den Zeitraum 2014-2020 beliefen sich auf 653 Mio. EUR. Im Zuge des Mehrjahresrichtprogramms 2021-2027 hat die EU für den Zeitraum 2021-2024 Finanzhilfen in Höhe von 265 Mio. EUR für Partnerschaften mit Pakistan bereitgestellt. Mit diesen Finanzhilfen werden drei vorrangige Bereiche unterstützt: umweltverträgliches integratives Wachstum, Humankapital und Governance. Trotz der geringeren Mittel im Vergleich zu den vorherigen Investitionen bleibt dies ein bedeutender Beitrag. Die EU hat die Herausforderungen anerkannt, denen Pakistan durch die Aufnahme von mehr als drei Millionen Flüchtlingen gegenübersteht, und ist bereit, zusätzliche Unterstützung zu leisten, auch für die freiwillige Rückführung der Flüchtlinge nach Afghanistan. Darüber hinaus wurden im Rahmen des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen im Jahr 2023 über 180 000 schutzbedürftige Personen unterstützt, die von den Überschwemmungen in sieben Bezirken der Provinz Sindh betroffen waren, was durch einen Beitrag der humanitären Hilfe der EU ermöglicht wurde.
Die 13. Sitzung des Gemeinsamen Ausschusses EU-Pakistan fand im Juni 2023 statt; der Sitzung gingen die Sitzung der Untergruppe „Demokratie, Governance, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte“ und die Sitzung der Untergruppe EU-Pakistan zu „Handel“ voraus. Im März 2024 führten die EU und Pakistan ihren neunten politischen Dialog in Islamabad, der ein breites Spektrum regionaler und globaler Entwicklungen abdeckte.
Im Zusammenhang mit dem Friedensprozess in Afghanistan hat Pakistan entscheidend dazu beigetragen, dass die Vereinbarung zwischen den USA und den Taliban vom Februar 2020 geschlossen werden konnte, in der Washington dem Rückzug aller US- und NATO-Truppen aus Afghanistan zustimmte. Die geostrategische Bedeutung Pakistans in der indopazifischen Region wird vermutlich zunehmen, insbesondere nach der Übernahme Afghanistans durch die Taliban im August 2021. Ein stabiles, demokratisches und wohlhabendes Pakistan ist für die EU von entscheidender Bedeutung, da es ein wichtiger Gesprächspartner der Taliban und das wichtigste Zielland für afghanische Flüchtlinge ist. Das Land ist dabei, sein Image auf internationaler Ebene aufzupolieren.
Pakistan ist Schauplatz anhaltender politischer Turbulenzen. Die pakistanische Armee hat nach wie vor Einfluss auf die Innen- und Außenpolitik des Landes und verfügt über weitreichende Befugnisse in den Bereichen Sicherheit und Terrorismusbekämpfung. Im Februar 2024 fand in Pakistan die Wahl statt, bei der der amtierende Premierminister Shehbaz Sharif eine zweite Amtszeit gewann und sich 201 Stimmen in der 336-köpfigen Nationalversammlung sicherte.
Im April 2021 verabschiedete das Parlament eine Entschließung zum Blasphemiegesetz, in der es die Kommission aufforderte, erneut zu prüfen, ob Pakistan aufgrund der sich verschlechternden Menschenrechtslage für das APS+-Programm infrage kommt. Das Europäische Parlament überwacht die von der Kommission und dem EAD unternommenen Schritte zur Lösung der Menschenrechtsprobleme, einschließlich der Blasphemiegesetze, die harte Strafen bis hin zur Todesstrafe vorsehen.
Das 13. interparlamentarische Treffen EU-Pakistan fand im März 2022 statt. Im Mittelpunkt der Gespräche standen die politischen Entwicklungen in Pakistan, die Aggression Russlands gegen die Ukraine, Handel, APS+ und Menschenrechte. Bei dem interparlamentarischen Treffen wurde es als unerlässlich betrachtet, dass Abgeordnete auf beiden Seiten Fortschritte bewerten, parlamentarische Kontrolle ausüben und Leitlinien für die bilateralen Beziehungen bereitstellen.
Afghanistan
Das Kooperationsabkommen zwischen der EU und Afghanistan über Partnerschaft und Entwicklung wurde im Februar 2017 unterzeichnet und im März 2019 vom Parlament gebilligt. Die Beziehungen zur EU wurden der Kriegs- und Nachkriegssituation angepasst. Dank erheblicher Beiträge des Parlaments wurde Afghanistan nach und nach teilweise in die EU-Strategie für Zentralasien aufgenommen.
Die letzte Präsidentschaftswahl fand im September 2019 statt; Aschraf Ghani erhielt die Mehrheit der Stimmen (50,64 %) und setzte sich damit gegen Abdullah (39,52 %) durch. Im Februar 2020 unterzeichneten die Vereinigten Staaten und die Taliban in Doha eine gemeinsame Friedenserklärung, ein bilaterales Friedensabkommen zwischen den USA und den Taliban, an dem die afghanische Regierung nicht beteiligt war. Im September 2020 folgten in Doha Friedensverhandlungen zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban mit dem Ziel, die Voraussetzungen für einen umfassenden Waffenstillstand und eine politische Lösung zu schaffen. Im Jahr 2021 fanden mehrere Friedenskonferenzen in Doha, Moskau und Istanbul statt, in deren Rahmen jedoch keine positiven Ergebnisse erzielt wurden.
Seit Mai 2021 haben die Taliban in schnellem Tempo die Kontrolle über immer mehr Gebiete ergriffen. Der geringe Widerstand durch afghanische Sicherheitskräfte ermöglichte es den Taliban, in weniger als vier Monaten die Kontrolle über das Land zu erlangen. Im August 2021, wenige Stunden nachdem Präsident Aschraf Ghani aus dem Land ins Exil nach Dubai geflohen war, machten die Taliban den Sieg über Kabul geltend. Im August 2021 schlossen die Vereinigten Staaten und die NATO ihren Abzug aus Afghanistan früher als erwartet nach dem Grundsatz der gemeinsamen Durchführung („in together, out together“) ab. Damit endete der Krieg in Afghanistan von 2001 bis 2021 und stürzte das Land in eine humanitäre Krise. Die Sicherheitslage in Afghanistan verschlechterte sich, als die USA und die NATO ihre Truppen aus dem Land abzogen. Im September 2021 kündigten die Taliban eine ausschließlich männliche Taliban-Übergangsregierung an, entgegen früherer Zusagen, dass die neue Regierung inklusiv sein würde. Seitdem begehen die Taliban kontinuierlich schwere Menschenrechtsverletzungen, insbesondere gegen Frauen, Mädchen und Minderheiten.
Es ist unklar, welche Verbindungen zwischen den Taliban und Al-Qaida und der sogenannten Organisation „Islamischer Staat“ bestehen, und das Land ist zwischen städtischen und ländlichen Gemeinschaften gespalten. Die junge Stadtbevölkerung Afghanistans würde es vorziehen, weiterhin in der relativ offenen Gesellschaft zu leben, mit der sie vertraut ist; die ethnischen Minderheiten der Tadschiken, Usbeken und Hazara möchten nicht von den Taliban regiert werden.
Afghanistan sieht – als eines der am stärksten auf Hilfe angewiesenen Länder der Welt – einer sich ausbreitenden humanitären Katastrophe entgegen, die dazu führt, dass die Hälfte der Bevölkerung ohne grundlegende Bedürfnisse wie Nahrungsmittel, Wasser und Arzneimitteln auskommen muss. Mit über drei Millionen Binnenvertriebenen und mehr als zwei Millionen Flüchtlingen und Asylsuchenden in Pakistan und Iran hat sich die humanitäre Lage weiter verschlechtert.
Bis zur Machtübernahme der Taliban im August 2021 war Afghanistan der größte Empfänger von EU-Entwicklungshilfe in Asien. Afghanistan zieht ebenfalls Nutzen aus der Regelung „Alles außer Waffen“ (EBA), der vorteilhaftesten Handelsregelung der EU. Für den Zeitraum 2014-2020 hat die EU 1,4 Mrd. EUR für Afghanistan bereitgestellt. Auf der Afghanistan-Konferenz „Frieden, Wohlstand und Eigenständigkeit“, die im November 2020 in Genf stattfand, sagte die EU für den Zeitraum 2021-2025 längerfristige Unterstützung und Soforthilfe in Höhe von 1,2 Mrd. EUR zu. Seit August 2021 hat die EU der afghanischen Bevölkerung bis zu 1 Mrd. EUR an Unterstützung zugesagt, wovon 489 Mio. EUR für humanitäre Hilfe und 400 Mio. EUR für grundlegende Bedürfnisse und die Unterstützung der Lebensgrundlagen verwendet werden sollen. Auf der Konferenz der Vereinten Nationen über Afghanistan, die im September 2021 in Genf stattfand, wurden 1,2 Mrd. USD zugesagt, davon 677 Mio. USD von der EU und ihren Mitgliedstaaten. Auf dem G20-Gipfeltreffen im Oktober 2021 kündigte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ein Unterstützungspaket für Afghanistan in Höhe von 1 Mrd. EUR an. Die EU arbeitet mit den Taliban in praktischen Fragen wie Evakuierungen und humanitären Einsätzen zusammen und koordiniert ihre Kontakte über eine vom EAD verwaltete Delegation in Kabul. Im Jahr 2023 stellte die EU humanitäre Hilfe in Höhe von 156,5 Mio. EUR für Afghanistan bereit. Im Februar 2024 wurden im Rahmen der Doha-Konferenz der Vereinten Nationen über Afghanistan die Hauptziele nicht erreicht, darunter die Festlegung eines Kurses für das internationale Engagement in Afghanistan und die Erleichterung des Dialogs zwischen den Taliban und der Weltgemeinschaft über wichtige Fragen. Im Februar 2024 stellte die EU 20,1 Mio. EUR für das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen in Afghanistan bereit, um die Ernährungssicherheit der Haushalte und die Widerstandsfähigkeit der Gemeinschaften zu verbessern.
Die EU ist zutiefst besorgt über eine Wiedereinführung eines islamischen Emirats mit einem radikalen Scharia-Rechtssystem. Dies wirft ernste Fragen über das künftige Engagement der EU in Afghanistan auf, das davon abhängt, wie die Errungenschaften der vergangenen 20 Jahre bewahrt werden können. Besonderes Augenmerk muss auf die mögliche Zunahme des internationalen Terrorismus und der Migration sowie auf den Anstieg des Drogenhandels gelegt werden.
Im September 2021 einigten sich die Außenminister der EU darauf, dass die EU die Taliban nicht anerkennen, aber mit ihnen zusammenarbeiten wird. Das Ausmaß dieses Engagements hängt vom Verhalten der neuen afghanischen Regierung, von der Zusage, dass Afghanistan nicht als Basis für den Terrorismus dienen wird, von der Achtung der Menschenrechte, insbesondere der Rechte der Frauen, von der Rechtsstaatlichkeit und der Medienfreiheit ab. Das Engagement hängt auch von der Einsetzung einer inklusiven Übergangsregierung, dem freien Zugang für humanitäre Helfer und der Verpflichtung der Taliban ab, Ausländer und Afghanen das Land verlassen zu lassen. Im Februar 2023 erörterten die Außenminister der EU auf einer Tagung des Rates die Entscheidungen der De-facto-Behörden in Afghanistan, Frauen systematisch auszugrenzen, sowie die Menschenrechtsverletzungen. Dabei trugen sie der gleichen Haltung wie auf der vorangegangenen Tagung des Rates zu Afghanistan im September 2021 Rechnung und betonten das Engagement der EU für Frieden und Stabilität sowie für die Unterstützung des afghanischen Volkes.
Nach der Machtergreifung durch die Taliban wurden Ende 2021 und im Jahr 2022 eine Reihe von Beschränkungen für Frauen in Afghanistan wieder verhängt. Es wurden Bekleidungsvorschriften durchgesetzt und Gesetze eingeführt, durch die Frauen der Zugang zu öffentlichen Bereichen ohne männlichen Vormund untersagt wird. Einige öffentliche Universitäten nahmen zwar im Februar 2022 den Betrieb sowohl für Männer als auch für Frauen wieder auf und Schulen begannen im März 2022 ein neues Schuljahr, doch die Taliban nahmen ein zuvor gegebenes Versprechen wieder zurück, Mädchen den Besuch einer weiterführenden Schule zu erlauben. Davon waren schätzungsweise 1,1 Millionen Schülerinnen betroffen. Nach Angaben der Weltbank ist die Erwerbsbeteiligung der Frauen in den letzten zehn Jahren von 15 % auf 22 % gestiegen. Seit der Machtübernahme ist sie jedoch gesunken, da die Taliban seit ihrer Rückkehr an die Macht die Bewegungsfreiheit der Frauen außerhalb des Zuhauses stärker einschränken. Das harte Vorgehen der Taliban gegen die Beschäftigung von Frauen in der Privatwirtschaft, einschließlich der Anordnung der Schließung aller Schönheitssalons, was den Verlust von 60 000 Arbeitsplätzen für Frauen zur Folge hat, ist ein Zeichen für den anhaltenden Angriff auf die Lebensgrundlage afghanischer Frauen. Darüber hinaus haben die Taliban alle im Land tätigen Nichtregierungsorganisationen (NRO) angewiesen, die Beschäftigung von Frauen einzustellen, und afghanische Studentinnen davon abzuhalten, das Land zu verlassen, um im Ausland zu studieren.
Das Parlament hat integrative Verhandlungen in Afghanistan als Vorbedingung für eine Beendigung der letzten durch Tod und Zerstörung geprägten vier Jahrzehnte unterstützt, und besteht darauf, dass alle politischen Gruppierungen und die Zivilgesellschaft einbezogen werden. Seit Herbst 2020 hat das Europäische Parlament wiederholt die Gewaltausbrüche verurteilt und in einer Entschließung vom Juni 2021 zur Lage in Afghanistan seine Besorgnis über die Folgen des Abzugs der Truppen zum Ausdruck gebracht und die Annahme einer umfassenden Strategie für die künftige Zusammenarbeit der EU mit Afghanistan gefordert. Im Juli 2021, einen Monat vor der Machtübernahme durch die Taliban, hielt die Delegation des Europäischen Parlaments für die Beziehungen zu Afghanistan (D-AF) das 6. interparlamentarische Treffen mit Vertretern der Nationalversammlung Afghanistans ab. Das Treffen umfasste zwei Podiumsdiskussionen: Im Rahmen der einen Podiumsdiskussion wurde sich mit dem Friedensprozess und der Lage in Afghanistan nach dem Abzug der ausländischen Truppen befasst; bei der anderen Podiumsdiskussion ging es um die Rolle der Frauen im Friedensprozess und die künftigen Beziehungen zur EU.
Im September 2021 verabschiedete das Europäische Parlament eine Entschließung zur Lage in Afghanistan, in der es die gewaltsame Machtergreifung der Taliban bedauerte. Das Parlament äußerte sich sehr besorgt über die Zukunft und unterstützte die Entscheidung der EU, die Regierung der Taliban nicht anzuerkennen. Es erkennt ferner an, dass ein operatives Engagement mit der Regierung der Taliban für logistische, operative und humanitäre Zwecke erforderlich sei, und forderte die Erleichterung der weiteren Evakuierung von Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern und gefährdeten Afghanen sowie eine weitere Aufstockung der humanitären Hilfe.
Das Parlament, insbesondere seine Delegation für die Beziehungen zu Afghanistan, hat seine Bedenken über die humanitäre und wirtschaftliche Krise und die Flüchtlingskrise zum Ausdruck gebracht, was humanitäre Korridore und einen strategischen Ansatz für die gesamte Region, einschließlich Pakistan, Iran und Zentralasien, erfordert. Das Parlament hat wiederholt auf einem bedingten Engagement gegenüber den Taliban bestanden, das auf den fünf vom Rat im September 2021 festgelegten Benchmarks beruht:
- Ermöglichung einer sicheren und geordneten Ausreise für alle ausländischen und afghanischen Staatsangehörigen, die das Land verlassen möchten;
- Achtung aller Menschenrechte, insbesondere der Rechte von Frauen und Mädchen sowie von Kindern und Angehörigen von Minderheiten;
- Ermöglichung humanitärer Einsätze in Afghanistan;
- Verhinderung, dass Afghanistan als Basis für die Aufnahme, die Finanzierung oder den Export von Terrorismus in andere Länder dient;
- Bildung einer inklusiven und repräsentativen Regierung auf dem Verhandlungsweg.
Im Rahmen der hochrangigen Konferenz „Afghan Women‘s Day“ (Afghanischer Frauentag) im Februar 2022 wurde eine Reihe von Veranstaltungen durch das Parlament organisiert. Im März 2022 wurde das Forum für afghanische Frauen in Führungspositionen durch eine Videokonferenz ins Leben gerufen, an der nahezu 50 afghanische Frauen in Führungspositionen aus Afghanistan und anderen Teilen der Welt teilnahmen.
Im April 2022 nahm das Europäische Parlament eine Entschließung zur Lage der Frauenrechte in Afghanistan an. Es verurteilte die Entscheidung der Taliban, das Verbot des Schulbesuchs von Mädchen ab der siebten Klasse zu verlängern, und bedauerte den anhaltenden Wunsch der Taliban, Frauen aus dem öffentlichen Leben auszuschließen und ihnen ihre grundlegendsten Rechte, darunter den Zugang zu Bildung, Arbeit, Freizügigkeit und Gesundheitsversorgung, zu nehmen.
Im November 2022 nahm das Europäische Parlament eine Entschließung zur Achtung der Menschenrechte in Afghanistan an, in der sich mit der Verschlechterung der Rechte der Frauen befasst wird.
Im April 2023 nahm das Europäische Parlament auch eine Entschließung zur Achtung der Menschenrechte in Afghanistan an, in der es die geschlechtsspezifische Verfolgung hervorhob.
Im Oktober 2023 nahm das Europäische Parlament eine weitere Entschließung zur Menschenrechtslage an, insbesondere zur Verfolgung ehemaliger Regierungsbeamter und Angehöriger der afghanischen Sicherheitskräfte sowie zur gezielten Verfolgung von Organisationen der Zivilgesellschaft und von Menschenrechtsverteidigern Das Europäische Parlament sprach sich auch dafür aus, die De-facto-Behörden zur Rechenschaft zu ziehen und die laufenden Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofs zu unterstützen.
Im März 2024 nahm das Europäische Parlament eine Entschließung zum repressiven Umfeld in Afghanistan, darunter öffentliche Hinrichtungen und Gewalt gegen Frauen, an und forderte, dass die Grundrechte und -freiheiten von Frauen und Mädchen uneingeschränkt geachtet werden.
Bangladesch
Die Beziehungen zwischen der EU und Bangladesch bestehen seit 1973. Das Kooperationsabkommen von April 2001 umfasst die Bereiche Handel, Wirtschaftsentwicklung, Menschenrechte, gute Regierungsführung und Umwelt. Bangladesch gehört zu den am wenigsten entwickelten Ländern (LDC) und kommt daher in den Genuss der Regelung „Alles außer Waffen“ (EBA) der EU, der vorteilhaftesten Handelsregelung im Rahmen des Allgemeinen Präferenzsystems (APS) der EU. Es wird erwartet, dass Bangladesch bis 2026 nicht mehr zu den am wenigsten entwickelten Ländern gehört. Nach einem Übergangszeitraum hätte das Land dann keinen Zugang mehr zu der EBA-Regelung.
Die EU hat im Rahmen des Mehrjahresrichtprogramms 2014-2020 Mittel in Höhe von bis zu 690 Mio. EUR bereitgestellt. Dabei betonte sie, dass Bangladesch politische Reformen benötigt, um das Unternehmensumfeld zu verbessern und mehr Handel und Investitionen anzuziehen. Im Juli 2019 startete die EU zwei Programme in Bangladesch, die auf Reformen der öffentlichen Finanzverwaltung und der nationalen sozialen Sicherungssysteme ausgerichtet sind. Im Rahmen einer Reaktion von Team Europa auf COVID-19 hat die EU 113 Mio. EUR bereitgestellt, um die Lebensgrundlagen der Beschäftigten in den ausfuhrorientierten Bekleidungs- und Lederindustrien in Bangladesch zu schützen. Das Mehrjahresrichtprogramm 2021-2027 der EU für Bangladesch ist auf den achten Fünfjahresplan Bangladeschs für 2020-2025 abgestimmt.
Im Oktober 2023 leitete Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf dem Global-Gateway-Forum gemeinsam mit der Premierministerin von Bangladesch Scheich Hasina Wajed die Verhandlungen über ein neues Partnerschafts- und Kooperationsabkommen ein. Die EU, die Europäische Investitionsbank (EIB) und Bangladesch unterzeichneten Vereinbarungen im Wert von 400 Mio. EUR für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien, die zu einer nachhaltigen ökologischen Umstellung des Energiesektors in Bangladesch beitragen und Bangladesch helfen werden, seine Klimaschutzziele zu erreichen.
Bangladesch ist eine parlamentarische Demokratie, in der sich zwei Parteien, die „Awami-Liga“ und die „Bangladesh Nationalist Party“ an der Macht ablösen. Bangladesch gehört zu den wenigen Ländern, die die Millenniums-Entwicklungsziele erreicht haben. Arbeitnehmerrechte und Arbeitsbedingungen sind jedoch immer noch ein akutes Thema, was vor allem für die Industriegebiete mit Bekleidungsfabriken in der Umgebung von Dhaka gilt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) von Bangladesch ist im Jahr 2022 aufgrund der Krise nach der Invasion der Ukraine durch Russland, des Anstiegs der Rohstoffpreise und der Inflation gesunken. Das Land hat daher den Internationalen Währungsfonds (IWF) um finanzielle Unterstützung ersucht. Obwohl sich die Textilausfuhren Bangladeschs in den letzten Jahren vervielfacht haben, kommt es in dem Land immer wieder zu Unfällen und Bränden in Fabriken und an anderen Arbeitsplätzen, wobei in den letzten zehn Jahren 1 310 Arbeiter ums Leben kamen und 3 883 Personen verletzt wurden.
Nachdem sich Premierministerin Scheich Hasina Wajed geweigert hatte, die Forderungen der Opposition („Bangladesh Nationalist Party“) nach einer neutralen geschäftsführenden Regierung für die Durchführung der Wahl im Januar 2024 zu akzeptieren, boykottierte die „Bangladesh Nationalist Party“ die Wahl. Infolgedessen konnte sich die amtierende bangladeschische Premierministerin Scheich Hasina Wajed im Januar 2024 eine weitere fünfjährige Amtszeit sichern, nachdem ihre Partei, die „Awami-Liga“, und ihre Verbündeten 225 der 300 Parlamentssitze gewonnen hatten.
Seit August 2017 sind mehr als 800 000 Angehörige der Volksgruppe der Rohingya aus Myanmar/Birma geflohen und haben in Bangladesch Zuflucht vor Verfolgung gesucht. Die EU hat die Flüchtlingskrise der Rohingya genau beobachtet und mehr als die Hälfte der nach der Geberkonferenz der Vereinten Nationen im Oktober 2017 und in den darauffolgenden Jahren aufgebrachten Mittel ausgezahlt, die hauptsächlich zur Unterstützung von Rohingya-Flüchtlingen in Cox’s Bazar dienten. Die Mittel sind für die Bedürfnisse der von Konflikten betroffenen und vertriebenen Gemeinschaften bestimmt, insbesondere für die Rohingya, deren Lage sich während der COVID-19-Pandemie verschlechtert hat. Die Regierung Bangladeschs bemüht sich um die Rückführung der Rohingya, doch wird ihre Rückkehr durch die Bedingungen in Myanmar/Birmar beeinträchtigt.
Aufgrund der sich verschlechternden humanitären Lage hat die EU im November 2023 10,5 Mio. EUR an humanitärer Hilfe für die Rohingya-Flüchtlinge und ihre Aufnahmegemeinschaften, die in Bangladesch leben, bereitgestellt. Als Reaktion auf den Brand in einem der Flüchtlingslager hat die EU im Januar 2024 300 000 EUR zur Unterstützung der betroffenen Bevölkerung bereitgestellt.
Im September 2023 verabschiedete das Europäische Parlament eine Entschließung zur Menschenrechtslage in Bangladesch, insbesondere zum Fall von Odhikar, einer führenden Menschenrechtsorganisation, die seit mehr als einem Jahrzehnt Schikanen und Kriminalisierung ausgesetzt ist und aus dem Register der nichtstaatlichen Organisationen gelöscht wurde.
Im Dezember 2022 fand das 8. interparlamentarische Treffen EU-Bangladesch in Brüssel statt, um die neuesten Entwicklungen in den Beziehungen, darunter Menschenrechte, Handel und die aktuelle geostrategische Lage, zu erörtern. Im Dezember 2023 fand in Brüssel das 9. interparlamentarische Treffen EU-Bangladesch statt.
Sri Lanka
Der Grundstein der Beziehungen zwischen der EU und Sri Lanka ist das Kooperationsabkommen von 1975, das 1995 durch ein Kooperationsabkommen über Partnerschaft und Entwicklung erweitert wurde. Außerdem hat die EU im Mai 2017 im Rahmen des Allgemeinen Präferenzsystems Plus (APS+) Sri Lanka für seine Ausfuhren Zugang zum Binnenmarkt gewährt, was als Anreiz für politische Reformen und die Erfüllung der internationalen Übereinkommen über Menschenrechte, Arbeitnehmerrechte, Umweltschutz und eine gute Regierungsführung dienen soll. Das Europäische Parlament verfolgt aufmerksam, welche Fortschritte Sri Lanka bei der wirksamen Einhaltung der APS+-Kriterien macht. Die Aussichten auf eine Übergangsjustiz und die nationale Aussöhnung, zwei grundlegende Voraussetzungen für das Europäische Parlament im Hinblick auf die Berechtigung Sri Lankas, in den Genuss des APS+ zu kommen, wurden erheblich beeinträchtigt. Die EU hat Sri Lanka in den letzten zehn Jahren Entwicklungshilfe in Höhe von 760 Mio. EUR gewährt. Die EU ist nach China der zweitgrößte Handelspartner Sri Lankas und das zweitwichtigstes Ausfuhrziel des Landes. Im Jahr 2022 belief sich der bilaterale Warenhandel auf 4,2 Mrd. EUR, und Sri Lanka erzielte einen Handelsbilanzüberschuss von 2,1 Mrd. EUR mit der EU.
Die EU und Sri Lanka hielten ihre 26. Sitzung des Gemischten Ausschusses EU-Sri Lanka im Februar 2024 in Brüssel ab. Die EU begrüßte die aktive Teilnahme Sri Lankas am dritten Ministerforum der EU für den indopazifischen Raum, das ebenfalls im Februar 2024 in Brüssel stattfand. Der Gemischte Ausschuss erörterte das Mehrjahresrichtprogramm für Sri Lanka für den Zeitraum 2021-2027. Innerhalb dieses strategischen Rahmens hat die EU für den Zeitraum 2021-2024 60 Mio. EUR an Zuschüssen für ihre Partnerschaft mit Sri Lanka bereitgestellt. Sri Lanka informierte die Kommission über die Schritte, die unternommen wurden, um das Gesetz über die Verhütung des Terrorismus durch das Gesetz zur Terrorismusbekämpfung zu ersetzen, um den Gesetzesentwurf mit internationalen Standards in Einklang zu bringen.
In Sri Lanka wütete von 1983 bis 2009 ein Bürgerkrieg zwischen der von Singhalesen dominierten Regierung und den Befreiungstigern von Tamil Eelam. Im November 2019 gewann Gotabaya Rajapaksa die Präsidentschaftswahl und ernannte seinen Bruder, den ehemaligen Präsidenten Mahinda Rajapaksa, zum neuen Premierminister. Das Parteibündnis des Präsidenten, die „Sri Lanka People’s Freedom Alliance“, erzielte bei der Parlamentswahl im August 2020 einen überwältigenden Sieg. Mahinda Rajapaksa wurde von seinem Bruder Gotabaya Rajapaksa vereidigt. Im September 2020 wurde das umstrittene 20. Novellierungsgesetz (Amendment Bill) eingeführt, mit dem die Exekutivgewalt des Präsidenten gestärkt und die Funktion des Premierministers und des Parlaments geschwächt werden.
Die schwerste Wirtschaftskrise, die das Land jemals erlitt, führte im Jahr 2022 zu massiven Demonstrationen. Hohe Rohstoffpreise und der Mangel an Grunderzeugnissen und Energie lösten beispiellose Unruhen aus. Die Proteste begannen im April 2022, als hunderttausende Menschen an den weitgehend friedlichen Protesten teilnahmen und den Rücktritt von Präsident Gotabaya Rajapaksa forderten. Im Juli 2022 stürmten tausende Menschen seine offizielle Residenz und der Präsident floh in einem Militärflugzeug zuerst auf die Malediven und dann nach Singapur. Sowohl Präsident Gotabaya Rajapaksa als auch Premierminister Mahinda Rajapaksa traten von ihren Ämtern zurück.
Ranil Wickremesinghe wurde im Juli 2022 zum neuen Präsidenten gewählt und ernannte Dinesh Gunawardena zum Premierminister. Seit der Übernahme der Präsidentschaft durch Ranil Wickremesinghe haben Menschenrechtsgruppen der Regierung vorgeworfen, hart gegen Demonstranten vorzugehen. Die Polizei hat in den letzten Wochen Dutzende von Demonstranten festgenommen; die meisten von ihnen wurden inzwischen gegen Kaution freigelassen.
Sri Lanka ist zum ersten Mal in seiner Geschichte mit seinen Schulden in Verzug geraten und hat mit dem IWF ein neues Programm zur Förderung der makroökonomischen Stabilität und der Schuldentragfähigkeit vereinbart. Der ehemalige Präsident Gotabaya Rajapaksa kehrte in das Land zurück. Die Einwohner Sri Lankas machen seine Regierung für die schlimmste Wirtschaftskrise in der Geschichte der Insel verantwortlich. Der Zusammenbruch der Devisenreserven führte zu einem gravierenden Mangel an Nahrungsmitteln und Treibstoff. Im September 2022 erzielte die Regierung Sri Lankas eine vorläufige Einigung mit dem IWF über ein Darlehen in Höhe von 2,9 Mrd. USD. Die Gewährung dieses Darlehens ist an eine Reihe von Bedingungen geknüpft, darunter Steuerreformen und die Umstrukturierung der Schulden Sri Lankas bei seinen Gläubigern. Die Regierung steht zudem vor der Herausforderung, die Bevölkerung von der Privatisierung wichtiger öffentlicher Dienstleistungen im Rahmen ihrer Bemühungen um höhere Einnahmen zu überzeugen. Im Jahr 2023 verhandelte die Regierung Sri Lankas mit den Gläubigern und sicherte sich ein Programm im Rahmen der erweiterten Fondsfazilität mit dem IWF, das 670 Mio. USD als Teil eines vierjährigen Darlehens von 3 Mrd. USD vorsieht. Die Asiatische Entwicklungsbank stellte im Dezember 2023 ein Darlehen in Höhe von 200 Mio. USD zur Verfügung, und die Weltbank gab weitere 250 Mio. USD frei.
Im April 2024 lehnte die Regierung Sri Lankas einen Vorschlag ihrer internationalen Gläubiger zur Umstrukturierung von mehr als 12 Mrd. USD ab, wodurch sich die nächste Tranche an IWF-Hilfsgeldern für das Land möglicherweise verzögern könnte.
Das 11. interparlamentarische Treffen EU-Sri Lanka fand im Oktober/November 2023 in Colombo statt, um die bilateralen Beziehungen und die wirtschaftliche und finanzielle Lage Sri Lankas zu erörtern.
Nepal
Die Beziehungen zwischen der EU und Nepal reichen bis 1973 zurück und fußen auf dem Kooperationsabkommen von 1996. Da fast ein Viertel der Bevölkerung von weniger als zwei US-Dollar pro Tag lebt, ist Nepals Staatshaushalt zu 25 % auf externe Hilfe angewiesen. Die EU ist einer der größten Geber von Entwicklungshilfe in Nepal. Die EU hat ferner bekräftigt, wie wichtig es ist, dass Nepal die im Rahmen der EU-Regelung „Alles außer Waffen“ (EBA) für Entwicklungsländer gewährten Handelspräferenzen stärker in Anspruch nimmt. Die EU unterstützt Nepal derzeit im Rahmen des Mehrjahresrichtprogramms 2021-2027, das drei vorrangige Bereiche der Zusammenarbeit vorsieht: umweltverträgliches integratives Wachstum, Entwicklung des Humankapitals und gute Regierungsführung. Diese vorrangigen Bereiche stehen auch in Übereinstimmung mit den globalen Strategien der EU, wie etwa der Strategie für die Zusammenarbeit im indopazifischen Raum, der Globalen Aufbauinitiative und dem Aktionsplan für die Gleichstellung der Geschlechter und die Stärkung der Rolle der Frau im auswärtigen Handeln für den Zeitraum 2021-2025 (GAP III). Die EU unterstützt die nepalesische Volkswirtschaft und die Nachfrage nach Arbeitskräften und steigert damit die individuellen Einkommen in einem Land, das von erheblichen Ungleichheiten zwischen den oberen und unteren Kasten sowie von marginalisierten Gemeinschaften wie den Madhesi geprägt ist.
Die 15. Sitzung des Gemischten Ausschusses EU-Nepal fand im März 2024 in Kathmandu statt, um die bilateralen Beziehungen zu erörtern. Die EU würdigte die Errungenschaften Nepals bei dem sozioökonomischen Wandel und der Umsetzung des nationalen Entwicklungsplans 2019-2024. Die EU und Nepal bewerteten die jüngsten Entwicklungen bei der Aufrechterhaltung der demokratischen Prozesse und Institutionen und hoben den Stellenwert der Zivilgesellschaft und der Medien für die Stärkung von Demokratie und guter Regierungsführung hervor. Die EU hat Nepal für seinen Standpunkt zum Klimawandel während der COP28 und auch für sein ehrgeiziges Ziel, bis 2045 Klimaneutralität zu verwirklichen, Lob gezollt.
Im November 2022 fand in Nepal die Parlamentswahl statt, um die 275 Mitglieder des Repräsentantenhauses zu wählen. Die Nepalesische Kongresspartei gewann 89 Sitze, während die Nepalesische Kommunistische Partei 78 Sitze errang. Im Januar 2024 fand in Nepal die Wahl zur Nationalversammlung statt. Die Kandidaten der nepalesischen Regierungsparteien unter der Leitung der Nepalesischen Kongresspartei haben die Wahl gewonnen. Die weltweit hohen Preise für Öl und Rohstoffe im Jahr 2022 haben sich auf die Verbraucherpreise in Nepal ausgewirkt und stellen ein Risiko für die politische Stabilität dar, was zu sozialen Unruhen und Protesten, einschließlich Forderungen nach der Wiedereinführung der Hindu-Monarchie, geführt hat. In Nepals gemischtem Wahlsystem werden das relative Mehrheitswahlrecht und das Verhältniswahlrecht kombiniert, was es schwierig macht, ein Mehrheitsmandat zu erlangen. Politische Parteien schmieden Koalitionen mit Vereinbarungen über die Aufteilung der Macht, wie es in Nepal üblich ist.
China und Indien konkurrieren um Einfluss in dem Land. Die wichtigsten Herausforderungen bestehen darin, mittels einer Verfassungsreform, mit der den Interessen der Dalits und der ethnischen Minderheiten, insbesondere der Madhesi in der Region Terai, Rechnung getragen wird, einen friedlichen Ausweg aus der festgefahrenen politischen Situation zu finden und die Rechte von nepalesischen Migranten im Ausland sicherzustellen.
Die Regierung hat es versäumt, eine Übergangsjustiz für die Opfer von Menschenrechtsverletzungen während des Bürgerkriegs zu schaffen. Im April 2020 empfahl der Oberste Gerichtshof, dass das Mandat der nepalesischen Kommission für Wahrheit und Aussöhnung geändert werden sollte, um Straflosigkeit zu verhindern. Die im Jahr 2014 durch einen Gesetzgebungsakt eingerichtete Kommission für Wahrheit und Aussöhnung hat diesbezüglich bisher versagt, sodass weiterhin ein Klima der Straflosigkeit herrscht. Für Verbrechen wie Folter oder Fälle von sexueller Gewalt und Misshandlung wurde Amnestie erlassen. Im Jahr 2014 richtete die Regierung ferner die Kommission zur Frage des Verschwindenlassens von Personen ein, mit dem Ziel, das Verschwinden von Personen im bewaffneten Konflikt zu untersuchen und die Öffentlichkeit über die Geschehnisse im Sinne des Friedensabkommens zu informieren. Im Februar 2015 ordnete der Oberste Gerichtshof eine Änderung des Gesetzes an, doch die Regierung beantragte die Aufhebung dieses Urteils. Am 26. April 2020 lehnte der Oberste Gerichtshof diesen Antrag ab und bekräftigte somit die Bedeutung von gerechten Mechanismen einer Übergangsjustiz. Menschenrechtsorganisationen begrüßten die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs von Nepal vom April 2020 über das Erfordernis, das Gesetz über die Übergangsjustiz zu ändern. Im Juli 2022 legte die Regierung einen Gesetzesentwurf zur Änderung der bestehenden Gesetze vor; jedoch sind Amnesty International und Human Rights Watch der Meinung, dass der vorgeschlagene Gesetzesentwurf nicht im Einklang mit der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs steht und die strafrechtliche Verfolgung von Straftätern weiterhin erschweren oder unmöglich machen würde. Das Gesetz über die Übergangsjustiz wurde dem Parlament im März 2023 als Reaktion auf das Urteil des Obersten Gerichtshofs aus dem Jahr 2015 vorgelegt, wonach die bestehenden nepalesischen Rechtsvorschriften rechtswidrig sind.
Die Delegation des Europäischen Parlaments für die Beziehungen zu den Ländern Südasiens (DSAS) besuchte Nepal im September 2022, um die nepalesischen Beziehungen mit der EU zu bewerten; die EU ist der wichtigste Geber auf dem Gebiet der Zusammenarbeit. Da Nepal möglicherweise bis 2026 nicht mehr zu den am wenigsten entwickelten Ländern gehören wird, begrüßt das Parlament den Umstand, dass Nepal bereits die meisten der 27 grundsätzlichen Übereinkommen ratifiziert hat, die notwendig sind, um die Aufnahme in das APS+-System zu beantragen.
Bhutan
Bhutan ist seit Jahrhunderten von der Außenwelt isoliert und passt sich nun der Globalisierung an und stärkt seine Volkswirtschaft, während es gleichzeitig seine alten Gebräuche bewahrt. Im Rahmen der im Jahr 2008 verabschiedeten Verfassung, die die Gewaltenteilung in einer konstitutionellen Monarchie garantiert, erfolgte ein friedlicher Übergang zur parlamentarischen Demokratie. Die EU unterstützt die vollständige Autonomie Bhutans von seinen mächtigen Nachbarn – Indien und China – und ist nach wie vor der Überzeugung, dass das Land in der Lage sein sollte, seine eigene Sicherheits- und Außenpolitik zu formulieren, wobei sie sich der anhaltenden Besorgnis über einen möglichen Souveränitätsverlust des Landes aufgrund seiner geografischen Lage bewusst ist.
Die EU ist seit 1982 in Bhutan stark vertreten und setzt sich für die Armutsbekämpfung, die Förderung der Demokratisierung und der guten Regierungsführung sowie für eine nachhaltige Landwirtschaft und erneuerbare natürliche Ressourcen ein. Im Mai 2018 wurde ein neues Projekt zur Unterstützung des Handels zwischen der EU und Bhutan gestartet, mit dem die Wertschöpfung, die Marktverflechtungen und der Rechtsrahmen für Handel und Investitionen verbessert werden sollen.
Im Rahmen des Mehrjahresrichtprogramms der EU 2014-2020 wurden 49,3 Mio. EUR für die Unterstützung Bhutans bereitgestellt. Zwischen 2017 und 2022 wurden etwa 21,5 Mio. EUR zur Unterstützung einer nachhaltigen Land- und Forstwirtschaft sowie zum Schutz vor dem Klimawandel bereitgestellt. Darüber hinaus hat die EU als Reaktion auf den Bedarf, der während der COVID-19-Pandemie entstanden ist, im Jahr 2020 zusätzliche 4,5 Mio. EUR bereitgestellt. Mit dem laufenden Mehrjahresrichtprogramm 2021-2027 wird Bhutan weiterhin unterstützt, wobei der Schwerpunkt auf drei vorrangigen Bereichen liegt: Klimawandel und grünem Wachstum für ein resilientes Bhutan, guter Regierungsführung für eine inklusive sozioökonomische Entwicklung und digitalem Wandel als Antrieb für Veränderungen im Bildungswesen und bei den öffentlichen Dienstleistungen. Für den ersten Zeitraum 2021-2024 wurde ein Gesamtbetrag in Höhe von 31 Mio. EUR bereitgestellt. Die EU und Bhutan drückten ihre Zufriedenheit über die Ratifizierung der Rahmenvereinbarung zwischen Bhutan und der EIB aus, mit der der Weg für Finanzierungen zu Vorzugsbedingungen durch die EIB für Entwicklungsprojekte in Bhutan geebnet werden soll. Im März 2023 unterstützte die EIB Klimaschutzmaßnahmen und Investitionen in erneuerbare Energien in Bhutan.
Die EU unterstützt Bhutans Entwicklungspläne und gewährt Bhutan im Rahmen des APS+ einen erweiterten präferenziellen Zugang zu den EU-Märkten, sofern das Land die erforderlichen Bedingungen erfüllt. Die EU zollt dem Land im Himalaya für seine Maßnahmen zur Sicherstellung einer nachhaltigen, CO2-armen und klimaresistenten Entwicklung Anerkennung und stellt fest, dass Bhutan wichtige Schritte zum Schutz der Rechte von Kindern und Frauen und zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter unternommen hat. Das bhutanische Parlament hat vor allem im Dezember 2020 die Homosexualität entkriminalisiert. Die EU und Bhutan hielten im Mai 2023 zum elften Mal förmliche Konsultationen in Thimphu ab, bei denen sie ihre laufende Zusammenarbeit überprüften. Sie tauschten aktuelle Informationen über gute Regierungsführung, Menschenrechte sowie politische und wirtschaftliche Entwicklungen im Zusammenhang mit Bhutans Aufstieg aus der Kategorie der am wenigsten entwickelten Länder im Jahr 2023 aus.
Bhutan wird von einer Königsfamilie regiert, und der demokratische Prozess muss gefestigt werden. Bhutans Isolation und das Gefühl der Verwundbarkeit haben dazu beigetragen, dass sich eine ausgeprägte nationale Identität herausgebildet hat, die auf der Bewahrung der Religion, der Umwelt und der Kultur des Landes beruht. Der Schutz der Kultur des Landes wird als unerlässlich angesehen. Bhutans kulturelles Erbe wird durch den Bruttonationalglücksindex ausgedrückt, der im Einklang mit seiner buddhistischen spirituellen Kultur steht. Im Zuge des Bruttonationalglücks werden die Werte Frieden, Gewaltfreiheit, Mitgefühl und Toleranz gefördert. Das in der Verfassung von 2008 verankerte Bruttonationalglück ist eine Entwicklungsphilosophie, in deren Rahmen anhand eines Indexes der wirtschaftliche Entwicklungsstand des Landes sowie das Wohlergehen und die Zufriedenheit der Bevölkerung gemessen werden. Das Bruttonationalglück wurde 2011 in einer Resolution der Vereinten Nationen anerkannt und besteht aus mehreren Bereichen: psychologischem Wohlbefinden, Lebensstandard, guter Regierungsführung, Gesundheit, Bildung, gesellschaftlicher Vitalität, kultureller Vielfalt, Zeitnutzung, ökologischer Vielfalt und Resilienz. Das Parlament unterstützt die Umweltpolitik Bhutans, mit der darauf abgezielt wird, die durch den Klimawandel stark gefährdete biologische Vielfalt des Landes zu erhalten und alle Formen der Umweltzerstörung im Einklang mit dem Konzept des Bruttonationalglücks zu verhindern.
Im Januar 2024 fand in Bhutan die Parlamentswahl statt, die die Volksdemokratische Partei des ehemaligen Premierministers Tshering Tobgay mit einer großen parlamentarischen Mehrheit gewann. Die Delegation des Europäischen Parlaments für die Beziehungen zu den Ländern Südasiens besuchte Bhutan im September 2022, um die sozioökonomische Entwicklung des Landes zu bewerten, das bis Dezember 2023 nicht mehr zu den am wenigsten entwickelten Ländern gehören wird. Dies bedeutet, dass Bhutan dann nicht mehr in der Lage sein wird, Nutzen aus der Regelung „Alles außer Waffen“ zu ziehen. Bhutan wägt einen Antrag auf Aufnahme in das APS+ ab; es dürfte jedoch unwahrscheinlich sein, dass Bhutan rechtzeitig sämtliche der 27 erforderlichen grundlegenden internationalen Übereinkommen unterzeichnen und ratifizieren kann.
Die Malediven
Obwohl es noch kein formelles Kooperationsabkommen mit den Malediven gibt, unterstützt die EU die Zusammenarbeit in den Bereichen ländliche Gemeinden, Tourismus und Klimaschutz. Im Juli 2018 verabschiedete der Rat (Auswärtige Angelegenheiten) der EU einen Rahmen für gezielte restriktive Maßnahmen gegen Personen und Einrichtungen, die für die Untergrabung der Rechtsstaatlichkeit oder die Behinderung einer inklusiven politischen Lösung auf den Malediven verantwortlich sind, sowie gegen diejenigen, die für schwere Menschenrechtsverletzungen die Verantwortung tragen. Der Europäische Rat beschloss im April 2021, Verhandlungen über ein Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und den Malediven aufzunehmen, was einen wichtigen Meilenstein in den bilateralen Beziehungen darstellt. Im Juni 2023 fand in Brüssel das vierte Treffen hoher Beamter der EU und der Malediven statt, um die Beziehungen zwischen den beiden Ländern zu stärken und den 40. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu feiern.
Die Malediven gehören seit 2011 nicht mehr der Kategorie der am wenigsten entwickelten Länder (LDC) an und erlangten 2013 den Status eines Landes mit hohem mittlerem Einkommen. Die Volkswirtschaft basiert hauptsächlich auf Tourismus und Fischerei. Da der Tourismus 70 % des BIP ausmacht, wurde die Volkswirtschaft der Malediven von der COVID-19-Pandemie schwer getroffen. Im August 2021 erklärte sich die EU bereit, im Rahmen des Projekts „EU Support for a Resilient Recovery of SME (small and medium-sized enterprise) Tourism Industry in the Maldives“ (EU-Unterstützung für eine widerstandsfähige Erholung der KMU (kleinen und mittleren Unternehmen) der Tourismusbranche auf den Malediven) 2 Mio. EUR an kostenloser Hilfe für die Entwicklung der Beherbergungs- und Tauchsafaribranchen auf den Malediven bereitzustellen.
Die EU hat die Zusammenarbeit mit den Malediven und ihre Unterstützung für den demokratischen Übergang des Landes verstärkt. Das Mehrjahresrichtprogramm 2021-2027 hat zwei vorrangige Bereiche auf den Malediven zum Schwerpunkt: Förderung eines umweltfreundlichen wirtschaftlichen Aufschwungs und Stärkung der guten Regierungsführung sowie Rechtsstaatlichkeit und Sicherheit. Für den Zeitraum 2021-2024 hat die EU 12 Mio. EUR an Zuschüssen für ihre Partnerschaften mit den Malediven bereitgestellt.
Die Malediven sind anfällig für den Klimawandel und sind dem Anstieg des Meeresspiegels und der Küstenerosion ausgesetzt, was eine erhebliche Bedrohung für die Überlebensfähigkeit des Landes darstellt. Das Parlament der Malediven plant die Verabschiedung seines allerersten Klimagesetzes, in dessen Rahmen Grenzwerte für die Umweltverschmutzung festgelegt und Maßnahmen zum Schutz und zur Regeneration der Umwelt erlassen werden. Aus den Aufzeichnungen der letzten 20 Jahre geht ein Anstieg des Meeresspiegels in der Hauptstadt Malé um fast vier Millimeter pro Jahr und ein prognostizierter Anstieg von etwa 40 bis 50 Zentimetern bis zum Jahr 2100 hervor. Die Folgen davon sind Strand-Erosion, Überschwemmungen, eine zunehmende Versalzung des Grundwassers und unvorhersehbare Wetterbedingungen, wodurch bereits heute Überschwemmungen und Dürren verursacht werden. In Anbetracht des Umstands, dass 80 % der Malediver in einer Entfernung von weniger als 100 Metern vom Meer leben, stellen die physischen Auswirkungen dieser Veränderungen eine existenzielle Bedrohung dar.
Das Land leidet zudem unter hoher Jugendarbeitslosigkeit, Bandengewalt und weitverbreiteter Drogensucht. Im September 2023 gewann Mohamed Muizzu die Präsidentschaftswahl auf den Malediven nach einer Stichwahl gegen Amtsinhaber Ibrahim Mohamed Solih. Präsident Mohamed Muizza gilt allgemein als aufgeschlossener gegenüber Chinas Interessen im Land als gegenüber denen Indiens.
Die Parlamentswahl auf den Malediven fand im April 2024 statt, wobei die prochinesische Partei „People’s National Congress“ von Präsident Mohamed Muizzu 70 der 93 Sitze gewann. Unterdessen errang die proindische Maledivische Demokratische Partei 15 Sitze.
Jorge Soutullo / Cristina Stanculescu / Walter Masur