Als Teil des weiter gefassten indopazifischen Raums hat Ostasien eine entscheidende geostrategische Bedeutung für die EU und steht vor großen Herausforderungen für die regelbasierte internationale Ordnung. Der indopazifische Raum entwickelt sich rasch und gewinnt als Heimat von über 50 % der Weltbevölkerung immer mehr an geostrategischer Bedeutung. Der weltweite Containerverkehr verläuft zu zwei Dritteln durch den indopazifischen Raum, dessen Seewege die Hauptrouten für Handel und Energieversorgung sind. Die EU-Strategie für die Zusammenarbeit im indopazifischen Raum wurde im September 2021 angenommen, um das Engagement der EU zu verstärken, Partnerschaften aufzubauen, die regelbasierte internationale Ordnung zu stärken und globale Herausforderungen anzugehen. Die EU passt ihre derzeitigen Instrumente im Sinne ihrer strategischen Autonomie an. Mit dem Strategischen Kompass der EU für Sicherheit und Verteidigung, der vom Rat im März 2022 förmlich gebilligt wurde, wird eine offene und regelbasierte regionale Sicherheitsarchitektur gefördert, die sichere Seeverbindungen, den Aufbau von Kapazitäten und eine verstärkte Präsenz von Seestreitkräften im indopazifischen Raum umfasst. Die Sicherheitsbedenken mit Blick auf Ostasien betreffen die nukleare Herausforderung in der Demokratischen Volksrepublik Korea (DVRK), die Territorialkonflikte im Süd- und Ostchinesischen Meer und die Taiwan-Frage. Die EU ist ein starker Wirtschaftsakteur in Ostasien und setzt sich für die Förderung von fairem Handel, Multilateralismus, Institutionenaufbau, Demokratie, verantwortungsvoller Staatsführung und Menschenrechten ein.
Gegenstand dieser Kurzdarstellung ist der ostasiatische Raum. Weitere Kurzdarstellungen sind Südasien (5.6.7) und Südostasien (5.6.9) gewidmet.
Rechtsgrundlage
- Titel V (Auswärtiges Handeln der EU) des Vertrags über die Europäische Union,
- Artikel 206 und 207 (Handel) und Artikel 216 bis 219 (internationale Übereinkünfte) des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
- Partnerschafts- und Kooperationsabkommen (bilaterale Beziehungen).
China (Volksrepublik China)
Die EU und China unterhalten seit 1975 formelle diplomatische Beziehungen. Nach der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste auf dem Platz des Himmlischen Friedens durch das Militär im Jahr 1989 wurden die Beziehungen vorübergehend auf Eis gelegt. Erst 1994 nahm die EU die Beziehungen wieder auf. Das 1989 verhängte Waffenembargo besteht jedoch weiterhin. Da es keine detaillierte gemeinsame EU-Definition des Begriffs „Waffenembargo“ gibt, bleibt es den einzelnen Mitgliedstaaten überlassen, die Bedeutung im Einklang mit ihren nationalen Rechtsvorschriften auszulegen.
Unter Präsident Xi Jinping hat sich die politische Lage in China seit 2012 erheblich verändert. 2018 wurde eine Verfassungsänderung verabschiedet, die es Xi Jinping ermöglichte, seine Ämter als Generalsekretär der Kommunistischen Partei Chinas, als Staatsoberhaupt und als Oberbefehlshaber der Armee ohne zeitliche Begrenzung auszuüben. In der Außenpolitik arbeitet China seit jüngster Zeit vermehrt mit aggressiven Mitteln und Drohgebärden. Zudem verfügt das Land über die größte aktive Truppe weltweit. China ist nach den USA das Land mit den zweitgrößten Rüstungsausgaben der Welt und stellt dem Militär im Jahr 2023 schätzungsweise 296 Mrd. USD zur Verfügung, was einem Anstieg um 6 % gegenüber 2022 entspricht. Im Juni 2022 ließ China offiziell seinen dritten Flugzeugträger namens Fujian (benannt nach der Taiwan gegenüberliegenden Provinz) vom Stapel. Er ist Teil der ständigen Bestrebungen Chinas, bis 2027 eine hochmoderne Streitmacht aufzubauen, die mit den US-amerikanischen Streitkräften konkurrieren kann. Ein vierter, möglicherweise nuklearbetriebener Flugzeugträger befindet sich derzeit noch im Bau. Die chinesischen Seestreitkräfte bauen Kriegsschiffe schneller als alle anderen Streitkräfte zusammen. China expandiert und vervielfacht derzeit seine militärische Präsenz im Südchinesischen Meer, in der Taiwanstraße und in der Straße von Malakka, die für den internationalen Handel von entscheidender Bedeutung ist.
Die wachsende wirtschaftliche und geopolitische Verflechtung der EU und Chinas findet in der gemeinsamen Strategischen Agenda 2020 für die Zusammenarbeit EU-China ihren Niederschlag. Dank dieser Agenda wurde die Zusammenarbeit in zahlreichen Bereichen, etwa der Außen- und Sicherheitspolitik, der Wirtschaftsentwicklung, der globalen Ordnungspolitik und der multilateralen Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Handels und der Investitionen, in sozialen und ökologischen Fragen sowie in anderen Bereichen, unter anderem in Form von persönlichen Kontakten, vertieft und ausgeweitet. 2022 haben sich die bilateralen Beziehungen zwischen der EU und China jedoch verschlechtert, was hauptsächlich auf Chinas Haltung zur Aggression Russlands gegen die Ukraine, auf die von China ergriffenen Maßnahmen gegen von der EU aufgrund von Menschenrechtsverletzungen verhängte Sanktionen und in jüngster Zeit auch auf die von China in der Taiwanstraße ausgeübten wirtschaftlichen Zwangsmaßnahmen und Aggressionen zurückzuführen ist.
Die Außenminister der EU kamen im Mai 2023 zusammen, und die Staats- und Regierungschefs der EU trafen sich im Juni 2023 auf der Tagung des Europäischen Rates und bekräftigten die Gültigkeit des vielschichtigen Ansatzes der EU gegenüber China, der in der Mitteilung „EU-China – Strategische Perspektiven“ vom 12. März 2019 dargelegt wurde, in der China als Partner, als Konkurrent und als systemischer Rivale bezeichnet wird, wobei Wettbewerb und Rivalität an Bedeutung gewonnen haben. Die Staats- und Regierungschefs der EU sind sich darin einig, dass mit China zusammengearbeitet werden muss, wenn dies im Interesse der EU liegt, während gleichzeitig versucht wird, strategische Abhängigkeiten zu verringern („Risikominderung, keine Entkopplung“). Die Staats- und Regierungschefs der EU erklärten, die EU sei besorgt über die zunehmenden Spannungen in der Taiwanstraße und lehnt einseitige Versuche ab, den Status quo durch Gewalt oder Zwang zu ändern. Der Rat wies darauf hin, dass China als ständiges Mitglied des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen eine besondere Verantwortung trägt, die regelbasierte internationale Ordnung, die Charta der Vereinten Nationen und das Völkerrecht hochzuhalten. Daher sollte China Russland drängen, seinen Angriffskrieg zu beenden und seine Truppen aus der Ukraine abzuziehen. In der Erklärung der Staats- und Regierungschefs wurde erneut die Besorgnis über Zwangsarbeit, den Umgang mit Menschenrechtsverteidigern und Minderheiten, die Lage in Tibet und Xinjiang sowie die Einhaltung der von China eingegangenen Verpflichtungen in Bezug auf Hongkong zum Ausdruck gebracht.
Das 24. Gipfeltreffen EU-China fand im Dezember 2023 statt. Zur Vorbereitung des Gipfeltreffens fanden mehrere sektorale Dialoge auf hoher Ebene statt: der hochrangige Dialog über Umwelt und Klima (Juli 2023), der hochrangige digitale Dialog (September 2023), der hochrangige Wirtschaftsdialog (September 2023), und der strategische Dialog (Oktober 2023). Darüber hinaus fand im Februar 2023 der Menschenrechtsdialog EU-China statt. Die EU hat sich auf dem Gipfeltreffen mit drei Hauptfragen befasst, nämlich den Beziehungen zwischen der EU und China und internationale Fragen, einschließlich des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine und der Lage im Nahen Osten, Handel einschließlich der Möglichkeiten zur Gewährleistung ausgewogenerer und auf Gegenseitigkeit beruhender Handelsbeziehungen sowie Bereichen von gemeinsamem Interesse wie Klimawandel, Ernährungssicherheit, globale Gesundheit und Pandemievorsorge, und die Notwendigkeit, eine multilaterale, regelbasierte internationale Ordnung zu unterstützen, mit dem Hinweis auf den Ansatz der EU zum Abbau von Risiken und auf die wirtschaftliche Sicherheit. Chinas Schwerpunkt auf dem Gipfeltreffen waren Handel und Investitionen.
Seit ihrem Beginn erreicht die chinesische Initiative der neuen Seidenstraße jeden Winkel der Welt und fördert eine Globalisierung nach chinesischen Vorstellungen wie intransparenter Auftragsvergabe, chinesischen arbeitsrechtlichen Standards und chinesischer Schuldenpolitik. China hat sich zum Ziel gesetzt, weltweit die Führungsrolle in den High-Tech-Branchen und digitalen Technologien einzunehmen, unter anderem auch in den Bereichen künstliche Intelligenz und 5G. Es entwickelt systematisch Strategien zur Einflussnahme durch Desinformationskampagnen. Im Jahr 2021 brachte die EU Global Gateway auf den Weg, eine vielschichtige Strategie, die darauf abzielt, die Konnektivität weltweit zu verbessern und die EU, ihre Mitgliedstaaten und ihre Finanz- und Entwicklungsinstitutionen (Team Europa) zusammenzubringen. Global Gateway ist ein wichtiges geopolitisches Instrument für die EU. Es trägt dazu bei, die dringendsten globalen Herausforderungen zu bewältigen, von der Bekämpfung des Klimawandels über die Verbesserung der Gesundheitssysteme bis hin zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und der Sicherheit der globalen Lieferketten. Global Gateway stellt de facto eine Alternative zur Initiative „Neue Seidenstraße“ dar und ist für die EU ein sehr wichtiges geopolitisches Instrument.
Die EU und China sind wichtige Handelspartner. Im Jahr 2023 war China der drittgrößte Partner bei den Warenausfuhren der EU (8,8 %) und der größte Partner bei den Wareneinfuhren der EU (20,5 %). So wurden im Jahr 2023 Waren im Wert von 514 Mrd. EUR aus China in die EU eingeführt. Die EU-Ausfuhren nach China beliefen sich 2023 auf 223 Mrd. EUR. Dies entspricht Einfuhren im Wert von 1,3 Mrd. EUR pro Tag und Ausfuhren in Höhe von 600 Mio. EUR pro Tag. Somit beläuft sich der Wert der zwischen der EU und China gehandelten Waren auf 1,9 Mrd. EUR täglich. Der Handel ist zugunsten Chinas unausgewogen. Die wirtschaftlichen Ungleichgewichte und die unfairen chinesischen Handelspraktiken bergen Risiken für Schlüsselindustrien der EU (Automobilindustrie, grüne Technologien). Da China erwiesenermaßen nicht scheut, Abhängigkeiten von kritischen Rohstoffen auszunutzen, wurde Peking darauf hingewiesen, dass unlautere Handelspraktiken zunehmend zu Schutzmaßnahmen (wie Antidumping- und Ausgleichszöllen) führen werden. Dieses Thema wurde in der Gemeinsamen Mitteilung zur wirtschaftlichen Sicherheit vom Juni 2023 behandelt, die drei Arbeitsbereiche umfasst: Förderung der industriellen Basis und der Wettbewerbsfähigkeit der EU, Schutz der Wirtschaft der EU vor Verzerrungen und Partnerschaften mit Drittstaaten, und zwar sowohl mit nahen als auch mit weiter entfernten Ländern.
Chinas Haltung zur Aggression Russlands gegen die Ukraine führt immer mehr zu Spannungen zwischen den westlichen Verbündeten und China. Obwohl China den Krieg als solchen nicht befürwortet hat, dient seine „Neutralität“ gegenüber Russland anderen asiatischen Ländern doch als Vorbild. China hat sich den Sanktionen gegen Russland nicht angeschlossen, und China und Russland haben ihre militärische Zusammenarbeit seit der russischen Invasion der Ukraine weiter verstärkt. Obwohl zwischen China und Russland kein förmliches militärisches Abkommen besteht, haben die beiden Länder ihre Waffengeschäfte untereinander und ihre gemeinsamen Militärübungen intensiviert. China ist die wichtigste Quelle der Unterstützung der russischen Kriegsanstrengungen, da bis zu 80 % der russischen Einfuhren sensibler Technologien und Güter aus China stammen. Chinesische Unternehmen umgehen die EU-Sanktionen und wurden somit in die Liste der verstärkten Ausfuhrkontrollen im 13. Paket von Kriegssanktionen der EU aufgenommen, das im Februar 2024 angenommen wurde.
Die NATO betrachtet China in ihrem im Juni 2022 in Madrid angenommenen zehnjährigen strategischen Konzept als Herausforderung. Darin wird die wachsende Bedrohung anerkannt, die China angesichts seines zunehmenden wirtschaftlichen und militärischen Einflusses und seiner zunehmenden Angriffslust im indopazifischen Raum darstellt und die sich u. a. in heimtückischen Hybrid- und Cyberoperationen, einer provokativen Rhetorik und in Desinformationskampagnen manifestiert, mit denen die regelbasierte internationale Ordnung – auch im Weltraum, im Cyberspace und auf See – untergraben werden soll.
Die EU setzt sich für eine globale Ordnungspolitik und einen multilateralen Kooperationsansatz in Bezug auf die Streitfragen im Südchinesischen Meer ein, ohne sich in territoriale Ansprüche einzumischen, und betrachtet den freien Schiffs- und Flugverkehr in diesem Gebiet als wichtiges Anliegen. Die EU hält die Streitparteien dazu an, im Rahmen von Verhandlungen friedliche Lösungen zu finden und sich im Einklang mit dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen an internationales Recht zu halten. Das Südchinesische Meer ist von enormer wirtschaftlicher und strategischer Bedeutung: Es wird von gut einem Drittel des weltweiten Schiffsverkehrs durchquert und ist reich an Fischerei- und Energieressourcen. China beansprucht rund 90 % des Südchinesischen Meeres im Rahmen der sogenannten Neun-Striche-Linie. China setzt zunehmend einschüchternde Maßnahmen ein, die zu Zwischenfällen geführt haben, darunter gefährliche Manöver, Behinderung und sogar Kollisionen von Schiffen im Südchinesischen Meer. Am sichtbarsten sind dabei die Spannungen mit Taiwan und den Philippinen. China beansprucht große Teile des Südchinesischen Meeres für sich, die sich mit den von mehreren Ländern in Südostasien beanspruchten Teilen überschneiden.
Das Europäische Parlament ist zutiefst besorgt über die Menschenrechtslage in China und hat bereits auf Chinas Menschenrechtsverletzungen hingewiesen, etwa auf willkürliche Festnahmen, Arbeitslager und die Todesstrafe. Das Parlament hat fortwährend seine Besorgnis hinsichtlich Hongkong, Taiwan, Xinjiang und der Situation der Uiguren zum Ausdruck gebracht und Zwangsarbeit sowie die Ausbeutung uigurischer Minderheiten verurteilt. Ferner hat es auch Entschließungen zu Tibet angenommen, etwa zur Lage religiöser und ethnischer Minderheiten. Die jüngsten Entschließungen und Empfehlungen des Parlaments zu China umfassen die folgenden:
- Entschließung vom Mai 2021 zu chinesischen Gegensanktionen gegen Einrichtungen der EU und gegen MdEP und nationale Abgeordnete
- Entschließung vom September 2021 zu einer neuen China-Strategie der EU
- Entschließung vom Mai 2022 zu den Berichten über die fortgesetzte Organentnahme in China
- Entschließung vom Juni 2022 zur Menschenrechtslage in Xinjiang unter Berücksichtigung der Polizeiakten von Xinjiang
- Entschließung vom Juli 2022 zur Verhaftung von Kardinal Zen und der anderen Treuhänder des 612-Hilfsfonds in Hongkong
- Entschließung vom Dezember 2022 zu der Niederschlagung der friedlichen Proteste in der gesamten Volksrepublik China durch die chinesische Regierung
- Entschließung vom Oktober 2023 über die Auswirkungen der chinesischen Fischereitätigkeiten auf die Fischereien der Union und das weitere Vorgehen
- Empfehlung des Europäischen Parlaments vom Dezember 2023 an den Rat und den Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik zu den Beziehungen zwischen der EU und China
- Entschließung vom Dezember 2023 zur Entführung tibetischer Kinder und Praktiken der Zwangsassimilation in chinesischen Internatsschulen in Tibet
- Entschließung vom Januar 2024 zu der anhaltenden Verfolgung der Falun-Gong-Bewegung in China und insbesondere dem Fall Ding Yuande
Taiwan
Die EU folgt der „Ein-China-Politik“ und erkennt Taiwan zwar nicht als souveränen Staat, aber als gesondertes Zollgebiet und wirtschaftliches und handelspolitisches Rechtssubjekt an und unterstützt die Teilnahme Taiwans an multilateralen Foren. Ferner befürwortet sie eine friedliche Beilegung des Konflikts zwischen Taiwan und China und lehnt jegliche Anwendung oder Androhung von Gewalt ab. Die EU hat mit Taiwan in Wirtschaftszweigen wie der Automobilbranche sowie den Branchen für Arzneimittel, Kosmetika und Medizinprodukte einen strukturierten Dialog zu Wirtschafts- und Handelsfragen aufgenommen.
Im Jahr 2023 stand Taiwan bei den Handelspartnern der EU an 31. Stelle, während die EU nach China, den USA und Japan der viertgrößte Handelspartner Taiwans war. Zudem gehörte auch der Verband südostasiatischer Nationen (ASEAN) zu Taiwans wichtigsten Handelspartnern. Der Warenhandel zwischen der EU und Taiwan belief sich 2022 auf rund 84,3 Mrd. EUR. Die Ausfuhren der EU nach Taiwan beliefen sich 2022 auf 35,1 Mrd. EUR, die Einfuhren aus Taiwan in die EU dagegen auf 49,2 Mrd. EUR.
Darüber hinaus führen die EU und Taiwan jährliche Konsultationen zu verschiedenen nicht handelsbezogenen Fragen durch, so etwa zu den Rechten von Wanderarbeitnehmern, insbesondere Hausangestellten und Beschäftigten in der Fischereibranche, zur Todesstrafe, und zur Gleichstellung der Geschlechter und der fairen Behandlung von LGBTQIA+. Die fünfte Konsultation im Bereich der Arbeit und die sechste Menschenrechtskonsultation EU-Taiwan fanden im Juni 2023 statt. Im November 2023 erörterten die beiden Parteien die Themen Zusammenarbeit im indopazifischen Raum, Menschenrechte, Manipulation von Informationen, Katastrophenschutz, Erasmus+ und eine mögliche Zusammenarbeit im Bereich der Landwirtschaft.
In Taiwan fand im Januar 2024 die Parlamentswahl statt. Die Beteiligung erreichte 71,86 %. Zum dritte Mal ging die Demokratische Progressive Partei (DPP) als Sieger hervor, diesmal mit ihrem Kandidaten William Lai (Lai Ching-te), auf den 40,1 % der Stimmen entfielen, sodass es der Partei wieder gelang, das Amt des Präsidenten zu besetzen. In den Legislativ-Yuan mit seinen 113 Sitze zogen drei große Parteien und zwei unabhängige Parteien ein, was eine Situation schafft, in der die kleinen Koalitionspartner die politische Agenda Taiwans maßgeblich mitbestimmen können.
Die Spannungen zwischen Taiwan und China haben bereits seit dem Wahlsieg der DPP im Jahr 2016 zugenommen. China hat aggressive Maßnahmen ergriffen, und es patrouillieren vermehrt chinesische Bomber, Kampfflugzeuge und Aufklärungsflugzeuge über Taiwan. Lai Ching-te hat versprochen, die faktische Unabhängigkeit der Insel von China zu wahren und sie weiter an andere Demokratien anzugleichen. Aggressive und bedrohliche Militärmanöver fallen häufig mit hochrangigen internationalen Besuchen in Taiwan zusammen, da China der Ansicht ist, dass diese Besuche in seine Souveränität und innere Angelegenheiten eingreifen. Taiwan hat eine beachtliche Expertise im Kampf gegen Cyberangriffe, Desinformation aus dem Ausland, Manipulation und Einmischung sowohl auf Regierungsebene als auch in Organisationen der Zivilgesellschaft entwickelt.
Das Parlament nahm im September 2022 eine Entschließung zur Lage in der Taiwanstraße an, in der es die militärische Eskalation vonseiten Chinas kritisierte und den wirtschaftlichen Zwang, den China ausübt, verurteilte. Das Parlament begrüßt das Vorhaben Litauens, eine Handelsvertretung in Taipeh zu eröffnen, und fordert die anderen Mitgliedstaaten auf, diesem Beispiel zu folgen und ihre Beziehungen zu Taiwan auszubauen.
Das Europäische Parlament hat wiederholt eine engere bilaterale Zusammenarbeit zwischen der EU und Taiwan in Bereichen wie Handel, Forschung, Kultur, Bildung, Klimawandel und Umweltschutz gefordert. Das Parlament hat im Dezember 2023 hat eine Entschließung über Handel zwischen der EU und Taiwan und Investitionsbeziehungen angenommen, in der es Fortschritte bezüglich der Ausarbeitung eines Investitionsabkommens zwischen der EU und Taiwan forderte. Gleichermaßen brachte es seine Unterstützung für die bedeutsame Teilnahme Taiwans an internationalen Organisationen wie der Weltgesundheitsorganisation, dem Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen und der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation zum Ausdruck. Das Parlament forderte China zudem wiederholt und nachdrücklich auf, Taiwan nicht militärisch zu provozieren, und hob hervor, dass sämtliche Streitigkeiten mit Blick auf die Taiwanstraße mit friedlichen Mitteln des internationalen Rechts beigelegt werden sollten.
Da Taiwan für die EU als globaler Lieferant wichtiger Hochtechnologiebranchen, insbesondere Halbleiter, von entscheidender Bedeutung ist, hat das Parlament wiederholt gefordert, dass Taiwan in die EU-Strategie für den indopazifischen Raum als Priorität aufgenommen wird, und setzt sich für den Dialog und die Zusammenarbeit mit Taiwan in allen Industriezweigen und Lieferketten, insbesondere in strategisch wichtigen Industriezweigen wie Halbleitertechnologien, ein Taiwan stellt zwei Drittel der weltweiten Halbleiter und 90 % aller hochwertigen Halbleiter her.
Das Parlament hat mehrere offizielle Dienstreisen nach Taiwan unternommen. Der Sonderausschuss zu Einflussnahme aus dem Ausland auf alle demokratischen Prozesse (INGE) besuchte Taipeh im November 2021, was der erste offizielle Besuch des Parlaments in Taiwan war. Ziel von INGE war es, zu untersuchen, über welche Erfahrungen Taiwan bei der Bekämpfung von Einmischungs- und Manipulationskampagnen verfügt, und das innovative System Taiwans zur Bekämpfung von Desinformationskampagnen und anderen Arten hybrider Angriffe zu erörtern. Der Ausschuss für internationalen Handel besuchte Taipeh im Dezember 2022. Bei diesem Besuch wurde bekräftigt, wie wichtig es für Taiwan ist, die strategischen Beziehungen zwischen Taiwan und der EU zu stärken, und vor allem, wie wichtig ehrgeizige und für beide Seiten vorteilhafte umfassende Handels- und Investitionsbeziehungen sind. Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten (AFET) des Parlaments stattete Taipeh im Juli 2023 einen offiziellen Besuch ab. Das Hauptthema waren die globalen Sicherheitsanliegen in der Taiwanstraße.
Hongkong
Die EU misst dem hohen Maß an Autonomie Hongkongs, das im Einklang mit dem Grundgesetz und internationalen Verpflichtungen gewahrt bleiben muss, große Bedeutung bei. Die Lage der Demokratie und Grundfreiheiten hat sich in Hongkong in den letzten zehn Jahren dramatisch verschlechtert. Peking hat in seinem Bestreben, sich nicht länger an den Grundsatz „Ein Land, zwei Systeme“ zu halten, die politische Opposition zum Schweigen gebracht, die unabhängige Presse zerschlagen und zivilgesellschaftliche Organisationen aufgelöst, was eine eindeutige Missachtung der chinesisch-britischen gemeinsamen Erklärung von 1984 darstellt.
Die EU war 2019 nach Festlandchina der zweitgrößte Handelspartner für Hongkong. In Hongkong sind etwa 1 500 EU-Unternehmen vertreten, und viele von ihnen nutzten Hongkong als Standort für eine regionale Zentrale. Der bilaterale Warenverkehr zwischen der EU und Hongkong belief sich 2022 auf 30,1 Mrd. EUR. Die Warenausfuhren der EU nach Hongkong beliefen sich auf 24,7 Mrd. EUR, während sich die Einfuhren aus Hongkong auf insgesamt 5,4 Mrd. EUR beliefen.
Die Wahlen für die siebte Amtszeit des Legislativrats von Hongkong fanden im Dezember 2021 statt, und, wie zu erwarten war, waren prochinesische Kandidaten die Wahlsieger. Der Vizepräsident der Kommission und Hohe Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik Josep Borrell erklärte, dass die EU diesen Wahlverlauf in Verbindung mit dem anhaltenden Druck auf die Zivilgesellschaft als weiteren Schritt zur Aushöhlung des Grundsatzes „Ein Land, zwei Systeme“ sehe. Darüber hinaus stimmten im Mai 2022 die 1 500 Mitglieder des Wahlausschusses über einen einzigen Kandidaten, John Lee Ka-chiu, als neuen Geschäftsführer ab. Lee wurde von 99 % der Wähler unterstützt, wohingegen es bei seiner Vorgängerin, Carrie Lam, die ab 2017 Hongkongs Regierungschefin gewesen war, nur 66 % waren. Im Dezember 2023 fand in Hongkong eine Wahl zum Bezirksrat statt, und nur 27,5 % der Hongkonger gaben ihre Stimme ab, was die niedrigste Wahlbeteiligung seit der Rückgabe der ehemaligen britischen Kolonie war.
Trotz zunehmender internationaler Kritik verabschiedete Hongkong im März 2024 ein weiteres Gesetz über die nationale Sicherheit (bekannt als Artikel 23 des Grundgesetzes). Das Gesetz umfasst neu definierte Handlungen des Verrats, der Spionage, des Diebstahls von Staatsgeheimnissen, der Abspaltung und der Einflussnahme aus dem Ausland. Menschenrechtsorganisationen betrachten dies als letzten Schritt, um demokratische Stimmen in Hongkong vollständig zum Schweigen zu bringen. Die EU ist zutiefst besorgt über die möglichen Auswirkungen dieser Rechtsvorschriften auf die Rechte und Freiheiten.
Das Parlament hat mehrere Entschließungen zur politischen Lage in Hongkong angenommen. Das Parlament betonte in seiner 20 Jahre nach der Einrichtung der Sonderverwaltungsregion Hongkong angenommenen Empfehlung von Dezember 2017, dass die Achtung des Grundgesetzes für die weitere Stärkung der Beziehungen zur EU äußerst wichtig ist. Das Parlament verurteilte die Einmischung Chinas in die inneren Angelegenheiten Hongkongs, die das Modell „Ein Land, zwei Systeme“ gefährdet. In seiner Entschließung von Juni 2020 verurteilte das Parlament die unilaterale Einführung von Rechtsvorschriften über die nationale Sicherheit, da dies einen massiven Angriff auf die Autonomie Hongkongs, die Rechtsstaatlichkeit und die Grundfreiheiten darstellt. China hat sich in der Gemeinsamen Erklärung, die bei den Vereinten Nationen als rechtlich bindender Vertrag hinterlegt wurde, verpflichtet, das hohe Maß an Autonomie Hongkongs und dessen Rechte und Freiheiten zu wahren.
In seiner Entschließung von Januar 2021 zur Unterdrückung der demokratischen Opposition in Hongkong forderte das Parlament die sofortige und bedingungslose Freilassung aller Personen, die in Hongkong aufgrund von Bestimmungen des Gesetzes über die nationale Sicherheit verhaftet wurden. Das Parlament fordert die Behörden nachdrücklich auf, die Rechtsstaatlichkeit, die Menschenrechte, die demokratischen Grundsätze und Hongkongs hohes Maß an Autonomie zu achten.
Das Parlament verabschiedete im Juli 2021 eine Entschließung zu Hongkong und insbesondere dem Fall von „Apple Daily“, in der es die Einschränkungen des Rechts auf freie Meinungsäußerung verurteilt und die Regierungsbehörden Hongkongs auffordert, alle Journalisten und anderen Aktivisten, die auf der Grundlage des Gesetzes über die nationale Sicherheit festgenommen wurden, umgehend und bedingungslos freizulassen und die gegen sie erhobenen Anklagepunkte fallen zu lassen.
Im Januar 2022 nahm das Parlament eine weitere Entschließung zu der Missachtung der Grundfreiheiten in Hongkong an, in der es die gezielten Angriffe auf die Opposition, nichtstaatliche Organisationen und Medienunternehmen oder Zivilisten, aufs Schärfste verurteilte.
Im Juni 2023 nahm das Parlament eine Entschließung zur Verschlechterung der Lage der Grundfreiheiten in Hongkong an, in der es die Unterdrückung von politischen Oppositions- und Demokratieaktivisten durch China in Hongkong verurteilte und insbesondere auf den Fall Jimmy Lai verwies.
Im April 2024 verabschiedete das Parlament eine Entschließung zu der neuen Sicherheitsverordnung in Hongkong und den Fällen von Andy Li und Joseph John, in der es den Inhalt des Gesetzes verurteilte, mit dem die letzten Reste der Grundfreiheiten ausgehebelt werden. Das Parlament bedauerte, dass seit der Verabschiedung des Gesetzes mehr als 200 Menschen verhaftet wurden.
Japan
Die EU und Japan pflegen seit 2003 eine strategische Partnerschaft, die auf gemeinsamen Grundwerten wie der Wahrung der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit sowie einem starken Engagement für die nachhaltige Entwicklung, Multilateralismus und einem regelbasierten WTO-System beruht. Japan hat sich verpflichtet, das Pariser Klimaschutzübereinkommen und andere multilaterale Umweltübereinkommen wirksam umzusetzen. In Bezug auf einige Aspekte besteht für die EU allerdings Grund zur Sorge: Japans Anwendung der Todesstrafe, Walfang und Kindesentführungen durch einen Elternteil von Kindern aus der EU in Japan.
Die EU und Japan erneuerten ihre bilaterale strategische Partnerschaft im Februar 2019 mit der vorläufigen Umsetzung des Abkommens über eine strategische Partnerschaft (SPA) EU-Japan und mit dem Inkrafttreten des Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) EU-Japan. Das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen ist das wichtigste bilaterale Handelsabkommen, das jemals von der EU abgeschlossen wurde, da es beinahe ein Drittel des weltweiten Bruttoinlandsprodukts, fast 40 % des Welthandels und über 600 Millionen Menschen abdeckt. Das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen beinhaltet ferner Zusagen mit Blick auf den Warenhandel und den Handel mit Dienstleistungen und bietet zudem einen Rahmen zur Förderung bilateraler Investitionen. Mit dem Wirtschaftspartnerschaftsabkommen wurden darüber hinaus hochgesteckte Ziele für eine nachhaltige Entwicklung festgelegt, denn erstmalig fand ein spezifisches Bekenntnis zum Übereinkommen von Paris Eingang in ein Wirtschaftspartnerschaftsabkommen. Die EU und Japan unterzeichneten im Juni 2020 ein Abkommen über die Sicherheit in der Zivilluftfahrt. Die mangelnde Gegenseitigkeit des visumfreien Reiseverkehrs für EU-Bürger nach Japan ist nach wie vor ein Problem in den bilateralen Beziehungen, da japanische Staatsangehörige visumfreien Zugang zur EU haben.
Seit Inkrafttreten des WPA ist der Warenhandel um 20 % und der Agrar- und Lebensmittelhandel um 34 % gestiegen. Japan begrüßte den Beschluss der EU, die 2011 nach dem Erdbeben in Japan ergriffenen Einfuhrbeschränkungen für Nahrungsmittel aus der Region Fukushima wieder aufzuheben. Japan ist für die EU nach China der zweitgrößte Handelspartner in Asien. Im Jahr 2020 belief sich der Handel auf insgesamt 141,4 Mrd. EUR. Die EU-Ausfuhren nach Japan beliefen sich 2022 auf 69,8 Mrd. EUR. Die EU hatte einen Überschuss im Warenhandel von 1,8 Mrd. EUR.
Beide Parteien wollen die Investitionsbeziehungen verbessern und hierfür in Zukunft ein separates Investitionsschutzabkommen abschließen. Dieses Abkommen würde Normen für den Anleger- bzw. Investitionsschutz und einen Mechanismus zur Streitbeilegung umfassen. Seit dem Beginn der digitalen Partnerschaft zwischen der EU und Japan im Mai 2022 ist man in den strategischen Bereichen Halbleiter, Hochleistungsrechnen und Quantentechnologie, 5G und darüber hinaus sowie resiliente digitale Konnektivität tätig. Die EU und Japan gehören zu den größten digitalen Volkswirtschaften der Welt. Der freie Datenverkehr zwischen der EU und Japan ist ein wesentliches Element für Unternehmen und ein wichtiges Ergebnis im Rahmen der EU-Strategie für die Zusammenarbeit im indopazifischen Raum und der digitalen Partnerschaft mit Japan. Im Rahmen des hochrangigen Wirtschaftsdialogs im Oktober 2023 schlossen die EU und Japan eine Einigung über grenzüberschreitende Datenströme. Nach der Ratifizierung werden die vereinbarten Bestimmungen in das WPA EU-Japan aufgenommen.
Die EU und Japan sind gleichgesinnte strategische Partner und verfolgen ähnliche Konzepte für den indopazifischen Raum. Sie sind sich einig, dass ein verstärktes Engagement der EU in der Region sowie eine verstärkte Zusammenarbeit mit Japan und anderen Verbündeten von Vorteil wäre. Es besteht ein beiderseitiges Interesse an einer Förderung der Zusammenarbeit in den Bereichen Konnektivität, maritime Sicherheit, Umwelt und Klimawandel, Handel und Investitionen, digitale Fragen, Förderung des Multilateralismus und Wahrung der regelbasierten internationalen Ordnung.
Das 29. Gipfeltreffen EU-Japan fand im Juli 2023 in Brüssel statt. Die EU und Japan unterstützen nach wie vor entschlossen die Ukraine. Beide verurteilten die fortgesetzte Entwicklung von Kernwaffen und ballistischen Flugkörpern in Nordkorea. Die führenden Vertreter beider Seiten betonten ihren Willen, konstruktive und stabile Beziehungen zu China aufzubauen und ihre Sicherheitspartnerschaft weiterzuentwickeln, was einer verstärkten Zusammenarbeit in den Bereichen maritime Sicherheit, Cybersicherheit, hybride Bedrohungen, Terrorismusbekämpfung, Abrüstung und Nichtverbreitung zugutekäme. In Bezug auf Energie und den ökologischen Wandel bekräftigten sie ihr gemeinsames Ziel, bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen. Im Rahmen ihres grünen Bündnisses kamen sie überein, die Arbeit an der Energiewende zu intensivieren, indem sie in den Bereichen Energieeffizienz, CO2-armer und erneuerbarer Wasserstoff, erneuerbare Offshore-Energie, Abscheidung, Nutzung und Recycling von CO2 zusammenarbeiten.
Japan und die ganze Welt waren zutiefst erschüttert über die Ermordung des ehemaligen Ministerpräsidenten Shinzo Abe im Juli 2022 in Nara, wo er Wahlkampf für die nur zwei Tage später stattfanden Wahlen machte, bei denen die Hälfte des Oberhauses für sechs Jahre gewählt wird. Die Liberaldemokratische Partei gewann einige Sitze hinzu, und es wurde ein neuer Rekord erreicht, da 28 % der Sitze von weiblichen Kandidaten gewonnen wurden. Die nächsten Parlamentswahlen finden im Jahr 2025 statt. Die regierende Liberaldemokratische Partei wird im September 2024 ihren Vorsitzenden für eine Amtszeit von drei Jahren wählen. Dieser wird dann der Spitzenkandidat der Partei bei der nächsten Parlamentswahl in Japan sein.
Im Rahmen der Intensivierung der bilateralen strategischen Beziehungen zwischen der EU und Japan wurde die Stärkung des interparlamentarischen Dialogs zwischen dem Europäischen Parlament und dem japanischen Parlament zu einem festen Bestandteil gemacht. Dies führte dazu, dass das Parlament im Dezember 2018 zwei Entschließungen verabschiedete: eine begleitende Entschließung über den Abschluss des Abkommens über eine strategische Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Japan andererseits sowie eine begleitende Entschließung über den Abschluss des Abkommens zwischen der Europäischen Union und Japan über eine Wirtschaftspartnerschaft. Das Parlament verabschiedete im Juli 2020 eine Entschließung zur internationalen und innerstaatlichen elterlichen Entführung von Kindern aus der EU in Japan, in der die Lage der von elterlicher Kindesentführung in Japan betroffenen Kindern hervorgehoben und betont wird, dass die einschlägigen Gesetze und Gerichtsentscheidungen nicht durchgesetzt werden. Weitere einschlägige Entschließungen sind unter anderem die folgenden: die Entschließung vom 21. Januar 2021 zum Thema „Konnektivität und die Beziehungen zwischen der EU und Asien“, die Entschließung vom 7. Juni 2022 zum Thema „Die EU und die sicherheitspolitischen Herausforderungen im indopazifischen Raum“ und die Entschließung vom 5. Juli 2022 zur Strategie für den indopazifischen Raum im Bereich Handel und Investitionen.
Im Dezember 2023 nahm das Parlament eine Entschließung zu den Beziehungen zwischen der EU und Japan an, in der es die Schlüsselrolle des WPA und des SPA zwischen der EU und Japan anerkennt und eine rasche vollständige Ratifizierung des (bislang vorläufig umgesetzten) SPA fordert. Das Parlament forderte eine umfassende Sicherheitspartnerschaft, eine beschleunigte Zusammenarbeit im Energiebereich, die Zusammenarbeit im Umweltbereich und einen Menschenrechtsdialog.
Das 41. Interparlamentarische Treffen EU-Japan fand im Juli 2023 in Straßburg statt, um politische, wirtschaftliche und soziale Entwicklungen, Russlands Krieg gegen die Ukraine, Sicherheitsfragen in Japan, Ost- und Südostasien, die digitale Partnerschaft zwischen der EU und Japan, die Zusammenarbeit in den Bereichen Umwelt und Energie sowie die Handelsbeziehungen zu erörtern. Es wurde eine gemeinsame Erklärung unterzeichnet, in der internationale Regeln für künstliche Intelligenz gefordert werden.
Der AFET-Ausschuss des Parlaments besuchte Japan im Juli 2023. Es fand ein Austausch über globale Sicherheit, Cybersicherheit und Desinformation sowie über den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine statt. Das japanische Parlament äußerte ernsthafte Besorgnis über die Sicherheitslage Taiwans.
Südkorea (Republik Korea)
Die Beziehungen zwischen der EU und der Republik Korea gehen auf das Abkommen über Zusammenarbeit und Amtshilfe im Zollbereich aus dem Jahr 1997 zurück. Südkorea ist einer der zehn wichtigsten strategischen Partner der EU, und die strategische Partnerschaft zwischen der EU und Südkorea beruht auf drei Hauptsäulen, die sich auf drei wichtige Abkommen stützen:
- das Rahmenabkommen zwischen der EU und Südkorea, das seit Juni 2014 in Kraft ist und die allgemeine Struktur für die strategische Partnerschaft und die umfassende bilaterale Zusammenarbeit vorgibt. Der Gemischte Ausschuss sorgt für seine Umsetzung und überwacht sie.
- Das Freihandelsabkommen (FHA) zwischen der EU und Südkorea, das im Dezember 2015 ratifiziert wurde. Südkorea war das erste asiatische Land, das ein FHA mit der EU unterzeichnet hat. Dieses FHA ist eines der ehrgeizigsten Handelsabkommen der EU und geht über frühere Abkommen hinaus. Ziel des Freihandelsabkommens ist es, Hemmnisse für den bilateralen Handel zu beseitigen, einen erweiterten und sicheren Markt für Waren und Dienstleistungen zu schaffen und stabile Rahmenbedingungen für Investitionen zu schaffen.
- Das 2016 in Kraft getretene Rahmenabkommen zwischen der EU und Südkorea über die Beteiligung an Krisenbewältigungsoperationen, durch das die strategische Partnerschaft für Sicherheitsfragen gestärkt wird, indem Südkorea die Teilnahme an zivilen und militärischen Krisenbewältigungsoperationen der EU ermöglicht wird. Durch dieses Rahmenabkommen wird auch die Beteiligung Südkoreas an den Missionen und Operationen im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) der EU erleichtert, um die Wirksamkeit der Krisenreaktion zu verbessern.
Die 19. Sitzung des Gemischten Ausschusses EU-Südkorea fand im März 2023 in Brüssel anlässlich des 60. Jahrestags der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen der EU und Südkorea statt, um die Fortschritte in den Bereichen der bilateralen, regionalen und globalen Zusammenarbeit zu bilanzieren und aktuelle und künftige Herausforderungen zu erörtern.
Das 10. Gipfeltreffen EU-Republik Korea fand im Mai 2023 in Seoul statt. Die führenden Vertreter beider Seiten kamen überein, den kollektiven Druck auf Russland aufrechtzuerhalten und zu erhöhen, und zwar insbesondere durch die wirksame Umsetzung von Sanktionen. Die EU und Südkorea riefen alle Mitglieder der Vereinten Nationen auf, einen vereinten und entschiedenen Standpunkt gegen Nordkoreas illegales Waffenprogramm einzunehmen. Sie erörterten ferner die Förderung der Zusammenarbeit in den Bereichen Halbleiter, Mobilfunknetze der nächsten Generation, Quanten- und Hochleistungsrechnen, künstliche Intelligenz und digitale Plattformen.
Der bilaterale Handel zwischen der EU und Südkorea hat weiter zugenommen und erreichte 2022 einen Wert von fast 132 Mrd. EUR. Südkorea ist das neuntgrößte Ausfuhrziel der EU für Waren, während die EU Südkoreas drittgrößter Exportmarkt ist. In einigen Bereichen gibt es jedoch nach wie vor Probleme, und die EU fordert Südkorea auf, die anhaltenden Hindernisse für die Einfuhr von tierischen Erzeugnissen aus der EU zu beseitigen und das anhängige Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation über Zwangsarbeit zu ratifizieren.
Im Mai 2021 richtete Südkorea den P4G-Umweltgipfel 2021 in Seoul aus, auf dem die Erklärung von Seoul veröffentlicht wurde, in der gefordert wurde, den weltweiten Temperaturanstieg gegenüber dem vorindustriellen Niveau auf unter 2 °C statt auf 1,5 °C zu begrenzen. Die Staats- und Regierungschefs riefen dazu auf, die nationalen Ausgaben für die Verringerung der Treibhausgasemissionen zu erhöhen, die Bemühungen um die Abkehr von nicht erneuerbaren Energiequellen zu beschleunigen und gemeinsam an der Lösung des Problems von Kunststoffabfällen in Meeresökosystemen zu arbeiten.
Die Wissenschafts- und Technikbranche von Südkorea gehört zu den fortschrittlichsten der Welt. Die Ausrichtung auf Innovation steht dabei im Vordergrund. Im Bereich der Robotik und der künstlichen Intelligenz kann das Land zudem beeindruckende Erfolge vorweisen. Für die EU bieten sich hier neue Chancen, die Zusammenarbeit in wissenschaftlichen und technischen Fragen weiter auszubauen. Eine engere Zusammenarbeit wurde bereits im Bereich der Cyberbedrohungen aufgebaut, da Südkorea eine hoch digitalisierte Wirtschaft hat und derzeit eine nationale Strategie zur Cyberabwehr entwickelt, nachdem es eine Reihe von Hackerangriffen gegeben hatte, von denen Millionen von Menschen sowie amtliche Websites betroffen waren. Die Mehrzahl der großen Cyberangriffe wird Nordkorea zugeschrieben.
In Südkorea fand im März 2022 die Präsidentschaftswahl statt, die von dem Konservativen Yoon Suk-yeol nach einem heftig geführten Wahlkampf gewonnen wurde. Die Kommunalwahlen fanden im Juni 2022 statt und fielen mit den Nachwahlen für die freien Sitze in der Nationalversammlung zusammen. Die Regierungspartei von Präsident Yoon Suk-yeol gewann 12 der 17 Sitze für Großstadtbürgermeister und Provinzgouverneure, wodurch sich ihr Einfluss weiter vergrößerte. Im April 2024 fanden in Südkorea Parlamentswahlen statt, die als Halbzeitbewertung der derzeitigen Regierung betrachtet werden. Gemeinsam mit kleineren Oppositionsparteien gewann die liberale Oppositionspartei 192 von 300 Sitzen in der Nationalversammlung, was eine Niederlage für Präsident Yoon Suk-yeol und seine Volksmachtpartei bedeutete.
Südkorea macht geltend, dass Japan ihm noch immer Wiedergutmachung für den Zweiten Weltkrieg schulde. Trotz der Bemühungen um die Wiederherstellung der Beziehungen durch einen Vertrag aus dem Jahr 1965 sind die Beziehungen nach wie vor angespannt. Ein besonders umstrittenes Thema sind die „Trostfrauen“ (Sexsklavinnen zwischen 1932 und 1945). Südkorea hat auch Bedenken hinsichtlich Japans Plänen geäußert, kontaminiertes Wasser aus seinem Kraftwerk Fukushima wieder in den Pazifik zu leiten, was sich negativ auf die Tier- und Pflanzenwelt im Ozean und folglich auch auf das Fischereiwesen auswirken würde. Der außenpolitische Ansatz von Präsident Yoon Suk-yeol beinhaltet eine Annäherung an Japan, um die derzeitigen Streitigkeiten beizulegen und Handelshemmnisse zu beseitigen.
Zwischen April und September 2018 fanden drei innerkoreanische Gipfeltreffen zur Denuklearisierung statt. Trotzdem verschlechterten sich der Dialog und die Zusammenarbeit nach dem Gipfeltreffen USA-Nordkorea in Hanoi im Jahr 2019 und noch stärker im August 2019, als die USA und Südkorea eine gemeinsame Militärübung durchführten. Die Spannungen erreichten ihren Höhepunkt, als Nordkorea im März 2020 Kurzstreckenraketen abfeuerte und es im Juni 2020 zu einer Explosion im innerkoreanischen Verbindungsbüro in Kaesŏng kam, bei der ein südkoreanischer Bürger auf Nordkoreas Hoheitsgebiet ums Leben kam. Der südkoreanische Präsident Yoon Suk-yeol kündigte im August 2022 an, dass er Pjöngjang im Gegenzug für die Denuklearisierung ein umfangreiches Hilfspaket anbieten werde, das die nordkoreanische Wirtschaft erheblich verbessern würde, wenn das Land einen echten und substanziellen Prozess der Denuklearisierung einleite.
Nach der COVID-19-Pandemie nahmen Südkorea und die Vereinigten Staaten ihre gemeinsamen Militärübungen im August 2022 wieder auf, nachdem Präsident Yoon Suk-yeol beschlossen hatte, stärker auf Abschreckung zu setzen. Zuvor hatten die Vereinigten Staaten, Südkorea und Japan im Frühjahr 2022 an einer Übung zur Abwehr ballistischer Flugkörper vor der Küste Hawaiis teilgenommen, die die verbesserten Beziehungen zwischen Seoul und Tokio verdeutlichte. Die USA, Südkorea und Japan führten im Januar 2024 ihre bislang größten kombinierten Marineübungen durch, um gegenüber Nordkorea Stärke zu zeigen. Das südkoreanische Militär erklärte im Januar 2024, dass es keine Zone, in der auf Feindseligkeiten verzichtet wird, im Rahmen des im September 2018 zwischen beiden koreanischen Staaten unterzeichneten Militärabkommens mehr gebe.
Das Parlament hält die innerkoreanischen Beziehungen für äußerst besorgniserregend. Die EU unterstützt eine diplomatische Lösung der nuklearen Krise auf der koreanischen Halbinsel und verfolgt weiterhin eine Politik des kritischen Dialogs. Das Parlament ist das einzige Organ der EU, das formelle Beziehungen zu Nordkorea unterhält.
Nordkorea (Demokratische Volksrepublik Korea)
Die EU verfolgt gegenüber Nordkorea eine Politik des kritischen Dialogs, bei der Druck in Form von Sanktionen und weiteren Maßnahmen ausgeübt wird, gleichzeitig aber Kommunikationskanäle offengehalten werden. Die bilateralen Beziehungen sind beschränkt, und es sind keine bilateralen politischen Abkommen oder Handelsabkommen in Kraft. Mit Ausnahme von humanitärer Hilfe betrifft die Entwicklungszusammenarbeit der EU vornehmlich die Ernährungssicherheit und wird von politischen Erwägungen, Sanktionen der Vereinten Nationen und anderen Restriktionen bestimmt. Die EU unterhält keine bilateralen Entwicklungshilfeprogramme mit Nordkorea. Sechs Mitgliedstaaten betreiben Botschaften in Pjöngjang. Außerdem gibt es ein französisches Büro für kulturelle Zusammenarbeit. Viele Mitgliedstaaten haben ihre Botschafter in Seoul für Nordkorea akkreditiert. Die Schließung der Grenzen durch Nordkorea im Januar 2020 hat zu Schwierigkeiten bei der Entsendung und beim Abzug von Personal nach und aus Nordkorea geführt, und die diplomatische Präsenz wurde daher verringert.
Die EU-Sanktionen gegen Nordkorea als Reaktion auf dessen Entwicklung von Nuklearwaffen und ballistischen Flugkörpern sind die strengsten, die je gegen ein Land verhängt wurden. Die EU hat alle einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen umgesetzt und selbst eine eigenständige Sanktionsregelung eingeführt, um die Sanktionen der Vereinten Nationen zu ergänzen und zu verstärken. Im September 2020 wandte sich die EU zum vierten Mal an Drittländer und forderte sie auf, die Resolutionen des UN-Sicherheitsrats vollständig umzusetzen. Im März 2021 kündigte die EU erstmals menschenrechtsbezogene Sanktionen gegen Nordkorea im Rahmen ihrer globalen Sanktionsregelung im Bereich der Menschenrechte an. Die Liste umfasst sowohl zwei Minister als auch die zentrale Staatsanwaltschaft aufgrund der Unterstützung von Repressalien. Im Dezember 2022 hat die EU neue Sanktionen gegen acht Personen und vier Organisationen verhängt, weil sie an den Programmen für ballistische und nukleare Waffen Nordkoreas beteiligt sind und internationale Sanktionen umgangen haben.
Nordkorea hat 2017 sein Nuklearprogramm aufgestockt, wodurch sich die Spannungen mit den USA und Südkorea verschärft haben. Obwohl die US-Politik darin bestand, größtmöglichen Druck auszuüben, beteiligte sich der ehemalige südkoreanische Präsident Moon Jae-in 2018 an der Deeskalation und traf den nordkoreanischen Führer Kim Jong-un dreimal. Nach dem gescheiterten Gipfeltreffen 2019 in Hanoi zwischen US-Präsident Trump und Kim Jong-un nahmen die Spannungen und das Misstrauen jedoch weiter zu. Seit Juli 2021 meldet die Internationale Atomenergie-Organisation eine Zunahme der nuklearen Aktivität im Kernforschungszentrum Yongbyon mit einem Versuchsreaktor mit einer Leistung von fünf Megawatt. Seit September 2021 führt Nordkorea Tests mit neuen Langstreckenflugkörpern durch, die in geringerer Höhe und mit sehr flachen Flugbahnen fliegen können, was das Abfangen dieser Flugkörper erschwert. 2022 führte Nordkorea seine größten Tests für ballistische Flugkörper durch, und machte deutlich, dass die Reichweite seiner Interkontinentalraketen bis in die Vereinigten Staaten reichen würde. Die Spannungen wurden im März 2022 durch den Start einer neuen Art interkontinentaler ballistischer Flugkörper (ICBM) namens Hwasong-17, dem bislang größten Flugkörper Nordkoreas, verschärft. Mit einer Flughöhe von 6 000 km übertrifft sie alle bisher getesteten ICBM. Südkorea baut seine Verteidigungsfähigkeiten und die militärische Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten aus, unter anderem durch die Teilnahme an groß angelegten gemeinsamen Militärübungen und den Einsatz zusätzlicher US-Luftraketenabwehrsysteme. Nordkoreas Strategie besteht darin, die Vereinigten Staaten zur Wiederaufnahme der Verhandlungen über Sanktionen und humanitäre Hilfe zu zwingen.
Die Wiederaufnahme von Raketentests durch Nordkorea im Jahr 2022 stellt zusammen mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine eine große Herausforderung für den südkoreanischen Präsidenten Yoon Suk-yeol dar, der einen kompromisslosen Ansatz verfolgt. Nordkorea hat in den Jahren 2023 und 2024 weiterhin ballistische Flugkörper gestartet, die in der Endphase Hyperschallgeschwindigkeiten von 5 bis 10facher Schallgeschwindigkeit erreicht, sodass sie sich der Ortung und der Abwehr von Flugkörpern entziehen können.
Im September 2022 verabschiedete die Oberste Volksversammlung Nordkoreas ein Gesetz, durch das der Nuklearstatus des Landes unumkehrbar wird und im Falle eines drohenden Angriffs präventive Atomschläge ermöglicht werden. Im September 2023 änderte Nordkorea seine Verfassung, um seine Atomkraft voranzutreiben und auszuweiten, wobei Stadtführer Kim Jong-un die zunehmende Zusammenarbeit zwischen den Vereinigten Staaten, Südkorea und Japan als „die schlimmste Bedrohung“ für sein isoliertes Land bezeichnete.
Der Oberste Führer Kim Jong-un ordnete im Januar 2024 eine Änderung der nordkoreanischen Verfassung an, aus der das Ziel einer friedlichen Vereinigung mit Südkorea gestrichen wurde und in der das Land fortan als feindseliges eigenständiges Land zu behandeln ist. Somit hat eine friedliche Wiedervereinigung keinen Platz mehr in der offiziellen Politik. Dieser politische Wandel geht mit der erneuerten Unterstützung Chinas und Russlands einher.
Die EU hat die Raketenstarts verurteilt und Nordkorea aufgefordert, seinen Verpflichtungen aus den Resolutionen des VN-Sicherheitsrats nachzukommen und alle Handlungen zu unterlassen, durch die die Ausübung von Diplomatie und das Führen eines Dialogs erschwert werden. Die EU setzt sich für die Denuklearisierung ein. Bis Nordkorea seinen Verpflichtungen aus den Resolutionen des VN-Sicherheitsrates nachkommt, wird die EU die Sanktionen weiterhin strikt umsetzen und gleichzeitig die internationale Gemeinschaft dazu anhalten, dies ebenso zu tun.
Die Delegation für die Beziehungen zur Koreanischen Halbinsel (DKOR) wurde 2004 eingerichtet. Seitdem ist die DKOR das einzige Organ der EU, das formelle Beziehungen zu Nordkorea unterhält. Interparlamentarische Treffen mit der Obersten Volksversammlung finden nur gelegentlich statt. Obwohl die Delegation des Parlaments zunächst versucht hat, die Kommunikationskanäle offen zu halten, haben die politischen und militärischen Entwicklungen in Nordkorea und insbesondere ihre Nukleartests und Tests ballistischer Flugkörper dazu geführt, dass die Fühler der Delegation zu Nordkorea nur noch bedingt ausgestreckt werden können. Im Mittelpunkt der regelmäßigen Sitzungen der DKOR standen die innerkoreanischen Beziehungen und die Sicherheitslage auf der koreanischen Halbinsel. Die DKOR wird Vertreter der „6-Parteien-Gespräche“ treffen, um die jeweilige Position und die roten Linien jeder Partei besser zu verstehen und zu prüfen, ob es Raum für Verhandlungen zur Deeskalation der Spannungen gibt.
Das Parlament hat mehrere Entschließungen angenommen, in denen es die Nuklear- und Raketenprogramme Nordkoreas verurteilt hat. Das Parlament verabschiedete im April 2022 eine Entschließung zur Menschenrechtslage in Nordkorea, einschließlich der Verfolgung religiöser Minderheiten.
Airis Meier / Samuel Cantell / Jorge Soutullo