Einnahmen der Europäischen Union

Der Haushalt der Europäischen Union wird zu einem großen Teil aus Eigenmitteln finanziert und durch andere Einnahmen ergänzt. Die jährlichen Einnahmen müssen die jährlichen Ausgaben vollständig decken, da ein Haushaltsdefizit nicht zulässig ist. Der Beschluss über das Eigenmittelsystem wird vom Rat einstimmig unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Europäischen Parlaments gefasst und bedarf der Ratifizierung durch jeden Mitgliedstaat. Die Kommission hat in den Jahren 2022 und 2023 Vorschläge für eine Reform des Eigenmittelsystems vorgelegt, die zwei Pakete mit neuen Eigenmitteln umfassen.

Rechtsgrundlage

Ziel

Das Ziel ist die Sicherung der Finanzautonomie der Europäischen Union unter Wahrung der Haushaltsdisziplin.

Ablauf

Mit dem Eigenmittelbeschluss vom 21. April 1970 wurde der Übergang zur Finanzierung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) durch Eigenmittel vollzogen. Gemäß dem Beschluss (EU, Euratom) 2020/2053 des Rates vom 14. Dezember 2020 ist die Höhe der Eigenmittel, die jährlich abgerufen werden können, derzeit auf höchstens 1,4 % des Bruttonationaleinkommens (BNE) der Union begrenzt. Da die Gesamtausgaben die Gesamteinnahmen nicht übersteigen dürfen, gilt diese Obergrenze auch für die Ausgaben im aktuellen mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) 2021-2027 (1.4.3).

Zusammensetzung der Einnahmen

1. Eigenmittel

„Traditionelle“ Eigenmittel umfassen Zölle, Agrarzölle sowie Zuckerabgaben, die seit 1970 erhoben werden. Der Anteil, der von den Mitgliedstaaten zur Deckung der Erhebungskosten einbehalten werden darf, wurde von 20 % wieder auf 25 % angehoben. Die „traditionellen“ Eigenmittel machen derzeit etwa 10 bis 15 % des Eigenmittelaufkommens aus[1].

Die MwSt.-Eigenmittel bestehen aus der Übertragung eines bestimmten Prozentsatzes der geschätzten Mehrwertsteuereinnahmen der Mitgliedstaaten an die Union. Die MwSt.-Eigenmittel waren im Beschluss von 1970 zwar vorgesehen, doch musste die Harmonisierung der Mehrwertsteuersysteme der Mitgliedstaaten im Jahr 1979 abgewartet werden, ehe diese Regelung angewandt werden konnte. Die MwSt.-Eigenmittel machen inzwischen etwa 10 % des Eigenmittelaufkommens aus.

Für Eigenmittel auf der Grundlage des Bruttonationaleinkommens, die durch den Beschluss 88/376/EWG, Euratom des Rates vom 24. Juni 1988 eingeführt wurden, wird ein alljährlich im Rahmen des Haushaltsverfahrens festzulegender einheitlicher Abgabensatz auf das BNE der Mitgliedstaaten erhoben. Ursprünglich sollte die Abgabe nur erhoben werden, wenn die anderen Eigenmittel zur Ausgabendeckung nicht vollständig ausreichen, derzeit stammt jedoch ein Großteil des Unionshaushalts aus dieser Quelle. Seit den späten 1990er-Jahren haben sich die BNE-Eigenmittel verdreifacht; sie machen inzwischen etwa 60 bis 70 % des Eigenmittelaufkommens aus.

Die Kunststoff-Eigenmittel wurden mit dem Eigenmittelbeschluss von 2020 zum 1. Januar 2021 eingeführt. Es handelt sich um einen nationalen Beitrag (direkte Übertragung aus den Haushalten der Mitgliedstaaten), der auf der Grundlage des Gewichts der nicht recycelten Verpackungsabfälle aus Kunststoff mit einem einheitlichen Abrufsatz von 0,80 EUR pro Kilogramm berechnet wird. Die Beiträge der Mitgliedstaaten, deren Pro-Kopf-BNE unterhalb des Unionsdurchschnitts liegt, werden um einen jährlichen Pauschalbetrag verringert, der 3,8 Kilogramm Kunststoffabfall pro Kopf entspricht. Die Einnahmen aus dieser Eigenmittelquelle machen rund 3 bis 4 % des Unionshaushalts aus.

2. Sonstige Einnahmen und aus dem Vorjahr übertragener Saldo

Zu den sonstigen Einnahmen gehören die Steuern, die die Bediensteten der Union auf ihre Gehälter entrichten, Beiträge von Drittstaaten zu Programmen der Union, Zinszahlungen sowie Geldbußen von Unternehmen, die nachweislich gegen das Unionsrecht verstoßen haben. Der Saldo jedes Haushaltsjahres wird im Fall eines Überschusses als Einnahme in den Haushaltsplan des nächsten Jahres aufgenommen. Für gewöhnlich machen die sonstigen Einnahmen, Salden und technischen Anpassungen etwa 2 bis 8 % der Gesamteinnahmen aus.

Die Aufnahme von Fremdmitteln wird ebenfalls unter den „sonstigen Einnahmen“ verbucht und macht derzeit 25 bis 30 % des Haushalts aus. Der Unionshaushalt darf kein Defizit aufweisen, und die Finanzierung seiner Ausgaben durch die Aufnahme von Fremdmitteln ist nicht zulässig. Zur Finanzierung der im Rahmen des Aufbauinstruments „NextGenerationEU“ gewährten Zuschüsse und Kredite wurde die Kommission jedoch ausnahmsweise und zeitlich befristet ermächtigt, bis zu 750 Mrd. EUR (zu Preisen von 2018) an den Kapitalmärkten aufzunehmen. Die Aufnahme neuer Nettomittel soll Ende 2026 auslaufen; danach sind nur Refinanzierungsgeschäfte zulässig.

3. Korrekturmechanismen

Auf das Eigenmittelsystem wurde auch zurückgegriffen, um Haushaltsungleichgewichte zwischen den Netto-Beiträgen der Mitgliedstaaten zu korrigieren. Zwar findet der im Jahr 1984 eingeführte Britenrabatt keine Anwendung mehr, allerdings werden Dänemark, Deutschland, den Niederlanden, Österreich und Schweden im Zeitraum 2021-2027 weiterhin Pauschalkorrekturen gewährt.

Schritte zur Reform der Eigenmittel der Union

Im Vertrag von Lissabon wurde bekräftigt, dass der Haushalt vollständig aus Eigenmitteln finanziert werden sollte; außerdem wurde die Befugnis des Rates beibehalten, nach Anhörung des Parlaments einstimmig einen Beschluss über das Eigenmittelsystem der Union[2] zu erlassen, neue Kategorien von Eigenmitteln einzuführen und bestehende Kategorien abzuschaffen. Im Vertrag von Lissabon wurde zudem festgelegt, dass der Rat nur mit Zustimmung des Parlaments Durchführungsmaßnahmen zu solchen Beschlüssen erlassen kann, wodurch die Position des Parlaments in dem Prozess gestärkt wird.

Ausgehend von den neuen Bestimmungen des Vertrags von Lissabon hat das Parlament seine Forderung nach einer eingehenden Reform des Eigenmittelsystems in einer Reihe von Standpunkten und Entschließungen in den letzten Jahren wiederholt bekräftigt[3]. Das Parlament hob außerdem Probleme in Verbindung mit dem Eigenmittelsystem hervor, insbesondere seine übermäßige Komplexität und seine finanzielle Abhängigkeit von den nationalen Beiträgen.

Im Januar 2017 legte die hochrangige „Monti-Gruppe“, die 2014 eingesetzt wurde, um eine allgemeine Überprüfung des Eigenmittelsystems vorzunehmen, ihren Abschlussbericht über transparentere, einfachere, gerechtere und demokratisch rechenschaftspflichtige Methoden zur Finanzierung des Unionshaushalts vor. Die wichtigste Schlussfolgerung lautete, dass der Haushaltsplan der Union und die darin veranschlagten Ausgaben und Einnahmen überarbeitet werden müssen, damit die aktuellen Herausforderungen bewältigt und greifbare Ergebnisse für die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger erzielt werden können.

Am 2. Mai 2018 legte die Kommission auf der Grundlage dieses Berichts und des anschließenden Reflexionspapiers über die Zukunft der EU-FinanzenVorschläge[4] für eine Vereinfachung der derzeitigen MwSt.-Eigenmittel und zur Einführung eines Korbs neuer Eigenmittel vor. Die Kommission schlug außerdem vor, sämtliche Rabatte abzuschaffen und den Anteil der Zolleinnahmen, die die Mitgliedstaaten zur Deckung der Erhebungskosten einbehalten, von 20 % auf 10 % zu senken sowie die derzeitige Obergrenze für die jährlichen Eigenmittel-Abrufsätze anzuheben, um dem geringeren Gesamt-BNE der EU-27 und der vorgeschlagenen Integration des Europäischen Entwicklungsfonds in den Unionshaushalt Rechnung zu tragen.

Um einen stabileren Unionshaushalt zur Unterstützung der politischen Ziele der Union zu erreichen, forderte das Parlament wiederholt einen ehrgeizigen und ausgewogenen Korb neuer Eigenmittel der Union, der für die Bürgerinnen und Bürger gerecht, einfach und transparent ist und keine höhere Steuerbelastung mit sich bringt. Es drängte auch auf Reformen, um die Erhebung der Einnahmen einfacher, transparenter und demokratischer zu gestalten, den Anteil an BNE-Beiträgen zu senken, die MwSt.-Eigenmittel entweder zu reformieren oder vollständig abzuschaffen und alle Arten von Rabatten schrittweise abzuschaffen.

Reformvorschläge

Bei der Tagung des Europäischen Rates vom 17. bis 21. Juli 2020 einigten sich die Staats- und Regierungschefs auf den neuen MFR, NextGenerationEU, die Erhöhung der Obergrenze für Zahlungen sowie auf ein neues Eigenmittel, das auf nicht recycelten Verpackungsabfällen aus Kunststoff beruht und seit Januar 2021 zur Anwendung kommt.

NextGenerationEU wurde auf Grundlage des Vorschlags der Kommission vom 28. Mai 2020 eingerichtet. Demnach sollen durch die Emission von EU-Anleihen mit Laufzeiten zwischen drei und 30 Jahren an den internationalen Kapitalmärkten bis zu 750 Mrd. EUR aufgenommen werden, um die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie zu bewältigen. Im Hinblick auf eine Absicherung der von der Union eingegangenen Verbindlichkeiten und die Rückzahlung der auf dem Kapitalmarkt aufgenommenen Gelder schlug die Kommission vor, dass die Eigenmittelobergrenze zusätzlich zur vorgeschlagenen dauerhaften Anhebung von 1,2 % auf 1,4 % des BNE ausnahmsweise und vorübergehend um 0,6 % des BNE der Union erhöht werden soll, um dem neuen wirtschaftlichen Kontext Rechnung zu tragen.

Daraufhin hob das Parlament in seiner Entschließung vom 23. Juli 2020 hervor, dass nur mit der Schaffung neuer Eigenmittel dazu beigetragen werden kann, die Schulden der Union im Zusammenhang mit der Emission von EU-Anleihen zu tilgen. Gleichzeitig soll der Unionshaushalt stabilisiert und die Sparzwänge, die auf den nationalen Haushalten und den Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern lasten, verringert werden. Das Parlament forderte in seinem Standpunkt vom 16. September 2020 im Rahmen des Anhörungsverfahrens erneut die Einführung neuer Eigenmittel gemäß einem Fahrplan sowie die Abschaffung aller Rabatte.

Am 10. November 2020 erzielten die Verhandlungsführenden des Parlaments, des Rates und der Kommission eine politische Einigung mit Blick auf den MFR, die Eigenmittel und bestimmte Governance-Aspekte des Aufbauinstruments. Infolgedessen wurde in einem neuen Anhang zur interinstitutionellen Vereinbarung zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin, die Zusammenarbeit im Haushaltsbereich und die wirtschaftliche Haushaltsführung ein Fahrplan für die Einführung neuer Eigenmittel im Zeitraum 2021-2027 festgelegt. Die über die neuen Eigenmittel generierten Einnahmen dürften ausreichen, um die für die Finanzierung von NextGenerationEU aufgenommenen Fremdmittel zurückzuzahlen, wobei alle darüber hinaus gehenden Einnahmen in den Unionshaushalt einfließen sollten.

Gemäß dem am 14. Dezember 2020 verabschiedeten Eigenmittelbeschluss wurden bestimmten Mitgliedstaaten weiterhin Rabatte gewährt und die von den Mitgliedstaaten bei den Zöllen einbehaltenen Erhebungskosten von 20 % auf 25 % angehoben. Nachdem der Eigenmittelbeschluss bis 31. Mai 2021 von allen Mitgliedstaaten ratifiziert worden war, fand er rückwirkend ab dem 1. Januar 2021 Anwendung.

Im Anschluss an die am 14. Juli 2021 vorgelegten Vorschläge für die Überarbeitung des Emissionshandelssystems der EU (EU-EHS) und die Einführung eines CO wurde am 22. Dezember 2021 ein Vorschlag für eine neue Generation von EU-Eigenmitteln veröffentlicht. Der Vorschlag sieht vor, dass 25 % der Einnahmen aus versteigerten EHS-Zertifikaten, 75 % der Einnahmen aus dem CO2-Grenzausgleichssystem und 15 % des Anteils der Residualgewinne, die gemäß dem Übereinkommen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie der G20 über die internationale Unternehmensbesteuerung (Säule 1) den Mitgliedstaaten zugewiesen werden, in den Unionshaushalt eingezahlt werden.

Am 20. Juni 2023 veröffentlichte die Kommission ihre Vorschläge für ein zweites Paket an Eigenmitteln. Dazu gehören befristete Eigenmittel auf der Grundlage von Statistiken. Diese Eigenmittel werden als nationaler Beitrag in Höhe von 0,5 % der fiktiven Unternehmensgewinn-Bemessungsgrundlage der Union auf Unternehmensgewinne gezahlt (basierend auf dem von Eurostat berechneten Bruttobetriebsüberschuss für die Sektoren der finanziellen und nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften). Die neuen Eigenmittel auf der Grundlage von Statistiken zu Unternehmensgewinnen werden letztendlich im Zusammenhang mit der künftigen Initiative „Geschäftstätigkeit in Europa: ein Rahmen für die Unternehmensbesteuerung (BEFIT)“ durch echte Eigenmittel auf der Grundlage der Unternehmensbesteuerung ersetzt. Im Vorschlag ist auch vorgesehen, den Abrufsatz der EHS-Eigenmittel aufgrund der steigenden CO2-Preise von 25 % auf 30 % anzuheben. Mit dem vorgeschlagenen Paket könnten ab 2024 zusätzliche jährliche Einnahmen in Höhe von etwa 23 Mrd. EUR und ab 2028 in Höhe von 36 Mrd. EUR erzielt werden, was etwa 18 bis 20 % der Gesamteinnahmen entspricht.

Über alle kürzlich vorgeschlagenen neuen Eigenmittel steht derzeit ein Beschluss des Rates aus.

Standpunkt des Europäischen Parlaments

Während des Anhörungsverfahrens zum ersten Korb der neuen Eigenmittel hat das Parlament den Vorschlag mit einigen Abänderungen weitgehend gebilligt. Das Parlament nahm außerdem am 10. Mai 2023 eine Entschließung an, in der zusätzliche neue Eigenmittel vorgeschlagen werden und der Rat aufgefordert wird, den ersten Korb anzunehmen.

 

[2]Diese Beschlüsse bedürfen der Ratifizierung durch die Mitgliedstaaten.
[3]Standpunkt vom 17. Dezember 2014 zu dem System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften; Standpunkt vom 16. April 2014 zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über das Eigenmittelsystem; Entschließung vom 6. Juli 2016 zur Vorbereitung der Überarbeitung des MFR 2014-2020 nach der Wahl: Beitrag des Parlaments im Vorfeld des Kommissionsvorschlags; Entschließung vom 26. Oktober 2016 zur Halbzeitüberarbeitung des MFR 2014-2020; Entschließung vom 24. Oktober 2017 zu dem Reflexionspapier über die Zukunft der EU-Finanzen; Entschließung vom 14. März 2018 zu der Reform des Eigenmittelsystems der Europäischen Union; Entschließung vom 30. Mai 2018 zu den Themen „Mehrjähriger Finanzrahmen 2021-2027“ und „Eigenmittel“; Entschließung vom 14. November 2018 zu dem Mehrjährigen Finanzrahmen 2021-2027; Entschließung des Parlaments vom 10. Oktober 2019 zu dem Thema „Mehrjähriger Finanzrahmen 2021-2027 und Eigenmittel: Die Erwartungen der Bürger sollten jetzt erfüllt werden“.
[4]Der Rechnungshof legte am 29. November 2018 eine Stellungnahme zu den Vorschlägen vor (Stellungnahme Nr. 5/2018).

Andras Schwarcz