Überschwemmungen, Waldbrände und Extremwetter: Die Antwort der EU auf Naturkatastrophen

Erfahren Sie, wie die EU den europäischen Bürgerinnen und Bürgern, die von den Auswirkungen von Naturkatastrophen betroffen sind, zur Seite steht.

Freiwillige und Feuerwehrleute retten am 9. September 2023 Menschen aus der überfluteten Stadt Larisa in Griechenland. Feuerwehrleute, die von der Armee unterstützt werden, retten am 9. September 2023 Hunderte von Menschen in Dörfern in Zentralgriechenland, die von den Überschwemmungen, die mindestens zehn Menschenleben gefordert haben, abgeschnitten sind.
Freiwillige und Feuerwehrleute retten Menschen aus der überfluteten Stadt Larisa in Griechenland, September 2023.

Die Häufigkeit und Intensität von Naturkatastrophen in Europa nehmen rasant zu. Vor allem der Klimawandel und die Verstädterung haben in den letzten Jahren zu extremeren Wetterbedingungen geführt, mit verheerenden Folgen für die europäische Bevölkerung. Hitzewellen, Dürreperioden, Waldbrände, Überschwemmungen und Stürme fordern immer häufiger Opfer und verursachen enorme Schäden.

Naturkatastrophen in Europa

Die Europäische Umweltagentur warnt, dass die globalen Temperaturen stetig steigen und 2023 voraussichtlich das wärmste Jahr seit mehr als 100.000 Jahren sein wird. Besonders betroffen ist Europa, der Kontinent, der sich am schnellsten erwärmt. Es wird erwartet, dass die Temperaturen weiter ansteigen, was zu immer häufigeren und intensiveren Extremwetterereignissen führt.

Ein besonders besorgniserregendes Beispiel ist die Rekorddürre von 2022, die durch schwere Waldbrände in Südeuropa noch verschärft wurde. Rund 900.000 Hektar Waldfläche – etwa so groß wie Korsika – wurden dabei zerstört. Auch 2023 gab es weitere verheerende Brände, bei denen in Ländern wie Griechenland, Italien, Spanien und Portugal insgesamt 500.000 Hektar niederbrannten.

Doch die Auswirkungen des Klimawandels beschränken sich nicht nur auf extreme Hitze. Auch schwere Überschwemmungen haben in den letzten Jahren ganz Europa getroffen. In den vergangenen drei Jahrzehnten waren rund 5,5 Millionen Menschen in der EU von Überschwemmungen betroffen, die mehr als 3.000 Todesopfer forderten und wirtschaftliche Schäden in Höhe von über 170 Milliarden Euro verursachten.

Besonders dramatisch waren die Überschwemmungen im Jahr 2021 in Deutschland und Belgien, bei denen Schäden in Höhe von 44 Milliarden Euro und mehr als 200 Todesopfer zu verzeichnen waren. Im Jahr 2023 wurde der Schaden durch Überschwemmungen in Slowenien auf 16 Prozent des nationalen Bruttoinlandsprodukts geschätzt, während der wirtschaftliche Verlust durch den Sturm Daniel in Griechenland mehrere Milliarden Euro betrug. Im September 2024 trafen verheerende Überschwemmungen auch Österreich, Tschechien, Deutschland, Ungarn, Polen, Rumänien und die Slowakei.

Diese Naturkatastrophen richten nicht nur immensen materiellen Schaden an und fordern Menschenleben, sondern haben auch weitreichende Folgen für Ökosysteme, Landwirtschaft, Wasserversorgung, Gesundheit, Energiesicherheit, Lebensmittelsicherheit, Infrastruktur und Tourismus. Sie bedrohen die wirtschaftliche Stabilität und können die Finanzmärkte erheblich belasten..

Welche Maßnahmen ergreift die EU, um Naturkatastrophen zu bewältigen und den Wiederaufbau zu fördern?

Katastrophenschutzverfahren

Im Falle einer Naturkatastrophe kann die Europäische Union das EU-Katastrophenschutzverfahren aktivieren. Dieses Verfahren dient der Organisation und Koordination von Notfallmaßnahmen zwischen den beteiligten Staaten, zu denen alle EU-Mitgliedstaaten sowie zehn weitere europäische Länder gehören: Albanien, Bosnien und Herzegowina, Island, Moldau, Montenegro, Nordmazedonien, Norwegen, Serbien, die Türkei und die Ukraine.

Das Katastrophenschutzverfahren bietet umfassende logistische und operative Unterstützung vor Ort, um die Prävention, Vorbereitung und Reaktion auf Katastrophen zu optimieren. Dabei wird insbesondere die Zusammenarbeit zwischen den Ländern gestärkt, um schnelle und effiziente Hilfe sicherzustellen.

Solidaritäts- und Soforthilfereserve (SEAR)

Seit 2021 bündelt die Solidaritäts- und Soforthilfereserve (SEAR) zwei Mechanismen zur Optimierung des Hilfsprozesses: die frühere Europäische Reserve für Soforthilfe und den Solidaritätsfonds der Europäischen Union. Diese Integration ermöglicht sowohl schnellere und flexiblere Soforthilfemaßnahmen als auch langfristige Wiederaufbauhilfen.

Im Zuge der Überarbeitung des langfristigen EU-Haushaltsplans für den Zeitraum 2021 bis 2027, der 2024 verabschiedet wurde, wurde der Höchstbetrag für die SEAR von 1,2 Milliarden Euro auf 1,5 Milliarden Euro angehoben.

Die SEAR ermöglicht eine rasche finanzielle Reaktion auf alle Arten von Notfällen, wie Naturkatastrophen oder humanitäre Krisen, die EU-Mitgliedstaaten oder deren Nachbarländer betreffen. So erhielt beispielsweise die Türkei nach den Erdbeben von 2020 und 2023 Unterstützung durch die Solidaritäts- und Soforthilfereserve. Im Rahmen der SEAR können schnell Mittel für Soforthilfe, Rettungsmaßnahmen sowie für den Wiederaufbau bereitgestellt werden, etwa für die Bereitstellung von Nahrungsmitteln, Unterkünften, medizinischer Hilfe, Transport und Logistik.

Ein Bestandteil der SEAR ist der Solidaritätsfonds der Europäischen Union (EUSF), der längerfristige finanzielle Unterstützung für EU-Mitgliedstaaten oder Beitrittskandidaten bietet. Dies gilt insbesondere im Fall großer Naturkatastrophen wie Überschwemmungen, Waldbränden, Erdbeben, Stürmen oder Dürreperioden. Seit 2020 umfasst der Fonds auch größere Gesundheitskatastrophen, wie die COVID-19-Pandemie.

Seit seiner Einrichtung im Jahr 2002 wurden durch den Solidaritätsfonds mehr als 8,2 Milliarden Euro für verschiedene Wiederaufbaumaßnahmen ausgezahlt. Überschwemmungen sind dabei das am häufigsten finanzierte Ereignis, während die höchsten Summen für Wiederaufbaumaßnahmen nach Erdbeben bereitgestellt wurde.

Kohäsionspolitik der EU

Ein weiteres Instrument für die langfristige Erholung und den Wiederaufbau sind Mittel aus der EU-Kohäsionspolitik zum Wiederaufbau der Infrastruktur, zur Reparatur beschädigter öffentlicher Dienste und zur Verbesserung der Katastrophenvorsorge für künftige Notfälle.

Im Rahmen der Kohäsionspolitik kann mithilfe des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) Unterstützung für die Infrastruktur bereitgestellt werden. Durch den Europäischen Sozialfonds (ESF+) können soziale Wiederaufbaumaßnahmen wie Schulungen oder psychologische finanziert werden.

Bessere Bereitschaft

Naturkatastrophen können jederzeit und an jedem Ort auftreten. Entscheidend für die Milderung ihrer Auswirkungen ist jedoch das Ausmaß der Vorbereitung von Ländern und Gesellschaften.

Die EU hat eine Vielzahl politischer Maßnahmen und Initiativen entwickelt, um die Resilienz gegenüber solchen Ereignissen zu stärken. Mit dem europäischen Grünen Deal verfolgt die EU das Ziel, bis 2050 klimaneutral zu werden und die globale Erwärmung zu bekämpfen, die viele Naturkatastrophen begünstigt. Durch Instrumente wie die EU-Strategie für die Anpassung an den Klimawandel soll die Klimaresilienz der Europäischen Union weiter ausgebaut werden.

Abgeordnete fordern mehr Mittel und eine schnellere Reaktion auf Naturkatastrophen

Im Oktober 2024 verabschiedete das Parlament den Vorschlag der Europäischen Kommission, den Solidaritätsfonds der EU zu mobilisieren, um Italien, Slowenien, Österreich, Griechenland und Frankreich bei der Bewältigung der Schäden durch die extremen Überschwemmungen und Wirbelstürme des Jahres 2023 zu unterstützen.

Die Abgeordneten setzen sich für eine Erhöhung der Mittel ein, um die Reaktionsfähigkeit der EU auf Naturkatastrophen zu verbessern. Dabei betonen sie die dringende Notwendigkeit, verstärkt in das Hochwassermanagement und präventive Maßnahmen zur Minderung von Hochwasserrisiken zu investieren.

Zudem fordern sie eine schnellere Bereitstellung der Gelder aus dem EU-Solidaritätsfonds. Darüber hinaus regten die Abgeordneten an, die zukünftige Kohäsionspolitik der EU stärker auf den Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel auszurichten. Sie forderten auch die Kommission auf, einen umfassenden europäischen Klimaanpassungsplan vorzulegen.