Seilarbeit kommt oft zum Zug, wenn bei Arbeiten in der Höhe kollektive Schutzmassnahmen nicht eingesetzt werden können.
Auch bei Infrastrukturbauten kommt es immer wieder vor, dass Projekte mittels SZP (Seilzugangs- und Positionierungsverfahren) umgesetzt werden.
Repapress durfte im Auftrag von ewz (Elektrizitätswerk der Stadt Zürich) im Abluftschacht Strickhölzli bestehende Kabel demontieren und dann neue Kabeltrassen sowie Strom- und Datenkabel montieren.
Der Abluftschacht ist Bestandteil des Fernwärmesystems der Stadt Zürich.
Durch das Stollensystem wird Fernwärme von der KVA Hagenholz durch den Irchel in die Stadt Zürich geleitet. Dabei wird die bei der thermischen Abfallbehandlung anfallende Abwärme optimal genutzt.
Was auf den ersten Blick als Routinearbeit betrachtet werden könnte, forderte das erfahrene und sehr gut ausgebildete Projekt-Team, z.T. bis an deren Grenzen.
Eckdaten des Projektes
- Schachttiefe 92m
- Temperatur im Schacht 47°-52°C
- Zugang zum Schacht / Arbeitsplattform: eng und verwinkelt
- Zugang zum Schachtboden: nur mittels Arbeiterbahn von Aubrugg via Schwamendingen. Fahrzeit im Stollen, ca. 12min.
- Demontage von bestehenden Kabel
- Montage von Kabeltrassen und Kabeln (von oben herabgelassen)
Gewicht der Stromkabel: 230kg (2Stk.)
Gewicht des Erdungskabels: 124kg (1Stk.)
Gewicht der Datenkabel: 74kg (4Stk.)
Sicherheitskonzept
Das Sicherheitskonzept für das Projekt, musste mit dem für den Energiestollen geltenden übergeordnetem Sicherheitskonzept des Bauherrn (ERZ) abgestimmt werden.
Im Notfall hätte eine Rettung nach unten stattfinden müssen. Wobei der Abtransport des Opfers mittels Arbeiterbahn vom Schachtboden nach Schwamendingen stattgefunden hätte. Wegen der schwierigen Kommunikationsbedingungen wurde eine Kombination von Funk-, Mobile- und Totmannverbindungen eingesetzt.
Rettungsmaterial wie AED, Erste Hilfe, Tragen mussten zweifach vor Ort sein. Einmal beim Einstieg oben und einmal beim Schachtboden.
Planungs- und Durchführungsphase
Temperatur
Das übergeordneten Sicherheitskonzept sah vor, dass nach jeder 15minütigen Arbeitsperiode im Schacht, eine Pause von 45min hätte stattfinden müssen.
Unser Problem: die nötige Zeit für die Abstiegsvorbereitung, das Sichern und der Abstieg zum Punkt wo, z.B. Bolzenanker gesetzt werden mussten, hätte bereits einen grossen Teil der begrenzten Zeit in Anspruch genommen.
Nach Rücksprache mit der SUVA durften wir die Abseil- und Aufstiegszeiten ausser Acht lassen. Dies hat uns sehr geholfen. An dieser Stelle ein grosses Dankschön an die involvierten Mitarbeiter der SUVA für die professionelle und unterstützende Beratung während dem Projekt.
Bei extremen Arbeitsbedingungen wie sie während diesem Projekt anzutreffen waren, ist der Arbeitgeber dafür verantwortlich, nur Mitarbeiter einzusetzen, welche die nötige Ausbildung haben und für die Arbeiten physisch und psychisch bereit sind.
Aus diesem Grund mussten sich die für dieses Projekt ausgewählten Mitarbeiter einem Hitzetauglichkeits-Test unterziehen. Dieser wurde in Zusammenarbeit mit der SUVA organisiert und durchgeführt.
Aufgrund der grossen Hitze und der trockenen Luft, war es nicht ausreichend genügend Wasser zu trinken. Isotonische Getränke in grosser Menge waren nötig.
Ab-Aufstiege
Konventionelle SZP-Aufstiege wären für die Seilarbeiter zu anstrengend gewesen. Darum mussten technische Hilfsmittel eingesetzt werden.
Es gibt diverse akkubetriebene Seilwinden im Markt. Diese werden bei Seilarbeiten immer öfters eingesetzt und sind ein ideales Werkzeug, wenn während Projektarbeiten mehrere Aufstiege vorgesehen sind.
Wir mussten lange suchen, bis wir einen Hersteller fanden, welcher uns die Garantie gab, dass ihre Seilwinde auch bei Temperaturen bis 55°C verwendet werden durfte.
Mit dem ASAT ACE haben wir das perfekte Werkzeug gefunden.
Fahrten mit der Arbeiterbahn
Die mehrere Kilometer lange Anfahrt zum Schachtboden, konnte nur mittels Arbeiterbahn erfolgen. Die Bahn war auch die zentrale Komponente des Rettungskonzepts.
Jeden Morgen musste die Bahn in der KVA Aubrugg abgeholt und am Schachtausgang fahrbereit parkiert werden.
Abgesehen von den diversen Bewilligungen die für die Nutzung der Bahn nötig waren, mussten alle «Zug-Fahrer» einen Lehrgang absolvieren. Das ganze Projekt, aber insbesondere dieser Teil allen sehr viel Spass gemacht.
Die Bahn wurde auch für der Transport der Ausrüstung und des Materials verwendet.
Nach mehreren Tagen Arbeit am Seil hängend in einem dunkeln und heissen Schacht, konnte das Projekt erfolgreich abgeschlossen und übergeben werden.
Arbeiten in einem 92m tiefen Schacht bei über 50°C – in der Stadt Zürich…ist das möglich? Ja, und zwar SICHER!
Ein grosses Dankeschön an allen Beteiligten und vor allem dem Seilarbeit-Projektteam!
Robi, Silvan, Tim, Tobi und Micheal.
Bilder