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Jubiläums-Schwingfest in Appenzell
Kein millionenschwerer Gabentempel – jeder kriegt den gleichen Preis

Samuel Giger, rechts, und Fabian Staudenmann stellen und stehen so beide als Sieger fest, im Schlussgang beim traditionellen Schwaegalp Schwinget, am Sonntag, 18. August 2024, auf der Schwaegalp in Urnaesch. (KEYSTONE/Gian Ehrenzeller)
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Die Teilnehmer: Sogar ein Kanadier schwingt mit

122 Schwinger haben einen Startplatz erhalten, die grössten Delegationen stellen die Berner und Innerschweizer (je 32), gefolgt von den Nordostschweizern (31). 14 Athleten vertreten die Nordwest-, deren 12 die Südwestschweiz. Mit Thomas Badat ist auch ein Kanadier mit von der Partie, der Sohn ausgewanderter Schweizer dominiert die kleine Schwingszene in Übersee nach Belieben und glänzt auch als Judoka. Er wird keinen leichten Stand haben: Bei zwei Teilnahmen an Eidgenössischen verlor er sieben von acht Gängen. Ein Startplatz wäre auch für einen Amerikaner reserviert gewesen, die USA-Schwinger verzichten jedoch darauf.

Die Favoriten: Ein Sextett mit Chancen

Unspunnen- und Kilchberger Schwinget hat er schon gewonnen, nun könnte Samuel Giger zum dritten Mal einen eidgenössischen Anlass für sich entscheiden. Er gilt als meistgenannter Favorit, Fabian Staudenmann folgt direkt dahinter. Oder ist es gerade umgekehrt? Staudenmann hat eine glänzende Saison mit sechs Festsiegen hinter sich – und er hat Giger im Schlussgang des Bernisch-Kantonalen erstmals bodigen können.

Ebenfalls Chancen werden Schwingerkönig Joel Wicki eingeräumt, auch Adrian Walther, Armon Orlik sowie Werner Schlegel, der Dominator des Frühsommers, gehören zu den Sieganwärtern. Und ja, abgesehen vom Sieg geht es an und für sich um nichts am Sonntag: Kränze werden keine vergeben.

Die Preise: Für einmal kein Gabentempel

Was es jeweils alles zu gewinnen gibt an einem Eidgenössischen: Der millionenschwere Gabentempel bietet Annehmlichkeiten wie Kleinwagen, Harley-Davidsons, Gartenhäuser, Whirlpools, Florida-Ferien, fahrbare Rasenmäher, Küchen, Hühnerställe und sogar WC-Schüsseln. In Appenzell gibt es nichts dergleichen. In Absprache mit den Schwingern erhält jeder denselben Preis – einen beschlagenen Appenzeller Gurt. Jeder Aktive hat seine Grösse vorab angeben können. Das gute Stück soll ja ausgeführt werden.

Ganz abgewichen wird von der Tradition aber nicht: Der Sieger erhält Muni Alpstein, daneben gibt es fünf weitere Lebendpreise zu gewinnen.

Der Stellenwert: Schwierig einzuschätzen

Martin Grab aus Rothenthurm, rechts, jubelt am Sonntag, 19. Mai 2002 in Loewenberg bei Murten, nachdem er seinen Gegner im Schlussgang des Expo.02 Schwinget, Schwingerkoenig Arnold Forrer, links, mit Gammen und Nachdruecken besiegt hat. (KEYSTONE/Fabrice Coffrini)

Das Vorspiel dauerte lange. 2020 hätte in Appenzell geschwungen werden sollen, pünktlich zum 125-Jahr-Jubiläum des Eidgenössischen Schwingerverbandes. Wegen der Pandemie und weil in den drei folgenden Saisons mit Kilchberger Schwinget, dem Eidgenössischen sowie dem Unspunnen-Schwinget bereits je ein grosser Wettkampf auf dem Programm stand, wurde der Anlass um vier Jahre verschoben.

Am Sonntag geht es nun vor 18’000 Zuschauern um den Sieg an einem Fest von eidgenössischem Charakter, über den Stellenwert aber lässt sich streiten. Es gibt diverse Schwinger, die etwa einen Triumph auf dem Brünig oder an einem Teilverbandsfest höher einstufen. Einen vergleichbaren Wettkampf gab es letztmals 2002 mit dem Expo-Schwinget in Murten, den Martin Grab für sich entschied.

Die Abwesenden: Reichmuths neuster Rückschlag

Am Mittwoch verkündet Pirmin Reichmuth, was längst vermutet wurde: Der Zuger muss die Saison wegen anhaltender Kniebeschwerden – er hat bereits vier Kreuzbandrisse erlitten – abbrechen. Die nach seinem Sieg am Brünig-Schwinget aufgetretenen Überlastungserscheinungen sind nicht ausreichend abgeklungen. Mit Christian Schuler fehlt den Innerschweizern ein zweiter Trumpf. Der fünffache Eidgenosse brach die Saison Ende Juli wegen muskulärer Probleme ab.

Die Nordwestschweizer müssen auf Joel Strebel verzichten, der mit drei Kranzfestsiegen fulminant in die Saison startete, sich danach aber das Kreuzband riss. Auch Eidgenosse Andreas Döbeli (Schulter) kann nicht mittun. Berner und Nordostschweizer können aus dem Vollen schöpfen.

Die Berner: In der Rolle des Jägers

Sieger Adrian Walther, rechts, reinigt Samuel Giger den Ruecken im ersten Gang am Bergschwinget Schwarzsee, am Sonntag, 23. Juni 2024, in Schwarzsee. (KEYSTONE/Peter Schneider)

Zwischen 2013 und 2022 durfte sich an einem Anlass von eidgenössischem Charakter stets ein Berner schultern lassen. Tempi passati. Am Eidgenössischen in Pratteln musste der erfolgsverwöhnte Teilverband Joel Wicki den Vortritt lassen, vergangenes Jahr führte am Unspunnen-Schwinget kein Weg vorbei an Giger.

Und trotzdem treten die Berner die Reise in die Ostschweiz mit Selbstvertrauen an. Das liegt nicht zuletzt an den Siegen von Walther am Schwarzsee und Staudenmann am Bernisch-Kantonalen über Überschwinger Giger und am Zeichen, das sie damit ausgesendet haben: Doch, auch Giger hat einen Rücken.

Der technische Leiter der Berner, Roland Gehrig, schiebt die Favoritenrolle gleichwohl dem Thurgauer zu, taktisches Geplänkel muss schliesslich sein. «Giger ist stärker unter Druck. Wir sind jetzt die Jäger, nicht mehr die Gejagten.»

Wir berichten am Sonntag ab 8 Uhr live vom Schwingest in Appenzell.