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Gottesdienst mit Donald Trump
Die Bischöfin, die dem Präsidenten ins Gewissen redet

Rev. Mariann Budde führt den nationalen Gebetsgottesdienst in der Washington National Cathedral am Rednerpult, umgeben von Blumensträussen.
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Wichtige Menschen äussern sich wenig bis gar nicht zu Donald Trumps Angriffen auf Immigranten ohne Papiere, seinen bombastischen Abschiebeplänen, seinem Dekret, dass es künftig nur noch zwei Geschlechter geben solle, Mann und Frau. Die auffälligste Reaktion der Demokraten bestand darin, dass Michelle Obama und Nancy Pelosi Trumps Amtseinführung fernblieben.

Aber Mariann Budde, die Bischöfin von Washington, schwieg nicht. Sie stand am Dienstag in der Hauptstadt auf der Kanzel der Kathedrale und erweiterte ihre Predigt um nun viel zitierte Sätze. In den ersten Reihen sassen da Melania und Donald Trump, seine Kinder, der Vizepräsident J. D. Vance, die Second Lady Usha Vance. Fotos und Videos zeigen ihre verblüfften Gesichter.

Donald Trump beobachtet Rev. Mariann Budde bei einem Gebetsdienst in der Washington National Cathedral, umgeben von weiteren Personen.

Diese Frau oben an der Kanzel suchte den Blickkontakt zum Staatschef, wählte ihre Worte: «Im Namen Gottes bitte ich Sie, sich der Menschen in unserem Land zu erbarmen, die jetzt Angst haben.»

Budde sprach von verängstigten Kindern, deren Eltern ausgewiesen werden sollen. Von schwulen, lesbischen und Transgender-Kindern «in Familien von Demokraten, Republikanern und Unabhängigen», von denen manche um ihr Leben fürchteten. Trump solle «an die Menschen denken, die unsere Ernte einfahren und unsere Bürogebäude reinigen, die in Geflügelfarmen und Fleisch­verarbeitungs­betrieben arbeiten, die in Restaurants das Geschirr nach dem Essen abwaschen und in Spitälern Nachtschichten übernehmen. Die grosse Mehrheit der Einwanderer ist nicht kriminell. Sie zahlen Steuern und sind gute Nachbarn.»

Immerhin blieb Trump sitzen

Mit solchem Widerspruch hatte Trump offenbar nicht gerechnet. Immerhin blieb er sitzen wie tags zuvor im Capitol Joe Biden und andere Mitglieder der vormaligen Regierung, die er nach seinem Amtseid beleidigte. Aus der Kirche zu stürmen, wäre auch etwas auffällig gewesen für einen Mann, der sich selbst als von Gott entsandt betrachtet, wie er vor allem seit seinem überstandenen Attentat nicht müde wird zu betonen.

Jedenfalls hallte dieser Vortrag nicht nur in der Washington Cathedral nach. Weltweit ploppen zustimmende und üble Kommentare auf.

Wer also hat sich da getraut, während berühmte Zeitgenossen schweigen? Nun, Mariann Budde ist Mitte sechzig, verheiratet und Mutter zweier Kinder. Sie kam als Tochter schwedischer Eltern in Indiana zur Welt, wuchs in Schweden auf und studierte in Rochester. Mit 24 wurde die Theologin in die Episcopal Church aufgenommen und 1989 zur Priesterin geweiht, seit 2011 ist sie die erste Bischöfin von Washington.

Eine Entschuldigung? Budde winkt ab

Schon 2020 wandte sie sich gegen den damaligen Präsidenten. Seinerzeit stand Trump nach dem gewaltsamen Tod von George Floyd durch einen Polizisten mit einer Bibel vor der St. John’s Church beim Weissen Haus, während Uniformierte Proteste niederschlugen. «Ich bin empört», schrieb sie, er habe Bibel und Kirche für eine Botschaft benutzt, «die den Lehren Jesu und allem, wofür unsere Kirche steht, zuwiderläuft». Er habe «die Gewalt angefacht», sagte sie. «Wir brauchen eine moralische Führung, und er hat alles getan, um uns zu spalten.»

Jetzt fasste sie sich wieder ein Herz. Die Reaktionen aus dem Lager Trump fallen entsprechend aus. Ein republikanischer Abgeordneter regt an, sie abschieben zu lassen. Trump sagte erst, ihre Predigt sei nicht so aufregend gewesen. Dann nannte er sie in seinem Netzwerk Truth Social eine «sogenannte Bischöfin» und «radikale linke Hardline-Trump-Hasserin». Er verlange eine Entschuldigung.

Mariann Budde sagte dem Magazin «Time»: «Ich werde mich nicht dafür entschuldigen, dass ich um Gnade für andere bitte.»

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